Dynamisches Kurzwaffenschießen und IPSC-Schießtechniken: die Körperhaltung fürs perfekte Pistolenschießen

In unserem letzten Artikel der Reihe "Perfektes Pistolenschießen" haben wir den Zusammenhang von sportlichem Erfolg und der richtigen Griffhaltung beim Pistolenschießen betrachtet. Aber wie bei der gewählten Waffe Munition oder Optik ist auch die Schießtechnik von mehreren Faktoren abhängig. Deswegen möchten wir Ihnen diesmal die richtigen Werkzeuge, Anregungen und Tipps für die korrekte Körperhaltung mitgeben.

Die Körperhaltung im dynamischen Schießsport

Viele Schützen messen der Körperhaltung eine große Bedeutung bei. Doch häufig geschieht dies aus den falschen Gründen. Wie erwähnt, hat die Körperhaltung nämlich gar nicht so viel mit der Rückstoßkontrolle zu tun. Stattdessen sollte der Fokus vielmehr auf Mobilität gelegt werden. Wenn wir Körperhaltung mit der Position von unseren Füßen bis hinauf zu den Armen definieren, verdienen folgende 3 Punkte unsere Beachtung:

Die drei Säulen der korrekten Körperhaltung beim Schießen:

  • Mobilität
  • Stabilität
  • Komfort

An dieser Stelle ist es wichtig zu verstehen, dass das moderne IPSC-Schießen ein extrem dynamischer Sport geworden ist. Bei großen Laufparcours ("Long Courses") verbringt der Schütze beim Betreten und Verlassen von Schießpositionen die meiste Zeit in Bewegung. Es findet sich heutzutage nur noch wenig statisches Schießen im IPSC-Schießsport . Es versteht sich daher von selbst, dass eine Körperhaltung von Nöten ist, die uns maximale Mobilität verleiht. Trotz des primären Wunsches nach Mobilität brauchen wir aber auch eine gewisse Stabilität in unserer Körperhaltung. Dies macht sich insbesondere beim Beschießen von Zielen aus der Bewegung oder während des Betretens einer Schießposition bemerkbar. Wer hier eine stabile, ausbalancierte Haltung beim Schießen aufrechterhalten kann, ist klar im Vorteil. Zu guter Letzt darf jedoch auch der Komfort nicht zu kurz kommen. Nur in Ausnahmefällen zahlt es sich aus, zugunsten einer etwas effektiveren Position auf eine bequemere, natürliche Schießposition zu verzichten.

Doch wie sieht nun eine nach Mobilität, Stabilität und Komfort ausgerichtete Schießhaltung im Detail aus?

Als erstes wird der Körper rechtwinklig zum Ziel ausgerichtet, da dies am ehesten unserer natürlichen Körperhaltung entspricht. Obendrein wird so keine Körperhälfte unbewusst bevorzugt und man kann Ziele zu beiden Seiten gleich schnell aufnehmen. Die Füße werden hierbei etwas weiter als schulterbreit voneinander entfernt platziert und aus Gründen des Komforts beziehungsweise der Stabilität empfiehlt es sich, den Fuß der Holsterseite (also der Körperseite, auf der das Holster getragen wird) einige Zentimeter nach hinten zu versetzen. Aus dieser Körperhaltung heraus können wir uns auch effektiv in Richtung einer neuen Schießposition abstoßen.

Vier Punkte gilt es bei der Körperhaltung zu beachten.
Der Körper sollte rechtwinklig zum Ziel ausgerichtet werden. Die Füße werden etwas mehr als schulterbreit auseinander plaziert und der Fuß der Holsterseite wird einige Zentimeter nach hinten versetzt (1). Jedes Ziel, dass wir beschießen wollen, sollte in dem Trichter liegen, der von unseren beiden Fußspitzen gebildet wird. Die Knie werden leicht gebeugt, damit diese effektiv als Stoßdämpfer fungieren (2). Der Schwerpunkt sollte zu jeder Zeit vor der Hüfte liegen (3). Die Arme werden nicht durchgestreckt, sondern zu Gunsten von mehr Komfort in den Ellbogen gebeugt (4). Die richtige Armposition lässt sich gut nachvollziehen, wenn man intuitiv (ohne Waffe in der Hand) auf ein Objekt zeigt. Man streckt hierbei den Arm zwar aus, jedoch wird das Ellbogengelenk nicht durchgestreckt und behält eine leichte Beugung bei. 

Ein weiteres kritisches Element ist die Knieposition . Unsere Knie sollten leicht gebeugt sein, damit sie als Stoßdämpfer agieren können, wenn wir uns auf dem Schießstand hin und her bewegen. Kommen wir nun zur Position unserer Arme. Von oben betrachtet bilden die Arme ein annähernd gleichschenkliges Dreieck und von der Seite her gesehen liegt der Arm der schussschwachen Hand etwas höher. Das liegt einzig und allein daran, dass die schussschwache Hand höher an der Waffe platziert werden kann (wodurch sich auch die Armposition nach oben verschiebt). Soweit vielfach ein aggressiver Stand beziehungsweise ein ausgeprägtes Nachvornelehnen propagiert wird, sei hierzu angemerkt, dass demgegenüber nahezu alle Topschützen eine mehr oder weniger vertikale Körperhaltung bevorzugen und lediglich darauf achten, dass ihr Schwerpunkt vor der Hüfte liegt. So lange man also nicht durch den Rückstoß aus der Balance geworfen ist, ist ein merkliches "nach vorne lehnen" unnötig. Zusammenfassend empfiehlt sich – angesichts der Vielzahl an Schießpositionen beim IPSC-Schießen – die Antwort auf die Frage nach der optimalen Körperhaltung nicht in einer spezifischen Position oder Haltung, sondern in der Beachtung weniger Schlüsselelemente zu suchen. Diese sind:

Schlüsselelemente der richtigen Körperhaltung

  • Gebeugte Knie
  • Ein nach vorne gerichteter Schwerpunkt
  • Rechtwinklig zu den Zielen ausgerichteter Stand

Wie bereits erwähnt, erlauben uns leicht gebeugte Knie, diese wirksam als Stoßdämpfer einzusetzen , unseren Schwerpunkt nach unten zu verlagern und so im Ergebnis während des Schießens aus der Bewegung die Waffe besser stabilisieren zu können. In diesem Zusammenhang sollte jedoch auf einen typischen "Zeitfresser" geachtet werden. Nur allzu häufig kann man Schützen beobachten, die während der Bewegungsphase schön in die Knie gehen, um sich dann in der statischen Position aufzurichten. Dieses "wieder groß machen" kostet nur unnötig Zeit. Des Weiteren ist darauf zu achten, dass sich die Schultern stets vor den Hüften befinden. Bereits diese geringe Vorneigung im Körper reicht vollkommen aus, um im Schuss ausbalanciert zu sein. Diesen Grundsatz gilt es zu jeder Zeit zu beachten. Egal ob man aus einer knienden Position, aus einer gehockten Haltung oder um eine Sichtblende herum schießt. Und wenn es einmal der Stage-Aufbau nicht zulassen sollte, empfiehlt es sich, die Schussfrequenz zu verlangsamen, so dass man nicht durch die auftretenden Rückstoßkräfte aus der Balance gebracht wird.

Alles im Lot durch rechten Winkel

Ebenfalls haben wir schon die Vorteile einer rechtwinklig zu den Zielen ausgerichteten Schießposition erwähnt. Je schwieriger das Ziel ist, desto wichtiger ist es, rechtwinklig zu diesem zu stehen. Der Grund hierfür erschließt sich recht schnell nach folgender Übung. Wird aus der gewohnten Schießposition heraus der Oberkörper möglichst weit nach rechts oder links verdreht, spürt man Verspannungen im Schulterbereich. Diese Verspannungen machen es nahezu unmöglich, schnell und präzise zu schießen. Zur Vereinfachung kann man sich 2 Linien vorstellen, die von beiden großen Zehen ausgehen und einen Trichter bilden. Jedes Ziel, das wir beschießen wollen, sollte in diesem Kegel liegen.

Arme und Ellbogen – wie werden sie gehalten?

Wenden wir uns nun noch einmal der Arm/Ellbogenposition zu . Für viele scheint die Annahme, über durchgestreckte Arme mehr Kontrolle über die Waffe erlangen zu können, intuitiv und richtig zu sein. Doch zum einen lässt sich das nicht wirklich auf dem Timer nachweisen und zum anderen hat sich an der Spitze eine Haltung mit deutlich gebeugten Ellbogen durchgesetzt. Hierdurch rückt die Waffe etwas in Richtung des Schützen und die meisten empfinden diese Position als deutlich komfortabler. Ob die Ellbogen dabei nach außen oder unten ausgestellt werden, ist Geschmackssache und hat keinen Einfluss auf die Rückstoßkontrolle.

Kommen wir noch zu dem interessanten Punkt, dass durch die richtige Körperposition der Zielwechsel beschleunigt werden kann . Die meisten Topschützen binden hierzu ihre Beine in den Zielwechsel ein und initiieren die Drehung zum nächsten Ziel durch Eindrehen des entsprechenden Knies (anstatt nur den Oberkörper in der Hüfte zu schwenken). Bei nah beieinander stehenden Zielen spielt das zwar keine Rolle. Doch sobald die Entfernung zwischen den Zielen größer wird, kann sich das merklich auswirken. Warum sprechen wir diesen Punkt aber gerade im Zusammenhang mit der richtigen Körperhaltung an? Ganz einfach: Damit die Drehung/der Scheibenschwenk mit den Beinen aggressiv eingeleitet werden kann, muss sich unser Unterkörper in einer ausbalancierten, stabilen Position befinden. Nur wenn die Füße fest und mehr als schulterbreit auf den Boden gesetzt werden, können sie uns bei der Einleitung der Drehbewegung unterstützen und bieten ein entsprechendes Gegenlager. 

Die korrekte Haltung für einen Rechtsschützen.
Im Anschlag bilden beide Arme ein etwa gleichschenkliges Dreieck. Anmerkung: Bei genauer Betrachtung fällt auf, dass die Waffe vor dem linken Auge steht. Der Schütze ist Rechtshänder, doch sein linkes Auge ist das Führauge. Damit der Kopf in einer möglichst entspannten Haltung verbleibt, wird die Waffe wenige Zentimeter nach links bewegt, so dass diese vor dem dominanten, linken Auge steht.

Unsere Tipps und Ratschläge richten sich selbstverständlich nicht ausschließlich an passionierte IPSC-Schützen. Jeder Kurzwaffenschütze, egal ob Sportler oder Jäger, kann seine Performance im Pistolenschießen mit diesen Techniken schnell und effektiv verbessern. Am besten Sie versuchen es gleich selbst auf dem Schießstand!

Hier finden Sie aktuelle Termine zum Thema IPSC und anderen Bereichen rund um Waffen und sportliches Schießen.


Hier finden Sie die weiteren Teile unserer Serie zum Dynamischen Kurzwaffenschießen:

Welche IPSC-Klassen gibt es im Bereich Kurzwaffe? Wir bieten Ihnen einen kurzen Überblick zu den Handgun Divisions .

Das Heft im Heft "Perfektes Pistolenschießen von A bis Z" wurde mit der  caliber 7-8/2018  veröffentlicht. Diese und weitere Ausgaben können Sie ganz bequem im VS Medien Online-Shop bestellen.

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