Einzelstück für den Europameister Johan Ahlbeck: Merkle Custom PPC-Pistole in 9 mm Luger im Test

Merkle PPC von rechts
Merkle Custom 9 mm Pistole. Nur auf PPC getrimmt: Der verlängerte Nill-Griff hilft im Liegendanschlag, die Visierung erleichtert das Zielen auf verschiedene Distanzen.
Johan Ahlberg (Europameister, Schweden)
Johan Ahlbeck aus Schweden: Bei der WM in Australien gewann er zwei Mal Gold und noch eine weitere Goldmedaille (Revolver 1500) bei den Europameisterschaften 2018.

Ralf Merkle gilt nicht nur als exzellenter Revolvertuner, sondern er ist auch dem PPC/1500-Schießsport eng verbunden, sodass hieraus europaweit Kontakte entstanden sind. Vielleicht deshalb trat der international erfolgreiche PPC-Schütze und Europameister Johan Ahlbeck an Ralf Merkle heran, um eine Ganzstahl-Matchpistole auf 1911er-Basis in Auftrag zu geben, die Schussbilder von um die 40 mm auf 50 Meter liefern soll. Sicherlich ein anspruchsvolles, aber nicht unmögliches Unterfangen. Wie bei den meisten Büchsenmachern, die ihr Handwerk verstehen, sind längere Lieferzeiten oftmals die Regel. Umso erfreulicher, dass die Waffe, auf die der schwedische PPC-Schütze sicherlich schon sehnlichst wartet, in der caliber-Redaktion einen Zwischenstopp einlegte. Die uns vorliegende Match-Pistole wurde übrigens von Tim Merkle aufgebaut, sodass die zweite Generation der Büchsenmacher-Familie nun vollends im Geschäft mitmischt.

Netzwerke: Merkle nutzte STP-Teile von Prommersberger als Basis

Merkle PPC Pistole zerlegt
Merkle Custom PPC-Pistole in 9 mm Luger: Das einreihige Griffstück mit dem kantigen Abzugsbügel und dem daran befestigten Zusatzgewicht wurde mit klassischen 1911-Elementen und einem Bull-Barrel-Lauf kombiniert – das erspart das Bushing und ist präziser. Die Bedienelemente sind beidseitig ausgeführt.

Im Club 30 hilft man sich: Gut, dass Club 30-Kollege Karl „Tscharlie“ Prommersberger STP 1911- und 2011-Pistolen sowie einige Einzelteile in Eigenregie fertigt. So konnten die weißfertigen Rohteile unkompliziert besorgt werden. Als Basis diente das einreihige TM 6.0-Griffstück mit dem eckigen Abzugsbügel. Um der Waffe noch mehr Ruhe im Schuss beizubringen, wurde dort ein Rahmengewicht verbaut, das stattliche 325 Gramm auf die Waage bringt. Auch der Verschluss kam weißfertig zu Merkle, sodass auch die Greifrillen („Slide Serrations“) nach Kundenwunsch gefertigt werden konnten. Ein Mehrpositionenvisier, wie in diesem Fall das bekannte Aristocrat-Modell, gehört beim PPC/1500-Schießen zum Standard. Die abnehmbaren Kornschutzflanken dienen der Reduktion von Lichtreflexen. Der edle Holzgriff mit integralem Magazintrichter der Firma Nill verlängert den Rahmen noch etwas weiter nach unten und offeriert somit Unterstützung in der liegenden Schießposition. Von den Messwerten her ist der Abzug mit rund 1.500 Gramm ziemlich dicht am vorgegebenen Limit von 1.360 Gramm eingestellt. Bei der Analyse mit dem Triggerscan zeigte sich, dass rund 900 Gramm auf den Vorzug entfallen und nur das Restgewicht von 600 Gramm zur eigentlichen Schussabgabe überwunden werden muss, wobei der Auslöseweg zudem recht kurz ausfällt. Auch die Abweichungen der einzelnen Messungen sind mit nur 40 Gramm sehr gering, was für die Qualität und Wiederholgenauigkeit des aus Cylinder & Slide-Schlossteilen bestehenden Single-Action-Abzugssystems spricht.

Merkle PPC-Pistole
Merkle Custom 9 mm: Für die diversen PPC-Distanzen wurde eine Mehrpositionen-Kimme der US-Firma Aristocrat aufgesetzt.

Enge Toleranzen für enge Schussgruppen

Es versteht sich von selbst, dass solch hochgesetzte Präzisionsanforderungen nur mit geringem Spiel der beweglichen Teile zu realisieren sind, und da wurde man bei der mit Minimaltoleranzen gefertigten Custom-PPC-Pistole auch nicht enttäuscht. Der im Verschluss sitzende KKM Bull-Barrel-Matchlauf aus US-Produktion mit konventionellem Feld-Zug-Profil sorgt mit rund 18 mm Durchmesser für eine gewisse Vorderlastigkeit. Ob man sich für einen Bull-Barrel in konischer Form oder einen klassischen Lauf mit mündungsseitiger Führungsbuchse („Barrel Bushing“) entscheidet, ist Glaubens- beziehungsweise Geschmacksache. In der Theorie hat der Bull-Barrel-Lauf den Vorteil, dass er im Mündungsbereich nur ein Toleranzfeld (Lauf-Verschluss) aufweist. Ein Lauf mit Laufführungsbuchse besitzt hingegen zwei Toleranzfelder (Lauf-Bushing-Verschluss), die zueinander passen müssen. Der Bull-Barrel-Lauf lässt sich hingegen kaum unter Vorspannung setzen und harmoniert meist mit leichteren Verschlussfedern, die wiederum oftmals der Präzision nicht unbedingt förderlich sind. Auf Basis von unzähligen Tests und Erfahrung haben wir den Eindruck, dass Pistolen mit Läufen mit Barrel-Bushing oftmals die besseren und konstanteren Ergebnisse bringen, wobei natürlich immer wieder Ausnahmen die Regel bestätigen.

Im Schießtest startete die Merkle-Custom-Pistole auf 50 und 25 Meter. Ergebnis: 30 mm Streukreis auf 50 m mit GECO Hexagon 

Merkle PPC-Pistole
Die engste 10er Gruppe auf 50(!) Meter maß 30 mm mit der GECO 124 Grains Hexagon, wobei 9 Schuss auf sensationellen 16 mm zusammen lagen.

Diesmal sollte der Schießstandbesuch einmal andersherum erfolgen. Zuerst ging es auf die (für Kurzwaffen jedenfalls) lange 50-Meter-Distanz, um abschließend bei den „ordinären“ 25 Metern zu landen. Wir wählten 10 Laborierungen von 115 bis 147 Grains aus. Wir staunten nicht schlecht, als die GECO 124 Grains Hexagon eine 30-mm-Gruppe in die Pappe stanzte. Da sich der erste Schuss noch etwas absetzte, lagen 9 Schuss auf 16 mm auf 50 Meter zusammen! Der rechnerische Präzisionsdurchschnitt aller Laborierungen betrug 58 mm. Von den Topergebnissen auf der Langdistanz angespornt, sollte es auch noch einmal auf die 25-Meter-Bahn gehen. Hier lieferte die GECO 115 Grains DTX mit einfachem Vollmantel-Ogive-Geschoss mit 21 mm das beste Ergebnis ab. Auch hier wurde einmal wieder bestätigt, dass Laborierungen, die auf 25 Meter gute Ergebnisse liefern, nicht unbedingt auch Spitzenresultate auf der 50-Meter-Bahn bringen (die detaillierten Schießergebnisse und alle Laborierungsdaten finden Sie nur in der gedruckten oder als e-paper erhältlichen caliber-Ausgabe 9/2021, die Sie hier kaufen können). Das schwere Griffstückgewicht sorgte erwartungsgemäß für wenig Hochschlag und ein sehr behäbiges Schussverhalten.

Technische Daten und Preis: Merkle Custom PPC-Pistole

Hersteller:
Merkle Tuning
Modell:
Custom-PPC
Preis:
5.500 Euro
Kaliber:
9 mm Luger
Kapazität:
10 Patronen
Griffstück und Verschluss:
Stahl
Lauflänge und -profil:
152 mm, 6x F-Z
Zug-/Feldmaß:
9,02-8,76 mm/
Kimme:
2,75 mm/3-Positionen Aristocratkimme
Korn:
3,25 mm Targetkorn, hinterschnitten und geriffelt
Visierlinie:
210 mm
Sicherung:
beidseitige Drehhebelsicherung am Griffstück
Abzugssystem:
SA, Mittelwert 1.488 Gramm
Gewicht mit Magazin:
1.688 Gramm
Maße (L, B, H):
252x40x162 mm
Extras:
Hartschalenkoffer

Unser Test-Fazit: Ästhetik und Leistung sind kein Widerspruch

Die hier präsentierte PPC/1500-Match­pistole beweist in eindrucksvoller Art und Weise, dass man waffentechnische Ästhetik und maximale Leistung harmonisch nach Kundenwunsch in Einklang bringen kann. Das ist ohnehin eine Spezialität der Tuning-Mitglieder im Club 30, zu dem natürlich auch die Merkles gehören. Für rund 5.500 Euro erhält der neue Besitzer aus Schweden eine hochpräzise 1911er für das PPC/1500-Schießen, an der er sicherlich lange seine Freude haben wird – und PPC-Fans können sie bestimmt bei einem der nächsten internationalen Wettkämpfe im Einsatz sehen.

ÜBRIGENS: Wenn Sie selbst Interesse an einer getunten Kurzwaffe oder einem komplett neu erstellten Modell haben, wenden Sie sich doch an eins der Mitgliedsunternehmen des CLUB 30 – hier werden Sie stets kompetent beraten!