HS Produkt H11: Die subkompakte 9mm-Luger-Pistole im Test auf dem Schießstand

Hellcat, auf diesen Namen taufte die Firma Springfield Armory die kleine Taschenflak aus Kroatien, und die "Höllenkatze" heimste im vergangenen Jahr in den USA gleich mehrere Preise von Presse und Industrie ein. Jetzt gibt es den feuerstarken Winzling mit dem geräumigen Magazin auch in hiesigen Breitengraden zu erstehen, allerdings vom Hersteller HS Produkt ganz schlicht als H11 bezeichnet. Wie üblich unterscheiden sich die Polymer-Pistolen von Springfield Armory und HS Produkt nur in der Beschriftung voneinander, hergestellt werden sie allesamt im kroatischen Karlovac.

Die Technik der HS Produkt H11

Die HS Produkt H11 mit Holster und Magazin.
Trotz Abmessungen vergleichbar einer PPK bietet die HS Produkt H11 Magazine von 11 bis 13 Patronen, aber im Kaliber 9 mm Luger.

Konzeptionell orientiert man sich an bewährten Basisdesigns: Über dem Polymer-Griffstück findet sich ein verbessertes Browning-System mit Verriegelung im Auswurffenster und doppelten, auf der Führungsstange gekapselten Schließfedern. Der Abzug mit ins Züngel integrierter Abzugssicherung bietet einen stets gleichbleibenden, mittellangen Weg vom ersten bis zum letzten Schuss. Der Auslösewert lag bei den Testexemplaren um 2.350 Gramm: Nach ein paar Millimetern belastetem Vorweg stößt der Abzugsfinger auf Widerstand in Form eines relativ klar definierten Druckpunktes. Diesen gilt es dann bei gleichmäßiger Charakteristik über eine Strecke von zirka drei Millimetern zu überwinden, bis der Schuss bricht. Nach dem Schuss muss man das Züngel zwar nicht ganz in die Ruheposition vorlassen, aber der Rückstellweg (Reset) fällt mit rund sechs Millimetern nicht übermäßig kurz aus.

Die HS Produkt H11 in ihre Bauteile zerlegt.
Zerlegt wird die H11 über den Schwenkhebel oberhalb des Abzugsbügels. Wie üblich verriegelt der abkippende Lauf im Auswurffenster.

H11 von HS Produkt: Ausstattung und Verarbeitung

Hier unterscheidet sich HS Produkt nicht von hierzulande bekannteren europäischen Herstellern. Außen wie im Inneren der Pistolen präsentierten sich die Oberflächen sorgfältig verarbeitet, ordentlich beschriftet und ohne störende Nähte an den Kunststoffgriffstücken. Zwischen der Unterseite des Kornes und der Oberseite des Schlittens blitzte ungebührlich viel Licht hindurch. Ansonsten vermerkte das Testprotokoll im Bereich Verarbeitung und Finish keine Ausfälle: Das Schlittenspiel auf den Führungsschienen des Rahmens entsprach für eine Polymer-Pistole gutem Durchschnitt. Verriegelt gab das Rohr dem prüfenden Daumen nur seitlich im Bereich des Patronenlagers leicht nach, vorn saß der Lauf stramm im Verschlussgehäuse. Summa Summarum: Handwerklich gut gemachte Polymer-Pistolen, ohne auffällige Ausreißer.

Blick über die Visierungen der H11 von HS Produkt.
Ab Werk kommt die H11 RDR (rechts) nur mit einer Abdeckhaube. Das Red Dot von Shield gibt es auf Wunsch optional gleich mit dazu.

Bei der Oberflächenstruktur des Griffbereiches entschied sich HS Produkt für eine einheitliche Anrauung von Front, Flanken und Griffrücken. Das Muster erinnert an ein sehr feines Stippling und bietet für eine in einem Taschenholster oder sehr eng am Körper getragene Minipistole einen guten Kompromiss zwischen guten Zugriffsmöglichkeiten beim Ziehen und einem rutschfesten Grip im Schuss. Subjektiv lag die H11 einwandfrei: Als Zwölfschüsser findet der kleine Finger bei Handschuhgröße 9 bis 9 ½ seinen Platz bequem unter den Magazinboden und mit dem 15 Millimeter höheren Magazin für 13 Patronen passt der kleine Finger gerade noch auf den längeren Magazinboden. Der Magazinauslöser lässt sich für Linkshänder umstecken, der Schlittenfanghebel findet sich wie für ultrakompakte Pistolen üblich nur auf der linken Seite des Rahmens aus glasfaserverstärktem Kunststoff. Über den Demontagehebel oberhalb des Abzugsbügels lässt sich die Waffe kinderleicht zerlegen. Dies erfordert allerdings einen Druck auf den Abzug, um die H11 zu entspannen, sonst lässt sich der Schlitten nicht vom Rahmen abziehen. Über den Ladezustand informiert eine Auskehlung oben im Patronenlager. Auch zusätzliche Durchladerillen vorn im Schlitten gehören zur Ausstattung, ebenso eine (sehr kurz geratene) Picatinny-Schnittstelle vor dem Abzugsbügel. HS Produkt schützt den Stahl von Lauf und Schlitten durch eine mattschwarze Nitrierung vor Kratzern und Rost. Bei der Visierung folgt man aktuellen Trends: Kimme und Korn bestehen aus Stahl und lassen sich durch Klopfen verschieben. Die Bauhöhe der Visierung reicht gerade noch aus, um in Verbindung mit dem hier montierten Reflexvisier von Shield noch ein "Co-Witness" zu erzeugen: Kimmenausschnitt und Lichtsammlerkorn bleiben auch beim Blick durch die Linse des hier montierten Shield Sight sichtbar, für eine Verteidigungspistole eine unverzichtbare Eigenschaft, wenn man ein Red Dot nutzen möchte. Die feine Qualität und das clever konzipierte Gesamtpaket haben dann aber auch ihren Preis. Mit rund 850,- Euro komplett mit Cover Plate und drei Magazinen, aber ohne Reflexvisier gehört die RDR-Variante der H11 zu den eher hochpreisigen Polymer-Verteidigungspistolen. Für ein Shield-Rotpunktvisier RMSc Made in England müsste man nochmals 350,- Euro extra einkalkulieren.

HS Produkt H11: Alle technischen Daten und Preise im Überblick

Modell:HS Produkt H11HS Produkt HS RDR
Preis:798,- Euro
849,- Euro
Kaliber: 9 mm Luger9 mm Luger
Kapazität:11/13 + 1 11/13 + 1
Maße (LxBxH):153 x 27 x 107 153 x 27 x 122
Lauflänge:80 mm80 mm
Visierlänge:126 mm126 mm
Ausschnitt Kimme:3,7 mm
3,7 mm
Kornbreite:3,6 mm
3,6 mm
Abzugsgewicht:2400 g 2300 g
Gewicht:527 g522 g
Ausstattung: Melonite-Finish, Stahl-Visierung, drei Magazine aus Stainless Steel, Abzugssicherung.Wie Basismodell H11, Schlitten für Reflexvisiere vorbereitet. Mit Shield-Visier: 1199 Euro.

Mit der subkompakten Pistole H11 auf dem Schießstand:

Um es kurz zu machen – die H11 hinterließ im Bereich Handling und Schussleitung unter dem Strich einen exzellenten Eindruck. Vor allem in Verbindung mit dem Shield-Reflexvisier machte das Schießen schlichtweg Riesenlaune. Doch der Reihe nach, bei so viel Vorschusslorbeer gibt es erst einmal einen Blick auf die kurze Liste der Kritikpunkte. Als da wären: Fest gepackt, drückt bei dem kleinen Elf-Schuss-Magazin der Magazinboden an der Rückseite in die Handfläche – nicht schmerzhaft, aber doch eine Spur unangenehm. Die schicken Spannrillen müssten einen Hauch tiefer gefräst werden oder etwas schärfer ausfallen, zumal sie ja bei dem kleinen Kraftpaket nicht übermäßig viel Fläche zur Handhabung bieten. Wie für ultrakompakte Neun Paras mit entsprechend geringer Verschlussmasse üblich, fallen die Schließfedern der H11 sehr stramm aus, da kann man beim Durchladen mit feuchten Händen schon einmal von den Rillen abrutschen.

Bester Streukreis der HS Produkt H11.
Die beste Schussgruppe auf 15 Meter Entfernung (PPU 115 grs JHP). Zwischenbilanz: Der kroatische Winzling H11 von HS Produkt schießt geradeaus.

Über Kimme und Korn geschossen, lieferte die RMR-Variante mit allen getesteten Laborierungen relativ viel Hochschuss, auf 25 Meter im Mittel gut vier Finger breit. Aber bei der RMR dienen Kimme und Korn eh nur als Notnagel, falls das Red Dot-Visier einmal ausfallen sollte, zudem ließe sich der Hochschuss mit drei, vier Feilstrichen korrigieren. Mehr zu meckern gab es nicht, im Gegenteil schlug sich die H11 im scharfen Schuss ausgezeichnet, in Verbindung mit dem Shield-Visier sogar bis hinauf auf 25 Meter Entfernung. Dabei muss man klar sagen: Ihre Vorteile für schnelle, präzise Schüsse spielt die Kombo von H11 und Shield erst bei Entfernungen über 10 Meter aus. Für die Faustdistanz oder ein Reh im Straßengraben tut es definitiv auch die konventionelle Visierung mit U-förmiger Kimme und dem mit rotem Fiberglas bewehrten Korn.

Für die Präzision wurde die Pistole zunächst mittels Heymann-Guntester über Kimme und Korn aufgelegt auf 15 Meter Entfernung erprobt. Im Durchschnitt pendelten sich die Fünf-Schuss-Trefferbilder bei etwa acht, neun Zentimeter ein. Dabei vermasselte meist ein schützenbedingter Ausreißer die Gruppen, vier Schuss lagen häufig um vier bis sechs Zentimeter zusammen – die Visierlinie der Pistole ist nun einmal eher knapp bemessen und da schleicht sich schnell ein Fehler beim Visieren ein. In Verbindung mit dem Shield-Reflexvisier zeigte die Testwaffe ihr Potential für enge Schussbilder. Aufgelegt auf die 15-Meter-Distanz maß das größte Trefferbild der verwendeten Munitionssorten 48 (30) Millimeter. Besonders gut klappte es mit der Teilmantel-Hohlspitzpatrone von Prvi Partizan, hier lagen fünf Schuss auf 23 Millimeter zusammen. Nach Abzug des Ausreißers der Gruppe wären es nur acht Millimeter gewesen: eine angenehm präzise Verteidigungspistole, trotz Sicherheitsabzug und 80 Millimeter kurzem Stummellauf. Dieser wirkt sich freilich auch auf die Leistung aus, Laborierungen ohne +P-Ambition brachten es aus der H11 auf etwa 350 Joule. Funktionstechnisch leistete sich die Waffe keinen einzigen Aussetzer, auch nicht bewusst schwach gehalten im Dreifingergriff.

Die H11-Version mit Reflexvisier.
Die H11 von HS Produkt mit Reflexvisier von Shield und langem 13-Schuss-Magazin. Unsere Test-Munition kam u.a. von GECO. Hier die Action Extreme in 9 mm

Schön: Egal ob einhändig oder im beidhändigen Anschlag und egal wie kräftig gehalten, erfolgte der Hülsenauswurf mit allen Testlaborierungen stramm und stets gleichmäßig nach rechts, wobei das Messing gut zweieinhalb bis drei Meter weit geschleudert wurde. Auch beim Schussverhalten muss sich die kleine Neun Para nicht verstecken. Abzug und Griffgestaltung ermöglichen in Relation zum niedrigen Gewicht schnelle, präzise Schussfolgen. Dabei springt die H11 natürlich kräftiger in der Hand als eine größere und schwerere Polymer-Pistole, der Rückstoß wurde aber nie als unangenehm empfunden, ganz im Gegensatz zu vergleichbar schweren Taschenrevolvern mit ähnlich starker Munition. An der Bedienbarkeit gab es im Einsatz auch nichts auszusetzen. Viele Hebel hat die H11 ja nun nicht und sowohl der (umsteckbare) Magazindrücker als auch der Schlittenfanghebel verrichteten anstandslos und ergonomisch einfach zu bedienen ihre Arbeit. Einziger Wermutstropfen: Zu Beginn des Schießstandbesuchs bei leichten Minustemperaturen ließ sich die jeweils letzte Patrone gerade noch ohne Ladehilfe von Hand in die Magazine quetschen. Gegen Ende des Tests war da aber mit klammen Fingern nichts mehr zu reißen, dann musste es bei zehn oder zwölf Patronen bleiben, je nach Magazinvariante.

Test-Fazit: Das kann die subkompakte 9mm-Pistole von HS Produkt

Zuverlässig, sehr klein und handlich, dabei hochpräzise und mit einer in Relation zur Größe fantastischen Magazinkapazität gesegnet: Die H11 macht beim Führen und im Schuss eine hervorragende Figur. So stehen auch bei einem Kostenpunkt ab 800 Euro Leistung und Preis in einem guten Verhältnis zueinander. HS Produkt hat mit der H11 einen Gewinner am Start.


Dieser Test erschien zuerst in der VISIER, Ausgabe 03/2021. Dort ist auch die ausführliche Tabelle mit Schießergebnissen enthalten. Sie können das Heft in der Print- wie auch in der Digitalausgabe im VS Medien-Onlineshop bestellen.

Weitere Informationen zu den Waffen von HS Produkt, finden Sie auf den Seiten des Herstellers. Außerdem bei crogun, dem deutschen Importeur.

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