Schützen- und Jagdverbände, Handel, Handwerk und Industrie fordern gemeinsam von der Politik sofortige Maßnahmen gegen das geplante EU-Bleiverbot in Munition

all4shooters.com zitiert aus der der Presseerklärung des Deutschen Schützenbundes DSB zum Erhalt von Blei in Munition:

"Der Forderungskatalog hat das Ziel, gegen das von der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) vorgeschlagene mögliche Verwendungsverbot von bleihaltiger Munition für den Schieß- und Biathlonsport sowie für die Jagd vorzugehen und zu argumentieren" (hier geht's zu den bisherigen Berichten dazu bei all4shooters.com)

So sei der Schutz der Umwelt ein wichtiges Ziel, dem sich die Verbände uneingeschränkt verpflichtet fühlen. Dennoch gelte es praktikabel Lösungen zu finden, die Umweltschutz, Sport und Brauchtum vereinbaren, heißt es in dem Schreiben. „Die Vorgaben aus dem Waffenrecht, hier insbesondere die deutschen Schießstandrichtlinien sowie die einschlägigen DIN-Normen, haben sich bewährt.“

Blei-Diabolos für Luftgewehr- und Luftpistolen-Wettkämpfe: Kein alternatives Geschossmaterial kommt an die Präzision von Blei heran. Ein typisches 10-Schuss-Trefferbild misst mit 5,5 bis 7 mm umschlossen oft nur wenig mehr als ein Kalibermaß (4,5 mm).
Mit bleifreien KK-Geschossen ließen sich kaum reproduzierbare Schussgruppen erreichen; die Streuung war derart hoch, dass Leistungssport kaum noch möglich wäre. Die äußersten Treffer waren in der Acht, die Zehn wurde nur nach dem Zufallsprinzip getroffen – der Gesamtdurchmesser ca. 48 mm
Gute KK-Patronen mit Bleigeschoss ermöglichen, jeden Schuss in die Zehn zu platzieren. Oft liegen Schussbilder sogar innerhalb des Zehnerrings. Der größere Ring von 17 mm entspricht 30 Schuss aus eingespanntem Lauf , um Schützenfehler auszuschließen. Sichtbar berührte Ringe zählen "nach oben".
Durch ein Bleiverbot wären deutsche und generell europäische Top-Schützen international abgehängt - was ein Ende des Leistungssports zur Folge hätte.

Ein EU-Bleiverbot für Munition hätte gravierende Folgen für Sportschützen, Jäger, Industrie, Handel und Handwerk

Ein Bleiverbot hätte für den Schieß- und Biathlonsport, die Jagdausbildung und die deutsche Industrie und Handel gravierende Folgen: Waffen verlören über Nacht ihren Wert bzw. müssten teuer umgerüstet werden; das für den Schießsport entscheidende Kriterium, die Präzision, wäre mit alternativen Materialien nicht gegeben; das Gros der Schießstände müsste kostenintensiv umgerüstet werden. Darauf hatte auch der Herstellerverband JSW bereits in einer Stellungnahme an die ECHA hingewiesen.

Zum Schutz des immateriellen Kulturerbes „Schützenwesen in Deutschland“, für den Fortbestand der schießsporttreibenden Vereine, für den Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Athleten im internationalen Vergleich, für die Jagdausübung und die deutsche Industrie und den Handel wird deshalb von den unterzeichnenden Verbänden Folgendes gefordert:

  • Ausschluss aller behördlich genehmigter „Outdoor“-Schießstände von den geplanten Beschränkungen
  • Dauerhafter Ausschluss des „Indoor-Schießsports“ von den geplanten Beschränkungen
  • Finanzielle Unterstützung für die Erforschung adäquater Alternativen
  • Finanzielle Unterstützung für nötig werdende Umrüstungen der Schießstandinfrastruktur
  • Längere und einheitliche Übergangszeiträume für Jagd und Sportschießen
  • Finanzielle Kompensation für nicht mehr verwendbare Waffentypen für Anwender und Handel
Hans-Heinrich von Schönfles (DSB-Präsident)
DSB-Präsident Hans-Heinrich von Schönfels
EU-Banner
Heftiger Gegenwind für die ECHA durch den Forderungskatalog der Verbände, der aber zunächst an deutsche Politiker und Institutionen ging. An die EU-Ebene wurde bereits eine eigene Stellungnahme verschickt.

DSB-Präsident Hans-Heinrich von Schönfels sagt: „Wir glauben, in dieser wichtigen Angelegenheit mit dem gemeinsamen Forderungskatalog im Schulterschluss mit den weiteren betroffenen Verbänden Gehör bei den politisch Verantwortlichen zu finden. Mit dem Papier wird sich der DSB zusammen mit den nationalen und internationalen Partnerverbänden weiterhin für die Belange des Sportschießens und des Schützenwesens einsetzen und deren Interessen vertreten.“

Hier finden Sie den kompletten Forderungskatalog der 17 Verbände als PDF-Dokument


Der Kommentar von all4shooters.com: Wesentliches fehlt (noch)

Schön, dass die relevanten Schiesssport- und Jagdverbände und die von Industrie, Handwerk und Handel nun einen gemeinsamen Weg gehen wollen, auch wenn es anfangs etwas zögerlich und ablehnend diskutiert wurde. Schade andererseits, dass die Forderungen an die deutsche Politik nur auf Ausnahmen und finanziellen Ausgleich für die Verbotsfolgen abzielen, als wäre das Verbot ohnehin nicht mehr abwendbar. Bei den Jagdverbänden scheint man sich auch schon mit einem Bleiverbot arrangiert zu haben, zumal ein großer Teil der Jagdreviere ohnehin in Staatsforsten liegt und dort "bleifrei" vorgegeben wird. Ungeachtet der ja anzweifelbaren Begründungen. Denn die Verbände hätten viel früher in der Argumentationskette ansetzen können, nämlich am Grundproblem der datentechnisch und statistisch fehlerhaften ECHA-Behauptungen: Es fehlt im Forderungskatalog etwa der Hinweis, dass auch die angeblich alternativen Geschossmaterialien wie Kupfer toxikologisch kritisch sind und ebenfalls schon auf der Beobachtungsliste der ECHA stehen. "Erst das Verbot von Blei, dann von Kupfer, dann der Jagd" ist kein unwahrscheinliches Szenario.

Und auch die Industrie kann schließlich auch mit noch so starker finanzieller Förderung das Periodensystem der auf der Erde vorhandenen Elemente nicht überlisten: man kann kein 119. Element kaufen, die bekannten 117 außer Blei sind aus vielfach erläuterten Gründen als als Alternativ-Geschossmaterial unbrauchbar oder gar ebenso giftig. Wenn man also beim heutigen Wissensstand weiß, dass Bleistaub etwas anderes ist als Bleimetall und dessen Giftigkeit überschätzt (wie es neueste Studien zeigen), wenn die Kugelfänge zumindest der europäischen Schießstände technisch beherrschbar die Geschossreste sammeln, dann kann man nur vermuten, dass die wahren Gründe für den ECHA-Feldzug (gemeinsam mit den beiden Kommissionen RAC und SEAC) eher im politisch gewollten Bereich liegen – denn die wissenschaftliche Argumentation ist lange widerlegt.

Ulrich Eichstädt