Eine neue Studie erschüttert die Datenbasis der ECHA zur Aufnahme von Blei aus Munition durch Wildtiere. Auch der DSB bezieht Stellung gegen das Bleiverbot.

Schon seit geraumer Zeit berichtet all4shooters.com über den politischen Prozess des geplanten EU-weiten Verbots von Blei in Munition. Die EU-Kommission hat die ECHA (Europäische Chemikalienagentur) beauftragt, die Situation zu bewerten und einen Entwurf für die nachfolgenden politischen Entscheidungen zu erarbeiten. Dieser Prozess läuft in mehreren Schritten und öffentlichen Konsultationen ab. 

In dem US-amerikanischen Fachjournal PLOS ONE wurde jetzt eine neue wissenschaftliche Studie über die Aufnahme von Blei in Wildtierpopulationen veröffentlicht. Die Studie belegt einmal mehr, dass die Daten der ECHA stark verzerrt sind. Ob dahinter nun Absicht oder einfach nur unprofessionelles Arbeiten der ECHA steckt sei erst einmal dahingestellt. 

Die frisch veröffentlichte Studie wurde von der US-Niederlassung der internationalen Beratungsfirma ARCADIS, einem der führenden globalen Planungs- und Beratungsunternehmen mit Blick auf die natürliche und die vom Menschen gestaltete Umwelt durchgeführt. Finanziell unterstützt wurde die Studie dabei von der WFSA (World Forum of Shooting Activities), die zur technischen Unterstützung auch eine Arbeitsgruppe bereitstellte. Die WSFA ist ein internationaler Zusammenschluss von Jagd- und Schießsportverbänden, zu deren Mitgliedern von deutscher Seite bisher der DSB, der BDS und der BDMP zählen. 

Alternativen zu Blei in Munition bergen neue Risiken.
Derzeit gibt es keine sinnvolle und vor allem keine risikofreie Alternative zu Blei in Jagd- und Sportmunition.

Immer mehr kristallisiert sich heraus, dass die meisten Thesen der ECHA nicht fundiert und einige der Argumente zudem auch unfair und unausgewogen sind. Fakt ist: Blei in Munition ist nicht ohne weiteres ersetzbar und die Auswirkungen eines Verbots von Blei in Munition stellen mangels Alternativen ein großes Problem für die waidgerechte Jagd, im Sinne des Tierschutzes, aber auch für die ballistischen Leistungseigenschaften von Sportmunition und zudem für einen kompletten Wirtschaftszweig dar. Außerdem sind die mit dem Bleiverbot propagierten positiven Auswirkungen auf Mensch und Umwelt keineswegs frei von Risiken, da auch die alternativen Materialien zum Blei in Büchsengeschossen und Schrot nicht unbedenklich sind und diese ggf. neue Probleme mit sich bringen.

Die wissenschaftliche Studie, die unlängst in der Zeitschrift PLOS ONE (und deren Website) veröffentlicht wurde, zeigt, dass die aktuellen Schätzungen der Verluste von Landvögeln in Europa durch die Aufnahme von Bleimunition, die auch von der ECHA bei der Ausarbeitung ihres Vorschlags für Beschränkungen für Bleimunition verwendet wurden, erneut auf unsicheren oder zu allgemeinen Annahmen beruhen und im Grunde zeigen, dass die Methodik, die einem Großteil der aktuellen Publikationen zu diesem Thema zugrunde liegt, nicht effizient ist und zu fehlerhaften Ergebnissen führt

Das mit der neuen Studie nun vorliegende Gutachten wurde von ausgewiesenen Fachleuten erstellt und ist daher wissenschaftlich als sehr zuverlässig einzustufen.

Was ist falsch an den Annahmen der ECHA in Bezug auf die „toxischen Auswirkungen“ von Blei in Munition?

1.  Die ECHA geht davon aus, dass die Populationsgrößen von bestimmten fleischfressenden Vögeln durch eine bleibedingte zusätzliche jährliche Sterblichkeit verringert werden. Die ECHA verfügte jedoch weder über eine quantitative noch eine qualitative Schätzung des Prozentsatzes der fleischfressenden Landvögel mit Bleivergiftung.

2. Stattdessen entwickelte die ECHA eine höchst unsichere Schätzung von 1 % Rückgang bei landlebenden Wildvögeln aufgrund der Aufnahme von Bleischrot (das ist fünfmal höher als die Zahlen von ARCADIS).

3. Die Daten, die diese Schätzung stützt, stammen größtenteils aus dem Vereinigten Königreich, also einem Populationsraum und zudem hat die ECHA verschiedene Statistiken vermischt, die nicht miteinander vergleichbar sind. 

4.  Obwohl sich die jetzt vorliegende Studie speziell auf den Rückgang der Populationen aufgrund von Bleivergiftungen in Europa konzentriert, wird sie für die Jagd, den Schießsport und die Interessen der Wirtschaft auf der ganzen Welt von Nutzen sein, da sie ein Modell erstellt, das in allen nationalen und regionalen Kontexten repliziert werden kann und die Methoden und somit die Ergebnisse der Jagd- und Bleigegner widerlegt.

Soweit unsere kurze Zusammenfassung. Alle Einzelheiten werden in der wissenschaftlichen Studie erläutert, die in der Fachzeitschrift PLOS ONE veröffentlicht und von uns bereits weiter oben im Artikel verlinkt wurde.

Auch für Sportschützen gibt es Neuigkeiten im Hinblick auf das von EU-Seite geplante Bleiverbot: Eine Stellungnahme des DSB

Das DSB-Präsidium hat in seiner Sitzung während der Deutschen Meisterschaften 2022 in München eine Stellungnahme im Bleibeschränkungsverfahren verabschiedet und bei der ECHA eingereicht. Dabei geht der DSB detailliert auf die Stellungnahmen der ECHA-Ausschüsse für Risikobewertung (RAC) und sozio-ökonomische Analyse (SEAC) ein.

Präsidium des DSB.
Das DSB-Präsidium (hier auf einem Foto aus 2021) hat während der DM 2022 in München  eine Stellungnahme gegen das Bleiverbot verabschiedet und fristgerecht bei der ECHA eingereicht. 

Der Deutsche Schützenbund sieht aus Sicht des Sportschießens zwar im aktuellen Bleibeschränkungsvorschlag der ECHA eine leichte Verbesserung gegenüber dem ursprünglichen Vorschlag, weist aber auch auf einige drängende Probleme und unklare Punkte hin. Für den DSB ist das geplante Verbot bleihaltiger Munition auf offenen Schrotständen für das Flintenschießen besonders kritisch. Der DSB fordert in seiner Stellungnahme eine Ausnahmeregelung für das Flintenschießen, da mit einem Bleiverbot für die Spitzenschützen der EU-Grundsatz der gleichen Wettbewerbsbedingungen nicht mehr gegeben sei. Zudem würden unter einem solchen Verbot auch der Breitensport und die gesellschaftliche Bedeutung des Schützenwesens mit den positiven Auswirkungen des Zusammenlebens, der Integration und Inklusion deutlich leiden. In diesen Zusammenhang verweist der DSB auch darauf, dass das Schützenwesen in Deutschland seit 2015 in die Liste „Immaterielles Kulturerbe“ der Deutschen UNESCO-Kommission aufgenommen ist.

Bleiverbot würde Chancengleichheit bei Flintenschützen verhindern.
Der DSB fordert eine dauerhafte, EU-weite Ausnahmeregelung vom Bleiverbot für alle Sportschützen auf nach nationalem Recht betriebenen Schießsportanlagen. 

Überhaupt wirft der DSB der SEAC-Stellungnahme vor, sich zu sehr auf die rein wirtschaftliche Perspektive zu konzentrieren und den soziologischen Aspekt völlig zu vernachlässigen.

DSB-Präsident Hans-Heinrich von Schönfels fasst die DSB-Forderung in diesem gesamten Verfahren nochmals zusammen: „Wir fordern, eine dauerhafte, zeitlich unbegrenzte Ausnahmeregelung für alle Arten von bleihaltiger Munition für alle Sportschützen auf allen registrierten/lizenzierten Schießsportanlagen, die nach den jeweiligen nationalen Vorschriften betrieben werden, zu installieren.“

 Die komplette Stellungnahme des DSB können Sie hier nachlesen, allerdings nur in englischer Sprache.

+++ NEU: Der DSB hat jetzt eine eigene Internetpräsenz zum Thema Bleiverbot in Munition: www.dsb.de/blei +++

Hier gibt es  Interviews, Videos, Zahlen und auch Tools, um etwa die Unterschiede zwischen Bleigeschossen und bleifreier Munition zu simulieren. Das alles zeigt, wie absurd ein Verbot von Blei in Munition wäre und was die schlimmen Folge wären. Sportlich und wirtschaftlich.

Derzeit reagieren natürlich auch auf internationaler Ebene noch sehr viel mehr betroffene Verbände, Organisationen und wirtschaftliche Akteure auf den Vorschlag der ECHA. Wir alle hoffen, dass die laufenden öffentlichen Konsultationen der ECHA all diesen Interessengruppen eine faire Chance bieten, gehört zu werden und dass daraufhin alle EU-Mitgliedsstaaten von einem totalen Verbot von Blei in Munition absehen werden.