Vor Ort: 70 Jahre Steiner Optik - die Entstehung eines Zielfernrohrs

Schaut ein Unternehmen auf 70 Jahre oder mehr zurück, verbinden sich damit meist auch Meilensteine. Ähnlich sieht es mit Steiner Optik aus. Über nun sieben Dekaden stiegen die Bayreuther zu einem der weltweit führenden Unternehmen im Optik-Bereich auf. Dabei fing alles anders an, als Sie vielleicht denken.

Steiner Optik: Traditionsunternehmen aus Bayreuth

Carlo Steiner
Carlo Steiner, Enkel des Gründers, kümmert sich um das Marketing im Haus.
Steiner Fernglas nach Bombenangriff
Ein Veteran aus dem Irak. Dieses Steiner-Fernglas, im Dienste der US-Army, überstand einen Bombenanschlag Anfang der 1990er Jahre auf das Fahrzeug, das anschließend auch noch Feuer fing. Dennoch kann man immer noch hindurch sehen.

Es war kurz nach dem Krieg, genauer gesagt 1947, als Steiner offiziell als Firmenname zu lesen war. Das erste Produkt war aber keineswegs ein Zielfernrohr oder ein Fernglas, sondern eine kleine Kamera namens "Steinette". Damit war der Grundstein gelegt, auf dem sich das Unternehmen aufbaute, so wie es heute existiert.

Im Jahr 1965 arbeitete Steiner mit der Bundeswehr zusammen, um Modelle speziell für den militärischen Gebrauch zu entwickeln. So finden sich die optischen Lösungen, wie Ferngläser oder Zielfernrohre, mit dem Logo bei vielen behördlichen oder militärischen Kräften. 

Aber auch als Pionier machte das Unternehmen aus Bayreuth auf sich aufmerksam. Die bekannte Stickstofffüllung geht auf das Jahr 1973 zurück, als Steiner-Optik diese entwickelte.

Im Jahr 1978 kam die Erweiterung der Fernglaslinie und die Einführung eines Fernglases mit integriertem Kompass, dem legendären Commander. Auch in den folgenden Jahren setzte die Führung konsequent auf das Fachwissen diverser Experten, um die eigenen Produkte so gut wie möglich zu gestalten. 

In den 90er Jahren erweiterte Steiner Optik sein Portfolio um erste Produkte speziell für die Jagd. Es folgten Hochleistungsferngläser für Beobachtungen. Und auch im 21. Jahrhundert war und ist das Unternehmen bestrebt, die erlangte Position nicht nur zu festigen, sondern auszubauen. 

Steiner sicherte sich in den 2000ern den 1. Platz auf dem hart umkämpften Markt der Marine-Ferngläser. Ebenso auf dem militärischen Sektor war man einfallsreich und unterstützte die militärische Ausbildung mit Ausbildungsferngläsern. Zu den Kunden auf dem militärischen Sektor zählen unter anderem die US-Army und weitere Nationen, die ganz auf Steiner vertrauen und das auch nach einer einschneidenden Entscheidung.

Neue Struktur bei Steiner

Nach langen Verhandlungen trat Steiner Optik Mitte der 2000er der Beretta-Holding-Gruppe bei. Beretta ist eines der ältesten Unternehmen der Welt und immer noch im Familienbesitz. Das italienische Unternehmen gehört zu den "Big Players" auf dem Markt, die sich immer nach Möglichkeiten umsehen, um weiter zu wachsen.

Viele befürchteten danach einen schleichenden Niedergang des Standortes in Bayreuth. Doch das Gegenteil war der Fall. Das Unternehmen wuchs weiter und setzt nach wie vor auf die Heimat. Dort wird auch immer wieder betont, dass Steiner eben ein eigenständiges Unternehmen im weitverzweigten Konsortium ist. Vor allem die gute Infrastruktur des Beretta-Konzerns kommt Steiner Optik heute zugute.

Steiner: Standort Deutschland von Anfang an

Linsen bei Steiner Optik
Milchig und undurchsichtig - so kommen die Glaspresslinge bei Steiner an. Ein langer Prozess liegt noch vor ihnen.

Seit der Gründung setzte Steiner Optik auf den Standort Deutschland. Doch wie viel "Made in Germany" steckt in so einem Zielfernrohr? 

Um zu zeigen, wie ein solches Steiner-Zielfernrohr entsteht, durften wir auch mal hinter die Kulissen schauen. 

Das Ausgangsmaterial wird dabei zugeliefert. Es handelt sich um simple Glaspresslinge, die von einem namhaften deutschen Glasproduzenten direkt nach Bayreuth geliefert werden. Dabei erklärt Carlo Steiner, Leiter Marketing, dass sich der Prozessablauf der Zielfernrohrmontage in 3 Bereiche gliedert, nämlich die "Vormontage Optik", die "Vormontage Mechanik" und dann die "Endmontage". Davor werden allerdings noch ein paar kleine Schritte eingelegt: die Verwandlung des Rohmaterials mittels Schleifen, Feinschleifen, Polieren und gegebenenfalls Kitten zu den fertigen Optikelementen, die dann der Weiterverarbeitung zugeführt werden.

Der erste große Schritt einer Zielfernrohr-Montage

Kontrolle der Linsen eines Zielfernrohrs
Jede Linse bei Steiner wird von einem Mitarbeiter nochmals auf ihre Güte kontrolliert. Ein Aufwand, der sich lohnt.
Kontrolle der Bauteile bei Steiner Optik
Steiner Optik: In Handarbeit werden die Bauteile jedes Zielfernrohrs kontrolliert

Zielfernrohre teilen sich grundsätzlich in 4 Baugruppen auf, die von mehreren Feinoptikern direkt bei Steiner in Bayreuth vormontiert werden. Dies wären die Komponenten Objektiv, Fokussiereinheit, Umkehrsystem und schließlich das Okular.

In der "Vormontage Optik" werden alle Linsen und Achromaten, die in der Fertigung produziert werden, für die Baugruppen auf Sauberkeit geprüft und bei Bedarf mit Hilfe spezieller Reinigungsmaschinen von Hand gesäubert. Nun werden die Optikkomponenten in die dazugehörigen Fassungen, die vorab mittels Ultraschall gereinigt werden, nach Zeichnung und Arbeitsanweisung eingelegt und nochmals auf Sauberkeit geprüft. 

Das Herzstück dieses Montageschritts bildet das Umkehrsystem, das an dafür konstruierten Plätzen justiert wird. Nach dem Justiervorgang wird dieses mit einer LED mit Leiterband (die LED ist für die Beleuchtung der Absehen mit einem Kabel verbunden, welches an den Batteriekäfig montiert wird) für die Beleuchtung versehen und wie alle anderen Optikbaugruppen in antistatische und staubdichte Behälter mit Artikelkarte zwischengelagert. Die präzise gefertigten Mechanikteile werden ebenso mittels Ultraschall gereinigt, unter Reinraumbedingungen vormontiert und mit der unter dem Mikroskop geprüften Optik vervollständigt. Parallel dazu erfolgt der nächste Abschnitt.

Die Mechanik der Zielfernrohr-Montage bei Steiner

In der "Vormontage Mechanik" werden alle mechanischen und beweglichen Teile Laser-beschriftet. Feinmechaniker montieren nach Zeichnung und Arbeitsanweisung die Teile vor. Bei einem Zielfernrohr gehören dazu der Rohrkörper mit Höhen- und Seitenverstellung, die Beleuchtungseinheiten, die Parallaxe-Verstellung, die Sattelkappen, die Varioringe und die Okularköpfe.

In diesem Arbeitsabschnitt werden dann mit Hilfe von speziellen Montagewerkzeugen alle Laser-gravierten Teile mit Schrauben, Federn und Passstiften zu den jeweiligen Baugruppen montiert. 

Zielfernrohr Montage bei Steiner
Komplexe Elektronik wird von Hand in den Zielfernrohren von Steiner Optik verbaut und anschließend akribisch überprüft.

Die Hochzeit: die Endmontage der Zielfernrohr-Baugruppen

Dann folgt der letzte Schritt auf dem Weg zu einem fertigen Zielfernrohr: die Endmontage. Hier werden nun von den Steiner-Monteuren unter Reinraumbedingungen die vorgefertigten Optikbaugruppen in die vormontierten Rohrkörper eingebaut. Hierzu wird nach jedem Schritt die Sauberkeit und Funktion der Zielfernrohrteile geprüft. Daraufhin macht der Mitarbeiter alle qualitätsrelevanten Abstimmungen und nach der Selbstprüfung der fertigen Produkte werden diese in die Produktendkontrolle gegeben. Dort werden die Zielfernrohre dann nach den technischen Lieferbedingungen geprüft und zum Verkauf freigegeben. 

Vor allem die Prüfung am Ende des Zusammenbaus ist sehenswert. Bei einem Zielfernrohr handelt es sich bekanntermaßen um ein sensibles Produkt. Wenn die Mitarbeiterin es dann fest auf eine ebene Fläche schlägt, gehen die Augenbrauen schon nach oben. "Unsere ZFs müssen eben auch was aushalten können“, sagt Carlo Steiner dazu. 

Die Dichtigkeit wird anschließend genauso überprüft wie weitere Aspekte, damit kein fehlerhaftes Produkt das Unternehmen verlässt.

Endkontrolle Steiner Fernglas
Ein Blick in die Produktion bei Steiner Optik: Auch bei den Ferngläsern dominiert Handarbeit. Dabei wird größter Wert auf Qualität gelegt. Die Toleranzbereiche sind eng.

Faszinierende Einblicke in das Unternehmen Steiner Optik

Etwas Geschichte zu atmen, ist immer aufregend. Steiner Optik, seit sieben Jahrzehnten auf dem Markt, gehört damit zu den alteingesessenen Unternehmen der Branche. Erfindungen aus Bayreuth haben sich mittlerweile zum Standard im Optik-Bereich gemausert. 

Dass eben alles auch in Deutschland entsteht, zeigte auch der Blick hinter die Kulissen. Zu sehen wie ein Zielfernrohr entsteht, von den Presslingen und den Tuben bis hin zum Einbau der Technik, war eine interessante Erfahrung. Vor allem beeindruckte uns, wie viele Menschen so ein einziges Zielfernrohr in den unterschiedlichen Stadien in den Händen haben, Prüfungen durchführen und vieles kontrollieren, bis am Ende das Logo auf der Seite prangt.

Bei diesen Produkten lässt sich sagen, dass sie aus Deutschland stammen. Selbst die Rohlinge für die Tuben und die Presslinge stammen von deutschen Unternehmen. Viele Käufer wissen zu schätzen, dass es sich dabei um Qualität "Made in Germany" handelt - seien es Jäger, Segler oder Soldaten. Und nach der Eingliederung in den Beretta-Konzern scheinen die Zeichen nur noch steiler nach oben zu zeigen.

Ein Interview mit Carlo Steiner über den Erfolg von Steiner Optik finden Sie hier: Steiner Optik Made in Germany.


Weitere Informationen zu Steiner Optiken finden Sie direkt auf der Webseite des Optikunternehmens.

Der Beitrag stammt aus der VISIER 12/2017. Im VS Medien Online Shop können Sie die Ausgabe bequem online bestellen. Hier finden Sie die digitale Version der VISIER 12/2017.