Bundeswehr-Maschinengewehr MG5 von Heckler & Koch: Ablösung im Anmarsch

Seit 2015 in der Truppe – das mittlere Maschinengewehr MG5 von Heckler & Koch:

Schütze mit MG5 im Anschlag
Beim MG5 lehnt sich der Schütze für einen stabilen Anschlag ebenfalls in die Waffe. Als Optik dient die Hensoldt Zieloptik 4x30i.

Die Bundeswehr ersetzt seit einigen Jahren schrittweise das bisher als Universal- bzw. Einheitsmaschinengewehr genutzte MG3 durch das MG5. Die eigentlichen Wurzeln reichen sogar bis zum Jahreswechsel 2008/2009 zurück. Damals brachte die Bundeswehr eine Maschinengewehrinitiative auf den Weg. Diese forderte ein leichtes, ein mittleres und ein schweres Maschinengewehr sowie ein mittleres MG mit hoher Kadenz. Das neue mittlere Maschinengewehr im Kaliber 7,62 mm x 51 wurde als MG5 projektiert. Als leichtes MG diente bereits das HK MG4 im Kaliber 5,56 mm x 45. Als schweres MG nutzt die Bundeswehr derzeit das FN Browning M2 als Fahrzeug-, sowie das FN Browning M3M als Helikopterbewaffnung. Unter der Katalogisierungsnummer MG6 beschaffte die Bundeswehr eine germanisierte Version der fremdangetriebenen Mehrrohrwaffe Dillon- Aero M134-D in 7,62 NATO als "mittleres MG hohe Kadenz" für Spezialkräfte.

MG5A2 und MG3 (vorne) im Vergleich
Für das MG5A2 kommen Adapter in die Truppe, um es auf den Feldlafetten des MG3 (vorne) infanteristisch einsetzen zu können. 

Heckler & Koch hatte sich seinerzeit mit einem neu entwickelten Maschinengewehr HK121 um den Posten als MG5 beworben – VISIER hatte damals exklusiv berichtet. Das HK121 durchlief ab 2010 in der Wehrtechnischen Dienststelle 91 in Meppen die Erprobungen. Auf Kundenwunsch erfolgten noch einige Modifikationen. Im April 2012 erklärte die Bundeswehr die Funktions- und Betriebssicherheit (FuBeSi) für die Waffe.

Mit dem Zulauf änderten sich auch die Bezeichnungen. Die Standardausführung HK121 U – U für universal – läuft in der Bundeswehr  inzwischen unter der Bezeichnung MG5. Die Variante Einbauwaffe (EBW) trägt die Bezeichnung MG5A1, während die mit dem kürzeren Rohr versehene Infanterievariante (I) MG5A2 heißt. Die HK121 Spezialkräfteversion mit Doppelrichtgriff ist derzeit noch nicht katalogisiert.

Technik des Maschinengewehrs Heckler & Koch MG5:

MG5 von der Feldlafette geschossen
Schießen mit dem MG5 von Feldlafette aus.

Beim MG5 handelt es sich um einen zuschießenden Gasdrucklader mit verriegeltem Drehkopfverschluss und Long-Stroke-Gaskolbensystem. Die kaltgehämmerten, vierfach gezogenen und speziell beschichteten Schnellwechselrohre gibt es in mehreren Längen: Standard (550 mm), Infanterie (I, 460 mm) und Einbauwaffe (EBW, 663 mm). In der Standard-Variante der Bundeswehr mit 550-mm-Rohr wiegt das MG5 rund 11,6 Kilogramm und kommt auf eine Einsatzschussweite von 1.000 Metern. Die Mündungsgeschwindigkeit liegt bei 820 Metern pro Sekunde. Die Kadenz lässt sich auf 640, 720 und 800 Schuss pro Minute einstellen.

Äußerlich ähnelt das MG5 zwar dem MG4, dennoch unterscheidet es sich technisch von der "kleineren Schwester". Das patentierte Waffengehäuse besteht nicht aus Blechprägeteilen, sondern aus zwei Gehäuseschalen aus Gussstahl sowie einem Anschlussblock, die in einem ebenfalls patentierten Verfahren zusammengefügt werden.

Taktische Vorteile durch das Heckler & Koch MG5 mit Hensoldt 4x30i:

In einem im Spätsommer 2019 veröffentlichten Kurzfilm gibt die Bundeswehr vier Gründe für die Ablösung des in der Truppe noch immer sehr beliebten MG3 durch das MG5 an:

  • Präzision, da das MG5 über seine Hensoldt-Zieloptik 4x30i eine größere Kampfreichweite aufweise, nämlich 1.000 statt 600 Meter.
  • Sparsamkeit, da die Kadenz der neuen Waffe nicht mehr 1200, sondern wahlweise einstellbar 800, 720 oder 640 Schuss pro Minute betrage.
  • Flexibilität, da sich die Waffe durch verstellbare Schulterstütze und Zweibein sowie einen Sturmgriff individuell an Auftrag, Ausrüstung und Statur des Schützen anpassen lasse.
  • Und schließlich Sicherheit, da der Rohrwechsel handschuhlos über einen Haltegriff erfolgen kann und sich zudem der Rohrintervallwechsel von 150 auf jetzt 300 Schuss erhöht habe.
MG5 bei einer NATO-Übung in Norwegen
Das MG5 kommt bereits in unterschiedlichsten Klimazonen zum Einsatz, hier auf einer NATO-Übung in Norwegen.

Das MG5 weist freilich noch weitere beachtenswerte Merkmale auf: Es fällt deutlich modularer als das MG3 aus: Wie erwähnt gibt es drei verschiedene Lauflängen, zudem kann die Waffe über Mil-Std 1913-Schienen Optiken und Anbauteile aufnehmen. Das ist insbesondere im Hinblick auf die Nachtkampffähigkeit ein ganz entscheidender Vorteil. Neben der verbesserten Ergonomie bietet das MG5 darüber hinaus einige Sicherheitsmerkmale. Als erste Waffe ihrer Art weltweit lässt es sich in jedem Ladezustand sichern und entsichern. Dies geschieht über einen beidseitig bedienbaren Feuerwahlhebel am Pistolengriff. Darüber hinaus verfügt das HK121, selbst wenn es die Hartkernpatrone DM151 verschießt, über volle Geschossvorlagefähigkeit gemäß NATO-Standard AC225/D14: Bleibt ein Projektil im Rohr stecken, treib es das nachfolgende heraus, ohne dass der Lauf birst.

Das MG5 lässt sich nahezu identisch wie das bereits mit dem Soldatensystem "Infanterist der Zukunft" eingeführte MG4 in 5,56x45 mm und – bis auf Rohrwechsel und Sicherung – relativ gleichartig wie das MG3 bedienen. Ebenso lässt sich das MG5 von Lafetten aus einsetzen. Die Bundeswehr will MG5 und MG4 in den nächsten Jahren zu einer MG-Familie harmonisieren.

Exkurs: Das Konzept des Einheitsmaschinengewehrs

Ein Erfolgskonzept im infanteristischen Kampf lautet: "Keine Bewegung ohne Feuerschutz". In nahezu allen Streitkräften dienen daher Maschinengewehre als Schwerpunktwaffe der Infanteriegruppe. Dem Konzept des Einheits- oder Universalmaschinengewehrs folgend, lassen sie sich vielseitig einsetzen und jeder daran ausgebildete Soldat beherrscht sie nahezu blind. Feldlafetten machen die MGs zu veritablen Crew Served Weapons. Auf diese Weise lässt sich deren effektive Reichweite ungefähr verdoppeln, nämlich von etwa 600 bis 800 Metern auf bis zu 1.500 Meter. Natürlich durchliefen die Einheitsmaschinengewehre einige Verbesserungen. Das lag an den Weiterentwicklungen in den Bereichen Taktik, Technik und persönliche Ausrüstung. Auch Optiken müssen vermehrt integriert werden können. Dabei geht es nicht darum, aus den Flächenfeuerwaffen Präzisionsgewehre zu machen. Aber im Hinblick auf Kollateralschäden erscheint eine höhere Treffgenauigkeit wünschenswert, vor allem bei Nacht und eingeschränkter Sicht. Hieraus ergeben sich auch bei den Maschinengewehren zahlreiche Ansätze für Retrofit-Geschäfte, also die Kampfwertsteigerung des älteren Arsenalbestandes.

Die westlichen Streitkräften setzen im Wesentlichen zwei Waffen als solche Einheitsmaschinengewehre ein: Das MG42 bzw. das daraus weiter entwickelte, 1969 eingeführte MG3 und das FN MAG, beide eingerichtet auf die 7,62x51 mm. Und auch im ehemaligen Warschauer Pakt überzeugte dieses Konzept. Bereits 1961 kam das von Michail Kalaschnikow entworfene Pulemjot Kalschnikowa, also Kalaschnikow-MG als mittleres Universal-MG in die Truppe. Es verschießt gegurtete 7,62 mm x 54 R, also die klassische russische Karabinerpatrone. Polen beschaffte ab 2000 sein UKM-2000, eine modernisierte und auf 7,62-NATO aptierte Version des Ostblock-Universal-MGs.


Mehr Informationen zum MG5 und weiteren Waffen, bekommen Sie auf den Seiten von Heckler & Koch.

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