Polymer-Pistolen von Canik: Die Baureihe TP9 zeigt moderne Technik mit viel Zubehör zu günstigen Preisen

Nur einige hundert Meter vom Strand der türkischen Schwarzmeerküste entfernt sitzt Canik Arms. Das Unternehmen baut in einem In­dustriepark nahe der Stadt Samsun seit vielen Jahren eigenständig Selbstlade­pistolen. Bei dem Layout und der Technik der Waffen griff Canik hingegen meist auf bewährte Vorbilder zurück. Beispielsweise fertig­te man jahrelang allerlei Hahnspanner-Pistolen auf Basis der tschechischen CZ-75 nach. So hatte in der MKEK-Serie mit dem Modell S120 einen waschechten "CZ-75-Klon" im Programm. Doch in der letzten Zeit konzentriert man sich bei Canik voll auf den Ausbau der aktuellen TP9-Modellreihe. Wie viele Hersteller, scheint nun auch Canik den doch eigentlich bewährten Hahnspannern goodbye zu sagen und auf Polymer-Chassis in Kombination mit einem Schlagbolzenschloss zu setzten – womit der Bogen zur TP9-Reihe geschlagen ist.

Die Baureihe Canik TP9: Polymer-Pistolen in 9 mm Luger

Canik TP9 SFX Mod 2
Die Canik TP9 SFx Mod. 2 als Fullsize-Pistole mit 18+1 Patronen Kapazität in 9 mm Luger
Canik TP9 Elite
Die Canik TP9 Elite Combat, eine kompakte Polymerpistole mit 15+1 Patronen in 9 mm Luger Kapazität.

Diese Modellreihe umfasst derzeit elf unterschiedliche Pistolen. Allen gemein ist ihr Grundkonzept: ein Polymer-Rahmen, der die Abzugsgruppe enthält und ein Schlitten mit einem im Heck befindlichen Schlagbolzen-System. Die TP9 SA Mod. 2 und die TP9 SF stellen die regulären Fullsize-Varianten der Reihe dar. Erstere kommt mit einem veränderten Entspannungsmechanismus. Von den langläufigen Versionen kommt die TP9 SFx mit einem 132 Millimeter langen Lauf und einem entsprechend vergrößerten Schlitten. Die SFx bringt im Gegensatz zu anderen TP9-Modellen zusätzlich eine Schnittstelle für Rotpunktvisiere mit und kommt mit einer üp­pigeren Ausstattung – wie beispielsweise ihre Magazine mit dem Plus-2-Magazinschuh. Bei der TP9 DA handelt es sich um eine Behördenversion mit einem anderen Abzugssystem (hier DA/SA) und einem 103,5 Millimeter langen Rohr.

Die vier kompakten Canik TP9-Modelle hören auf den Namenszusatz Elite und zeichnen sich durch gekürzte Lauflängen und verkleinerte Po­lymer-Rahmen aus. Die TP9 Sub Elite stellt derzeit die kleinste Pistole der Reihe dar (91,5-mm-Lauf) und darf der Klasse der subkompakten Selbstlader hinzugerech­net werden. Getestet wurden jetzt zwei Modelle in den Farbvarianten schwarz und desert: die TP9 SFx Mod. 2 und die TP9 Elite Combat.

Was zeichnet die Canik TP9 SFx Mod. 2 besonders aus?

Vergleich SFX und Elite Combat
Beide Canik-Ausführungen der TP9setzen auf ein drei Millimeter starkes Metall-Korn mit einem roten Fiber-Optik-Stab – nur bei der Kimme gehen sie getrennte Wege.

Technisch ist die Canik SFx auf der Höhe der Zeit. Sie bringt ein Schlagbolzenschloss mit, das im hinteren Teil des Schlittens sitzt. Die Verriegelung der Waffe erfolgt über das zum Block ausgeformte Patronenlager, es greift in die entsprechende Öffnung im Verschluss. Unter dem Patronenlager sitzen eine offene Steuerungskulisse und eine Rampenzuführung für die Patronen. Der Lauf ist im Mündungsbereich nicht gesondert gelagert, sondern liegt – wie bei den meisten modernen Polymer-Pistolen – mit leichtem Spiel am Schlitten an. Zwar handelt es sich bei der SFx noch nicht um einen Longslider, aber ihr 132 Millimeter langer Lauf setzt sich bereits um einige Millimeter von der regulären Fullsize-Dimension anderer Polymer-Typen ab.

Aussattung Canik TP9
Alle Testwaffen der Reihe TP9 von Canik kamen mit vier Adapterplatten, Werkzeug, Putzzeug, Ladehilfe, Wechsel-Magazintasten, Holster und zwei Magazinen.

Der gänzlich in schwarz gehaltene Schlitten weist beidseitig vier längliche Ventilationsöffnungen auf und bietet sowohl im vorderen als auch im hinteren Bereich großzügig dimensionierte Griffrillen für den Schützen an. Auf dem Schlitten sitzt eine Warren-Visieranlage, die in dieser Auslegung bei nahezu allen TP9er-Modellen zum Einsatz kommt. Im Heck residiert eine lediglich seitlich driftbare Stahl-Kimme mit einem 3,5 Millimeter großen Ziel-Ausschnitt und an der Front steht ein drei Millimeter starkes Korn mit einem roten Fiberoptikstäbchen bereit. Im Heck des Schlittens sitzt eine Kunststoffabdeckung, hinter der sich das Schlagbolzenschloss befindet. Aus dem schwarzen Loch in der Abdeckung schiebt sich bei gespanntem Schloss ein Stahlstift mit rotem Punkt heraus. Dieser dient somit als Spannzustandanzeige, die dem Schützen sofort anzeigt, ob das Schloss gespannt oder entspannt ist. Unter dem Schlitten sitzt das Polymer-Griffstück.

Wechselgriffschalen bei jeder Canik TP9 mit dabei
Serienausstattung: Zu jeder Canik TP9 gehört eine zusätzliche Wechselgriffschale.

Die SFx nutzt das reguläre TP9 Griffstück. Hier wird nun ersichtlich, warum es sich um die Mod. 2-Ausführung der SFx handelt: Das Griffstück hat nun komplett neue Schlittenfangtasten. Diese sind nun im Gegensatz zu der Mod. 1-Baureihe nicht nur beidseitig vorhanden, sondern auch deutlich vergrößert und etwas leichter zu erreichen. Neben einer taktischen Zubehörschiene (MIL-STD 1913) bietet die SFx austauschbare Griffrückenmodule. Durch ihren Austausch lässt sich der Griffumfang variieren und dementsprechend für kleinere oder größere Hände anpassen. Über zusätzlich austauschbare Griffseitenplatten verfügt die SFx indes nicht. Auch liegt ihr nur ein austauschbarer Griffrückenadapter bei. Die Polymer-Konkurrenz anderer Hersteller liefert meist drei Wechseladapter mit (in den Größen: S, M, L). An Technik befindet sich im Griffstück zum einen der Single-Action-Abzug und der Zerlegemechanismus. Letzterer erinnert mit seinen beiden Zerlegetasten und dem inneren Aufbau an das bewährte Zerlegesystem des Herstellers Carl Walther.

Holster
Beiden Canik-Testwaffen lag ein im Neigungswinkel einstellbares Kunststoffholster bei.

Der SA-Abzug löst nach einem klassenüblichen Wert von rund 2.470 Gramm aus. Auf dem Auslösepunkt steht das Züngel nicht völlig trocken. Der Abzug zeigt keine besonderen Stärken, leistet sich aber auch keine Schnitzer. Bei dem rötlichen Element im Züngel handelt es sich um eine sogenannte Züngelsicherung. Dieses muss zuerst eingedrückt werden, bevor sich das ganze Züngel Richtung Auslösepunkt bewegen lässt. Die Magazintaste der SFX ist als Würfel ausgestaltet. Sie lässt sich bei Bedarf von der linken auf die rechte Seite umstecken. Ein weiteres Highlight der Canik SFx-Reihe ist ihre Rotpunktvisier-Kompatibilität. Jedes Modell wird ab Werk mit vier schwarzen Adapterplatten ausgeliefert. Sie sollen für folgende Rotpunkt-Hersteller passen: Docter, Meopta, Insight, Vortex, Trijicon, C-More, Leupold, Shield, J- Point. 

Zusätzlich bietet der Importeur HUNTEX noch eine Adapterplatte für das SIG Sauer-Reflex-Visier des Typs Romeo 1 an. Die Installation eines Adapters auf der SFx geht rasch von der Hand. Basisplatte und Adapter werden mit zwei Schrauben gelöst/befestigt. Ein entsprechender Inbusschlüssel liegt jeder Waffe bei. Die TP9-Modelle werden üblicherweise mit reichlich Zubehör ausgeliefert: So gehören zur SFx neben zwei Stahlmagazinen noch ein Plus2-Magazinschuh, eine Ladehilfe, ein Kunststoffholster, Putzzeug und ein kleines Werkzeug/Ersatzteile-Set.

Canik TP9 Elite Combat zerlegt
Das Zerlegebild einer modernen Canik (hier am Beispiel der Elite Combat) von oben: Verschluss, Gewindelauf mit Überwurfmutter, Schließfeder, Polymer-Rahmen.

Vorstellung: Die kompaktere Canik TP9 Elite Combat

Die Elite Combat unterscheidet sich von einer Fullsize-TP9 vor allem durch ihre kompakte Baugröße und einige spezielle Ausstattungspunkte. Die Elite Combat kommt mit einem deutlich gekürzten Griff und einer reduzierten Länge. Zwar ist der Verschluss der Pistole auf die kompakte Klasse abgestellt, durch den längeren Gewindelauf überflügelt die Elite Combat indes ihre Mitbewerber in der Klasse. Die regulären Elite-Modelle kommen auf eine Lauflänge von 106,5 Millimeter, wohingegen die Combat-Version 120 Millimeter erreicht. Der Match-Lauf und der Alu-Magwell der Combat entstanden übrigens in Zusammenarbeit mit Salient Arms. Verriegelungstechnik und Lauflagerung sind weitestgehend mit der SFx.

Reflexvisiere Canik TP9 Elite Combat
Alle Test-TP9er von Canik kamen mit vier beiliegenden Adapterplatten für viele Aftermarket-Reflexvisiere.

Auch die Reflexvisierauslegung und die beiliegenden Adapterplatten stimmen mit dem SFx-Zubehör überein. Die Elite Combat bringt darüber hinaus noch einen Loaded Chamber Indicator mit. Hierbei handelt es sich um einen Metallstift, der oberhalb des Patronenlagers anliegt. Befindet sich nun eine Patrone im Lager, hebt deren Hülsenrand den Stahlstift um einige Millimeter an. Der Schütze kann anhand dieses Stiftes sofort fühlen und sehen, ob sich etwas im Patronenlager befindet. Weitere Ausstattung findet sich am ebenfalls mit zwei Schlittenfangtasten ausgestatteten Mod. 2-Griffstück. Neben den obligatorischen Griffrückenmodulen nutzt die Elite Combat einen zusätzlichen Magazintrichter am unteren Ende des Griffstücks.

Außerdem verfügt sie über einen Abzug namens Canik Enhanced Trigger (CET), der sich durch ein sehr breites Züngel mit einer roten Aluminium-Mittelsicherung auszeichnet. Der Abzugsfinger findet dort eine sehr große und geriffelte Auflagefläche vor. Design und Haptik des Züngels gefallen zwar, die Charakteristik des SA-Abzugs wurde indes kaum verändert. Der Drücker löst nach einem regulären Wert von 2.425 Gramm aus, mit einer recht gleichmäßigen Kraftkurve auf den ersten rund 4,2 Millimetern des Abzuges. Den letzten Millimeter (bis zum Auslösepunkt) steigt die benötigte Kraft noch einmal deutlich an. Der Abzug liegt krafttechnisch im normalen-Bereich, dafür löst er rund einen Millimeter früher aus als der SFx-Abzug.

Auf dem Schießstand zeigen die Canik-Pistolen TP9 ihre Stärken

Schussbild Canik TP) SFX
Auch der dichteste Canik SFx-Streukreis kann
sich mit 63 Millimetern sehen lassen.
Kimmen Canik TP9
Die Combat-Versionen (links) nutzen eine
Kimme mit Rechteckausschnitt, rechts die größere Canik SFx, mal in "desert".

Auf die 25-Meter-Bahn ging es mit der sandfarbenen Elite Combat und der schwarzen SFx. Den Präzisionstest ab­solvierten beide Pistolen, indem sie von einem Sandsack aus gefeuert wurden. 

Mit den GECO-Vollmantelpatronen stanzte die SFx ihren engsten Streukreis auf die Prüfscheibe: 63 mm Durchmesser. Den Sellier & Bellot-Laborierungen vermasselte ein einzelner Ausreißer ihr 52-mm-Ergebnis.

Mit der kompakten Elite Combat war sogar ein Streukreis von unter 50 Millimetern drin: die GECO-Patronen Action Extreme schossen aus der Pistole einen 49 mm großen Streukreis in die Prüfscheibe. Die Präzision beider Pistolen liegt absolut im vorderen Mittelfeld moderner Polymer-Pistolen. Die ermittelten Energiewerte der Geschosse sind sogar leicht über dem üblichen Schnitt.

Schussbild Elite Combat
Der beste Streukreis der kompakten
Canik TP9 Elite Combat im Schießtest.
Magazineinschub Canik-Pistolen
Canik stattet die kompakteren Elite Combat- Modelle zusätzlich mit einem Magazintrichter
zum schnellen Nachladen aus.

Auch die kleine Elite Combat kann energietechnisch nah an der großen SFx dranbleiben, was vermutlich an ihrem nach vorne verlängerten Gewindelauf liegt. Vom Sandsack aus geschossen, warfen beide Pistolen viele Hülsen ins Gesicht und auf den Kopf des Testers. Erst beim Schießen ohne Auflage nor­malisierte sich das Auswurfverhalten der Prüflinge. Beide Kurzwaffen verfü­gen über ein ausgewogenes Schussver­halten. Rück- und Hochschlag der SFx fallen recht gering aus, was auf den doch massigen Verschluss und das recht üppige Gesamtgewicht der Pistole zu­rückzuführen ist. Die Combat Elite tritt merklich kräftiger aus, bleibt aber immer noch in einem sehr gut zu kontrollierenden Rahmen. Die Visierungen der beiden Kurzwaffen zeigen sich eher taktisch orientiert und taugen dagegen weniger für reine 25-Meter-Präzisionsserien.

Technische Daten und Preise der Canik TP9-Pistolen


Modell:
Canik TP9 SFx Mod. 2 schwarz
Canik TP9 Elite Combat desert

Preis:
699,- Euro
869,- Euro

Kaliber:
9 mm Luger
9 mm Luger

Kapazität:
18 + 1
15 + 1

Maße (L x B x H)
210 x 34 x 158 mm199 x 34 x 136 mm

Lauflänge:
132 mm
120 mm

Visierlinie:
193 mm
162 mm

Abzugsgewicht:
2.470 g
2.430 g

Gewicht:
858 g mit leerem Magazin822 g mit leerem Magazin

Ausstattung:
Polymer-Pistole mit Schlagbolzenschloss, Single-Action-Abzug, Laufsteuerung über offene Steuerkulisse und Verriegelung per Block im Auswurffenster, taktische Zubehörschiene, Warren-Visierung mit Fiber-Optik-Korn, auswechselbare Griffrückenadapter, vorbereitet für die Aufnahme von Rotpunktvisieren (vier Adapterplatten beiliegend), Kunststoff-Holster, Ersatzmagazin.Polymer-Pistole mit Schlagbolzenschloss, Single-Action-Abzug, Laufsteuerung über offene Steuerkulisse und Verriegelung per Block im Auswurffenster, taktische Zubehörschiene, Warren-Visierung mit Fiber-Optik-Korn, auswechselbare Griffrückenadapter, vorbereitet für die Aufnahme von Rotpunktvisieren (vier Adapterplatten beiliegend), Laufgewinde mit Überwurfmutter, Magazintrichter, Kunststoff-Holster, Ersatzmagazin.

Unser Fazit: Canik-Pistolen der TP9-Reihe, günstig, mit viel Zubehör

Holster an der Seite
Die den Canik-Pistolen beiliegenden Holster passen an reguläre Gürtel mit bis zu 50 Millimetern Breite.

Canik baut mit der aktuellen SFX-Generation und der Elite Combat zwei Polymer-Serien mit zeitgemäßer Technik und viel Zubehör. Präzision und Abzugsverhalten sind durchaus vergleichbar mit aktuellen Polymer-Pistolen aus Europa oder den USA. Auch die Verarbeitungsqualität der Waffen ist ordentlich, wenn sich auch die Polymer-Gruppen noch nicht völlig auf Augenhöhe mit deutschen Premium-Fabrikaten befinden. Dafür bringen beide Caniks reichlich Ausstattung und Zubehör mit, was bei anderen Herstellern meist teuer einzeln nachgekauft werden muss.

Die schwarzen Ausführungen sind etwas günstiger und kosten 819 Euro (Elite Combat) und 699 Euro (SFx). Die Desert-Modelle lie­gen bei 869 Euro (Elite Combat) und 749 Euro (SFx). Es gibt zudem zwei (hier nicht gezeigte) weitere  Ausführungen beider Modelle: Die Canik TP9 SFx Mod. 2 in Tungsten Grey  liegt bei 749 Euro, die Canik TP9 Elite Combat Executive  (schwarze Waffe mit goldfarbenem Lauf) ist für 969 Euro zu haben.

Canik-Pistolen sind im Fachhandel über den Importeur HUNTEX aus Hamburg zu beziehen. Ein Test der brandneuen, sportlichen Canik SFx Rival in 9 mm Luger folgt in Kürze. Es handelt sich dabei um Modelle für dynamische Schießsport-Disziplinen wie beispielsweise IPSC Production oder IPSC Production geeignet.



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