Besuch bei Canik in der Türkei: Einblick in die Geschichte, Entwicklung und Fertigung des erfolgreichen Herstellers von Pistolen, Langwaffen sowie Zubehör und Bekleidung

Das Canik-Hauptwerk in Samsun verfügt über einen modernen CNC-Maschinenpark.
Blick auf die moderne Ausstattung mit etlichen CNC-Maschinen in der größten Fertigungshalle von Waffenhersteller Canik in Samsun.

Dass die türkischen Waffenhersteller derzeit mächtig im Kommen sind, haben wir von all4shooters/all4hunters bereits mehrfach gezeigt. Dieses liegt nicht zuletzt an den hochmodernen Maschinenparks und Fertigungsmethoden, die diese mittlerweile einsetzen. Einer der größten und erfolgreichsten Pistolenhersteller der vergangenen Jahre weltweit firmiert unter der Marke Canik. Dahinter steckt die im Besitz der − nicht nur im Bereich der Waffenbranche sehr erfolgreichen − Industriellen-Familie Aral befindliche SYS-Gruppe. Und die hatte uns über den deutschen Vertriebspartner und Großhändler, die Hamburger Huntex GmbH, zu einer Werksbesichtigung mit anschließendem praktischen Teil auf dem Schießstand eingeladen.

Gemeinsam mit dem deutschen Importeur Huntex auf Besichtigungstour im Canik-Werk Samsun

SYS-Chef C. Utku Aral steht den Besuchern des Canik-Werks Rede und Antwort.
Cahit Utku Aral, General Manger von SYS, stellt die Unternehmensgruppe, zu der auch Canik gehört, vor der Werksbesichtigung vor.

Mit dem Generaldirektor und Vorstandsmitglied C. Utku Aral, einem Vertreter der 3. Generation, die jetzt bei SYS am Ruder ist, hatten wir einen kompetenten Führer, der uns durch die auf drei Produktionsstätten im Stadtbereich von Samsun verteilte Werksanlage führte. Zu sehen bekamen wir neben hochmotivierten Mitarbeitern und hochmodern CNC-Zentren auch eine auf dem aktuellen Stand befindliche Prozessoptimierung. Hierzu zählt auch eine Qualitätssicherung, die sich neben computergestützten Kontrollinstrumenten auch während der laufenden Produktion immer wieder manueller Kontrollen bedient. 

Mithilfe einer 3D-Messmaschine wird die Einhaltung der Fertigungstoleranzen gecheckt.
Digitale Kontrolle der Fertigungstoleranzen mit einer computergesteuerten 3D-Messmaschine.

Canik zählt zu den wenigen Unternehmen in der Waffenbranche, die über eine 3D-Messmaschine mit einer Genauigkeit von 1/10.000 Millimeter verfügen. Trotzdem nutzt man bei Canik neben den digitalisierten Messverfahren auch weiterhin die bewährten Messlehren, -uhren und -schieber. Hat es aber nicht versäumt auch hier durch moderne, computergestützte Mittel etwa Verwechselungen von Messlehren seitens der Mitarbeiter zu vermeiden. Auch in Sachen Prozessoptimierung setzt man auf den Computer. Dank entsprechender Softwarelösungen haben die Konstrukteure und Qualitätssicherer jederzeit Einblick in alle Abläufe und können von allen Unternehmensstandorten, also auch von der Zentrale in Istanbul oder vom Tochterwerk in den USA aus, auf die Daten zugreifen, um Optimierungslösungen einzusteuern. Doch bevor wir uns jetzt allzu sehr in den Tiefen moderner Industrieproduktion verlieren, können Sie ja selbst mit dem oben verlinkten Video einen Blick in die Canik-Fertigung werfen.  

Die Erfolgsgeschichte von Canik beginnt 1998, also vor einem knappen Vierteljahrhundert, in Samsun an der Schwarzmeerküste

Das umfangreiche Zubehörpaket steigert das Preis-Leistungs-Verhältnis der Canik-Pistolen noch um ein paar Punkte.
Während in der Anfangszeit von Canik nur 50 bis 100 Pistolen pro Monat gebaut wurden, ist es heute eine pro Minute. Canik liefert die Pistolen mit reichlich Zubehör aus.

Dort erwarb die Familie Aral die Produktionsstätten von Samsun Silah Sanayi (Samsun Waffen Industrie), deren Produktionsgenehmigungen und Lizenzen und gründete die Samsun Yurt Savunma (Samsun Homeland Defense), kurz SYS. Die Arals hatten die Maschinen und Genehmigungen eines Unternehmens erworben, das Handfeuerwaffen herstellte, aber keine, die auch nachgefragt wurden. Also konzentrierte sich SYS etwa 10 Jahre lang intensiv auf die Forschung und Entwicklung. In dieser Zeit finanzierten die neuen Eigentümer SYS aus den Einnahmen ihrer anderen Betriebe. Bis 2005 entstanden die ersten eigenen Produkte unter dem Markennamen Canik, und man konnte rund 50 bis 100 Handfeuerwaffen pro Monat produzieren. Heute fertigt Canik dagegen etwa eine Waffe pro Minute – was für ein Unterschied!

Blick auf fast fertige, aber noch rohrlose,  Canik M2 QCB-Maschinengewehre. 
Die bei Canik produzierten M2 QCB im Kaliber 12,7 x 99 mm sind die einzigen vom türkischen Verteidigungsministerium zugelassen MGs. Hier fast fertige M2 QCBs, noch ohne Lauf, in der Produktion von Canik zu sehen.

Damit ist Canik nach eigenen Angaben zum siebtgrößten Hersteller von Pistolen im Kaliber 9 mm der Welt aufgestiegen. Neben rund 450.000 Pistolen entstehen mit dem Canic M2 QCB auch etwa 3.000 schwere Maschinengewehre im NATO-Kaliber 12,7 x 99 mm (.50 BMG) im Werk in Samsum. Das M2 QCB, das vom Browning M2 respektive M2 HQCB abstammt, ist übrigens das größte und einzige vom türkischen Verteidigungsministerium zugelassene und qualifizierte MG des Landes. 

All4shooters-Autor und -Kameramann Franco Palamaro schießt mit dem für Helikopter angedachten Canik M2 QCB.
Ein auf sehr hohe Kadenz ausgelegtes M2 QCB von Canik auf dem Testschießstand. Es ist für den Einsatz im Hubschrauber gedacht.

So wundert es nicht, dass auch die türkischen Rüstungsunternehmen Unidef, das seit 2013 Lösungen zur Waffenintegration für Luft-, Land- und Marineplattformen entwickelt gehört. 2020 gründete Sys dann Unirobotics. Dort beschäftigt man sich neben der Entwicklung einer Halterung mit aktivem Waffenstabilisator für das Canik M2 QCB auch mit dem Projekt „Smart Fire Arms“ für die TP9 Pistolenbaureihe. Bei diesem Projekt sollen Handfeuerwaffen mit spezieller Software sowie Bewegungs- und Drucksensoren ausgestattet werden, um so nicht nur dem Nutzer, sondern bei Bedarf auch den übergeordneten Führungsebenen Informationen etwa rund um den Munitionsbestand im Magazin, Reaktionszeiten oder Wartungsinformationen zusenden. Last, but not least kürzlich auch noch den britischen Waffenhersteller AEI Systems akquiriert, das Maschinenkanonen im Kaliber 30 x 133 mm herstellt.

Canik nimmt US-Markt in den Fokus und wird zum Global Player

Der Erfolg in den USA startete 2009 mit dem ersten Modell der Polymerpistolen Familie TP9. Die Waffe wurde von den US-Amerikanern gut angenommen. Bis heute hat SYS übrigens mehr als 2,5 Millionen Canik-Pistolen in die USA exportiert. 2010 schloss sich SYS mit dem US-Hersteller Century Arms zu einem Joint-Venture unter dem Namen CanikUSA zusammen und nimmt seither von Vermont und Florida aus den riesigen US-Pistolen-Markt in Angriff. Während die Full Size und kompakten Varianten der Canik-Pistolen weiterhin in Samsun gefertigt werden sollen die Sub- und Ultrakompakt-Modelle wohl künftig am Ort der größten Nachfrage, also in den USA entstehen.

Bei Canik kommen auch noch Messlehren und Uhren sowie die Schieblehre fürs Kontrollieren der Teile zum Einsatz.
Bevor diese Pistolenteile den nächsten Fertigungsschritt  durchlaufen dürfen, kontrollieren Canik-Mitarbeiter die Maßhaltigkeit mittels Messlehren und -uhren.

Befeuert wird der Erfolg in den Vereinigten Staaten auch dadurch, dass Canik mit Pistolen aus der TP9-Familie in den letzten fünf Jahren bereits viermal bei den begehrten ICA-Awards der US-Waffenbranche im Bereich Kurzwaffen abgeräumt hat. Zuletzt wurde die SFx Rival zur „Handgun of the Year 2022“ gekürt. Anlässlich der Preisverleihung sagte Canik-Chef C. Utku Aral: "Während unsere Marke CANiK von der Türkei aus auf die globalen Märkte expandiert, bestätigt sie ihre Qualität weltweit und steigert ihren Bekanntheitsgrad durch die prestigeträchtigen Auszeichnungen, die sie erhalten hat, noch weiter. Mit unseren Produkten, die unsere tief verwurzelte Geschichte und unser innovatives Gesicht widerspiegeln, präsentieren wir nicht nur die Qualität unseres Unternehmens, sondern insbesondere auch die der türkischen Verteidigungsindustrie. Mit unseren Produkten, die von unserem Expertenteam in langjährigen Studien entwickelt wurden, bieten wir den Benutzern ein besseres Schießerlebnis. Wir sehen diese prestigeträchtige Auszeichnung, die wir in den USA erhalten haben, als Ausdruck unseres Erfolgs auf dem anspruchsvollsten Markt der Waffenwelt. Mit dieser Auszeichnung, die wir erhalten haben, können wir den hochreichenden Stand repräsentieren, den wir in Forschung und Entwicklung sowie Innovation in der Welt erreicht haben, während wir unseren Marktanteil in den USA weiter erhöhen."

In den Export gehen circa 95 % der in Samsun gefertigten Pistolen. Neben den USA erreichen die Canik-Pistolen laut SYS derzeit auch noch 68 weitere Länder

Zubehör und Bekleidung läuft unter der Marke MeCanik

MeCanik-Zubehör und -Bekleidung gibt's im Canik Store in Samsun noch reichlich. 
Im Canik Store neben dem Hauptwerk in Samsun gibt es allerlei Zubehör und auch Kleidung  mit dem Markenzeichen MeCanik.

Inzwischen ist mit MeCanik eine weitere Marke hinzugekommen. Unter dieser vertreibt das aufstreben Unternehmen Waffenzubehör und Bekleidung. Wobei auch hier Entwicklung, Design und Produktion in der Hand von SYS liegen. Das Portfolio von MeCanik ist sehr umfangreich und reicht von offenen und optischen Visierungen, über Waffenlampen, taktischen Lasern sowie Taschen, Holstern, Gürteln und taktischer Kleidung bis hin zu klassischen Tuning- und Ersatzteilen wie etwa Magazintrichtern, oder längeren Magazinen, Schließfedern, Wechselläufen, Schalldämpfern, Mündungsbremsen oder Comps. Aber auch Griffe und Anschlagschäfte sowie alles, was zum Waffenreinigen nötig ist, findet man u.a. in dem an das Hauptwerk in Samsun angegliederten Canik-Store. Vieles davon ist natürlich auch über den internationalen Vertrieb z.B. in den USA, aber auch innerhalb der EU also auch bei uns zu haben. 

Canik-Marketingleiter Gençay Gençer erklärt das Abzugskonzept der neun SFX Rival.
Canik-Marketingleiter Gençay Gençer erläutert auf dem Schießstand die Funktion der Mittelzüngelsicherung der TP9-Pistolen.

Neben der insbesondere auch für den dynamischen IPSC-Sportler interessanten Canik Rival SFx, die all4shooters bereits getestet und die wir wie oben im Video zu sehen, auch bei unserem Werksbesuch nochmals ausgiebig auf dem Schießstand ausprobieren konnten, kommt über den deutschen Großhändler Huntex noch eine weitere Pistole aus der TP9-Familie auf den deutschen Markt. Dabei handelt es sich und die von Teilen der türkischen Armee und auch bei Polizei- sowie Spezialeinheiten eingeführte METE. Auch diese konnten wir natürlich vor Ort schießen, wollen hier aber noch nicht zu viel verraten, da unsere Kollegen von der VISIER-Redaktion gerade zwei Canik METE-Pistolen, eine SFT und eine SFx im Kaliber 9 mm Luger ausführlich in einem Testbericht in der aktuell im Zeitschriftenhandel oder auch digital hier im VS Medien Online-Shop erhältlichen Januar-Ausgabe vorstellen.

Weitere Informationen zu Canik und den Pistolen der TP9-Familie erhalten Sie auf dieser englischsprachigen Webseite des Unternehmens.

Hier können Sie sich einen Überblick über die von Großhändler Huntex GmbH vertriebenen Marken verschaffen.


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