Beim Surfen in Waffenforen im Internet kam ich auf die Idee, mich in eine Diskussion einzuklinken, in der es um das Feld-Zug-Profil in österreichischen Glock-Pistolen ging. Ein Neuling fragte nach der korrekten Defintion des Feld-Zug-Profils in einer halbautomatischen Glock-17-Pistole im Kaliber 9 mm.
Es entspann sich eine lange und heftige - wenn auch stets freundliche - Debatte zwischen Verfechtern der Aussage, dass Glock Pistolen einen reinen Polygonlauf hätten und Vertretern anderer, zum Teil sehr gewagter, Definitionen.
Das Feld-Zug-Profil sollte immer als Gesamtheit der ebenen Segmente (Züge) und der spiralförmig umlaufenden runden Erhöhungen (der Felder) betrachtet werden. Hält man sich an diese Definition, besitzt die Glock-Pistole meiner Meinung nach einen „Semi-Polygonlauf".
Bei näherer Betrachtung der Glock-Läufe scheint es, dass die Felder aus konvexen Oberflächen bestehen, als hätte man Standard-Feldern ihre Kanten abgeschliffen oder sie abgerundet, wie es manchmal beschrieben wird.
Dann untersuchte ich einige Geschosse, die aus einer Glock 17 durch einen Wasserbehälter geschossen wurden. Dabei hatte ich den Eindruck, dass die Felder des Laufs tatsächlich flache Oberflächen aufwiesen und das Feld-Zug-Profil aus sechs einfachen, ebenen Feldern mit sechs umlaufenden Zügen bestand.
Aber das Ganze verwirrte mich. Mein Eindruck bestätigte sich später, als ich mit etwas gegossenem Weichblei einen Abdruck der Laufseele nahm. Was den Unterschied zwischen der Laufseele selbst und meinem ersten Eindruck davon betrifft: Zuerst vermutete ich eine Art optische Täuschung, ausgelöst dadurch, dass sich die flache Oberfläche spiralförmig durch einen Zylinder windet. Diese Vermutung halten auch mehrere auf angewandte Optik spezialisierte Physiker (und zahlreiche Amateurenthusiasten) für wahrscheinlich. Mein Freund Franco belehrte mich jedoch eines Besseren, und des Rätsels Lösung war - wie so oft - extrem einfach, ja geradezu trivial: Tatsächlich sind die Glock-Läufe zur Mündung hin konisch. Was wir sehen, ist also tatsächlich die Schnittfläche der konisch zulaufenden Fläche und der flachen Oberfläche der Felder.
Zurück zu der Diskussion im Forum. Alle Beteiligten blieben standhaft bei ihrer Meinung, und die Diskussion hätte sich wahrscheinlich verlaufen. Dann jedoch meldete sich ein Vertreter der „Anti-Polygon-Fraktion“ zu Wort. Er vertrat die Auffassung, Glock verwende die Bezeichnung „Polygonläufe“ einzig und allein aus Marketinggründen und es handele sich in Wahrheit weder um Polygon- noch um Semipolygon-Läufe. Mit dem Kommentar „Ein Bild sagt mehr als tausend Worte“ stellte er einige Bilder ein, einige von ihnen sehr gut gemacht, um seine These zu untermauern.
In der Tat genügt meist ein Bild oder eine einfache Zeichnung, um einen Sachverhalt zu klären. In diesem Fall jedoch wurden seine Kamera und damit auch seine Bilder Opfer der oben erwähnten optischen Täuschung durch das Aufeinandertreffen der Flächen. Tatsächlich stützten die Bilder nun die aus seiner Sicht falsche These - ein doppelt ärgerlicher Fehler.
Betrachtet man die Züge im Lauf einer Glock 17 genau, bemerkt man, dass die Felder vollkommen eben aussehen, wenn man parallel zur Laufachse hineinschaut. Bewegt man jedoch die Blickrichtung von der Längsachse des Laufs weg, scheinen sie sich plötzlich zu wölben. Unglücklicherweise hatte das besagte Forumsmitglied seine veröffentlichten Bilder just aus dieser Perspektive geschossen.
Die Sache ließ mir keine Ruhe. Ich wollte den Forumsmitgliedern, die sich noch an der Diskussion beteiligten, genaue Informationen liefern.
Also zerlegte ich meine Glock 17 und entnahm den Abguss der Laufseele, den ich vorher mit gegossenem Weichblei angefertigt hatte. Dann nahm ich Lauf und Abguss mit Hilfe eines Profilprojektors und eines Seziermikroskops unter die Lupe. Durch Projektion mit 20-facher Vergrößerung und Auflichtbeleuchtung untersuchte ich den Abguss, sowie einige verschossene Geschosse und den Lauf der Pistole. Ich verwendete ein automatisches Lichtleiter-Messsystem und gelangte so zu folgender Schlussfolgerung: Der Lauf der halbautomatischen Glock-17-Pistole zeigt im Profil sechs gerade Kanten, wie die sechs Seiten eines Sechsecks, die von sechs gewölbten Bögen durchzogen werden.
Wenn Sie eine Glock 21, Glock 37 oder eine ähnliche Pistole ihr Eigen nennen, seien Sie unbesorgt: Die Glock-Modelle .45 ACP und.45 GAP verfügen nach wie vor über acht Züge.
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