
Hinter dem österreichischen Start-Up Precision Engineered Arms and Clever Equipment (P.E.A.C.E.) steckt durchaus kein Unbekannter, denn Jakob Eckmayr war von 2016 bis 2023 bei dem Waffenhersteller Unique-Alpine AG im bayerischen Erding als Entwickler, Konstrukteur und später als technischer Leiter beschäftigt. Unique-Alpine war wiederum beispielsweise bekannt für das innovative Multikaliber-Scharfschützengewehr TPG-3 A4 in .308 Winchester, .300 Winchester Magnum und .338 Lapua Magnum, das nach den Anforderungen der Precision Sniper Rifle 1 (PSR 1)-Ausschreibung des USSOCOM entwickelt wurde. Der US-Rüstungskonzern FNH-USA vermarktete das Unique-Alpine TPG-3 A4 in der Heimat als FN Ballista PSR. Wir konnten übrigens bereits das Scharfschützengewehr TPG-3 A4 in allen drei verfügbaren Kalibern auf der 100- und 300-Bahn testen.
Doch zurück zum Neueinsteiger in Gestalt von P.E.A.C.E. Der erst 29-jährige Firmengründer Jakob Eckmayr studierte von 2010 bis 2015 an der Höheren Technischen Bundeslehr- und Versuchsanstalt (HTBLVA) Ferlach Waffen- und Sicherheitstechnik. Die Faszination für diesen Berufsbereich wurde ihm in die Wiege gelegt, war sein Vater doch ein passionierter Jäger, sodass Eckmeyer im frühestmöglichen Alter von 16 Jahren seine Jagdprüfung in Österreich absolvierte und seitdem ebenfalls ein leidenschaftlicher Waidmann ist. Nach dem Studium zum Waffeningenieur an der HTBLVA folgte der obligatorische Wehrdienst und danach startete er bei Unique-Alpine ins Berufsleben. Im August 2023 trennte er sich von dieser Firma, um voller Ehrgeiz im gleichen Monat sein eigenes Unternehmen zu gründen, mit der Zielsetzung, flexibler eigene Visionen realisieren zu können.
Was steckt hinter der P.E.A.C.E. ORS-1-Serie?

Das Ergebnis ist das Optimized Rifle System (ORS)-1 als universelles und modulares Präzisionsgewehr für Jagd und Sport, wobei die ersten Vorserienwaffen bei den „Austria Arms Action Days“ im Mai des Vorjahres erfolgreich präsentiert wurden und die Serienwaffen seit Dezember 2024 ausgeliefert werden. Die multikaliberfähige P.E.A.C.E.-Repetierbüchse ORS-1 mit stählernem Systemkasten und 3-Warzen-Zylinderverschluss mit 60°-Öffnungswinkel besitzt einen Remington-700-Footprint, sodass sie mit unzähligen Schaftsystemen und Nachrüstteilen des riesigen Tuningmarktes kompatibel ist. Das verwindungssteife Stahlsystem mit gasnitrierter Oberfläche, Kegelkammergriff und optionaler Kammersperre in Short- und Long-Action-Bauweise weist eine aufgeschraubte, wechselbare Stahlschiene für die Optikmontage auf. Der Verschluss mit gesteuertem Ausstoßer und einem in seiner Zündenergie verstellbaren Schlagbolzen verriegelt im Laufansatz, wobei man Lothar-Walther-Läufe in den Längen 420 mm (16,5"), 508 mm (20") und 610 mm (24") mit 20 mm Außendurchmesser und 5/8"-24 UNEF-Mündungsgewinde verwendet. Unter der Systemhülse sitzt serienmäßig ein TriggerTech-Druckpunktabzug und zur Anwendung kommen Kastenmagazine im AICS-Stil. Standardmäßig offeriert P.E.A.C.E. die fünf Büchsenmodelle ORS-1 Field, Forest, Wilderness, Range und Mountain, wobei aufgrund der hohen Modularität Gewehre nach individuellem Kundenwunsch jederzeit konfiguriert werden können. Die Kaliberpalette umfasst .223 Remington, .300 BLK, .308 Winchester, 6,5 Creedmoor, 6,5 PRC und .300 WSM.

Die Repetierbüchse P.E.A.C.E. ORS-1 mit Scandinavian Arms Chassis JET-02 im Detail

Die in der Werkstatt komplett demontierte P.E.A.C.E. ORS-1 zeigte innen wie außen ein sehr ansprechendes Verarbeitungsniveau und überrascht dabei durch innovative Konstruktionsdetails. Die massive Systemhülse besitzt einen Remington-700-Fußabdruck, was, wie erwähnt, die Kompatibilität mit vielen Nachrüstbauteilen sicherstellt. Doch darüber hinaus ist sie auch für eine Kaliberkonvertierung innerhalb der Patronenfamilie mit gleichen Stoßboden/Hülsenboden- und Gesamtlängen-Dimensionen sowie einem Laufwechsel ausgelegt. Zudem ist der Zylinderverschluss mit drei Verriegelungswarzen mit zwei Steuerkurven versehen, was man sonst lediglich bei teuren Matchbüchsen entdeckt. Der Ausstoßer beginnt erst zu arbeiten, wenn er von der Verschlussführungsraste im hinteren Teil der Systemhülse durch das manuelle Zurückziehen des Verschlusses nach vorne gedrückt wird. Ebenfalls ein Unterschied zum Remington-700-System, bei dem ein passiver Ausstoßer die Hülse ständig nach vorne drückt und sofort auswirft, wenn das Auswurffenster erreicht wird. Bei der ORS-1 hingegen kann die Hülse vom Schützen manuell aus dem Auswurffenster entnommen werden. Nur wenn er es beabsichtigt, kann er durch das vollständige Zurückziehen des Verschlusses die Hülse automatisch aus dem Gewehr herausbefördern. Für Jäger mag diese Funktion nicht so relevant sein, doch für Sportschützen, die Ihre teuren Hülsen nicht suchen wollen, ist diese Funktion ein großer Pluspunkt.

Die vorliegende P.E.A.C.E. ORS-1-Zylinderverschlussbüchse war mit einem Leichtmetallchassis JET-02 der schwedischen Firma Scandinavian Arms ausgerüstet. Der Hinterschaft offeriert alle üblichen Längen- und Höhenanpassungen, begeistert aber darüber hinaus durch den justierbaren Erdsporn, der aber wohl eher die Bezeichnung einer „höhenverstellbaren Hinterschaftauflage“ verdient. Die plane, breite Unterseite des ausziehbaren Elements sorgt für einen perfekten, geradlinigen Rücklaufweg der Waffe im Schuss. Die zentral anstatt seitlich gelagerte „Thumb Up“-Daumenauflage zwingt den Daumen in eine recht hohe Stellung. Wem das nicht gefällt, der kann natürlich den freistehenden AR-15-Pistolengriff, der nicht als Vertikalgriff ausgelegt ist, „old school“ komplett mit der Hand umschließen. Der Leichtmetallhandschutz weist umlaufende M-LOK-Schnittstellen auf und auch auf der Oberseite kann der Nutzer entscheiden, ob er dort eine Schiene braucht oder nicht. Dies birgt den Vorteil, dass das Zielfernrohr deutlich tiefer montiert werden kann. Der Scandivian-Arms-Schaft war mit viel Liebe zum Detail sauber verarbeitet.

Auf dem Schießstand: P.E.A.C.E. ORS-1 in der Praxis

Ausgestattet mit einem Schmidt & Bender PM II-Zielfernrohr 5-25x56 und einem UTG-Zweibein zogen wir mit dem P.E.A.C.E. ORS-1 Scandinavian Arms Chassis JET-02 in .308 Winchester auf den 100-m-Raumschießstand, um das Gewehr mit 9 Fabrikmunitionssorten mit Geschossgewichten von 110 bis 190 Grains auf Schussleistung zu überprüfen. Das individuell anpassbare Scandinavian Arms Chassis trug ebenso wie der kultivierte Triggertech-Matchabzug mit einem gemessenen Abzugsgewicht von rund 1.300 Gramm dazu bei, dass wir kleine Schussgruppen produzieren konnten. Mit sechs Laborierungen blieben wir unterhalb der 1-MOA-Grenze. Hierbei gelangen uns Topstreukreise wobei die RWS 168 Grains Target Elite Plus mit 15 mm (9 mm ohne Ausreißer) den Sieg davontragen konnte. Beim Handling fiel der weiche Repetiervorgang angenehm auf, der dadurch realisiert wird, dass der Schlagbolzen nicht nur mit einer, sondern mit zwei Steuerkurven gespannt wird. Dieses Konstruktionsmerkmal weisen beispielsweise auch die Repetierer aus der deutschen STL-Manufaktur von Manfred Schmitt auf.
P.E.A.C.E. ORS-1: Technische Daten und Preis in der Übersicht
Modell: | P.E.A.C.E. ORS-1 |
System: | Multikaliberfähiger Mehrlader mit 3-Warzen-Zylinderverschluss und 60°-Öffnungswinkel, der im Lauffortsatz (Barrel Extension) verriegelt |
Lauf: | 610 mm (24") langer Lothar-Walther-Matchlauf mit 1-10"-Drall und 5/8"x24 UNEF-Mündungsgewinde |
Schaft: | Scandinavian Arms (SA)-JET-02 Leichtmetallchassis mit längenverstellbarer Kappe, höhenverstellbarer Backe sowie höhenverstellbarem Hecksporn, freistehendem AR-15-Pistolengriff, Leichtmetall-M-LOK-Handschutz, Anti-Rotationsbuchsen für QD-Riemenbügel |
Magazin: | einreihiges MDT-Kastenmagazin im AICS-Stil mit Kapazität für 10 Patronen |
Abzug: | TriggerTech-Druckpunkt-Matchabzug, gemessenes Abzugsgewicht 1.310 g |
Sicherung: | Zwei-Positionen-Sicherung neben dem Kammerstängel, wirkt auf Abzug |
Länge: | 109 cm bis 115 cm |
Gewicht: | 4.900 g |
Preis: | rund 6.000,- Euro |
Fazit zum P.E.A.C.E. ORS-1 in .308 Winchester
Mit den ORS-1-Gewehren offeriert die junge P.E.A.C.E. GmbH ein absolut stimmiges, rundes Gesamtkonzept, wobei die bisher examinierten Gewehre auch durch eine hohe Verarbeitungsqualität bis ins kleinste Detail überzeugen konnten. Die hier gezeigte Waffe mit dem SA JET-2-Chassis kostet um die 6.000,- Euro, die zu Vergleichszwecken gezeigte ORS-1 Forest liegt im Preis bei rund 3.450,- Euro. Aufgrund der cleveren Konstruktionsdetails, der Kaliber- und Laufwechselmöglichkeit sowie des hohen Verarbeitungsniveaus sind diese Preise durchaus gerechtfertigt.
Text: Stefan Perey und Michael Fischer
Dieser Artikel erschien auch in der caliber, Ausgabe 7-8/2025. Dort ist auch die ausführliche Schießtabelle mit Ergebnissen zu neun Laborierungen enthalten. Das Heft können Sie im VS Medien-Shop online kaufen. Dort steht es auch als ePaper zur Verfügung.
Weitere Informationen zur ORS-1 gibt es direkt beim Hersteller P.E.A.C.E. Außerdem auch beim deutschen Vertrieb, 1MOA.