Im Test mit Videos: Das modulare Multikaliber-Scharfschützengewehr TPG-3 A4 von Unique Alpine

Das technische Fundament der Waffe ist ein üppiger, blitzsauber verarbeiteter Leichtmetall-Systemkasten, der im vorderen Bereich eine 70 mm lange Führungs- und Klemmfläche aus Stahl für den Lauf aufweist. Der Lauf wird mit vier Schrauben im Systemkasten fixiert, die mit einem mitgelieferten Drehmomentschlüssel angezogen werden, um maximale Stabilität und Wiederholgenauigkeit im Schuss zu erreichen. An der Führungsflächenunterseite der Wechselläufe befindet sich eine große Nut, die eine falsche Montage zuverlässig verhindert. Bei einem Kaliberwechsel muss neben Lauf und Magazin auch der Verschlusskopf ausgetauscht werden. Nachdem man die Verschlusskammer aus dem Systemkasten entfernt hat, bewegt man am Kammerheck lediglich den Sicherungshebel in die gesicherte Position und schon kann die Schlagbolzeneinheit herausgeschraubt und nach hinten entnommen werden, wonach der Verschlusskopf aus seiner Nut geschoben, aus der Verschlusskammer entfernt und ein Wechselkopf eingesetzt werden kann.

Kompromisslos individuell beim Magazin der TPG-3

Hauptbestandteile der TPG-3
In ihre Hauptbestandteile zerlegte TPG-3 A4: An der Systemunterseite befindet sich eine vibrationsmindernde Matte, die die saubere Systembettung im Leichtmetallchassis komplettiert. Bei der Totaldemontage und peniblen Begutachtung konnten innen wie außen keine  Bearbeitungsspuren gesichtet werden.

Während andere Hersteller nur mit einem Magazinkörper arbeiten und die unterschiedlichen Patronenlängen lediglich durch Einlagen ausgleichen, geht Unique Alpine den kompromisslosen Weg und offeriert für jedes Kaliber ein eigenes Magazin. Auch wenn hier die äußeren Abmessungen der Kastenmagazine identisch sind, wurden die inneren Führungsflächen auf jede Patrone entsprechend angepasst. Aufgrund der gelungenen Konstruktion, die kleinste Toleranzfelder voraussetzt, ist bei dem Unique Alpine TPG-3 A4 ein kompletter Kaliberwechsel innerhalb von wenigen Minuten erledigt. Der Systemkasten mit komplett planer Unterseite besitzt eine riesige Bettungsfläche, durch die Rückstoß- und Torsionskräfte in das Leichtmetallchassis übertragen werden. Zwei voluminöse Passstifte sorgen zudem dafür, dass das System immer gleichmäßig im Schaft sitzt. Um die im Schuss entstehenden Spannungen und Schwingungen auf ein Minimum zu reduzieren, sitzen nicht nur vier Federn vor den Gewindeköpfen der Systemschrauben, sondern zwischen System und Schaft wurde eine spezielle vibrationsmindernde Matte eingesetzt. Dieser Aufbau erinnert ebenso wie die Konzeption der von rund 1.000 bis 3.000 g justierbaren Druckpunkt-Abzugseinheit an hochgezüchtete Matchgewehre. Nicht nur der Auslösewiderstand und Vorzugsweg sondern auch die Position der Abzugszunge kann eingestellt werden. Eine zentrale Kerbe in der Zunge soll als Indexpunkt dienlich sein, damit der Abzugsfinger wiederholgenau positioniert wird. Um die Reibung am Finger beim Verschießen von leistungsstarken Kalibern aber nicht zu sehr zu erhöhen, wurde auf eine zusätzliche Riffelung verzichtet. Die TPG-3 A4-Abzugszunge fällt sehr breit und glatt aus, was die Praxisnähe im Detail belegt.

Klappbare Schulterstütze der TPG-3
Die klappbare Schulterstütze der TPG-3 von Unique Alpine mit robustem, äußerst toleranzarmen Scharniergelenk offeriert ...
Eingeklappte Schulterstütze an der UA TPG-3.
... alle Justiermöglichkeiten, die man sich als Schütze wünschen kann.
Im Test mit Videos: Das modulare Multikaliber-Scharfschützengewehr TPG-3 A4 von Unique Alpine
Der lange Handschutz der Unique Alpine TPG-3 kann mit zusätzlichen Montageschienen aufgerüstet werden.

Ausstattung der TPG-3 A4 von Unique Alpine

Die robuste Klappmechanik der Schulterstütze arbeitet absolut spielfrei und ohne Werkzeug können alle notwendigen, individuellen Anpassungen am Hinterschaft vorgenommen werden. Die Länge der Schulterstütze kann nach Betätigen eines Knopfes auf der Unterseite feinstufig justiert und die Höhe/Neigung der Wangenauflage kann sogar stufenlos bequem im Anschlag verstellt werden. An der Schaftunterseite kann an einer MIL-STD-1913-Montageschiene ein Erdensporn angebracht werden, der mit seinen drei möglichen Positionen zusätzliche Flexibilität im Anschlag schafft. Der den Lauf ummantelnde Handschutz kann mit optional erhältlichen Montageschienen in unterschiedlichen Baulängen aufgerüstet werden, um Ausrüstungsgegenstände nach individuellen Präferenzen anbringen zu können.

Kaliber .300 Norma Magnum – die bessere Long-Range-Patrone?

Hornady-Matrizensatz in .300 Norma Magnum.
Mit diesem Hornady-Matrizensatz luden wir unsere .300 Norma Magnum-Handlaborierungen. Für 60 Euro bietet er ein hervorragendes Preis- Leistungsverhältnis.

Bis 2016 war die .300 Norma Magnum, die bereits 2012 CIP homologiert wurde, nur etwas für Kenner der Patronenszene. Das änderte sich aber schlagartig, als USSOCOM die neue Patrone für das "Advanced Sniper System" einführte. Zumindest bei den Spezialeinheiten werden scheinbar keine Kosten und Mühen gescheut, um in Sachen Ausrüstung immer auf dem neuesten Stand der Technik zu sein. Für den Long-Range-Bereich ist neben gestreckter Flugbahn und Windabdrift auch der Bereich wichtig, in dem das Geschoss in den Unterschallbereich fällt. Und da hat die .300 Norma Magnum doch einiges zu bieten. So gibt Berger Bullets für die 230 Grains Hybrid OTM Tactical-Patrone rund 895 m/s Geschwindigkeit aus 660 mm langen Läufen an. Zusammen mit dem für ein .30er-Kaliber schon erstaunlichen BC-Wert von 0,743 fällt somit das Geschoss erst bei rund 1.700 Meter in den Unterschallbereich. Das schafft die .338 Lapua Magnum mit einem 300 Grains Geschoss zwar auch, allerdings ist die Flugbahn etwas gekrümmter und der Rückstoß stärker. Selbst auf 1.000 m ist dann das 230 Grains Hybrid OTM Tactical-Geschoss der .300 Norma Magnum noch mit über 500 m/s unterwegs. 

Die rund 64 mm lange Hülse basiert übrigens auf der .338 Norma Magnum, die wiederum ein Ableger der .416 Rigby ist. Nach CIP-Maßregeln darf die "neue Schwedin" bis zu 4.400 Bar Gasdruck aufweisen. Im Diagramm haben wir den Geschossabfall der .300 Norma Magnum mit dem der .300 Winchester Magnum und .338 Lapua Magnum verglichen. Um nicht die sprichwörtlichen Äpfel mit Birnen zu vergleichen, haben wir hier als Grundlage Werte von Berger Bullets herangezogen. So verlädt Berger das 230 Grains Hybrid OTM Tactical auch in der bereits 1963 erschienenen .300 Winchester Magnum, die es immerhin auf 854 m/s aus der Gürtelhülse bringen kann. Neben Norma bieten nur noch Hornady und Berger Bullets Fabrikmunition im neuen, leistungsfähigen Kaliber an. Bei den beiden zuletzt Genannten fehlt aber die CIP-Zulassung. Wiederladekomponenten sind besser verfügbar und gerade der Markt an .30er-Geschossen ist gut gedeckt.

In Deutschland, wo selten Schießstände über 300 m verfügbar sind, ist die .300 Norma Magnum allerdings hoffnungslos unterfordert. Wie sich die neue Patrone in der Long-Range-Szene oder bei militärischen Anwendungen etablieren wird, bleibt abzuwarten. Neue Patronen rufen auch immer wieder gerne Wildcater auf den Plan, die durch Umformen, Kürzen und Einziehen neue Patronen kreieren. So bereits bei der 7-300 Norma Improved geschehen, die mit 7-mm-Geschossen geladen wird.

Die Flugbahnkurve der .300 Norma Magnum.
Die Flugbahnkurve der .300 Norma Magnum im Vergleich zur .300 Winchester Magnum und .338 LapuaMagnum. Ab rund 600 Meter ist die .300 Norma Magnum etwas flacher unterwegs.
Seitlicher Windabdrift der Laborierungen.
Bei seitlicher Windabdrift (hier mit etwa 16 km/h bei 90 Grad) hat die .338 Lapua Magnum zumindest mit dem 300 Grains Geschoss die besseren Karten. Auch hier werden die Unterschiede ab 600 Meter deutlicher sichtbar.

Auf dem Schießstand mit der Unique Alpine TPG-3 A4 in den Kalibern .300 Norma Magnum und 6,5 Creedmoor

 .300 Norma Magnum, .300 Winchester Magnum  und .338 Lapua Magnum.
Die junge .300 Norma Magnum umrahmt von der .300 Winchester Magnum (links) und .338 Lapua Magnum (rechts).

Schon auf 100 m zeigte die TPG-3 A4, dass man mit ihr kleine Gruppen in die Scheibe lochen kann. Hier bewies auch das Kaliber .300 Norma Magnum, dass es Potential besitzt. Denn die schweren 190-Grains- und 200-Grains-Geschosse, konnten problemlos auf satte 900 m/s beschleunigt werden. Trotz der hohen V2 lagen die Gruppen auf der Kurzbahn dicht zusammen. Alle 3 Patronen lieferten Streukreise um die 20 mm ab. 

Die kleinste Gruppe wurde mit dem 190 Grains schweren Sierra Matchgeschoss erzielt. Hier benötigten wir 90 Grains Ramshot Magnum Treibladungsmittel, um eine 12 mm große Gruppe in die Scheibe lochen zu können. Deutlich anders sahen die Ergebnisse auf 300 m aus. Hier realisierten wir mit der Fabrikmunition von Norma mit dem 200 Grains schweren Oryx-Geschoss mit 45 mm das Bestresultat. Hierbei handelt es sich um ein seit 1996 auf dem Markt vertretenes Teilmantelgeschoss mit besonders starker Verbindung zwischen Bleikern und Mantel. Leider standen uns zum Testzeitpunkt keine schwereren .30"er-Geschosse für die .300 Norma Magnum zur Verfügung, denn auch aufgrund des Dralls von 1-8" des Laufes unserer Testwaffe hätten wir locker 230 bis 240 Grains Geschossgewichte einsetzen können. 

In 6,5 Creedmoor leistete die Mündungsbremse mit 10 Gasentlastungsschlitzen des TPG-3 A4 ganze Arbeit, denn es fühlte sich subjektiv danach an, als würde man eine hartgeladene .223 Remington verschießen. Hierbei spielt natürlich auch das hohe Gewicht des Scharfschützengewehrs eine ausschlaggebende Rolle. Auf 100 m gelangen uns mit 6 von 7 Munitionssorten Streukreise unter der 20-mm-Marke. Mit 2 Laborierungen unterschritten wir sogar die 10-mm-Grenze. Die kleinste Gruppe von 8 mm produzierten wir mit der Hornady Precision Hunter 143 Grains ELD-X, dicht gefolgt mit 9 mm von unserer Handlaborierung mit 33,5 Grains Vihtavuori N150 und 140 Grains Hornady ELD Matchgeschoss. Mit 740 m/s war das eine sehr schlappe Ladung, die aber auf 100 m völlig ausgereicht hat. Auf 300 m waren diese moderaten Laborierungen aufgrund fehlender Power natürlich im Nachteil. Hier entpuppte abermals die Hornady Precision Hunter 143 Grains ELD-X Jagdpatrone ihre Leistungsfähigkeit, schossen wir mit ihr doch das Spitzenergebnis von 42 mm, wobei 4 Schuss sogar auf 27 mm auf 300 m zusammen lagen! Aufgrund der niedrigen, winterlichen Temperaturen während der langen Schießstandzeit bleibt es nicht ausgeschlossen, dass sich ab und an mal ein "Ausreißer" einschleichen konnte.

Unser Testfazit zur TPG-3 A4 von Unique Alpine:

Das aufgrund der SOCOM PRS 1-Ausschreibung auf Basis der Vorgängermodelle TPG-1 und TPG-2 weiterentwickelte Unique Alpine TPG-3 A4 ist ein hervorragend verarbeitetes, innovatives Multikaliber-Scharfschützengewehr, das hinsichtlich Handhabung, Anpassungsmöglichkeiten und Schussleistung keine Wünsche offen lässt. 

So viel Qualität will aber auch bezahlt sein, so kostet das schnittige SSG aus Bayern in einem Kaliber rund 8.000,- Euro. Gut, dass es bei diesem Preis ansonsten über jeden Zweifel erhaben ist. Wer Ferrari fahren will, muss eben auch einen Ferrari bezahlen, würden Autofans an dieser Stelle sagen. Dem ist aus unserer Sicht nichts hinzufügen. Je nach Einsatzzweck und angestrebten Reichweiten sind die beiden  neuen Trendkaliber eine echte Bereicherung für dieses bewährte Modell von Unique Alpine.


Weitere Informationen zu den Waffen von Unique Alpine gibt es auf der Internetseite des Herstellers.

Dieser Artikel erschien zuerst in der caliber, Ausgabe 1/2020. Das Heft ist im VS Medien-Shop erhältlich, auch als digitale Version.

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