Kaliber-Test mit Video: Unique Alpine in .450 Bushmaster vs. Marlin in .45-70 Gov. – geeignet für die Drückjagd?

Die Kaliber .45-70 Government und .450 Bushmaster kommen beide aus den Vereinigten Staaten: Ersteres ein klassisches Kaliber, das man besonders mit "Western"-Langwaffen in Verbindung bringt, letzteres eine relativ neue Munitions-Entwicklung für die Bejagung unter anderem von starkem Schwarzwild mit aktuellen Büchsen. Insgesamt also eher Exoten für den hiesigen Markt – doch mit beiden Kalibern, im Falle des .45-70 Government eine halbe Ewigkeit, mit dem .450 Bushmaster seit Kurzem, wird Hirsch- und Schwarzwild in Amerika erfolgreich bejagt.

Wir gingen für unseren Vergleich der beiden Amerikaner auf die Schießbahn und hatten unterschiedliche Beschussmedien im Gepäck. Wir wollten herausfinden: Wie machen sich die beiden Kaliber auf kürzere Distanzen? Und eignen sich die etwas langsamer daherkommenden .45-70 Government und .450 Bushmaster für die Drückjagd?

.450 Bushmaster und .45-70 Gov.: Beschussmedien für den Test

Kaliber-Test .450 Bushmaster versus .45-70 Gov.: Eignen sich die US-Patronen für die Drückjagd? Mit Video!
In der aufgeschnittenen ballistischen Seife lassen sich anhand der Kavernen die Wirkung der zwei Geschosse Hornady FTX in .450 Bushmaster (links) und Hornady Lever Evolution FTX in .45-70 Gov. im Wildkörper nachvollziehen.

Wie immer, wenn es um einen Test oder eine Simulation geht, sei vorangestellt, dass unser Test nicht den Anspruch der Vollständigkeit erhebt. Er soll den geneigten Lesern ein mögliches Szenario wiedergeben, das in der Realität adaptiert werden kann. Das Ergebnis führt zu Rückschlüssen, an denen man sich orientieren kann.

Kaliber-Test .450 Bushmaster versus .45-70 Gov.: Eignen sich die US-Patronen für die Drückjagd? Mit Video!
Der Stuhl musste lange Jahre Schüler in der ehemaligen DDR aushalten und jetzt auch noch unsere Prüflinge wie diesen Gelatineblock. 

An dieser Stelle geht ein Dank an Jens Tigges (OMI, Outdoor Marketing International) raus, der uns in der Recherche zu diesem Artikel unterstützt und hinsichtlich der unterschiedlichen Beschussmedien darauf hingewiesen hat, dass es sich bei "Clear Ballistik Gel", also dem Gelatine Block und "nasse Pappteller" natürlich nicht um forensisch zugelassene Beschussmedien handelt.

Damit hätten wir die Zutaten für unseren Schusstest schon einmal vorgestellt. Die Pappteller, die man in jedem Supermarkt kaufen kann, wurden zirka drei Stunden in Wasser eingeweicht, um ein Medium zu kreieren, das "als Hausmittel" so realistisch wie möglich einen Wildkörper simuliert. Auch hier noch einmal der Hinweis, dass ein echter Wildkörper immer nur näherungsweise simuliert werden kann, denn weder in ballistischer Seife noch in Clear Ballistik Gel oder gar in nassen Papptellern findet man die Strukturen, die in einem Wildkörper stecken: Es fehlen Knochen, Fettgewebe, Blut (Schweiß), Muskelkontraktion sowie entspannte oder angespannte Wildkörper.

Test-Waffe #1: Unique Alpine JPR-1 Kodiak Scout in Kaliber .450 Bushmaster geladen mit Hornady FTX Munition

Kaliber-Test .450 Bushmaster versus .45-70 Gov.: Eignen sich die US-Patronen für die Drückjagd? Mit Video!
Gerade bei der langsamen Hornady Lever Evolution FTX in .45-70 Gov. ist auf der Bewegungsjagd die sorgsame Kalkulation des Vorhaltemaßes Pflicht.

Dennoch können wir Rückschlüsse ziehen, wie sich die beiden Patronen wohl in der Praxis verhalten werden. Zum Einsatz kam die .450 Bushmaster Hornady FTX 16,2g/250grs. in einer Unique Alpine JPR-1 Kodiak Scout Jagdbüchse mit kurzem Lauf. Das zweite Kaliber .45-70 Gov. wurde mit der Hornady Lever Evolution FTX 21,1g/325grs. aus einer Marlin 1895 SBL mit A-Tec Schalldämpfer abgefeuert. Die Beschussmedien standen jeweils auf einem Stuhl und bei der ballistischen Seife mussten wir zwei Schüsse auf einen Seifenblock abgeben, da uns für diesen Tag nur dieser eine Block geliefert wurde.

Bevor wir zur Auswertung kommen, kurz ein paar Worte zu den Kalibern und deren Einsatzzweck: Die .450 Bushmaster wurde Mitte der 2000er Jahre entwickelt, um mittelstarkes Wild bis auf Entfernungen von 250 Metern zur Strecke zu bringen. Diese Laborierung eignet sich also auch für die Drückjagd, könnte man meinen. Man muss allerdings wissen, dass mit einer Geschossgeschwindigkeit von 671 Metern pro Sekunde, die Bushmaster nicht zu den schnellsten Kalibern gehört. Mit einer Geschossenergie von 2.437,0 Joule auf 100 Meter liefert sie genug Energie, um Hochwild sicher zu erlegen. Man muss allerdings die Vorhaltemaße im Auge behalten, wenn es um den Einsatzzweck "Drückjagd" geht.

Die Unique Alpine JPR-1 Kodiak Scout ist durch ihre Bauweise für die Bewegungsjagd im Herbst prädestiniert. Wir sehen sie allerdings auch bei Hundeführern, die eine kurze und führige Waffe suchen. Alles an dieser Waffe wirkt massiv, fest und solide. Was man an dieser Waffe noch optimieren könnte, wäre aus Sicht des Autors, dass man die Sicherung der Waffe zusätzlich mit einem roten Punkt kennzeichnet, damit man auch unter schlechten Lichtverhältnissen sehen kann, in welchem Zustand sich die Waffe befindet.

Die Ergonomie der Sicherung ist sehr gut und lässt sich einfach bedienen. Mit der langen Picatinny-Schiene bietet das Modell von Unique Alpine viel Platz für zusätzliche Montagen auf der Waffe. Das Gewicht der Waffe beträgt 3,7 Kilo. Ihr Druckpunktabzug ist verstellbar von 0,9 - 2,5 Kilogramm. Die Lauflänge beträgt 16,5“ (419 Millimeter), die Gesamtlänge der Unique Alpine JPR-1 Kodiak Scout liegt unter einem Meter (93 Zentimeter). Ihr schwerer Matchlauf hat ein Mündungsgewinde in 5/8-24 UNEF zur Aufnahme von Schalldämpfern. Natürlich kann dort auch eine Mündungsbremse angebracht werden. 

Kaliber-Test .450 Bushmaster versus .45-70 Gov.: Eignen sich die US-Patronen für die Drückjagd? Mit Video!
Die kurze Jagdbüchse Unique Alpine JPR-1 Kodiak Scout in .450 Bushmaster mit einer Auswahl an Hornady Munition in passendem Kaliber.

Test-Waffe #2: Marlin 1895 SBL in Kaliber .45-70 Government geladen mit Hornady Lever Evolution FTX Munition

Das zweite Modell, die Marlin 1895 SBL, hat eine Baulänge von 93 Zentimetern. In unserem Fall bestückten wir die "Western"-Büchse mit einem A-Tec Schalldämpfer. Die klassische Unterhebelrepetierbüchse ist durch schnelle Zielerfassung ebenfalls für die Drückjagd geeignet. Auch für Hundeführer ist diese Büchse einen Blick wert. Dieses Model bietet ebenfalls eine Picatinny-Schiene, auf der man zum Beispiel Rotpunktvisiere anbringen kann. Bei der im Video zu sehenden Variante war ein Leupold Freedom RDS angebracht. Wir können uns gut vorstellen, dass beide Waffentypen auch auf engen Kanzeln ihre Vorteile ausspielen.

Die Hornady Lever Evolution FTX 21,1g/325grs. in .45-70 Gov. liefert in der Geschossenergie auf 100 Meter (E100) 2.829,0 Joule – etwas mehr Energie als die .450 Bushmaster FTX. Insgesamt ist diese Patrone jedoch deutlich langsamer und in unserem Test auch schwerer als das Kaliber .450 Bushmaster. Für den Einsatzzweck Drückjagd muss man also wieder an die Vorhaltemaße denken. Bei 100 Meter sind das ganze 1,74 Meter ohne echten Haltepunkt auf dem Wildkörper. Für den Hundeführer ist diese Kombination aus Unterhebelrepetierbüchse und 45-70 Gov. aber sicherlich interessant.

Kaliber-Test .450 Bushmaster versus .45-70 Gov.: Eignen sich die US-Patronen für die Drückjagd? Mit Video!
Klassik trifft Moderne: der Unterhebelrepetier Marlin 1895 SBL in Kaliber .45-70 Government ist mit Rotpunktvisier von Leupold und A-Tec Schalldämpfer bereit für die Drückjagd.

Beschusstest mit Kaliber .450 Bushmaster und .45-70 Government

Kaliber-Test .450 Bushmaster versus .45-70 Gov.: Eignen sich die US-Patronen für die Drückjagd? Mit Video!
Durchschlagend: mit der Hornady in .45-70 Government erzielten wir bei der Papptellerprobe einen Ausschuss.

In unserem Test sahen die Kavernen in ballistischer Seife in etwa gleich aus. Die Kaverne der .45-70 Gov. war insgesamt nur fünf Millimeter breiter als die Kaverne der .450 Bushmaster. Beide Geschosse wirkten durch die Seife, traten also aus dem Medium aus. Die .45-70 Gov. gab schneller Geschosssplitter ab. Leider hatten wir keinen Abfangkorb hinter dem Medium, weswegen wir euch im Video leider nicht das aufgepilzte Geschoss zeigen können. 

Kaliber-Test .450 Bushmaster versus .45-70 Gov.: Eignen sich die US-Patronen für die Drückjagd? Mit Video!
Die schöne Maserung des Schaftes der sehr führigen Unique Alpine JPR-1 Kodiak Scout ist eine echter Hingucker.  

Im zweiten Test mit dem Beschuss auf Clear Ballistik Gel hatten wir den Eindruck, dass die Bushmaster eine bessere Stoppwirkung hat, denn der Block wurde vom Stuhl geschossen, während der Block von der .45-70 Gov. auf dem Stuhl liegen blieb. An dieser Stelle der Hinweis, dass es sicherlich bessere Testaufbauten gibt als einen alten DDR-Schul-Stuhl. Auf der anderen Seite steht Wild in der Regel auch nur auf vier Läufen und nicht an der Wand. Möge jeder Leser selbst seine Rückschlüsse daraus ziehen. 

Im letzten Schusstest auf nasse Pappteller wurde unsere Vermutung dann bestätigt. Die .450 Bushmaster gibt die komplette Energie im Medium ab, während die .45-70 Gov. durch das Medium hindurch wirkte und einen klassischen Ausschuss produzierte.

Fazit aus unserem Test .450 Bushmaster versus .45-70 Gov.

Beide Kaliber sind für die Drückjagd tauglich. Dennoch hier noch einmal der Hinweis, dass man keinen echten Haltepunkt auf dem Wildkörper hat. Das Vorhaltemaß auf 100 Meter beträgt bei der .450 Bushmaster 1,56 Meter, bei der .45-70 Gov. sind es sogar 1,74 Meter. Bei verhoffenden Stücken werden beide Geschosse genug Leistung abliefern

Für Schussentfernungen bis 100 Meter können wir das Fazit ziehen, dass aus unserer Sicht die .450 Bushmaster mit leichtem Vorsprung durchs Ziel geht. Wer jedoch einen Ausschuss haben will, sollte auf die .45/70 Gov. setzten, denn zumindest bei unserem Schusstest auf nasse Pappteller lag die .45/70 Gov. hier vorn. Gerade für all diejenigen, die von einem schnellen Kaliber auf diese langsamen Geschosse wechseln möchten, sei an dieser Stelle angemerkt: Geht mit der neuen Laborierung vorher trainieren. Die Messwerte der beiden Kaliber mit den Werten auf 50, 80 und 100 Meter wurden vom Marksmann System aus Bad Oeynhausen errechnet.

Waidmannsheil!


Weitere Informationen zur Unique Alpine JPR-1 Kodiak Scout Jagdbüchse finden Sie auf der Webseite des Herstellers.

Mehr Informationen zur "Western"-Waffe 1895 SBL gibt's auf der Webseite von Marlin.

Mehr zum Thema Munition und den Kalibern .450 Bushmaster und .45-70 Gov. finden Sie auf der Hersteller-Webseite.

Wie ist es für einen Jungjäger auf der ersten Drückjagd und welche Tipps sollte er unbedingt beachten? Mehr dazu hier bei uns.

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