Drückjagdseminare als ideale Weiterbildung für Jungjäger – ein Praxisbeispiel aus der Jagdschule Lüdersburg in Niedersachsen

Pro Jahr legen bis zu 13.000 Jungjäger in Deutschland das Jagdscheinexamen ab. Zwischen Ausbildung und Jagdpraxis liegt in den meisten Fällen jedoch immer noch ein weites Feld, das der Jungjäger oftmals alleine beschreitet. Mal abgesehen von den Anschaffungen, die getätigt werden – das geht dann schon mal Richtung 10.000 Euro und mehr für Jagdwaffe, Zieloptik, Fernglas und weitere Ausrüstung – muss der Jungjäger auch noch einige bürokratische Hürden überwinden. 

Jagdhaftpflicht und Jagdwaffenversicherung, Jagdschein lösen, Waffenschrank kaufen...

Da geht schon etwas Zeit ins Land und auch der ein oder andere Euro. Und dann ist da ja immer noch die wichtigste Praxisfrage überhaupt, die im Raum steht: Wo gehe ich eigentlich jagen? Welche Möglichkeiten bietet mir das Heimatrevier? Bin ich eher der typische Jäger, der im Herbst eine Drückjagd besucht? Jungjäger haben es in Deutschland manchmal eben echt schwer. Die größte Herausforderung ist für die meisten jungen "Grünröcke" das Praxiswissen aus der Jagdschule zu konservieren und bei einer realen Jagdmöglichkeit abzurufen. 

Man kann sich vorstellen, dass wenn man im Frühjahr die Jägerprüfung bestanden hat und dann erst wieder im Herbst mit der Jagd in Berührung kommt, vieles von dem, was man in der Ausbildung gelernt hat, ein Stück weit verloren gegangen ist. Vor allem die sichere Waffenhandhabung und das richtige Ansprechen von Wild sind zwei grundlegende Bedingungen um mögliche Fehlabschüsse oder Unfälle zu vermeiden.

Viele Jagdschulen gehen deshalb mittlerweile einen Schritt weiter und betreuen erfolgreiche Jungjäger auch nach der Jagdausbildung.

Und auch erfahrene Jäger nutzen gerne weiterführende Lernangebote von Jagdschulen: Fallenjagd, Anschuss oder Krähenjagdseminare werden immer öfter genutzt. Jagdschulen erweitern damit ihr Angebot und schließen somit die Informationslücke, die oftmals zwischen bestandener Jägerprüfung und Anschluss an die Jagdgemeinschaft liegt. Eines der gefragtesten weiterführenden Seminarangebote sind Drückjagdseminare. all4hunters.com war deshalb im Dezember 2018 im schönen Niedersachsen für euch unterwegs. Die Jagdschule Lüdersburg hatte zur Drückjagd geladen. Die Jagdgäste waren ausschließlich Jungjäger, die noch über wenig Jagdpraxis verfügten und ihr Fachwissen auffrischen wollten. Das Drückjagdseminar fand deshalb auch an zwei Tagen statt. 

Tag 1 war dem theoretischen Teil und dem Schießtraining mit der eigenen Büchse auf der Schießstand Garlstorf vorbehalten. So konnten die Teilnehmer am Vormittag die beiden Berufsjäger Bernd Beck und Xaver Werning mit Fragen "löchern" und Unsicherheiten im Kopf "klären". Am Nachmittag ging es dann nach Garlstorf ins Schießkino. Hier konnte jeder Teilnehmer mit seiner eigenen Büchse die unterschiedlichsten Jagdsituationen simulieren.

Im Seminarraum wird den Jungjägern die richtige Handhabung der Büchse während der Drückjagd erläutert.
Die sichere Handhabung der Jagdwaffe gehört zu den jagdlichen Grundvoraussetzungen und wird deshalb theoretisch und praktisch geschult.
Jungjägerin im Schießkino mit Jagdwaffe im Anschlag.
Jungjägerin im Schießkino: Hier können Drückjagdsituationen simuliert und trainiert werden.

Für Berufsjäger Xaver Werning ist vor allem der sichere Umgang mit der Waffe wichtig: "Für die Seminarteilnehmer sind vor allem die Sekunden vor der Schussabgabe entscheidend. Wie gehe ich schnell und sicher in den Anschlag? Wie schwinge ich mit und in welcher Situation lasse ich den Finger lieber gerade? Welche Vorhaltemaße muss ich auf welcher Entfernung bei meinem Kaliber beachten - das sind die Fragen die einen Jungjäger vor der ersten Drückjagd interessieren, man will ja keinen Fehlschuss verantworten" , sagte uns der 23-jährige Berufsjäger aus der Jagdschule Lüdersburg. 

Neben den täglichen Arbeiten im Schulrevier ist Xaver Werning auch als Dozent in der Jagdschule tätig. Sein Kollege Bernd Beck kommt aus dem schönen Sauerland und ist ebenfalls als Berufsjäger im Revier tätig und in der Jagdschule für den Bereich "Hunde" verantwortlich. Für beide ist es die erste gemeinsame Aufgabe in Lüdersburg und so ist die Anspannung bei den Berufsjägern förmlich zu spüren, denn neben dem jagdlichen Ansatz hat man als Organisator sicherlich noch tausend Fragen im Kopf und die Verantwortung bei so einem Seminar ist nicht zu unterschätzen. Und so wurde dann auch geübt, vorwiegend auf Schwarzwild, doch auch Jagdsituationen auf Rotwild, Damwild, Fuchs und Rehwild wurden simuliert. 

Auch die jagdliche Praxis kommt im Drückjagdseminar der Jagdschule Lüdersburg nicht zu kurz.

Am nächsten Morgen ging es dann gegen 8:00 Uhr ins Revier. Zwei Treiben fanden an einem Tag statt. Im ersten Treiben rechnen die beiden Berufsjäger vorwiegend mit Rehwild. Nach der Begrüßung und der Freigabe durch die Berufsjäger folgte unser Kameramann dann Berufsjäger Bernd Beck und seinem Drahthaar in die Dickung. Schon kurz nach Beginn des Treibens fällt der erste Schuss. Vor uns kommt Bewegung ins Treiben. Zwei Mal haben wir Rehwild im Anblick.

"Typisch" sagt der Berufsjäger Richtung Kameramann "In der ersten Stunde einer Drückjagd kommt das Wild durch die Beunruhigung auf die Läufe. Wir müssen jetzt weiter, damit wir den Anschluss nicht verlieren". Die Treiber sammeln sich nach dem ersten Dickungskomplex auf einer Schneise. Als alle da sind, kommt das Kommando "Treiber Voran" und es geht weiter. Die nächste Dickung wartet auf uns. Also hinterher und immer wieder hören wir die Treiber rufen: "Hooooo, Haaaaa, HeeeApppp". Doch hier ist nichts los, scheinbar ist durch die Beunruhigung am Anfang des Treibens das Wild vorsichtiger geworden und hat sich geschickt aus dem Dickungskomplex verabschiedet. Die beiden Berufsjäger Bernd Beck und Xaver Werning treffen sich auf dem nächsten Waldweg und warten bis die Treiberwehr wieder vollzählig ist. Beratungspause oder auch Planänderung ist angesagt. Es geht in die Brombeeren, die befinden sich an der Reviergrenze. Hier vermuten die Berufsjäger Schwarzwild. Es geht los. Unser Kameramann folgt wieder Bernd Beck in die Dickung. Sein Drahthaar macht schnell Strecke und wird auf einmal Spurlaut. Ist das jetzt Rehwild oder ist der Drahthaar tatsächlich an Schwarzwild gekommen? Der Berufsjäger bleibt für einen Moment stehen, seine Augen leuchten und man kann seine Konzentration spüren – plötzlich ist Stille! Einen Augenblick später Standlaut. Bevor unser Kameramann fragen kann was denn los ist, rennt der Berufsjäger durch die Dickung und zwar so schnell, dass die Kamera fast den Anschluss verliert. Äste, Dornen und Wurzeln machen das Laufen hier zu einer Qual. Immer wieder peitschen kleine Zweige ins Gesicht, zischen durch die Luft, treffen immer wieder die Kamera. Kurz vor einer Anhöhe bleiben wir stehen und sehen dann eine Bache und einen Überläufer nach rechts ziehen. Das waren keine 10 m. Xaver Werning sagt, dass es insgesamt ca. 10 Sauen, davon 3 stärkere Stücke waren. Im nächsten Augenblick sehen wir, 5 m vor uns einen versprengten Frischling. Der zeigt uns dann so richtig, wie schlau das Schwarzwild doch sein kann. Listig umrundet der Frischling den Deutsch Drahthaar und zieht dann von dannen. 

Wir sammeln die Treiberwehr noch einmal vor der Dickung und wollen so sicherstellen, dass wir die Rotte vor die Schützen bekommen. Also geht’s! Mit gesammelten Kräften noch mal durch, doch bis auf ein Reh sehen wir dieses Mal kein Schwarzwild mehr. Die Sauen sind aus dem Treiben raus. Schüsse hören wir keine. Bei zwei Schützen kam das Schwarzwild in Anblick, jedoch war ein sicherer Schuss nicht möglich, so dass der Finger grade blieb.

Jungjäger beim Aufbruch des erlegten Wildes.
Das richtige Aufbrechen des erlegten Wildes muss ebenso geübt werden, wie das Schießen. Auch das anschließende Zerwirken kann in der Jagdschule Lüdersburg in Seminaren geübt werden.

Im ersten Treiben lagen dann ein Stück Rehwild und ein Stück Damwild, das in diesem Revier nur Wechselwild ist. Das war übrigens der erste Schuss des Tages! Erlegt hat das Stück ein ehemaliger Jagdschüler der Jagdschule Lüdersburg. 

Im zweiten Treiben begleiten wir dann einen weiteren ehemaligen Jagdschüler der Jagdschule Lüdersburg, der an diesem Tag einen Frischling und ein Stück Damwild erlegen konnte. Jagdkönig wurde übrigens der Erleger des Stückes Damwild aus dem ersten Treiben. Er hatte im zweiten Treiben noch einmal ordentlich Waidmannsheil und erlegte neben 3 Frischlingen noch einen starken Keiler. In geselliger Runde mit Bratwurst und Tee ging das Drückjagdseminar der Jagdschule dann zu Ende. Auch wenn nicht jeder zu Schuss gekommen ist, war es doch für die Teilnehmer ein Wochenende, das es in sich hatte. 

Wer Interesse hat so ein Seminar mal live zu erleben, der kann sich hier bei all4hunters.com informieren und dann direkt bei der Jagdschule buchen.

Hier gibt es jede Menge Information, wie man seinen Jagdschein erwerben kann und welche weiterführenden Seminare für Jungjäger angeboten werden: https://www.jagdschule-luedersburg.de/


Hintergrundinformationen:

Mathias Haack, der Autor dieses Berichts, ist der Kameramann von all4hunters.com und auch Mal für uns vor der Kamera im Einsatz, wenn es um Interviews und Berichte von Jagderlebnissen geht. Und damit er weiß, worauf es bei der Jagd wirklich ankommt, ist er seit November 2018 auch persönlich Jungjäger mit "druckfrischem Jagdschein". Grund genug für uns, seine emotionalen Erlebnisse hier bei all4hunters.com zu veröffentlichen. Wir wünschen Waidmannsheil.


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