Mensch oder Maschine? Waffentests aus der Einschießhilfe oder Schießmaschine - Ransom Rest versus Guntester

Erst bei näherer Betrachtung des Konstrukts fiel ein Schriftzug ins Auge: Heymann Guntester... ? "Da stand doch mal etwas in der VISIER!" Richtig – aber schon vor langer Zeit, und damals ging es lediglich um einen vereinfachten Nachbau (einschließlich Bauanleitung) der ursprünglichen Einschießhilfe. Die Frage, warum sich vor etwa 50 Jahren ein deutscher Ingenieur mit einer universellen Plattform zum Einschießen beschäftigt hat, beantwortet vielleicht der damalige Wechselkurs: Um 1970 mussten rund 3,50 Mark für einen Dollar umgetauscht werden. US-Produkte würden heute, den Euro als Mark hergenommen, etwa das Dreifache kosten. Es waren also schlechte Zeiten für den Import einer Ransom-Rest-Schießmaschine, wie sie seit einigen Jahrzehnten redaktionell und von vielen Schützenvereinen genutzt wird.

Einschießhilfe Bullshooter Pistol Rest.
Eine im Verhältnis zur Schießmaschine günstige Einschießhilfe. Bullshooter Pistol Rest, € 94,90 über Brownells Deutschland.

Die Reaktivierung der aufwendig gefertigten Heymann-Einschießhilfe entfachte ein redaktionell schon länger vieldiskutiertes Thema: Welche Ergebnisse sind sinnvoller – solche aus der Schießmaschine oder diejenigen aus einer Einschießhilfe? Diese Frage lässt sich nicht einfach beantworten. Ergebnisse aus der Schießmaschine sind kaum ohne Weiteres auf den Menschen übertragbar. Dazu das Beispiel einer Großkaliberpistole der (fast) Spitzenklasse: Perfekte Passungen, einwandfreies Reset-Verhalten, tadellose Funktion, aber, der Produkthaftung wegen, ein Auslösewert jenseits von zwei Kilo. Dazu eine Visierung mit gut gemeinten, jedoch für die Scheibe verfehlten Dämmerungsmarken – also in diesem Fall kontrastmindernden weißen Punkten. Als Abrundung optisch ansprechende, jedoch zu glatte oder kleine Griffschalen – das dritte Element, weswegen ein ansonsten guter Schütze die phänomenalen Ergebnisse der Schießmaschine nicht umsetzen kann. Auch die jeweilige Disziplin ist ausschlaggebend. Wer schnelle Serien schießt, wird vielleicht auf einige Millimeter in der Präzision verzichten, wenn sich diese nur mit sehr hart geladenen Patronen realisieren lässt und deswegen ein Treffer auf der Scheibe fehlt.

Störfaktor Mensch: Welche Leistungsparameter wollen wir testen?

Einschießhilfe von Heyman.
Eine Einschießhilfe lässt sich im Gegensatz zur Schießmaschine universell, ohne Adapter, nutzen. Daher passt sogar ein Vorderlader darauf.

Was individuelle Leistungsparameter, ergonomische Mängel und ungeeignete Visierungen umfasst, ist die Einschießhilfe ehrlicher. Sie erlaubt jedoch kaum Aussagen über die Leistungsfähigkeit des Produkts ohne den – diesmal – störenden Menschen. Kurz: Die Schießmaschine ermöglicht eine generelle Aussage zur Qualität der reinen Technik, die Einschießhilfe lässt Aussagen über die jeweilige Waffe in Verbindung mit den Fähigkeiten des Schützen zu. Denn der Mangel immer gleichmäßigen Faustschlusses, also dem Druck am Griffstück, unkontrolliertes Durchziehen des Abzugs und die vergessene Visierkontrolle bis zum Schussauslösen – das alles wirkt sich an der Schießmaschine nicht aus. Ärger mit dem Chef, dem Lebenspartner oder, für Legalwaffenbesitzer wahrscheinlicher, dem Amtsschimmel, schlägt einem Metallklotz nicht auf die Psyche. Selbst mögliche Funktionsstörungen, wie ein zu zaghafter Griff, schwache Munition und eine im oberen Toleranzbereich liegende Verschlussfeder kaschiert die Schießmaschine durch die extrem starke Klemmung des Griffstücks. Die Spannweite vieler Einschießhilfen ermöglicht ein umfassendes Waffenspektrum, anders als die Schießmaschine, da der limitierende Faktor der Klemmbacken entfällt. Nicht nur der Heymann Guntester, auch aktuell auf dem Markt befindliche Einschießhilfen lassen sich durch wenige Handgriffe passend von Taschenpistolen auf Monster-Magnum-Waffen umbauen. Mittels einer auf die durchschnittliche Länge der Anwender zur gegebenen Höhe der Brüstung abgestimmten Holzkiste ist der Unterbau für eine Einschießhilfe im Wesentlichen fertig. Gummikanten aus alten Fahrradschläuchen an den Ecken garantieren einen rutschfesten Stand. Bei 25 Meter Entfernung zum Ziel sorgt eine rund drei Millimeter dicke Gummi- oder Kunststofflippe, jeweils hinten oder vorne untergelegt, für Treffpunktlagen am oberen und unteren Ende der Scheibe. Sie erspart die Höhenverstellung. Fünf bis sechs Gruppen lassen sich durch diese Unterlage ohne großes Nachjustieren auf die Scheibe bringen.

Diagramm des Abzug-Scans einer Bul 1911.
Ein traumhafter Abzugs-Scan einer Bul-1911-6 Zoll. Dieser interessiert jedoch nur den Schützen, nicht die Maschine.

Gut aufgelegt: Robert macht den Schießstand-Test

Griffstück einer Bul Radical-Pistole
Das Griffstück dieser Bul Radical ist aus einem
Guss. Passt es? Für die Maschine ist die Handlage leider kein Faktor.

Im Gegensatz zu manchen recht simpel gestrickten Produkten können am Heymann Guntester mehrere Anlagepunkte genutzt werden, wobei die seitlichen Stabilisatoren nicht unbedingt für Großkaliber taugen – Kleinkaliber- und Wadcutter-Laborierungen aus nicht zu leichten Waffen dürften die Grenze des wiederholgenauen Schießens bilden. Die ausschlaggebenden Faktoren für enge Streukreise auch größerer Kaliber sind jedoch die V-förmigen Laufauflagen mit der als vorderen Anschlag nutzbaren Stufe der Griffauflage. Wir zogen Einfachhheit halber aus einem aktuellen Test eine Großkaliberpistole heraus und prüften, welche Verschiebungen sich zwischen der Einschießhilfe und der Schießmaschine auftun. Die sechszöllige Bul im 1911-Design lieferte aus der Schießmaschine, der Ransom-Rest, einen Streukreis von 47 Millimeter – das reicht für Zehner serienmäßig. Die Handlaborierung basiert auf einem Hornady-XTP-Geschoss, einer Starline-Hülse, einem Federal-Zündhütchen, 6,0 Grains Vihtavuori N320 und einer Gesamtlänge von 30,5 Millimeter. Auch diese Ladedaten wie üblich ohne Gewähr. Aus dem Heymann-Guntester kamen 82 Millimeter zustande – aber links von der vertikalen Mittellinie. Das hätte keine Schießmaschine bemerkt. Ein 35 Millimeter größerer Streukreis mit abgestützter Waffe ist durchaus akzeptabel. Ein Top- Schütze hätte für 82 Millimeter-Streukreise nur ein müdes Lächeln übrig – aus der Hand, versteht sich. Vielleicht würde bei dieser Klientel sogar eine Sportwaffe mit Streukreisen um 50 Millimeter keine Beachtung finden. Die Probe aufs Exempel machte ein Durchschnittsschütze, der eine Neun-Schuss-Gruppe von 127 Millimeter zu Papier brachte. Der bei 145 Millimeter angesiedelte zehnte Treffer wurde als herausgewackelt angekündigt. Viele Schützen wären mit einer solchen Serie absolut zufrieden. Auf einen DSB-Spiegel übertragen liegt alles im Schwarzen, nicht mal eine Sieben ist dabei.

Fazit: Schießmaschine oder Einschießhilfe? Was eignet sich wofür?

Das technische Potential einer Sportwaffe kann nur aus einer Schießmaschine korrekt vermittelt werden, eine Einschießhilfe lässt dagegen Schlüsse zur spezifischen Handlage, Visierung und Abzugscharakteristik zu. Die letzte und wichtigste Abstimmung kann jedoch nur der Schütze selbst vornehmen.


Dieser Artikel erschien zuerst in der VISIER 02/2021. Das komplette Heft können Sie als Print- oder Digitalausgabe im VS Medien-Onlineshop bestellen.