Test: ZEV Technologies O.Z-9 − was kann die erste Komplett-Pistole des GLOCK-Tuners?

ZEV O.Z-9
Die ZEV Technologies O.Z-9 in 9 mm Luger protzt mit bester Topausstattung und überzeugt auf dem Schießstand durch gute Handhabung, Funktion und Schussleistung.

Bei der O.Z-9 handelt es sich um eine ausgewachsene Pistole im Kaliber 9 mm Luger und obgleich eine ganze Reihe Bauteile aus dem hauseigenen, umfangreichen GLOCK-Tuning-Teilesortiment zum Einsatz kommen, handelt es sich dennoch nicht bloß um eine überarbeitete GLOCK. Vielmehr will ZEV Technologies hier etwas Eigenes erschaffen. Eine für Sportschützen wie Bedarfswaffenträger gleichermaßen geeignete, maßgeschneiderte Pistole, welche die Erfahrungen aus unzähligen Jahren des Herstellens von Tuningteilen und des Überarbeitens von Serienwaffen widerspiegeln soll.

Von ihren Abmessungen her entspricht die O.Z-9 weitestgehend der GLOCK 17, doch nimmt man die O.Z-9 das erste Mal in die Hand, erlebt man eine wahrhaftig gewichtige Überraschung. Wiegt eine standardmäßige GLOCK 17 Gen5 gerade einmal 716 g, bringt die O.Z-9 satte 850 g auf die Waage – also fast 20% mehr. Der Grund hierfür ist schnell ausgemacht und begründet zugleich den größten Unterschied zwischen der O.Z-9 und ihrem Urahnen: In Abkehr vom ursprünglichen GLOCK-Design legt ZEV das Griffstück zweiteilig aus und kombiniert hierbei ein stählernes Chassis mit einem wechselbarem Polymergriff.

Chassis und Polymergriff der ZEV O.Z-9
Chassis und Polymergriff der ZEV O.Z-9 werden lediglich über einen Bolzen im vorderen Teil des Abzugsbügels miteinander verbunden.

Bei näherer Betrachtungsweise bietet eine solche zweiteilige Konstruktion gleich eine Reihe von Vorteilen. Allen voran verspricht die Kombination aus dem stählernen Chassis – getreu dem Grundsatz "Masse ist die beste Rückstoßbremse" – und dem die Rückstoßkräfte gut dämpfenden Polymergriff ein angenehmeres Schussverhalten. Darüber hinaus bietet die Trennung des eigentlichen Griffes von dem die Abzugseinrichtung aufnehmenden Waffenteils den charmanten Vorteil, dass der Griff nun nicht mehr als wesentliches Waffenteil (nach deutschem Waffenrecht) beziehungsweise Schusswaffe selbst (US-Waffenrecht) gilt und damit von dem Besitzer ohne größeren Aufwand einfach ausgetauscht oder überarbeitet werden kann. Für den Hersteller bietet eine solche Konstruktion schließlich den Vorteil, dass der Griff mit seiner doch recht aufwendigen Formgebung verhältnismäßig einfach im Spritzgussverfahren aus Polymer hergestellt werden kann, er damit obendrein leichter unterschiedliche Ausführungen realisieren kann und lediglich das stählerne Chassis spanabhebend fertigen muss. Angesichts der weitgreifenden technischen Änderungen, die mit der Chassis-Bauweise einhergehen, würde man also der O.Z-9 sehr unrecht tun, sähe man sie als bloße Tuningvariante einer GLOCK an.

O.Z-9 − die erste Komplettpistole von ZEV im Detail

ZEV O.Z-9 mit Koffer und Zubehör
Die ZEV O.Z-9 wird standesgemäß in einem SKB Hartschalenkoffer mit passgenau ausgeschnittener Schaumstoffeinlage ausgeliefert. Auch das im Lieferumgang enthaltene Zubehör wie 2 Magpul PMags 17 GL9, verschiedene Schlagbolzenfedern oder die Magpul Daka Tasche kann sich sehen lassen.

Wie bereits erwähnt, entspricht die hier vorgestellte O.Z-9 hinsichtlich der Größen-/Längenverhältnisse von Griffstück, Verschluss und Lauf einer GLOCK 17, wobei in den USA bereits weitere Versionen mit längeren Läufen (Enhanced SOCOM) oder Verschlüssen in GLOCK-34-Länge (Pistol Competition) erhältlich sind. Verlässt man sich bei Verschluss und Lauf auf bewährte Produkte aus dem ZEV GLOCK-Tuningsegment, handelt es sich sowohl bei dem Griffstück als auch dem Polymergriff um vollkommene Neuentwicklungen, wobei insbesondere das stählerne Chassis einige interessante Merkmale aufweist. So verlässt man sich bei ZEV nicht auf einen verhältnismäßig simplen, gestanzten Stahlkäfig (mit nach außen gebogenen Verschlussführungen und eingesetztem Verriegelungsblock), sondern arbeitet das über die gesamte Waffenlänge gehende Chassis aus einem 4140-Stahl-Rohling heraus, der anschließend mit einer Kohlenstoffbeschichtung versehen wird. Die gefrästen Verschlussführungen sind hierbei länger und zusätzlich mit Hinterschneidungen versehen, über die Verschmutzungen nach außen abgeführt werden sollen. Zudem wird die mittlerweile an Pistolen schon fast obligatorische Picatinny-Montageschiene direkt in das Chassis gefräst. Der Polymergriff, der in drei Farben (Schwarz, Grau, Sand) erhältlich ist, wird lediglich mit einem einzigen Stahlstift im vorderen Teil des Abzugsbügels mit dem Chassis verbunden. Etwaige Schraubverbindungen oder ähnliches sucht man vergebens. Bei der Griffvorderseite konnte man sich hingen wohl nicht so recht entscheiden, ob man Fingerrillen haben möchte oder nicht. Im oberen Bereich weist die Griffvorderseite nämlich eine dezente Rille auf. Wir für unseren Teil könnten jedenfalls auch gut ohne auskommen, da derartige Fingerrillen in den seltensten Fällen wirklich zur eigenen Hand passen. Ansonsten weiß die übrige Gestaltung des Polymergriffs aber vollends zu überzeugen. Insbesondere die Oberfläche wurde mit einer äußerst griffigen Struktur versehen.

Magazintrichter der ZEV O.Z-9
O.Z-9 Polymerrahmen in Standardgröße. Davor liegt der Pro Plus Magazintrichter, der sich nahtlos an den Polymergriff anschmiegt. Beide werden über einen Bolzen miteinander verbunden.

Nach unten schließt ein abnehmbarer PRO-Plus-Magazintrichter den Griff ab und ermöglicht so blitzschnelle Magazinwechsel. Aber auch bei demontiertem Magazintrichter stellt der Magazinwechsel dank einer umlaufenden, großzügigen Fase am Magazinschachteingang keine große Herausforderung dar. ZEV Technologies spendiert seiner O.Z-9 einen von links auf rechts umsetzbaren, leicht vergrößerten Magazinlösehebel, dessen Oberflächenstruktur nicht nur hübsch anzusehen ist, sondern darüber hinaus auch sehr griffig ist. Im Gegensatz zur angedeuteten Fingerrille an der Griffvorderseite hat es uns hingegen die doppelte Auskehlung am Abzugsbügel besonders angetan. Durch diese kommt sowohl die Schuss- als auch die Nichtschusshand höher am Griff und damit näher zur Laufseelenachse zu liegen, was sich positiv auf die Rückstoßkontrolle auswirkt. Wenig verwunderlich also, dass das nachträgliche Auskehlen von GLOCK-Griffstücken zu einer der beliebtesten Tuningarbeiten zählt. Begleitet wird der doppelt ausgekehlte Abzugsbügel durch einen hochgezogenen und verlängerten Griffsporn.

Abzug der ZEV O.Z-9
Die doppelte Auskehlung des Abzugsbügels ermöglicht ein extrem hohes Greifen der O.Z-9. Selbstverständlich setzt man auch beim Abzugssystem ausschließlich auf Komponenten aus eigenem Haus. Der ZEV Flat Face Pro Abzug gab bei unserer Testwaffe den Schlagbolzen nach Überwinden von durchschnittlich 1.490 g frei.

Ehe wir uns dem Oberteil der O.Z-9 zuwenden wollen, werfen wir noch einen abschließenden Blick auf den Abzug. Selbstredend kommt hier ein Produkt aus dem eigenen Stall in Gestalt des PRO Flat Face Triggers zum Einsatz. Der gerade gehaltene Abzug mit der mittig gelagerten GLOCK-typischen Sicherungszunge löste bei senkrecht stehendem Züngel nach Überwindung von durchschnittlich 1.490 g aus und fiel anschließend nur noch wenig durch. Komplettiert wird das Abzugssystem durch eine hauseigene Abzugsstange nebst leichterer Steuerfeder.

Beim Blick auf den Verschluss fallen einem sofort die zahlreichen ZEV-typischen Fräsungen auf. Neben der markanten Optik tragen sie auch zu einer gesteigerten Funktionalität und einem angenehmeren Schussverhalten bei. Im Vergleich zu einem standardmäßigen GLOCK-17-Verschluss wiegt der Verschluss der O.Z-9 dank dreier Fenster, großzügigen Abschrägungen an den Verschlusskanten sowie taschenförmigen Ausfräsungen fast 50 g weniger, was im ersten Augenblick vielleicht nicht viel erscheinen mag. Da hierdurch aber die im Schuss bewegte Masse reduziert wird, spürt man jedes Gramm und der Hochschlag wird als deutlich weniger ausgeprägt wahrgenommen. Ausgeprägte Durchladerillen tragen ebenfalls zur Gewichtsersparnis bei und sorgen obendrein für den nötigen Halt bei sämtlichen Lade- und Entladetätigkeiten.

Dem Konzept von möglichst geringer bewegter Masse bei hohem, stationärem Gewicht folgend, verfügt die ZEV O.Z-9 ferner über eine stählerne Federführungsstange, die weitere wertvolle Gramm in die Waagschale wirft und für mehr Vorderlastigkeit sorgt.

Match-Lauf und Federführungsstange der ZEV O.Z-9
Der ZEV Technologies Matchlauf der O.Z-9 wurde umlaufend kreisförmig kanelliert und für mehr Vorderlastigkeit sorgt eine Edelstahl-Federführungsstange.

Selbst der ZEV V2-Matchlauf blieb von der Fräsorgie nicht verschont. Neben aufwändigen Fräsungen im Bereich des Patronenlagers wurde der Lauf umlaufend kreisförmig kanneliert. Zu guter Letzt wurde in dem Bereich vor der Kimme direkt eine Aufnahmemöglichkeit für ein Mini Red Dot Sight (MRDS) eingefräst, die bei Nichtgebrauch von einer ebenso aufwändig gestalteten Platte verdeckt wird. ZEV entschied sich hier für den in den USA recht beliebten Trijicon RMR Footprint. Will man seine O.Z-9 hingegen mit der offenen Visierung schießen, wird das Schützenauge von der hervorragenden ZEV Combat V3-Visierung, bestehend aus seitlich driftbarer Kimme und Leuchtkorn, verwöhnt. ZEV macht hier alles richtig, was viele Serienhersteller oftmals falsch machen. Beide Visierelemente weisen reflexmindernde Querriffelungen auf, verfügen über ein tiefschwarzes Oberflächenfinish und sind von den Abmessungen ideal aufeinander abgestimmt. Das Visierbild aus dem Kimmenblatt mit seinem extra tiefen Ausschnitt (3,55x3,68 mm) in Verbindung mit dem 2,90 mm breiten Leuchtkorn schafft nahezu perfekt die Gratwanderung zwischen schneller Zielaufnahme und umsetzbarer Präzision. In ihrer Gesamtheit überzeugte die ZEV O.Z-9 durch eine innen wie außen saubere Verarbeitung und Oberflächenbeschaffenheit. Einzig die Haltbarkeit der von ZEV als DLC (Diamond like Carbon) bezeichneten Oberflächenbeschichtung blieb hinter dem sonst ausgezeichneten Gesamteindruck zurück. Bereits nach wenigen Ziehvorgängen aus einem Kydexholster zeigten sich leider erste Abnutzungsspuren an den Verschlusskanten.

Die technischen Daten der ZEV O.Z-9:

Modell:ZEV Technologies O.Z-9
Preis:2.499,90 Euro
Kaliber:9 mm Luger
Magazinkapazität:17+1
Griffstück:Zweiteiliger Stahl / Polymer-Rahmen
Verschluss:318 g, Stahl
System:modifiziertes Browning-System mit offener Steuerkurve
Lauflänge, Laufprofil, Dralllänge:113 mm, 6x Feld-Zug, 1-254 mm
Kimme:3,55 mm, quergeriffelte und seitlich driftbare ZEV Combat V3 Kimme
Korn:2,90 mm, quergeriffeltes ZEV Lichtfängerkorn
Visierlänge:167,6 mm
Abzugssystem/Widerstand:Striker-Fire Abzugssystem, 1.490 g Durchschnitt
Sicherung:Interne Fallsicherung, Sicherungszunge im Abzugszüngel
Abmessungen (L x B x H):204 x 41 x 140 mm
Gesamtgewicht (inkl. Magazin):850 g
Zubehör:2 Magpul PMAG 17 GL9 Magazine, SKB Hartschalenkoffer, Magpul Daka Zubehörtasche, Federnkit, Bedienungsanleitung, ZEV O.Z-9 Patch
ZEV O.Z-9 mit Holosun HS 507
Die ZEV O.Z-9 verfügt standardmäßig über eine Montageschnittstelle für das Trijicon RMR, die bei Nichtgebrauch mit einer formschönen und ebenfalls aufwändig gefrästen Platte abgedeckt wird.

Mit der ZEV O.Z-9 auf dem Schießstand:

Gespannt, wie sich die adrett daherkommende Pistole im scharfen Schuss schlagen würde, zogen wir mit 6 Fabrikpatronen im Bereich von 115 bis 140 Grains auf den Schießstand. Für die Ermittlung der Schussleistung auf der klassischen 25-Meter-Distanz montierten wir auf der ZEV O.Z-9 ein Holosun HS507C MRDS, das wir anlässlich einer Erprobung gerade zur Hand hatten und glücklicherweise mit der Trijicon Montageschnittstelle kompatibel ist. Der Durchschnitt aller getesteten Fabrikpatronen betrug am Ende 48 mm. Nachdem die O.Z-9 ihr Präzisionspotential damit hinreichend unter Beweis gestellt hatte, demontierten wir das MRDS wieder und schossen über die offene Visierung eine Reihe von Standardübungen. Funktionsstörungen gab es im gesamten Testverlauf mit etwa 600 verfeuerten Patronen nicht zu verzeichnen.

Test-Fazit zur O.Z-9 von ZEV Technologies:

Verschluss der ZEV O.Z-9
Für die Schussleistungsüberprüfung der ZEV O.Z-9 haben wir ein Holosun HS 507 C montiert, das mit dem RMR Footprint kompatibel ist.

ZEV Technologies hat mit ihrem Chassis-System bei der O.Z-9 sicherlich nicht das Rad neu erfunden. Bereits Virgil Tripp und Sandy Strayer sind 1993 so bei ihrem Modular Hi-Cap Frame Kit für die 1911 vorgegangen. Und auch SIG Sauer bedient sich bei ihrer höchst erfolgreichen P320 des Konzepts einer gekapselten Abzugseinheit mitsamt Verschlussführungen, welche in einem leicht zu tauschenden Polymer-Griffmodul sitzt. Doch ZEV Technologies hat es geschafft, die wunderbare Welt der Modularität nun endlich auch für alle GLOCK-Jünger unter uns zu erschließen. Die ZEV O.Z-9 hinterlässt einen positiven Gesamteindruck. Sie besticht durch eine makellose Verarbeitung (mit Abstrichen bei der Haltbarkeit der Oberflächenbeschichtung), eine detailverliebte und dennoch höchst praxistaugliche Ausstattung sowie eine gute Schussleistung. Einziger Wermutstropfen ist der recht hohe Preis von 2.499,90 Euro. Einen exklusiven Geschmack zu haben, war halt schon immer etwas teurer. Last but not least ein Hinweis, der für den einen oder anderen Interessierten vielleicht kaufentscheidend sein könnte: Die O.Z-9 (ohne Magazintrichter) findet sich mittlerweile in der IPSC Production Division Liste und einem Einsatz in der beliebtesten IPSC Division steht damit nichts entgegen.

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