Test: Bushnell Elite Tactical XRS II 4,5-30x50 − was kann das Long-Range-Zielfernrohr aus japanischer Produktion?

Bushnell Elite Tactical XRS II 4,5-30x50
Das Zielfernrohr mit Recknagel ERA-TAC-Montage. Deutlich zu sehen ist, dass das Okular rund 14 cm nach hinten heraus steht. 

Bushnell gehört seit 1948 zu dem weltweit größten Optikproduzenten und das neue Flaggschiff in Gestalt des XRS II ist zugeschnitten auf das Schießen auf große Entfernungen. Es handelt sich um ein im Detail verbessertes Nachfolgemodell des 2013 erstmals vorgestellten XRS-Zielfernrohres. Im Erscheinungsbild ist das kompakte, solide Elite Tactical XRS II 4,5-30x50 mit extrem flachem Höhenturm, Schnelljustierhebel für Vergrößerungswechsel ("Cat Tail") und feststellbarem Dioptrienausgleich sehr gefällig. Es ist in 5 Ausführungen mit verschiedenen Absehen und Oberflächenfinishs in den Farbtönen Schwarz, Mattschwarz, Metallgrau und erdbraunem Flat Dark Earth (FDE) lieferbar. Unser Testexemplar ist die Ausführung ET46305GZA mit G3-Absehen in FDE.

Üppiger Höhenjustierumfang des Elite Tactical XRS II:

Höhenverstellturm Bushnell Elite Tactical XRS II 4,5-30x50
Der Turm der Höheneinstellung ist flach gehalten und schafft trotzdem eine Gesamthöhenverstellung von fast 330 cm.

Für viele Schützen in unseren Breitengraden sind 300 m schon die Distanz, wo die große Entfernung beginnt. Andere wiederum schmunzeln bei diesen Gedanken und verspüren erst eine Herausforderung, wenn es weit über die 1.000-m-Grenze hinausgeht. Wenn wir uns der klassischen Entfernung von 1.000 Yards/914 m und dem populären Standardkaliber .308 Winchester zuwenden, dann benötigt die Höheneinstellung des Zielfernrohrs je nach Geschoss und Geschossgeschwindigkeit schon zirka 100 Klicks (1 cm/100 m), damit man das Ziel auf 914 m Entfernung treffen kann, wenn auf 100 m eingeschossen wurde. Nun gibt es andere Kaliber, die auf langen Distanzen weniger Geschossabfall aufweisen, aber auch Extreme-Long-Range-Wettkämpfe. Alles in allem ist eine große Höhenverstellung kein Luxus für ein Long-Range-Zielfernrohr und die 280 Klicks (1 cm/100 m), die das legendäre Schmidt & Bender PM II 2-25x56 vor vielen Jahren schon bot, werden durch dieses XRS II noch mit 46 zusätzlichen Klicks (gemessen bei unserem Testexemplar) überboten.

Linientreues Absehen − hat Bushnell dieses Qualitätsmerkmal?

Was alle Qualitätszielfernrohre kennzeichnen müsste, das ist die senkrechte Linientreue, wenn der Höhenturm des Zielfernrohrs hochgedreht wird. Wenn der Schütze dafür Sorge trägt, dass das Zielfernrohr waagerecht montiert ist und eine Libelle verwendet wird, sodass auch während des Schusses alles gerade bleibt, dann möchte er auch, dass das Absehen des Zielfernrohrs in der Höhe senkrecht verstellt wird und nicht irgendeine gebogene Linie beschreibt. Das XRS II ist absolut linientreu, da passiert nichts.

Absehen des Bushnell Elite Tactical XRS II 4,5-30x50 auf 100 m bei 30x Vergrößerung
Absehen auf 100 m bei 30x Vergrößerung: Die Rasterlinien der Scheibe (links) sind gut erkennbar, obwohl das Foto wegen der Vermeidung von Mirage um 07:00 Uhr morgens bei leichtem Dunst aufgenommen wurde. Das Sehfeld betrug lediglich 120 cm und nicht 133 cm, wie es die Anleitung verspricht.
Absehen des Bushnell Elite Tactical XRS II 4,5-30x50 auf 100 m bei 20x Vergrößerung
Absehen auf 100 m bei 20x Vergrößerung: das Sehfeld beträgt nun 180 cm. Der schwarze Balken auf der Scheibe ist 50 cm lang und 49 mm breit. Die Maße der Markierung stimmen exakt.

Kann die Bildqualität des Bushnell Elite Tactical XRS II überzeugen?

Der Mond durch das Bushnell Elite Tactical XRS II 4,5-30x50 betrachtet.
Bei 20x Vergrößerung beträgt das Sehfeld 180 cm und die feinen Markierungen sind auch sichtbar. Der Zwischenraum der Striche beträgt 0,1 MIL = 1 cm auf 100 Meter Entfernung. Im Zentrum beträgt die Stärke der Fäden 3 mm auf 100 Meter Entfernung.

Die Optik des Zielfernrohres für den weiten Schuss sollte eine Vergrößerung haben, die sich um den 25x Vergrößerungsfaktor bewegt. Ein Zoom ist wichtig, weil vorher nie festgelegt werden kann, bei welcher Wetterlage und in welchem Terrain man schießt. Sind die Bedingungen ideal, dann ist eine 35x Vergrößerung willkommen. Meistens ist jedoch eine 20- oder 25-fache Vergrößerung ausreichend. Geringste Sonneneinwirkung bringt zum Beispiel auf dem Feld deftige Mirage, die zwar hilfreich ist, um den Wind zu bestimmen, aber auch dafür sorgt, dass die optische Leistung plötzlich nicht mehr reicht, um das Ziel scharf zu sehen. Unter solchen Bedingungen verzichtet man dann gerne auf die maximale Vergrößerung. Die 30x Vergrößerung des Bushnell XRS II ist somit absolut ausreichend. Erstaunt waren wir von der Helligkeit der Optik. Bestimmt heller als unser 12 Jahre altes Schmidt & Bender PM II in 5-25x56 und auch ein Tick heller als das Zeiss V8 4.8-35x60 – und das mit einem Objektivdurchmesser von 50 mm. Nun hören wir es schon munkeln: "Wo mehr rein geht, muss auch mehr herauskommen!" Ja, das stimmt grundsätzlich, aber man vergisst, dass die Transmission durch die Anzahl der Linsen, die Stärke der Linsen und die verwendeten Vergütungen bestimmt wird. Wir haben schon oft gesehen, dass zum Beispiel bestimmte Leupold-Gläser an die Transmissionswerte der Zeiss HT oder S&B Polar Zielfernrohre herankommen, auch wenn der Objektivdurchmesser etwas kleiner ist. Natürlich gibt es noch andere Faktoren, aber das XRS II mit HD (High Definition)-Glas ist wirklich toll. Hinsichtlich der Auflösung ist das Zeiss V8 vielleicht einen Tick besser, aber der Unterschied ist extrem gering. Die Japaner können schon Zielfernrohre bauen.

Das Absehen des XRS II von Bushnell und die Bildebene:

Das in der ersten Bildebene montierte Absehen liegt wieder voll im Trend. Pro und Contra werden wir hier nicht ausgiebig diskutieren, aber ein großer Vorteil der ersten Bildebene ist die Tatsache, dass die Messdaten der Strichplatte bei allen Vergrößerungen gleich bleiben. Bushnell bietet das H59- und Tremor 3-Absehen von Horus Vision sowie ein beleuchtetes und unbeleuchtetes G3-Absehen an, wobei letzteres in unserem Testexemplar montiert war. Die G3-Strichplatte hat überwiegend Markierungen mit 5 cm Zwischenraum. Im Zentrum sind die Linien 3 mm stark, danach 6 mm. Die kleinen Markierungen (1 cm hoch) sind auf der waagerechten Linie auf 12,5 und 15 cm positioniert. Die feinen Strichmarkierungen mit 1 cm Zwischenraum sind nicht mehr sichtbar, wenn sich die Vergrößerung der 25x Marke nähert.

Durchdachte Justiermechaniken am Bushnell-ZF:

Seiteneinstellung des Bushnell Elite Tactical XRS II 4,5-30x50
Zur Seiteneinstellung wird der Drehknopf gezogen und damit entriegelt. 100 Klicks nach links und rechts stehen zur Verfügung.

Was sofort auffällt, wenn man das knapp 37 cm lange Zielfernrohr in die Hand nimmt, ist das Gewicht. Wird die im Lieferumfang enthaltene Sonnenblende dazu addiert, sind es 1.112 g. Ganz schön schwer für ein kompaktes Glas mit 34 mm Mittelrohrdurchmesser und 50 mm Objektivdurchmesser. Da kann nur gefolgert werden, dass dieses Zielfernrohr sehr solide konstruiert und demnach auch schweren Belastungen gewachsen ist. Auch die sauber markierten Justierringe und -türme mit stramm arbeitenden Verstellungsmechaniken vermitteln diesen Eindruck. Zoom und Parallaxenausgleich funktionieren prima, nicht schlapp, aber spielfrei und geschmeidig ohne schwergängig zu sein. Ohne bewusste Verstellung ändert sich nichts ungewollt an den gewählten Einstellungen. Der Seitenjustierturm kann 360 Grad in beide Richtungen verstellt werden. Das sind 100 Klicks links und rechts, also eine Gesamtverstellung in der waagerechten Ebene von 200 Klicks je 0,1 MIL. Bestimmt mehr als notwendig. Zur Verstellung wird der Drehturm herausgezogen. Wenn der Drehturm zurückgeschoben wird, ist die Verstellung verriegelt. Die Seitenverstellung kann auch genullt werden, indem die Schraube mit einer Münze herausgedreht wird. Der Drehturm für die Höheneinstellung ist nicht verriegelt, aber nullbar und weist einen Null-Stopp auf. Zur Einstellung wird auch hier die Schraube herausgedreht. Die Höhe der Schräubchen ist so gewählt, dass sie nach der ersten Umdrehung des Turms (hoch = links drehen) nicht mehr im Weg stehen. Durch die höhere Einstellung ist der Turm herausgedreht und das Schräubchen der Anschlagscheibe dreht an dem Schräubchen des Körpers vorbei. So können je nach Montage (Vorneigung 20 MAO) etwa 2 volle Umdrehungen – also 200 Klicks – hochgedreht werden. Reicht dieser Wert nicht aus, dann kann eine andere Montage in Erwägung gezogen werden oder es wird kein Stopp eingestellt. Dann werden die Madenschräubchen gelöst und es gibt den vollen Höhenjustierumfang von fast 33 MIL = 330 cm/100 Meter.

Parallaxe und Dioptrien am Elite Tactical XRS II:

Dioptrienausgleich des Bushnell Elite Tactical XRS II 4,5-30x50
Nachdem der Dioptrienausgleich eingestellt ist, kann man den Arretierungsring nach rechts drehen und die Verriegelung herstellen.

Der Parallaxenausgleich hat eine Mindesteinstellung von 75 Yards/69 m. Während des Zielens auf verschiedenen Entfernungen konnten wir beobachten, dass die Verstellung sehr präzise eine Änderung der Parallaxe und der Schärfe bewirkt. Wird zum Beispiel bei der Parallaxeneinstellung von 75 Yards mit 10x Vergrößerung auf 50 m gezielt und man bewegt das Auge aus der Seelenachse hin und her, dann bewegt sich auch das Fadenkreuz im Ziel. Wird der gleiche Test auf einer Entfernung von 70 m absolviert, dann bleibt das Fadenkreuz stabil auf dem Ziel. Auch bei anderen Entfernungen funktioniert der Parallaxenausgleich tadellos. Schade, dass die Naheinstellung bei 75 Yards/69 m liegt. Denn es ist durchaus vorstellbar, dass je nach Einsatz ein Ziel auf kürzerer Distanz anvisiert werden muss. Bemerkenswert ist die Dioptrieneinstellung konstruiert. Obwohl es nicht in den technischen Daten vermerkt ist, dürfte die Einstellung von +2 bis -3 Dioptrien reichen. Wie jede Einstellung an diesem Zielfernrohr läuft die Einstellung bei ausreichendem Widerstand dennoch geschmeidig. Ist die richtige Einstellung gefunden, dann wird die Schnellverstellung mittels eines Arretierungsringes fixiert. Dazu wird der Ring nach rechts gedreht und klemmt das Okular, ähnlich einer Spannzange. Dadurch steht das Okular fest, was der Präzision zu Gute kommt.

Überblick: Technische Daten des Bushnell Tactical Elite XRS II:

Modell:Bushnell Elite Tactical XRS II 4,5-30x50
Preis:2.099,- Euro
Länge:368 mm
Gewicht:1.071 g
Mittelrohrdurchmesser:34 mm
Länge Okular:110 mm ± 2mm (Keine Angabe des Herstellers, eigene Messung)
Außendurchmesser Okular:46 mm (Keine Angabe des Herstellers, eigene Messung)
Außendurchmesser Objektiv:60 mm (Keine Angabe des Herstellers, eigene Messung)
Vergrößerung:4,5-30x
Objektivdurchmesser:50 mm
Sehfeld (100 m):8 - 1,33 m
Austrittspupille:12,5 - 2 mm (Keine Angabe des Herstellers, eigene Messung)
Dioptrien-Justierbereich:-3 bis +2 (Keine Angabe des Herstellers, Einschätzung)
Augenabstand:95 mm
Parallaxenausgleich:69 - ∞ m
Verstellung pro Klick (100 m):1 cm/0,1 MIL
Justierbereich Höhe (100 m):330 cm
Justierbereich Breite (100 m):330 cm
Absehen:G3
Absehenbeleuchtung:nein
Absehen Bildebene:1

Bushnell Elite Tactical XRS II − unser Test-Urteil:

Objektiv des Bushnell Elite Tactical XRS II 4,5-30x50
Das 50-mm-Objektiv wird durch eine neue, hydrophobe Schicht namens "Exo Barrier Protection" geschützt: Regen perlt ab, Schmutz haftet nicht.

Das Bushnell Tactical Elite XRS II ist ein durchdachtes, schnörkelloses Zielfernrohr ohne überflüssige technische Spielereien für den Long-Range-Einsatz. Kompakt und robust, wird es mit den hervorragenden optischen Leistungen, dem passenden Vergrößerungsbereich und dem gigantischen Höhenjustiergesamtumfang allen Anforderungen in diesem Metier gerecht. Auch das G3-Absehen enttäuscht nicht. Gibt es denn keine Schwachpunkte? Ein Parallaxenausgleich, der schon auf kürzeren Entfernungen funktioniert, wäre eventuell wünschenswert. Obwohl wir uns nicht vorstellen können, dass die Höheneinstellung unbeabsichtigt verstellt werden könnte, wäre hier eine Verriegelung eine Option. Weniger gut finden wir die Länge des Okulargehäuses. Die Montage muss dann schon weit nach vorne montiert werden, sonst kann es ein Problem mit dem Augenabstand geben. Doch angesichts des Preises von nur 2.099,- Euro ist dieses Zielfernrohr uneingeschränkt empfehlenswert. Mehr noch, betrachtet man die Preise der Konkurrenz mit gleichem Leistungsniveau, dann ist das Bushnell Elite Tactical XRS II 4,5-30x50 unserer Meinung nach unschlagbar gut!


Mehr zum Long-Range-Zielfernrohr Elite Tactical XRS II erfahren Sie auf der Homepage von Bushnell.

Was müssen Sie alles bei der Auswahl eines Long-Range-Zielferohres beachten? Kaufberatung: Zielfernrohre für das Long-Range-Schießen

Interessiert Sie die Waffe, auf der wir das Bushnell Elite Tactical XRS II montiert hatten? Hier finden Sie den Test der Rössler Titan 3 Target.