EU-Kommission legt Vorschlag zur Beschränkung von Blei in Munition für Sportschützen und Jäger vor

Die Pläne, seitens der EU-Kommission regulatorisch in die Verwendung von Blei in Munition für die Jagd und letztendlich auch für den Schießsport einzugreifen, beschäftigen uns hier auf all4shooters.com respektive auf all4hunters.com bereits seit 2017. Damals kamen die ersten konkreten Bestrebungen seitens der EU-Kommission auf, die Verwendung von bleihaltiger Munition massiv einzuschränken. 

2019 erhielt die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) den Auftrag zur Ausarbeitung eines Vorschlages für ein Bleiverbot.

Am 16. Juli 2019 forderte die EU-Kommission die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) dann schriftlich dazu auf „einen Vorschlag für ein Verbot des Verkaufs und der Verwendung von Bleimunition (Schrot und Projektile)" auszuarbeiten. Dabei ging es übrigens auch um das Verbot von „Angelblei“. Wir haben seinerzeit hier auf all4shooters darüber berichtet.

Erste Auswirkungen des seitens der EU-Kommission vorangetriebenen Bleiverbots betrafen die Jäger. Diese dürfen seit in Krafttreten der Verordnung 2021/57 der Kommission zur Änderung des Anhangs XVII der REACH-Verordnung in Bezug auf Blei in Schusswaffen in oder um Feuchtgebiete am 15. Februar 2021, nach Ablauf der Übergangsfrist, also defacto seit dem 15. Februar 2023 im gesamten europäischen Wirtschaftsraum keinen Bleischrot in sogenannten Wetlands mehr mit sich führen.

Im März 2023 gab die ECHA die von ihren wissenschaftlichen Ausschüssen für sozioökonomische Analyse (SEAC) und Risikobewertung (RAC) erarbeiteten technischen Empfehlungen an den REACH-Ausschuss (Ausschuss für Risikobewertung der EU) weiter, damit dieser mit Ausarbeitung der Gesetzesvorlage zur Beschränkung der Verwendung und des Inverkehrbringens von bleihaltiger Munition bei "Aktivitäten im Freien" (Outdoor-Shooting) beginnen konnte. Aus diesen Empfehlungen geht klar hervor, dass solche Beschränkungen aufgrund der durch Blei bedingten Risiken für die menschliche Gesundheit und die Umwelt gerechtfertigt seien. Diese Aussage findet sich nun auch in dem erstmals im REACH-Ausschuss durch die EU-Kommission öffentlich gemachten Gesetzesentwurf wieder.

Bleiverbots-Entwurf der EU-Kommission sieht zahlreiche Ausnahmen für Sportmunition für Kurzwaffen und Büchsen vor

Für bleihaltige Kurzwaffen- und Büchsenmunition, die ausschließlich auf Schießständen verschossen wird, gibt es im Bleiverbots-Entwurf auch nach Ablauf der Übergangsfrist eine Ausnahmeregelung.

Allerdings sieht der Entwurf nun auch einige aus Schützensicht positive Ausnahmeregelungen vor. So soll es möglich sein, innerhalb einer fünfjährigen Übergangsfrist bleihaltige Kurzwaffen- oder Büchsengeschosse weiterhin so zu benutzen wie bisher. Nach Ablauf der Frist ist der Einsatz von bleihaltiger Kugelmunition dann allerdings an die Örtlichkeit eines Schießstandes gebunden, wobei die früher von der ECHA geforderten aufwendigen, baulichen Maßnahmen für Outdoor-Schießstände nun offenbar nicht mehr gefordert werden. 

Vorderladerschützen werden vom Bleiverbot nicht betroffen sein, für sie soll eine Ausnahmeregelung gelten.

Auch für den Bereich von sogenannten Brauchtums- oder Traditionsschießen sollen weiterhin uneingeschränkt mit bleihaltiger Munition durchgeführt werden dürfen. In diesen Zusammen erwähnt der Entwurf sogar explizit das „Vogelschießen“ bei Schützenfesten. Auch Vorderlader-Schützen brauchen sich keine Gedanken zu machen: Hier zeigt sich der Entwurf nachsichtig und berücksichtigt, dass es hier keine alternativen Materialen gibt, weil solche Vorderladerwaffen – Originale wie auch Repliken – nicht für die Verwendung von moderneren, alternativen Geschossmaterialien konzipiert wurden und durch diese beschädigt würden.

EU-Gesetzesentwurf zum Bleiverbot bringt dunkle Zeiten für Wurfscheibenschützen und Jäger mit sich

Tritt der Bleiverbotsvorschlag der EU-Kommission in Kraft, kommen auf die Betreiber von Wurfscheibenschießständen harte Zeiten zu. Viele Vereine werden die hohen Kosten für die erforderlichen Umbauten und die regelmäßige "Rückgewinnung" des Bleis nicht stemmen können.

Bei bleihaltiger Schrot-Munition sieht es dagegen für alle die auf sportliche oder jagdliche Schießstände angewiesen sind relativ düster aus: Nach einer zunächst fünf Jahre währenden Übergangsfrist soll dann eine auf weitere 10 Jahre befristete Ausnahmeregelung für die Verwendung von Bleischrot geben. Die Ausnahmeregelung greift allerdings nur dann, wenn auf einem entsprechend zugelassenen Schießstand, der bestimmte bauliche Maßnahmen (Mauern, Wälle, Bermen, Netze) zur Vermeidung des Eintrags von Blei in die Umwelt einhält und bei offenen Schießständen das Blei in regelmäßigen Intervallen von 3 Jahren unter Beachtung von Meldepflichten wieder „zurückgewonnen“ wird. Außerdem sieht der Entwurf eine Evaluierung der Ausnahmeregelung nach Ablauf der 10 Jahresfrist vor.

Außerhalb von Schießständen, sprich im jagdlichen Einsatz, sollen bleihaltige Schrote und Flintenlaufgeschosse nach einer Übergangsfrist von 3 Jahren einem kompletten Verbot unterliegen. Für Büchsengeschosse im Kaliber über 5,6 mm mit Blei darin soll ein solches Verbot dann bereits nach einer Übergangsfrist von 18 Monaten gelten. Bleihaltige Büchsengeschosse unter 5,6 mm Durchmesser dürften, dann nach Inkrafttreten der EU-Verordnung noch weiter 10 Jahre genutzt werden, bevor auch sie unter das Verbot fallen. Komplett ausgenommen werden sollen hier lediglich Luftgewehrkugeln aus Blei, unter anderem weil ihr Anteil bei der Jagdmunition relativ gering sei

Das sagen die großen Jagd - und Schießsportverbände zur Bleiverbotsvorlage der EU-Kommission

Der Deutsche Schützenbund (DSB) bewertet zunächst positiv: „… dass es mit dem vorliegenden Gesetzesvorschlag aus deutscher Sicht zu keinen Einschränkungen für die weitere Verwendung bleihaltiger Kugel-Munition für das Sportschießen kommen wird!“ Dagegen verurteilt der DSB die Einschränkungen im Bereich der Schrot-Munition als „nicht verhältnismäßig und praktisch schlichtweg nicht umsetzbar“.

Der Deutsche Jagdverband (DJV) betrachtet das geplante Bleischrotverbot mit einer Übergangsfrist von drei Jahren kritisch und betont, „dass die Übergangsfrist deutlich zu kurz bemessen ist“.

Zudem sieht der DJV insbesondere auf die Betreiber der rund 350 Wurfscheibenschießstände in Deutschland eine besondere Härte zukommen. Nach Schätzungen des Bundesverbandes Schießstätten seien für die Umrüstung jeder einzelnen Anlage Investitionen zwischen ein und zwei Millionen Euro erforderlich. Es geht hier also um insgesamt bis zu 700 Millionen Euro, die die meist gemeinnützigen Vereine, die als Betreiber der Schießstätten fungieren keinesfalls alleine aufbringen können noch sollten. Der DJV sieht hier vielmehr auch die öffentliche Hand in der Pflicht, da die Jäger im Rahmen der Jagd auch Aufgaben im öffentlichen Interesse wahrnehmen. Hierzu sei das regelmäßige Übungsschießen unerlässlich. Zu den besagten Aufgaben zählen unter anderem die Bejagung von Raubwild und invasiven Arten, die Bejagung von Schwarzwild insbesondere auch zur Eindämmung der Afrikanischen Schweinepest, aber auch das sogenannte Schalenwildmanagement als Begleitelement beim Übergang zu klimaresilienten Wäldern.


So geht’s weiter: Bevor der Entwurf in Kraft treten kann, muss er noch eine Abstimmung im REACH-Ausschuss und die Prüfung durch das Europäische Parlament und den Rat der EU durchlaufen. Wir halten Sie weiter auf dem Laufenden.

Hier finden Sie den vollständigen Vorschlag der EU-Kommission für den Durchführungsrechtsakt zur Beschränkung von Blei in Munition und Angelgerätschaften.

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