Die Erfolgspistole P320 von SIG Sauer: Jetzt erhältlich in den Ausführungen XCarry Spectre und AXG Pro, beide in 9 mm Luger. Was ist neu, was anders? Mit zwei Videos!

Seit ihrer Markteinführung hat sich die P320 für SIG Sauer als wahrer Glücksgriff erwiesen. Die von Tag Eins an ungebrochene Nachfrage im behördlichen Bereich lassen sie mit Fug und Recht als legitimen Nachfolger der legendären P226 erscheinen und die Wahl als neue Dienstpistole der amerikanischen Streitkräfte hat sein Übriges dazu beigetragen. Doch im Gegensatz zu so manchem Konkurrenten ruht man sich bei SIG Sauer keinesfalls auf diesen Lorbeeren aus oder begnügt sich hier und da mit unbedeutenden Detailverbesserungen. Vielmehr wird der Ausbau der modularen Waffenplattform unaufhörlich vorangetrieben, wobei man neben allerlei Varianten für das verdeckte Tragen ebenfalls dezidierte Sportvarianten findet wie die bereits vorgestellte P320 X-Five oder das durch sein Polyamid-Wolfram-Griffstück besonders interessante Legion Modell  (Testbericht bei all4shooters.com siehe hier).

Rechte Seiten im Vergleich
Hier die rechten Seiten der beiden Testpistolen, vorn die SIG Sauer P320 AXG Pro, darüber die am goldfarbenen Abzug erkennbare SIG Sauer P320 XCarry Spectre

Jüngst hat SIG Sauer mit dem „Custom Works“- Programm in den USA sogar die Möglichkeit geschaffen, sich seine P320 oder den subkompakten Ableger P365 ganz nach Belieben maßschneidern zu lassen. Im sogenannten „Studio“ kann man seine Wunschwaffe virtuell entstehen lassen und die einzelnen Komponenten wie Griffstück, Verschluss oder Lauf munter untereinander kombinieren. Daneben bietet SIG Custom Works aber auch vorkonfigurierte Sondermodelle an, die auf den ersten Blick durch eine entsprechende Lasergravur auszumachen sind. Und als wenn das noch nicht genug der Neuerungen wäre, ist man den mit dem Verbundwerkstoff des Legion-Griffmoduls eingeschlagenen Weg konsequent zu Ende gegangen und offeriert nun ein vollständig aus Aluminium gefertigtes Griffmodul für die P320 namens AXG (Alloy XSeries Grip).

Bei der P320 XCarry Spectre handelt es sich um eines der limitierten Sondermodelle von SIG Custom_Works, und die zweite Testwaffe in Gestalt der P320 AXG Pro stellt die erste Full-Size-Modellvariante auf Basis des Metallgriffstücks AXG mit langem 4,7“/119-mm-Lauf dar. Bislang umfasste die AXG-Serie nämlich nur Modelle mit dem kürzeren 3,9“/99-mm-Lauf.

Die SIG Sauer P320 XCarry Spectre im Detail

SIG Sauer P320 XCarry Spectre
Die namensgebenden x-förmigen Spectre-Fräsungen sorgen beim Custom Works Sondermodell für eine geringere Verschlussmasse und geben den Blick auf den TiN-beschichteten Lauf frei.

Schon beim Öffnen des grauen Hartschalenkoffers wird klar, dass man es hier nicht mit einer gewöhnlichen P320 zu tun hat. Denn durch die diversen markanten Ausfräsungen im Verschluss blitzt der dank einer TiN-Beschichtung goldene Lauf hervor, unterhalb des Patronenauswurffensters prangt stolz der Custom Works Schriftzug und statt des üblichen schwarzen Abzuges verfügt die P320 XCarry Spectre über das von der P320 X5 Legion bekannte skelettierte Züngel mit gerader Front, das ebenfalls durch eine goldene Hartstoffbeschichtung hervorsticht. SIG Sauer hat dieses Sondermodell primär für das verdeckte Tragen konzipiert und dementsprechend ein XSeries Carry Polymergriffstück mit einem Verschluss in Compactlänge kombiniert.

Stippling am Griff
Das Polymergriffstück der SIG Sauer P320 XCarry Spectre wurde zur Erhöhung der Griffigkeit mit einem Laser zur LXG-Struktur gestippelt.

Leider ist hier die Nomenklatur bei SIG Sauer etwas irreführend. Bei dem Carry Griffmodul handelt es sich nämlich nicht um ein solches mit einer reduzierten Grifflänge. Schade eigentlich, da gerade die Griffstücklänge bei verdeckt getragenen Waffen kritisch hinsichtlich des „Printings“ (also des Abzeichnens der Waffe unter der Kleidung) ist. Stattdessen handelt es sich bei der Carry-Variante um einen Full-Size-Griff, bei dem lediglich die Federführungsrinne („Dust Cover) gekürzt wurde, damit kompaktere Verschlüsse bündig abschließen. Als erste wirkliche Besonderheit hat man dem Polymergriffstück an allen vier Seiten mittels Laser eine neue, deutlich griffigere Oberflächenstruktur spendiert. Bei SIG Sauer hören derart behandelte Griffmodule auf den Namen LXG und die Oberfläche ist mit einem groben „Stippling“, was üblicherweise mit einem Lötkolben eingebracht wird, zu vergleichen. Vorteil der Lasergravur ist das deutlich gleichmäßigere Finish.

Bei der SIG Sauer P320-Serie dreht sich alles um die herausnehmbare Abzugsgruppe (Fire Control Unit; FCU). Hier die FCU des XCarrry Spectre Sondermodells mit dem skelettierten Abzug der Legion-Ausführung mit auffälliger TiN-Beschichtung.

Im Inneren des Griffstücks verrichtet interessanterweise eine herkömmliche Fire Control Unit und nicht etwa die exklusive Custom Works P320 FCU ihre Arbeit. Zu unterscheiden sind die beiden auf den ersten Blick anhand der TiN-Beschichtung bei letzterer Abzugseinheit. Zwar verfügt unsere Testwaffe über den passenden skelettierten Abzug mit TiN-Beschichtung, jedoch wurde die normale FCU aus blankem Edelstahl verbaut. Der Verschluss wurde im vorderen Bereich aufwändig mit diversen Taschen und Fenstern ausgefräst. Blickt man von oben auf den Verschluss ergeben sie ein „X“. Neben der reinen Optik verringern die Fräsungen geringfügig die Verschlussmasse, wodurch wiederum die Mündung im Schuss weniger ausgelenkt wird. Im hinteren Teil wurde ferner direkt eine Schnittstelle für ein Leuchtpunktvisier integriert, die bei Nichtgebrauch mit einer exakt den Verschlusskonturen folgenden Abdeckplatte verschlossen wird.

Zum Glück sind die Zeiten vorbei, in denen man Käufer einer Optics Ready SIG Sauer Pistole zum Erwerb des hauseigenen Romeo1 Leuchtpunktvisiers zwang, indem man den Optic Cut nur hierauf auslegte. Man hatte hier bei SIG Sauer ein Einsehen und änderte aus Kompatibilitätsgründen nicht nur den Footprint des Romeo1 MRDS, sondern mit Einführung des PRO-Cut-Verschlusses obendrein auch die Optikschnittstelle, sodass nun neben den eigenen Romeo1Pro und Romeo2 MRDS ebenfalls das Leupold Deltapoint Pro beziehungsweise das Trijicon RMS/SRO Leuchtpunktvisier direkt montiert werden kann. Erfreulicherweise wurde der Kimmeneinschub darüber hinaus hinter den Optic Cut gesetzt, sodass bei Verwendung eines Leuchtpunktvisiers eine offene Visierung als Rückfallebene vorhanden bleiben kann. Ab Werk wird die SIG Sauer XCarry mit einer starren Visierung in Standardhöhe und herkömmlichen Dämmerungsmarken ausgeliefert. Der 3,9“/99-mm-Standardlauf mit 14 mm Durchmesser wurde durch eine TiN-Beschichtung optisch aufgewertet.

Alle Informationen, zusätzliche Fotos und Daten, auch zu den verwendeten Zielgeräten, dazu alle Schießergebnisse und weitere Infos rund um die Testwaffen finden Sie nur in der gedruckten Ausgabe caliber 9/2022, die Sie hier direkt kaufen können.

Die SIG Sauer P320 AXG Pro im Detail

SIG Sauer P320 AXG Pro
Der Verschluss der SIG Sauer P320 AXG Pro wurde aufwändig mit diversen Fenstern und Taschen ausgefräst, mit einem unverwechselbaren Erscheinungsbild.
Demontierte SIG Sauer AXG Pro
Die SIG Sauer P320 AXG Pro demontiert. Sie basiert auf dem Aluminium-Griffstück, dazu wurden Hogue G10-Griffschalen und --rücken angebracht.

Auch wenn es sich bei der AXG Pro streng genommen um ein Standard- und nicht etwa ein Custom Works-Sondermodell handelt, kann man ihren Auftritt vor allem aufgrund des massiv skelettierten Verschlusses nur als „laut“ beschreiben. Die Flanken und die Oberseite des Verschlusses sind von großen Fenstern durchbrochen, wobei die seitlichen Fenster die Linienführung des Verschlusses ästhetisch gelungen aufgreifen und sich zur Mündung hin vergrößern. Zusätzlich reduzieren diverse taschenförmige Ausfräsungen im Bereich der Durchladerillen sowie der Verschlussoberseite weiter die Verschlussmasse. Und selbst die Mündungsbrille wurde aufwändig ausgefräst. Im Schlitten sitzt der standardmäßige 4,7“/120-mm-Lauf mit einem Durchmesser von 14 mm. Der Verschluss ist für die Optikmontage vorbereitet und bietet die Möglichkeit bei aufgesetztem MRDS eine mechanische Backup-Visierung zu nutzen. Fällt der skelettierte PRO-Verschluss sofort ins Auge, muss man für das eigentliche Highlight in Gestalt des brandneuen AXG-Metallgriffmoduls schon zwei Mal hinsehen oder die Pistole in die Hand nehmen. Statt des warmen Polymers erwartet kaltes Metall die Schützenhand. Das AXG (Alloy XSeries Grip)-Griffmodul wird aus Aluminium fertigt und anschließend schwarz harteloxiert. Für den nötigen Halt im Schuss sorgt ein sauberes Checkering an der Griffstückvorderseite sowie griffige G10-Griffschalen mitsamt des passenden Griffrückens (beides von Hogue). Abgerundet wird die Ausstattung des AXG-Griffmoduls durch einen hoch ausgekehlten Abzugsbügel, ein ergonomisch ausgestaltetes Beavertail, einen umsetzbaren Magazinlösehebel, einen abnehmbaren Magazintrichter und die obligatorische M1913-Zubehörschiene am Dust Cover.

SIG Sauer P320 AXG Leichtmetall-Griffmodul: Ein Checkering an der Front sorgt zusammen mit G-10-Griffschalen für den nötigen Halt. Für schnellere Magazinwechsel hilft der optionale Magazintrichter.

Apropos Dust Cover: Dieses ist in der Carry-Länge ausgeführt. Der verwendete Full-Size-Verschluss ragt also über das Ende des Griffstücks hinaus. Vom Griffumfang gibt SIG Sauer den AXG mit der Größe Medium an. Wobei wir finden, dass man ihn nur schwerlich mit den bisherigen Polymergriffen vergleichen kann. Während das ursprüngliche Polymergriffmodul sehr rund ausgestaltet ist, weisen die XSeries Griffe aufgrund ihrer flachen Seitenflächen ein deutlich eckigeres Griffgefühl auf.

Das AXGModul hingegen greift sich schon fast wie eine klassische P226 oder vielleicht noch eher wie eine P226 X-Series. Gewichtstechnisch darf man durch die Materialwahl kein Wunder erwarten. Im Vergleich zu einem XSeries Carry-Polymergriffmodul bringt das AXG-Griffstück gerade einmal 77 Gramm mehr auf die Waage.

Die SIG Sauer P320 AXG Pro und XCarry Spectre beim Praxistest auf dem Schießstand – sehr gute Präzision mit GECO Munition

Schießtest
Mit der XCarry Spectre und AXG Pro schossen wir diverse Drills. Vor allem das rundum gelungene AXG Griffmodul hinterließ hierbei einen bleibenden Eindruck.
Mit Erscheinen des neuen Romeo 1 Pro MRDS
wurde auch der Ausschnitt im Verschluss bei
diversen Modellen geändert. Dieser nimmt nun
neben den SIG Sauer Romeo 1-Pro- und Romeo 2-Leuchtpunktvisieren (im Bild) auch das Leupold Deltapoint Pro sowie Trijicon RMR/SRO auf.

Um die Schussleistung überprüfen zu können, wählten wir vier Fabrikpatronen und drei Handladungen im Gewichtsbereich von 124 bis 154 Grains aus. Beide Pistolen wurden mit den Pro Minileuchtpunktvisieren geschossen, immer zwei 5-Schuss-Streukreise sitzend aufgelegt vom Sandsack auf 25 Meter. Den Auftakt machte die P320 XCarry Spectre, die mit der GECO 124 Grains Hexagon mit 53 mm am besten zurechtkam. Dicht dahinter folgte auf Platz 2 die GECO 154 Grains Unterschallpatrone mit 57 mm (die ausführlichen Schießergebnisse stehen in der gedruckten caliber-Ausgabe 9/2022).

Im Anschluss musste die längere AXG Pro zeigen, was in ihr steckt. Hier setzte sich ebenfalls die GECO 124 Grains Hexagon mit 46 mm an die Spitze der Tabelle. Hätte sich die erste von Hand in das Patronenlager repetierte Patrone nicht von der Kerngruppe abgesetzt, wäre hier noch mehr drin gewesen. Neben der reinen Schussleistungsüberprüfung folgten noch diverse dynamische Standardübungen, um den Waffen weiter auf den Zahn zu fühlen. Vorrangig wurden dabei Schussfolgen von 5 und mehr Schuss auf unterschiedlich große Ziele in wechselnden Entfernungen geschossen, um so das Rückstoßverhalten beider Waffen und vor allen Dingen die Auswirkungen der gewichtsoptimierten Verschlüsse sowie des neuen AXG-Metallgriffstücks besser beurteilen zu können. Aber auch einer Fallplatten-Anlage rückten wir ausgiebig zu Leibe, so dass unser Vorrat an Testmunition nur so dahinschmolz. Insgesamt wurden mit beiden Pistolen etwa 600 Schuss wiedergeladene und Fabrikmunition ohne Funktionsstörungen abgegeben.

Technische Daten: SIG Sauer P320 XCarry Spectre und AXG Pro

Modell:
SIG Sauer P320 XCarry SpectreSIG Sauer P320 AXG Pro
Preis:
1.879 Euro
2.049 Euro
Kaliber:
9 mm Luger
9 mm Luger
Magazinkapazität:
17 Patronen
17 Patronen
Griffstück:
Polyamid XCompact, Griffmodul mit LXG-Lasergravur
Carry AXG aus Aluminium mit Hogue G10-Griffschalen/-rücken
Verschluss:Stahl mit Nitron-DLC-Beschichtung
Stahl mit Nitron DLC-Beschichtung
Lauflänge:
99 mm mit TiN-Beschichtung
119 mm mit TiN-Beschichtung
Kimme:
3,7 mm, starr, mit weißen, nicht nachleuchtenden Punkten
3,7 mm, starr, mit weißen, nicht nachleuchtenden Punkten
Korn:
3,5 mm mit weißer Punkteinlage
3,5 mm mit weißer Punkteinlage
Visierlinie:
147 mm
168 mm
Sicherung:
abzugsgesteuerte Schlagbolzensicherung
abzugsgesteuerte Schlagbolzensicherung
Abzug:
Single-Action, Mittelwert 2.176 Gramm (aus 5 Messungen)
Single-Action, Mittelwert 2.630 Gramm
Gewicht mit Magazin:
765 Gramm
1.003 Gramm
Maße (L x B x H):
188 x 36 x 140 mm
208 x 40 x 140 mm
Extras:
Hartschalenkoffer, 2 Reservemagazine, Waffenschloss, Custom Works Coin
Hartschalenkoffer, 2 Reservemagazine, Waffenschloss

Das Fazit von all4shooters.com nach dem Doppel-Test der neuen SIG Sauer P320 Modelle AXG Pro und XCarry Spectre: 

Beide Waffen im Vergleich
LEGO für Erwachsene: Ein Vorteil der P320 Plattform ist ihre unglaubliche Modularität und der stetig wachsende Zubehörmarkt. Keine andere Schlagbolzenschlosspistole am Markt dürfte so wandlungsfähig sein.

Die AXG Pro stellt durch das Metallgriffstück mit seiner einzigartigen Haptik eine willkommene Bereicherung der P320-Familie dar, und durch den aufwändig ausgefrästen Verschluss ist sie auch optisch ein echter Hingucker. Doch am Markt tritt sie damit in unmittelbare Konkurrenz zu den Walther Steel-Frame-Modellen und hier dürfte es die SIG angesichts des Preises von 2.049 Euro wahrscheinlich nicht ganz leicht haben. Nichtsdestotrotz hat uns die erste Vollmetall Full-Size P320 sehr gut gefallen. 
Das Schießen mit ihr macht einfach nur Spaß. Das ergonomisch äußerst gelungen gestaltete Aluminiumgriffstück in Kombination mit dem „Biss“ der G10-Griffelemente sorgen für eine herausragende Schusskontrolle und Handhabung.

Kommen wir schließlich zur XCarry Spectre, die SIG Sauer vollmundig als „Ultimate Concealed Carry Weapon“ bezeichnet. Für uns angesichts der restriktiven gesetzlichen Regelungen rund um das Führen von Schusswaffen hierzulande sicherlich etwas zu viel des USA-typischen Marketings. Zumal die Exklusivität des Custom Works-Sondermodells bezahlt werden will. Hier werden 1.879 Euro fällig. Unterm Strich ist die P320 XCarry Spectre jedenfalls eine adrette Erscheinung, die sich durch ihren skelettierten Optics-Ready-Verschluss, den TiN beschichteten Teilen sowie dem Laserstippling von der breiten Masse der kompakten Polymerpistolen abhebt.


SIG Sauer Pistolen werden in Deutschland von GSG (German Sport Guns) vertrieben. Beide Modelle sind im Fachhandel sofort verfügbar.

VIDEOS: Die SIG Sauer-Pistolen P320 AXG Pro (linkes Video) und XCarry Spectre (rechts) beim ersten Check auf dem Schießstand

Diesen Artikel gibt es auch in dieser Sprache: