Alles über Red-Dot-Zielgeräte für Action-Disziplinen mit Kurzwaffen: Optik-Hersteller, passende Waffen, Tipps ...

Glock
Bei GLOCK erhalten alle Pistolen für MRDS den Namenszusatz „M.O.S.“. Die Adapterplatten gehören zum Lieferumfang.

Die Vorzüge von Rotpunkt-Visierungen gegenüber Kimme und Korn sind klar: Der Leuchtpunkt lässt sich (außer im absoluten Nahbereich) schneller und genauer aufs Ziel bringen als das Korn perfekt im Kimmenausschnitt zu zentrieren. Und gerade ältere Semester genießen den Vorteil, mit dem Auge nur zwei Objekte in Übereinstimmung zu bringen, nämlich den Leuchtpunkt und das Ziel. Nachlassende Sehkraft und schneller ermüdende Augenmuskulatur machen den Versuch immer schwerer, drei unterschiedlich weit entfernte Punkte möglichst gleichzeitig scharf zu sehen: Kimme, Korn und Ziel. Also nichts als Vorteile für die Winzlinge unter den Red Dots?

MRDS - Mini Red Dot Sights: Leicht, hoch belastbar, teuer?

Walther PPQ
Walther fertigt MRDS-taugliche Pistolen in Stahl und Polymer, je nach Bedarf mit abnehmbarer Kimmenplatte oder wie hier bei der Q5 Match mit Standardkimme.

Damit der Verschluss der Waffe nicht unnötig beschwert wird und der Leuchtpunkt möglichst niedrig über dem Handrücken liegt, müssen die MRDS zwangsläufig extrem kompakt und leicht konzipiert werden. Trotz Miniformat fordern Mechanik und Elektronik ein extrem widerstandsfähiges Design. Denn eine Selbstladepistole überträgt den Rückstoß durch den vor- und zurückschnellenden Schlitten ungleich härter auf die Optik, als dies bei einer Büchse oder Flinte der Fall wäre, wo das MRDS ja relativ friedlich auf dem starren Systemgehäuse oder dem Lauf ruht. Wenn man sich bei der Kaufentscheidung an den üblichen Verdächtigen orientiert, die im Bereich MRDS international Aufträge von Polizei und Militär erhalten haben, sind schnell 500 Euro und mehr für eines der kleinen Reflexvisiere fällig. Dann wäre da noch das Problem der Höhe der Visierlinie über der Hand – niedriger ist im Zweifelsfall besser. Dies gibt den Herstellern und Entwicklern aber nochmals weniger Raum, um Elektronik und Mechanik in einem möglichst flachen Gehäuse unterzubringen. Zudem sollte man als Schütze bevorzugt zu einem Red Dot greifen, bei dem sich die Batterie über ein von außen zugängliches Fach auswechseln lässt. So spart man sich das erneute Einschießen, da man für den Tausch der Stromquelle die Visierung nicht von der Waffe trennen muss.

Mit komplett geschlossenen Gehäusen wie beim Acro C-2 zielt man bei Aimpoint eher auf den behördlichen Markt.

Befestigung + Montage von Rotpunktvisieren

Befestigt werden MRDS üblicherweise mittels einer Adapterplatte. Diese passt an ihrer Unterseite genau in die Aussparung des jeweiligen Pistolenmodells und bietet oben ein Gegenlager zur Unterseite des Reflexvisiers. Letztere sind aber nicht alle baugleich, bei diesem sogenannten Footprint gibt es relevante Unterschiede, wobei sich die meisten Optik-Unternehmen an einer Handvoll dieser Fußabdrücke orientieren. Zu den gängigsten Footprints zählen die Befestigungsmethoden und Maße von Noblex (vormals Docter), Trijicon RMR, Shield und C-More. Aimpoint hat gleich zwei Fußabdrücke, „Micro“ und „Acro“. 

Bitte achten Sie darauf: Die Adapterplatten sind je nach Pistolenhersteller nicht ganz billig und müssen oft einzeln passend zum individuellen Reflexvisier nachgekauft werden. Waffenhersteller wie GLOCK fügen ihren M.O.S.-Pistolen gleich ab Werk ein ganzes Paket an unterschiedlichen Adapterplatten bei. Nur bei extrem kleinen Pistolen legen sich manche Marken auf einen einzigen Fußabdruck fest, der Verschluss wird dann genau in dieser Form ausgefräst. Das bringt in der Gesamthöhe nochmals wertvolle Millimeter, weil man sich so das Einlegen einer Adapterplatte spart. Aber dann passen halt auch nur noch MRDS mit genau diesem Footprint auf diese Waffe. Für den Schießstand lohnt sich diese Form der ultraniedrigen Befestigung eher weniger, denn man beraubt sich zu vieler Optionen bei der Wahl des MRDS.

Aufmacher
Die HS Produkt Pistole trägt ein RMR von Trijicon. Das RMR ist relativ massiv und teuer – und bei den Spezialeinheiten der US-Streitkräfte im Einsatz. Munition: GECO 
Walther PPQ Detail
Zum Justieren eines Red-Dots dient oft eine solche Drehscheibe mit Hinweisen sowie ein Sechskantschlüssel.

Da die Idee der Verbindung von miniaturisierten Reflexvisieren auf dem Schlitten einer Pistole eher aus dem Bereich des Combat-Schießens kommt, befindet sich dort auch die größte Auswahl an Pistolenmodellen, die ab Werk für ein Red Dot vorbereitet sind. Das merkt man insbesondere bei Waffen mit Polymer-Griffstück: Kaum ein mittelgroßer Waffenhersteller, der heute nicht zumindest ein Modell im Sortiment hat, das sich mit einem MRDS aufrüsten lässt. Die Blue Chips unter den Pistolenschmieden von B wie Beretta bis W wie Walther haben ausnahmslos alle solche Selbstlader mit Kunststoff-Chassis und Optik-Aufnahme im Verschluss im Repertoire. Oft genug zieht sich das heute sogar von der ausgewachsenen Dienstpistole bis hinunter zu den Subkompakten. Und man muss sich bei den Polymer-Pistolen als Sportschütze auch nicht mehr mit einer schlichten Behördenversion bescheiden, die sich eigentlich allein durch den für Adapterplatten oben ausgefrästen Schlitten und eine höhere Version für Kimme und Korn von einem schlichten Basismodell unterscheidet.

S&W
Smith & Wesson war der erste Pistolenhersteller, der eine Baureihe für MRDS auflegte, die Serie C.O.R.E., hier mit IPSC-Visier von Noblex.

Sportlich ambitionierter bestückte Polymerpistolen-Modelle gibt es von namhaften Herstellern wie Heckler & Koch, SIG Sauer und Walther, aber manchmal auch bei weniger bekannten Marken wie etwa Canik. Viele 1911er Produzenten zieren sich in dieser Richtung noch etwas. Aber Marken wie Kimber und Nighthawk bieten solcherart ausgestattete Government-Ableger serienmäßig an und bei Herstellern wie Ed Brown gibt es bereits passend ausgefräste Schlitten als Büchsenmacher-Bedarf für Custom Guns. Prinzipiell lassen sich Government-Schlitten sowieso relativ gut nachträglich vom Büchsenmacher passend für ein MRDS ausfräsen, der Verschluss bietet dafür ausreichend viel Fleisch. Ein billiges Vergnügen ist das dann allerdings nicht mehr.

Bis vor zwei, drei Jahren war für MRDS eine offene Bauweise marktüblich: Eine Linse vorn, die Leuchtdiode im hinteren Bereich der Optik positioniert, dazwischen "frische Luft". Dieses Konzept sorgt für viel Überblick trotz kleinster Abmessungen und hält natürlich auch das Gewicht niedrig. Unter extrem rauen Bedingungen hat die offene Konstruktion aber auch ihre Nachteile, Schutz vor Fall und Stößen, Regen, Matsch und Schnee, so etwas steckt ein komplett geschlossenes Reflexvisier besser weg. Die schwedischen Reflexvisier-Spezialisten von Aimpoint wissen den Weg und lancierten mit dem Acro ein kleines, quaderförmiges, komplett geschlossenes Modell, dass sich vor allem für den Einsatz bei Militär und Behörden empfehlen sollte. Und auch die Konkurrenz schläft nicht: Ein ähnlich kleines, komplett geschlossenes Reflexvisier liefert Holosun mit dem HE509T. Aus sportlicher Sicht genügt normalerweise ein konventionell designtes MRDS mit offenem Gehäuse. Aber wer auch bei jedem Wind und Wetter schießt, für den lohnt sich ein Blick auf die robusten kleinen, komplett geschlossenen Klötzchen.

Brauchen Sie zusätzlich weitere Visierungen oder Hilfsmittel?

Für eine Sportwaffe störend, für eine
Combat-Pistole obligatorisch: die
extrahohe Kimme für Co-Witness auf der HS Produkt. So kann man beide Zielhilfen nutzen.
Phoenix
Die Redback Carry Shield des Schweizer Herstellers Phoenix zeichnet das kompakte Red Dots der englischen Firma Shield Sights aus.

Beim Reflexvisier verhält es sich anders als bei Kimme und Korn. Letztere hat man immer im Blickfeld, auch wenn man sehr schnell in den Anschlag geht und selbst wenn das Visierbild unter Umständen zunächst bescheiden aussieht und nachkorrigiert werden muss. Bei einer Pistole mit Rotpunktvisier kann es dagegen bei einem unglücklichen Anschlagen der Kurzwaffe schon passieren, dass man zwar durch die Linse blickt, aber keinen Punkt sieht. Dann fängt man an, nach dem Absehen zu suchen, im schlimmsten Fall horizontal und vertikal in alle Himmelsrichtungen. Womit bestückt man also den Verschluss am besten? Die Pistolenhersteller beschreiten hier zwei Wege. Bei Verteidigungswaffen muss der Rotpunkt unter allen Bedingungen und noch so ungewöhnlichen Schießpositionen sofort sichtbar sein – immer, nicht meistens. Dafür braucht es dann Kimme und Korn als Hilfsmittel. Bei einem solches "Co-Witness"-System führt die mechanische Visierung das Auge zum leuchtenden Punkt. Außerdem können sie nicht ausfallen. Egal, ob der Punkt nun leuchtet oder nicht, Kimme und Korn ergeben im Notfall immer ein Visierbild, solange man noch durch die Linse des Reflexvisiers schauen kann. Der Nachteil: Man schleppt Kimme und Korn stets als Störfaktor im Visierbild mit sich herum, auch wenn das Auge den Leuchtpunkt sofort findet. Und im rein sportlichen Bereich nimmt man mit etwas Übung den Punkt sofort auf, gleichgültig, ob man eher statischen Disziplinen zugeneigt ist oder Wettbewerbe bevorzugt, bei denen man mit geholsterter Waffe startet. Deshalb verzichten die meisten Pistolenhersteller bei eher sportlich orientierten Modellen zumindest auf die Kimme. Hinten thront dann allein das MRDS auf dem Verschluss und je nach dessen Bauhöhe erscheint ein Korn in Standardhöhe erst gar nicht im Visierbild: So halten es etwa CZ bei der Shadow 2 OR, Tanfoglio bei der Stock II Optic oder Sphinx in Form der Redback Carry Shield.

Dieser gekürzte Text erschien, zusammen mit Tabellen und technischen Daten, im VISIER Special 102 "Kurzwaffen sportlich" – Sie können dieses Heft im VS Medien-Shop kaufen.

Inhaltsangabe des VS 102

Leseprobe aus diesem VISIER Special

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