Die optimale Kurzwaffe für den Fangschuss

Das in früheren Jahrzehnten übliche Abfangen mit der Blankwaffe findet man in der jagdlichen Praxis heute nur noch in speziellen Ausnahmesituationen. Das Antragen des Fangschusses mit der Büchse ist im dichten Unterholz schwierig und umständlich, sodass sich längst Pistole oder Revolver als die beste Alternative herauskristallisiert haben, zumal sie auch für den Jagdschutz sinnvoll sind. 

Das deutsche Waffengesetz trägt diesen Fakten Rechnung und gesteht dem Jagdscheininhaber grundsätzlich zwei Kurzwaffen zu, wobei man an eine Fangschusswaffe sowie eine kleinkalibrige Waffe für die Bau- und Fallenjagd gedacht hat. Gemäß § 19 Bundesjagdgesetz muss die zum Fangschuss verwendete Munition eine Mündungsenergie von mindestens 200 Joule aufweisen. Betrachtet man die ballistischen Tabellen der Munitionshersteller so wäre die schwächste Fangschusspatrone die 7,65 mm Browning. GECO gibt für seine 7,65 mm Browning mit Vollmantelgeschoss eine Anfangsenergie von 214 Joule an. Bedenkt man jedoch, dass dieser Wert für einen 150 mm langen Messlauf gilt, so wird einem klar, dass aus der einst populären Walther PPK die Grenze von 200 Joule unterschritten wird. 

Im Hinblick auf eine waidgerechte Jagdausübung sollte daher bei den Pistolenkalibern die 9 mm Luger und bei den Revolverpatronen die .38 Special in den stärksten Laborierungen die Untergrenze sein, wenn man an den Fangschuss auf unser heimisches Wild denkt. Bei starken Sauen und Rotwild sollte man schon auf leistungsstärkere Patronen setzen. Zu denken ist hier primär an die Revolverpatronen .357 Magnum, .41 Magnum und .44 Magnum. Insbesondere die Hundeführer sollten bei der Nachsuche auf stärkeres Wild eine möglichst leistungsstarke Patrone favorisieren.  Nun sind die ballistischen Daten die eine Seite und die zielballistische Wirkung der verwendeten Geschosse die andere Seite der Problemstellung.

Seit mit der Waffengesetznovellierung von 2003 Hohlspitzgeschosse auf Kurzwaffenpatronen wieder gestattet sind, stehen auch dem deutschen Jäger die denkbar besten Lösungen zur Verfügung. Man muss sich jedoch informieren, bei welcher Geschossgeschwindigkeit diese Geschosskonstruktionen sicher ansprechen. Da bei den Fangschusswaffen wegen des Tragekomforts meist kurzläufige Modelle gewählt werden, sollte man sich hier sachkundig machen. Der Büchsenmacher ist da als Ansprechpartner gefragt. Die Munitionshersteller tragen diesen Fakten mit speziellen Laborierungen für kurzläufige Waffen vermehrt Rechnung. Schließlich sind die besten Defensivpatronen in aller Regel auch gute Fangschusspatronen. 

Im Gespräch mit dem Kunden bemerkt man bei den meisten Jägern einen starken Beratungsbedarf, wenn es um die Anschaffung der richtigen Fangschusswaffe geht. Schließlich sind Pistole und Revolver nicht gerade das Hauptbetätigungsfeld des Jägers. Wie immer bei der Fachberatung ist vorweg abzuklären, wo das Haupteinsatzgebiet der anzuschaffenden Waffe liegt. Im Regelfall sind universelle Lösungen zu bevorzugen. Wer starkes Schwarz- und Rotwild im Revier hat, braucht zwangsläufig eine leistungsstärkere Patrone als derjenige Jäger, der primär ein typisches Rehwildrevier betreut. 

Bei der Auswahl der Kurzwaffe kommt dem Waffengewicht und den Waffenabmessungen eine besonders bedeutsame Rolle zu. Schließlich muss man die Kurzwaffe zusätzlich zu all den anderen Ausrüstungsgegenständen durchs Revier schleppen. 

In der Praxis sieht das dann so aus: Steht man vor dem starken Keiler und soll den Fangschuss abgeben, so wünscht man sich einen Revolver in .44 Magnum mit langem Lauf. Tragen möchte man eine solche Handkanone von mehr als einem Kilogramm Waffengewicht dagegen nicht einen langen Jagdtag, da würde man sich eine Taschenwaffe unterhalb der 500-Gramm-Grenze wünschen. Gefragt ist also der praxisgerechte Kompromiss. Durch den Einsatz von Alu-Legierungen, Scandium und Titanium sowie Polymer-Kunststoffen geht man seit vielen Jahren dem Gewichtsproblem an den Kragen.

Wo Licht ist, ist jedoch auch Schatten. Die Leichtgewichte haben durchaus ihre Probleme. Da ist primär der durch das Waffengewicht unmittelbar betroffene Rückstoß. So gibt mancher Revolverbauer für seine Superleichtgewichte an, dass man bestimmte Geschossgewichte bei voller Ladung nicht verschießen soll, da sich durch die Rückstoßkräfte unter Umständen die Geschosse aus den Hülsen ziehen und so die Trommel blockieren können. Bei den modernen Pistolen, die weitgehend nach den Pflichtenheften für Dienstwaffen entwickelt wurden, gewinnt man vor allem durch die Polymer-Griffstücke auf der Gewichtsseite. In jedem Fall spürt man bei den leichten Waffen den Rückstoß stärker als bei schwereren Modellen.

Die nächste Baustelle heißt Waffenabmessungen. Lauflänge und Magazin- beziehungsweise Trommelkapazität sind hier ausschlaggebende Größen. Da eine Fangschuss-Kurzwaffe im Regelfall nicht für ausgiebige Feuergefechte ausgelegt sein muss, kann man mit fünfschüssigen Revolvertrommeln und einreihigen Pistolenmagazinen gut auskommen. Auch die Griffstücke lassen sind in kompakter Bauweise halten, schließlich gibt man mit einer solchen Waffe keine langen Schuss-Serien ab und benötigt dazu keine perfekt angepassten Griffe, wie sie beim Sportschießen üblich sind.  

Kritisch wird dagegen die Sache mit der Lauflänge, da hier durch extrem kurze Läufe eine beträchtliche Menge der ballistischen Leistung verloren geht. Eine vernünftige Untergrenze liegt erfahrungsgemäß bei 3 Zoll langen Läufen. Wer bei den Revolvern noch auf ein weiteres Zoll verzichten will, sollte da zu leistungsstarken Magnumpatronen greifen, um noch ausreichend zielballistische Wirkung zu erreichen. In Kauf nehmen muss man mit den kurzen Läufen zwangsläufig ein beachtliches Mündungsfeuer.  Die einfache Handhabung ist ein weiterer wichtiger Gesichtspunkt. 

Da Jäger erfahrungsgemäß mit der Kurzwaffe nicht viel üben, sollte diese möglichst wenig Fehler bei der Bedienung zulassen. Manuelle Sicherungen sind da ein überflüssiges Teil, mit dem man gerne Handhabungsfehler produziert. Bei den üblichen DA-Revolvern lässt sich in der Praxis nicht viel falsch machen, was der Grund dafür ist, dass man in früheren Jahren dem Jäger hauptsächlich zum Revolver riet. Die von der Waffenfunktion unabhängige Munitionsstärke ist da ein weiterer Pluspunkt.  Die Pistolen haben jedoch auf diesem Feld in den letzten Jahren beachtlich an positiven Faktoren gewonnen. Ursächlich dafür sind die Anforderungen an moderne Dienstpistolen. Auch bei Polizei und Militär legt man längst großen Wert auf eine buchstäblich narrensichere Bedienung. Das Ziel der Waffenkonstrukteure musste es aufgrund der polizeilichen Forderungen also sein, den gleichmäßigen Abzugswiderstand vom ersten bis zum letzten Schuss mit höchster Sicherheit zu verbinden. 

Die optimale Kurzwaffe für den Fangschuss
GLOCK Modell 41 in .45 ACP
Die optimale Kurzwaffe für den Fangschuss
WALTHER PPQ in 9 mm Luger mit 5 Zoll langem Lauf.

Zu den Pionieren auf diesem Gebiet gehört eindeutig Gaston GLOCK, der zu Beginn der 1980er Jahre seine Pistole mit dem sogenannten "Safe Action"-System präsentierte. Heute erfüllen zahlreiche Hersteller diese Anforderungen und setzten dabei teilweise auf der GLOCK vergleichbare Lösungen. Die meisten Hersteller bieten neben teilvorgespannten Systemen auch weiterhin Optionen in DA- und DAO-Version an. So feiert WALTHER mit der Baureihe 99 große Erfolge, wobei sich immer mehr die Version 99Q bei den Behörden durchsetzt. Während die GLOCK und die WALTHER 99 auf ein Schlagbolzenschloss setzen, verwendet HECKLER & KOCH für seine P 30-Serie einen Schlaghammer. 

Die amerikanischen Waffenbauer, wie beispielsweise SMITH & WESSON, mischen in diesem Marktsegment kräftig mit und auch bei SIG-SAUER ist man auf der Höhe der Zeit. Auch bei RUGER finden sich längst Versionen mit teilvorgespanntem Schlosssystem.

Die optimale Kurzwaffe für den Fangschuss
RUGER DA-Revolver SP 101 in .357 Magnum.

Als Resümee ist festzuhalten, dass den Pistolen mit teilvorgespanntem Schloss bei den Dienstwaffen wohl die Zukunft gehören wird. Diese Vorteile sind nahtlos auf die Fangschusswaffen zu übertragen. Es bleibt bei den Pistolen jedoch die Munitionsabhängigkeit. Bei diesem Gesichtspunkt gewinnen eindeutig die Revolver. So stellen die auf kleinem Rahmen aufgebauten Modelle von RUGER, SMITH & WESSON und TAURUS in .357 Magnum eine sichere Lösung dar. Man hat bei diesen Taschenrevolvern eine leistungsstarke Patrone und paart dies außerdem mit praxisgerechten Waffenabmessungen. 

Wer nicht gerade um jedes Gramm an Waffengewicht kämpft, ist - nach Auffassung des Autors - immer noch mit der Ganzstahlwaffe bestens aufgestellt. Die Favoriten sind eindeutig SMITH & WESSON Modell 60, RUGER SP 101 und TAURUS 605.