Beretta APX A1 - Test der weiterentwickelten Version der beliebten Polymerpistole in 9 mm Luger

Beretta APX A1 im zerlegtem Zustand
Beretta APX A1: Das Zerlegebild offenbart die ungewöhnlich lange Führung des Verschlusses durch das Abzugsgehäuse. Dieses ist auch ein wesentliches Waffenteil.

Das auffälligste an der "Neuen" zuerst: A1 kann auch synonym für OR, also Optics  Ready stehen. Eine recht lange Freifläche von 50,5  mm Länge bietet auch für große Rotpunktvisiere ausreichend Platz. Beim zweiten Blick fallen die nun schrägen statt geraden Greifrillen am Verschluss auf. Danach, mit nun geschärftem Blick für kleine Unterschiede, werden weitere Detail- oder auch Designänderungen klar. So der nun mit prominenten "Höckern" versehene Abzugsbügel. Dieser ist im Gegensatz zum glatten Vorgängerprofil an der Außenseite der Vorderkante, zum Griffstück hin gerillt. Ausgerillt hat es sich hingegen am Schließfedergehäuse, dort sitzen nun je zwei, zur Textur der Griffschalen passende, kleine Parallelogramme. Überlegt jetzt jemand, was so etwas Griffiges an dieser Stelle zu suchen hat? Ganz einfach: Weil es vom Design her besser passt. Und weil gutes Design meist aus Italien kommt. Eher praktische Gründe hat der Wegfall der Fingerrillen an der Vorderseite des Griffstücks. Mögen diese auch den meisten Fingern beim Umfassen des Griffs eine bessere Kontrolle beim Kraftschluss ermöglichen, manche Dick- oder Dünnfinger greifen unkommod auf statt zwischen den Erhebungen. Das nun eben durchgehende Vorderteil ist jedoch mit einer sehr rauen Textur versehen, welche die umfassenden Finger wie festgeklebt fixiert, ohne sie in unbequeme Konturen zu zwingen  −  bene! Was hingegen gar nicht auffällt: Die neue Beschichtung des Verschlusses, schwarz wie die Nacht und Aquatech-Shield genannt. Die soll im Gegensatz zu herkömmlichen Beschichtungen oder Brünierungen eine bessere Korrosions- und Chemikalienbeständigkeit aufweisen. Auch nicht sichtbar, sondern nur haptisch auffallend, ist der im Vergleich zum Vorgängermodell definierter auslösende Abzug. Geblieben ist die typische Sperrklinke im Abzugszüngel. Sowohl optisch als auch haptisch signalisiert die Auszieherkralle, ob eine Patrone im Lager steckt. Haptisch, da dann die Kante der Kralle etwas heraussteht, optisch, weil deren Oberseite rot gefärbt "Gefahr" signalisiert.

Beretta APX A1 in 9 mm Luger - die Technikfeatures im Detail

Griffstücke der Beretta APX A1
Beretta APX A1: Nach dem Herausziehen der Blechlasche aus dem Griffstück kann der Griffrücken abgezogen und gegen einen besserpassenden Rücken getauscht werden.

Die Kimme, deren mündungsseitiges Ende rechtwinklig zur Verschlussoberfläche steht, erlaubt im Notfall auch das einhändige Durchladen an einer hinreichend stabilen Kante. Sowohl die Kimme wie auch das Korn sind im Schwalbenschwanz seitlich driftbar. Der Linkshänder erfreut sich nach Umstecken des Magazinauslösers an einer für seine Zwecke nun komplett linkshandtauglichen Pistole. Denn eine manuelle Sicherung hat sie nicht, und der hinten gefangene Verschluss wird über einen doppelseitig bedienbaren Hebel aus seiner Rast entlassen. Lediglich der Zerlegehebel ist nur einseitig, in Schussrichtung links angebracht. Die APX  A1 wird wie ihre Vorgängerin verblüffend einfach und schnell zerlegt: An der entspannten Waffe wird nur das Magazin entnommen, dann die rechts etwas herausstehende Achse des Zerlegehebels fest eingedrückt, der Hebel geschwenkt, und dann kann der Verschluss vom Griffstück gezogen werden. Zwei Griffe weiter sind Lauf und Schließfeder entnommen. An Zubehör finden sich neben der obligatorischen Bürste und einem Kabelschloss ein Ersatzmagazin und eine Ladehilfe. Die ist jedoch eher für die dünnfingrigen Nutzer interessant, denn besonders hoch kam den Testern der Kraftaufwand beim Laden der siebzehnten Patrone nicht vor. Erfreulich gering ist auch der Aufwand, einen passenden Griffrücken anzubringen. Dazu muss lediglich mit einem kleineren Schraubendreher die kleine Blechlasche der Haltespange am hinteren Ende des Magazinschachtes hervorgehebelt und die Spange dann herausgezogen werden. Am Griffrücken des Typs "L" findet sich noch ein den Sporn des Griffstücks ausfütternder Auslauf.

Fünf Adapterplatten für die Optik auf der neuen Beretta APX A1

Beretta APX A1 mit Adapterplatten und Red Dots
Das Aimpoint Acro 2-C (rechts) hat das schmutzunempfindlich geschlossene "Containerdesign". Das Burris Fastfire  III (links) kann durch die umschließende, zweilinsige Schutzhülle (ganz links) zu einem werden.

Doch zuvor muss erst die Abdeckplatte (Senkkopfschraube M3,5 x 6) vom Verschluss. Der dazu nötige 2-mm-Inbusschlüssel war nicht das Problem, das zu "zernudelten" Schrauben führte. Diese waren, warum auch immer, mit Sicherungslack fixiert. Das Mittel der Wahl, um die Abdeckplatte zu entfernen, ist ein Lötstift, um die Schrauben zu erhitzen, oder der Gang zum Büchsenmacher. Gut, dass der Importeur zwei Pistolen geliefert hatte. Aktuell gibt es fünf Adapterplatten für Rotpunktvisiere: Das Aimpoint Acro C-2, das Burris Fast Fire  III, welches sich die Schnittstelle, bis auf unterschiedliche Schrauben, mit dem Rotpunktvisier von Docter teilt. Das C-More  STS, das Leupold Delta  Point und das RMR von Trijicon vervollständigen das Sextett. Eine Platte für Nummer Sieben, das Steiner  MPS, war zur Drucklegung noch nicht verfügbar, wird aber in absehbarer Zeit lieferbar sein.

Test: Auf dem Schießstand mit der Beretta APX A1 in 9 mm Luger

Kimme und Korn der Beretta APX A1
Das Korn von der Beretta APX A1 trägt einen Punkt, dass ist ausreichend für eine schnelle Zielerfassung. Die Kimme lässt sich seitlich driften. 

Dort ging es erst einmal aus der Hand zur Sache. Der weit ausladende Sporn, in Verbindung mit dem passenden Griffrücken, wirkte dem Steigen der Mündung fühlbar entgegen. Keine der verschiedenen Geschossformen verursachte Zuführstörungen, auch das Entsorgen der Hülsen funktionierte reibungslos. Jedoch, die Hülsen der allerdings relativ schwach laborierten Critical  Defence quälten sich eher aus dem Auswurffenster, als dass sie herausflogen. Bewusst etwas schlapp am Griff gehalten, ließen sich hier Störungen reproduzieren. Nun schon das Aber: Auf dem Verschluss der Testwaffe thronte ein 60  Gramm schweres Rotpunktvisier, das Aimpoint Acro C-2. Dies sind rund 30  Gramm mehr Gewicht, als offene Rotpunktvisiere wie das Burris Fastfire  III auf die Waage bringen. Und warum die Quälerei? Kurz gesagt, weil geschlossene Rotpunktvisiere für manche Anwendungsprofile die bessere Wahl sind. Stellen Sie sich eine jagdliche Situation vor, in der Sie auf die Kurzwaffe reduziert sind, aus welchen Gründen auch immer. Sie haben mit einem Rotpunktvisier für schlechte Lichtverhältnisse vorgesorgt. Und nun nehmen Sie etwas welkes Laub und bröseln es zwischen Linse und Strahler. Weg ist er, der rote Punkt. Das kann auch eine Schneeflocke. Im Regen müssen Sie sich hingegen für einen der vielen Rotpunkte entscheiden. Nicht ohne Grund favorisieren Behörden und Militär die geschlossenen Varianten.  Sie sind teuer, potthässlich, deutlich schwerer, aber jenseits sportlicher Nutzung im Zweifel die bessere Wahl. Das Aimpoint Acro  C-2 hält übrigens bis fünf  Meter Wasserdruck dicht. Die Präzision wurde aufgelegt sitzend getestet. Auf 25  Meter Distanz schoss die Kombination aus Beretta APX  A1 plus Rotpunkt durchweg relativ enge Gruppen. Die Munition von Sellie & Bellot (115 gr JHP) hätte sogar noch für fünf Zehner auf der ISSF-Präzisionsscheibe gereicht. Ansonsten bewegten sich die Streukreise auf 25 Meter zwischen 43 und 71 mm. 

Technischen Daten und Preis der Beretta APX A1 in 9 mm Luger

Modell:
Beretta APX OR 9 mm Luger
Preis:799,- Euro
Kaliber:9 mm Luger
Kapazität:17 + 1 Patronen
L x B x H:190 x 34 x 141 mm
Lauflänge:107 mm
Dralllänge:1: 250 mm
Abzugswiderstand:ca. 2.700 Gramm
Gewicht828 g (ohne Rotpunkt)
Links-/Rechts-Ausführung:
Rechts- / Linksausführung*
Ausstattung: Kunststoffkoffer, Ersatzmagazin, Ladehilfe, drei Wechsel-Griffrücken, Korn mit weißem Punkt. * = Nach Umstecken Magazinauslöser. Picatinny-Schiene am Schließfedergehäuse.

Test-Fazit zur Beretta APX A1 in 9 mm Luger

Etwa sechs  Jahre Markterfahrung mit dem Polymer-Modell APX hat Beretta hervorragend verwertet und nun neue Akzente in einem Reifeprozess gesetzt. Was auf den Ersten Blick nach "nicht viel Veränderung" aussieht, sichert der neuen Beretta APX  A1 aber dennoch einen Spitzenplatz unter den Premiumherstellern von Polymerpistolen. Sicher, die OR-Konfiguration kam im Vergleich zu Walther oder GLOCK etwas spät, aber immer noch zur richtigen Zeit. Für 798,-  Euro ist das eine glatte Kaufempfehlung für Jäger, die eine Kurzwaffe mit Rotpunktvisier nutzen möchten. Und Sportschützen müssen ja nicht unbedingt mit dem "klotzigen Container" der Rotpunktvisierung leben. 

 Das hat uns gut gefallen:

 Das fanden wir weniger gut:

- Gut definierter Druckpunkt

- Leicht wechselbare Griffrücken

- Schrauben der Abdeckplatte verklebt

- Bedienungsanleitung nur im Internet

Die Schussleistung können Sie in der detaillierten Tabelle in VISIER 11/2022 nachlesen. Dort finden Sie auch zusätzliche Informationen zum Modell Beretta APX OR. Das Heft können Sie – auch als ePaper – im VS Medien-Onlineshop kaufen.

Die Pistolen wie auch die Rotpunktvisiere stellte der Importeur, Manfred Alberts zur Verfügung.

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