Test: Bergara Premier Ridgeback – was kann die Long-Range-Büchse für den sportlichen und jagdlichen Einsatz?

Das Unternehmensmotto von Bergara passt in vier Worte: "Our barrels make the difference". Dass die Läufe den Unterschied ausmachen, das liegt daran, dass der zum Unternehmensverbund Dikar S. Cooperacion zählende Hersteller Bergara aus der gleichnamigen baskischen Stadt seine Läufe selber herstellt. Nicht nur für eigene Waffen, sondern auch für eine Reihe anderer Hersteller weltweit. Vor zehn Jahren folgte dann das Debüt auf der IWA, bei dem die Basken unter dem Werksnamen Bergara als Lauf- und Gewehrhersteller auftraten. 2015 stellte das Unternehmen den Repetierer B14 vor und der ist inzwischen zu einer vielfach verzweigten Waffenfamilie gediehen. Und deren Mitglieder entstehen in Spanien ebenso wie in der Bergara-Niederlassung von Lawrenceville im US-Bundesstaat Georgia. Die in den USA gefertigten Waffen laufen aber nicht als B14, sondern unter der Sammelbezeichnung Premier – zu dieser Reihe gehört auch die vorgestellte Ausführung Premier Ridgeback. Dabei handelt es sich um eine für den sportlichen, aber auch jagdlichen Weitschuss gut geeignete Büchse. Bei ihr paart sich das spanische Herz mit einem Kleid aus Übersee. Was im Detail die Paarung zustande bringt, hat VISIER ausgiebig getestet.

Der Verschluss und System der Bergara Premier Ridgeback:

Kammer der Bergara Premier Ridgeback
Die Kammer der Bergara-Büchse hat ein Kopfstück mit zwei Riegelwarzen. Ihr Korpus zeigt sich zwecks besseren Gangs spiralförmig kanneliert.

Die Premier Ridgeback ist ein klassischer Repetierer mit Kammerverschluss. Der zeigt sich ganz im Stil der Remington 700 und ist auch damit kompatibel. Die Kammer verriegelt über zwei Warzen direkt im Lauf. Der Öffnungswinkel beträgt 90 Grad. Bergara-typisch besteht die Kammer aus Edelstahl. Das Schlösschen ähnelt dem einer Tikka T3, besteht aber anders als bei der Tikka nicht aus Kunststoff, sondern aus Stahl. Die Kammer zeigt sich spiralförmig kanneliert, was die Reibung beim Öffnen und Schließen verringern soll. Der Kammerstengel ist ebenfalls aus Stahl und angenehm gerändelt. Aus dem Schlösschen schaut im gespannten Zustand das Schlagbolzenstück heraus und gibt dem Schützen so eine optische Rückmeldung, ob die Waffe schussbereit ist.

Zum Zerlegen der Kammer muss entgegen der Bedienanleitung das Schlösschen nur um etwa 60 bis 70 Grad im Uhrzeigersinn gedreht werden. Danach lassen sich Schlagbolzen und Feder entnehmen. Der Zusammenbau erfolgt analog. Hier muss mit ein wenig Kraftaufwand das Schlösschen nach vorne gedrückt werden und gegen den Uhrzeigersinn wieder arretiert werden. Die kleine Bohrung, in die laut Bedienheft ein Haltepin gesteckt werden soll, existierte zumindest bei der Testwaffe nicht.

Bergara Premier Ridgeback zerlegte Kammer
Zerlegen: bei gespannter Schlagbolzenfeder Schlösschen leicht um 60-70° im Uhrzeigersinn drehen. Danach ist alles lose und kann getrennt werden.

Die runde Systemhülse hat Remington-typisch auf der Oberseite vier Gewindelöcher zum Befestigen einer Montageschiene. Hier versah Bergara die Testwaffe mit einer hauseigenen, etwa 167 Millimeter langen Picatinny Rail ohne Vorneigung. Auch die Unterseite der Systemhülse ist kompatibel zur Remington 700. Und weil es bekanntlich einen reichen Aftermarket an 700er Zubehör gibt, sind den Möglichkeiten beim Thema Schaftvariationen kaum Grenzen gesetzt. Ein Rückstoßschild überträgt die Impulskraft beim Abfeuern einer Patrone wirkungsvoll auf den Schaft und entlastet so das System. Die Premier Ridgeback hat einen Magazinschacht, zu bestücken über ein Polymer-Einsteckmagazin für fünf Patronen. Da der Behälter das Werkslogo trägt, kommt er direkt aus dem Hause Bergara. Aber er ist kompatibel mit den Produkten der britischen Marke Accuracy International Chassis System (AICS). Daher gibt es auch dafür viele Möglichkeiten auf dem Aftermarket.

Bergara Premier Ridgeback gespannt
Die Premier Ridgeback bei gespanntem Verschluss. Der Zustand zeigt sich durch das kleine silberne Schlagbolzenstück, das hinten aus dem Schlösschen ragt.
Bergara Premier Ridgeback entspannt
Die Bergara im entspannten Zustand. Der Schlagbolzen steht nun nicht sichtbar aus dem Schlösschen hervor.

Der Triggertech-Abzug der US-Bergara:

Bei diesem Element setzt Bergara auf den US-Hersteller Triggertech und verbaut einen einstellbaren Single-Stage-Abzug, in dem Fall das Modell Primary – auch der passt zur Remington 700. Apropos Single Stage Trigger: Deutsche Jäger und Schützen würden dazu Direktabzug sagen, da kein Druckpunkt spürbar ist. Der Abzug lässt sich mittels Einstellschraube von 680 Gramm bis zu relativ harten 1.800 Gramm einstellen. Derjenige der Testwaffe brach wiederholgenau bei ziemlich exakt 1.500 Gramm. Das tat er sehr trocken, also ohne zu kriechen oder zu hakeln. Die eingebaute Zweistellungssicherung rechts hinten an der Schaftoberseite wirkt logischerweise direkt auf den Abzug.

Der Schaft von Grayboe gibt der Ridgeback ihren Namen:

Grayboe-Schaft der Bergara Premier Ridgeback
Die höhenverstellbare Wangenauflage des Grayboe-Kunststoffschaftes wird über den Flügeldrehknopf in Position geklemmt.

Grayboe heißt der Hersteller dieses Elements. Das Werk aus Glendale im Bundesstaat Arizona hat sich auf die Herstellung von jagdlichen, sportlichen, aber auch taktischen Schäften spezialisiert. Das Know-how bringt der Firmengründer Ryan McMillan aus seiner Zeit als Navy Seal mit – bei wem nun gleichsam etwas im Gedächtnis klingelt: Der Name des Chefs dürfte vielen eher durch seine ursprüngliche Firma McMillan Firearms bekannt sein. Diese verkaufte er 2013 und gründete Grayboe. Das Schaftmodell der Bergara hat den passenden Namen Ridgeback. Der aus glasfaserverstärktem Kunststoff bestehende Schaft hat eine höhenverstellbare Wangenauflage. Diese lässt sich über eine Stellschraube um 20 Millimeter in der Höhe regulieren. Eine zirka 200 Millimeter starke Schaftkappe absorbiert viel vom Rückstoß und sorgt für einen butterweichen Kick. Durch zwei eingebaute Distanzstücke (Spacer) lässt sich die Schaftlänge um rund 13 Millimeter verkürzen – einer der Tester störte sich freilich an der Kleinigkeit, dass die Kanten der Spacer zum Kolben hin fühlbar überstanden. Links am Schaft und an seiner Unterseite befinden sich je eine QD-Schnittstelle, um einen Riemenbügel mit entsprechender Aufnahme anzubringen. Der vordere Bereich des Schaftes ist recht massiv und an der Unterseite abgeflacht. Somit liegt die Waffe perfekt auf und lässt sich stabil in einer Rifle Rest lagern. Zudem gibt es am Vorderschaft auf 3, 6 und 9 Uhr M-LOK Schnittstellen zum Anbringen von Zusatzausrüstung, wie zum Beispiel ein Zweibein. Die Aussparung zum Lauf hin ist groß genug, so dass dieser frei schwingen kann – vier Lagen handelsübliches Laserdrucker-Papier (80 g/m2) ließen sich problemlos zwischen Lauf und Schaft durchziehen. Bleibt noch die Schaftfarbe zu erwähnen: Beige-Grau mit schwarzen Einschlüssen, die aussahen wie vom malenden Wüterich Jackson Pollock persönlich via "Action Painting" aufgespritzt. Jedenfalls lautet die offizielle Bezeichnung der Schaftfarbe: "tan with black".

Der Lauf – macht er bei Bergara wirklich den Unterschied?

Bergara Premier Ridgeback Kauf mit Gewinde
Vorn an der Laufmündung der Bergara das 5/8-24"-Gewinde. Auf dem Lauf abgenommen die dazugehörige Schutzmutter.

Wenn 12 Millimeter Streukreis nicht überzeugen, was dann? Also ein klares ja. Das, was laut dem Bergara-Werksmotto den Unterschied ausmacht, zeigt sich aus Stainless Steel mit schwarzer Cerakote-Beschichtung. Es handelt sich bei dem Rohr um einen Match-Lauf, nominell 24 Zoll lang, beim Nachmessen ergaben sich exakt 610 Millimeter von der Mündung bis zu Stoßboden des Verschlusses. Die Kontur verläuft konisch, beginnt mit 21,7 Millimetern an der Mündung und vergrößert sich zur Wurzel bis auf 30,6 Millimeter. Die trichterförmige Match-Absenkung an der Mündung erweist sich als perfekt gearbeitet.

Zudem verfügt die Bergara Premier Ridgeback zwecks Anbau von Feuer- oder Schalldämpfern über ein 5/8-24" Mündungsgewinde mit entsprechender Gewindeschutzmutter. Auf die eigene Art der Laufherstellung sind die Bergara-Leute besonders stolz: Ehe man einen Rohling überhaupt bearbeitet, wird dieser vermessen und gegebenenfalls auf 4/1000 Zoll genau gerichtet. Dann geht es weiter mit dem Honen der Laufbohrung, bis das Innere spiegelblank erstrahlt. Es folgt das Einbringen der Züge per Knopfziehverfahren. Zum Abschluss unterzieht Bergara alle Läufe einer besonderen Wärmebehandlung. Das soll sämtliche Spannungen aus den vorangegangenen Bearbeitungsschritten sicher lösen.

Technische Daten und Preis der Bergara Premier Ridgeback:

Modell:Bergara Premier Ridgeback
Preis:2.940,- Euro
Kaliber:6,5 Creedmoor
Kapazität:5+1 Patronen
Länge:1.100 mm
Lauflänge:610 mm
Dralllänge:1:8"/1:203,2 mm
Abzugsgewicht:1.490 g
Gewicht:4.860 g, ohne Zielfernrohr
Links-/Rechts-Ausführung:rechts
Ausstattung:Repetierbüchse mit Zylinderverschluss, Schaft aus Kunststoffverbundmaterial mit höhenverstellbarer Wangenauflage, Distanzstücken und M-Lok-Schnittstellen. Mündungsgewinde und Einsteckmagazin.

Mit der Premier Ridgeback von Bergara auf dem Schießstand:

Bergara Premier Ridgeback Magazin und Patrone in 6.5 Creedmoor
Das mit dem Bergara-Initial versehene Kunststoffmagazin folgt konstruktiv dem AICS-Baustil. Der Behälter fasst fünf Patronen.

Für den praktischen Teil verlegten die Tester samt Premier Ridgeback zum schleswig-holsteinischen Hohenhorn. Dort auf der ehemaligen militärischen Standortschießanlage herrschen beste Bedingungen für den Schuss bis 300 Meter. An der Trefferanzeige montierten die Tester das mobile Auswertesystem SOLO von Silver Mountain Target. Es erfasst durch vier Mikrofone das mit Überschallgeschwindigkeit vorbeifliegende Geschoss und ermittelt so die Geschwindigkeit und die Lage des Geschosses auf der Scheibe. An der Schützenstellung positionierte das all4shooters-Team zur Ermittlung der Mündungsgeschwindigkeit ein LabRadar. Dieses Gerät misst mittels Radarwellen die Geschwindigkeit des wegfliegenden Geschosses. Damit aber Finger und Auge des jeweiligen Testschützen die Projektile auf den richtigen Weg bringen können, kam ein Zielfernohr aus dem Hause Swarovski auf die Waffe: Das Z8i 3,5-25x50 eignet sich bestens für präzise Schüsse (zum Glas mehr in einem späteren Artikel).

Die Bergara verfeuerte bei ihrer Erprobung fünf Match- und drei Jagdpatronensorten. Nach dem Einschießen von Waffe und Zielfernrohr konnte es mit den 100-Meter-Streukreisen losgehen. Hierbei stachen zwei Laborierungen hervor. Zum einen die Sako TRG Precision mit einem 136 Grains schweren Lapua-Geschoss der Sorte Scenar L: Der Streukreis betrug 12 Millimeter, die fünf Treffer saßen einander berührend Loch in Loch. 

Unser Test-Fazit zur Bergara Premier Ridgeback:

Die Bergara Premier Ridgeback erwies sich als Mix von baskischen und amerikanischen Komponenten, kam als ordentlich gearbeitete Waffe und schoss sich sehr angenehm. Das Kaliber 6,5 Creedmoor trägt zur ermittelten Präzision bei. 2.940,- Euro ist sicherlich nicht mehr ganz billig, aber völlig angemessen für das Stück Waffe, das man dafür erhält. Durch die Kompatibilität zur Remington 700 kann der Kunde aus einem riesigen Zubehörmarkt wählen, so dass er die Waffe nach Herzenswünschen weiter pimpen kann – wenn gewünscht. Notwendig ist das nicht, die Premier Ridgeback zeigte sich als die sprichwörtlich runde Sache.


Weitere Infos zur Bergara Premier Ridgeback erhalten Sie beim Importeur Leader Trading oder auf der Homepage von Bergara.

Den ausführlichen Test mit allen Schießergebnissen finden Sie in VISIER 9/2020. Diese Ausgabe ist im VS Medien-Shop auch digital verfügbar.

Interessieren Sie sich eher für eine reine Jagdwaffe mit klassischem Holzschaft? Wir haben die Bergara B14 Timber mit Ölschaft aus amerikanischem Nussbaumholz auch schon getestet.

Diesen Artikel gibt es auch in dieser Sprache: