Helia 3,5-18x50i, so die vollständige Modellbezeichnung des neuen Zielfernrohrs von KAHLES: Die technischen Eckdaten sichern für die jagdlichen Belange ausreichend Reserven zu, sowohl in der Vergrößerung als auch mit einem Objektivdurchmesser von 50 Millimeter bei ungünstigen Lichtverhältnissen. Aufbauend auf ein aus einer hochwertigem Aluminiumlegierung gefertigtes Mittelrohr mit 30 Millimeter Durchmesser und einer Gesamtlänge von rund 380 Millimeter ergibt sich ein recht schlankes Glas mit klassischen Proportionen bei 660 Gramm Gewicht – durchaus ein Gegensatz zu den heutzutage auch jagdlich beliebten "Ofenrohren".
Montiert auf eine Oldschool-Repetierbüchse ergibt sich durch diese Kombination ein harmonisches Bild – genauer: Für den Testalltag wurde die zu prüfende Optik mittels EAW-Schwenkmontage auf eine seit Jahren in allen Situationen bewährte Sako-Repetierbüchse AV im Kaliber .30-06 Springfield montiert. Aufgrund der bekannt hervorragenden Eigenpräzision der finnischen Büchse bildet diese eine gute Basis zum Testen der Präzision und jagdlichen Alltagstauglichkeit.
Das KAHLES Helia 3,5-18x50i Zielfernrohr auf dem Schießstand
So ging es naturgemäß nach der Montage auf die 100-Meter-Anlage zum Einschießen und dem ersten Testabschnitt – bei dem stand dann die Mechanik im Mittelpunkt. Mittels Aufsteckkollimator voreingerichtet, ließ sich das eigentliche Einschießen schnell und mit wenigen Schüssen erfolgreich durchführen. Die saubere Klickverstellung und leicht erkennbare Angaben auf den Verstelltürmen erleichterten es dabei, die passende Einstellung zu finden. Die Absehenverstellung je Klick beträgt bei Seite und Höhe 10 Millimeter auf 100 Meter Entfernung, der Verstellweg 1,95 Meter in der Höhe sowie 1 Meter in der Seite, ebenfalls bei einer Entfernung von 100 Metern.
Die Parallaxe-Einstellung findet sich am linken Turm, leicht bedienbar sowie stufenlos verstellbar von 50 Metern bis unendlich. Gekennzeichnet sind jedoch lediglich 50 und 100 Meter – eine weitere Markierung wäre wünschenswert, dies im Hinblick auf die gegebene Vergrößerung und damit die nutzbaren Entfernungen. Griffgünstig gekehlt und leicht bedienbar ist der vor dem Okular zu findende Ring zur Vergrößerungseinstellung.
Zunächst verfeuerten die Tester einige bekannt präzise Laborierungen aus dieser Waffe und erzeugten so Fünf-Schuss Gruppen. Dieser Testabschnitt erwies sich angesichts der maximalen Vergrößerung des Helia von 18-fach als problemlose Übung. Nun ging es an den beliebten Viereck- oder Box-Test: Dabei gibt man von einer Ecke ausgehend jeweils einen Schuss ab, dann verstellt man das Absehen nacheinander in der Höhe und Seite um eine gleiche Anzahl Klicks. Arbeitet die Mechanik der Absehen-Verstellung wiederholgenau, sollte der Treffer des vierten Schusses in dem des ersten abgegebenen Schusses liegen – genauso verhielt es sich hier.
Die präzise Verstellung zeigte sich später noch einmal auf einem Zeiss-Kollimator, auch hier mit gleichmäßiger Verstellung und Wiederholbarkeit. Die Klicks rasten sauber ein, die Skalen der Türme zur Höhen- und Seitenverstellung können nach erfolgter Einstellung genullt werden. Zur Höhenverstellung bietet sich der optional erhältliche Ballistikring an. Dieser wird nach Angaben der ermittelten ballistischen Werte hergestellt und beschriftet. In Verbindung mit der ebenfalls optional erhältlichen KAHLES-Schnellverstellung lässt sich das Absehen so auf die vorgesehene Schussentfernung einstellen und der Flugbahn des Geschosses anpassen. Das geht alles, ohne viel rechnen und Klicks zählen zu müssen.
Mit dem KAHLES Helia 3,5-18x50i Zielfernrohr im Revier
Danach folgte die eigentliche Erprobung, die ein jagdliches Zielfernrohr erfordert – die tägliche Praxis beim Waidwerk. KAHLES hat das Testglas mit dem beleuchteten Absehen 4-Dot in der 2. Bildebene ausgerüstet, aus Sicht der Tester ein hervorragendes Absehen für Zielfernrohre mit hohen Vergrößerungen. Doch zunächst geht’s mal mit der "kleinen" Vergrößerung von 3,5-fach los, sie eignet sich sehr gut zum heute eher seltenen Pirschen. Glasklar und gestochen scharf zeigt die Optik ihre Stärke. Von KAHLES als "Tag-/Nachtabsehen" bezeichnet, lässt sich auch dabei das Leuchtabsehen verwenden. Gleichmäßig und sehr gut auffassbar präsentiert sich der beleuchtete Punkt (neudeutsch: "Dot") im Zentrum des Absehens. Seine eigentliche Stärke liegt naturgemäß in der Dämmerung und der Nacht. Der Punkt überstrahlt in keiner Situation und verdeckt aufgrund seiner Größe den Zielpunkt nur minimal.
Zur Schonung der Batterie vom üblichen Typ CR2032 trägt die Abschaltautomatik (Automaticlight) bei. Diese erkennt eine zur Schussabgabe oder Zielaufnahme "untypische" Lage der Waffe, schaltet jedoch ohne Verzögerung den Rotpunkt bei Anschlag der Büchse ein. Nach zwei Stunden Bewegungslosigkeit des Gewehrs schaltet die Absehenbeleuchtung in den werkseitig als "Power Down" bezeichneten Modus. Um den Leuchtpunkt zu nutzen, muss der Benutzer ihn bewusst erneut einschalten. Griffgünstig liegt die Bedienung dafür am linken Turm, verbunden mit der sehr feinen Bedienbarkeit der Dimmung des Leuchtpunktes.
Seine Stärke spielt das KAHLES-Glas jedoch bei der Jagd auf weite Entfernungen aus, wie sie zum Beispiel auch in Deutschland bei großen waldlosen Feldrevieren oder der Gebirgsjagd anzutreffen ist. Die Vergrößerung von 18-fach erleichtert bei fester und stabiler Auflage der Waffe das Ansprechen und die Zielaufnahme, dabei kann das Auge aufgrund der brillanten Optik, Schärfe und Farbwiedergabe auch kleine Details ohne Schwierigkeiten erkennen. In Verbindung mit einem Entfernungsmesser sowie dem erwähnten Ballistikring lassen sich sichere Schüsse auch auf Entfernungen jenseits von 150 Meter erfolgreich anbringen – entsprechende Übung und Waffe/Kaliberkombination vorausgesetzt.
Das sehr brillante und helle Bild des Helia 3,5-18x50i zeigt sich auch in (Voll-)Mondnächten als großer Vorteil. Problemlos verlängert es die Ansitzzeit um die in Jägerkreisen berühmte Viertelstunde. Dies dürfte auch der hochwertigen Beschichtung der optischen Linsen geschuldet sein. Das Glas wurde über mehrere Monate im Revier geführt, ohne eine Schwäche zu zeigen: Ob Minusgrade oder Tage mit über 30 Grad, selbst Schneeregen und heftiger Gewitterregen konnten es nicht beeindrucken. Hilfreich war der dabei im Lieferumfang enthaltenen Überzieher, gefertigt aus dem jedem Taucher bekannten synthetischen Kautschukmaterial Neopren. Dieser lässt sich unkompliziert anbringen, ebenso schnell abnehmen und schützt gut vor Stößen und Verschmutzung während des Transports oder beim Angehen im Revier.
Das KAHLES Helia 3,5-18x50i Zielfernrohr in der Härteprüfung
Nach dem praktischen Teil erfolgte noch ein technischer Test mit Hausmitteln. Zum einen musste das Glas getaucht in der Badewanne bei zirka 30 cm Wassertiefe rund 2 Stunden überdauern, um nach einem kurzen Trocknen für 24 Stunden bei den üblichen minus 18 Grad in den Tiefkühlschrank zu kommen.
Das Tauchbad überstand das Glas ohne Beeinflussung, Wassereinbruch oder Beeinträchtigungen waren nicht zu erkennen. Der Kälteschock beeindruckte das Glas auch nicht, alle Verstellungen blieben auch bei dieser Temperatur leichtgängig und problemlos bedienbar. Die Objektiv- und Okularlinse ließen sich aufgrund der aufgebrachten Beschichtung mit dem im Lieferumfang befindlichen Tuch ohne Rückstände säubern. Kurzum: Härtetest bestanden.
Technische Daten und Listenpreis des KAHLES Helia 3,5-18x50i Zielfernrohrs
| Modell: | Kahles Helia 3,5-18x50i |
| Objektivdurchmesser: | 50 mm |
| Länge: | 383 mm |
| Mittelrohr: | 30 mm |
| Absehen: | 4Dot / G4B |
| Klickverstellung: | 10 mm / 100 m |
| Max. Höhenverstellung: | 1,95 m / 100 m |
| Max. Seitenverstellung: | 1 m / 100 m |
| Parallaxe-Einstellung: | 50 m – unendlich |
| Gewicht: | 660 g |
| Preis (UVP): | 1.950,- Euro / Schnellverstellung: 260,- Euro |
Unser Fazit zum KAHLES Helia 3,5-18x50i Zielfernrohr
KAHLES hat mit dem Helia 3,5-18x50i ein hervorragendes Universalglas im Programm, technisch ausgereift und ohne Frage im oberen Premiumbereich anzusiedeln, aber in jeder Hinsicht seinen Preis von 1.950,- Euro wert. Ein Wermutstropfen bleibt jedoch für die Tester – das Abmontieren und Zurücksenden...
Noch ein Tipp für Sparfüchse und Online-Käufer: Mit etwas Suchen bei Google können Sie das Modell bereits ab 1.660,- Euro im Web finden. Dann würden wir anhand der gebotenen Leistung von einem echten Schnäppchen sprechen.
Text: Michael Hammer und Matthias S. Recktenwald
Dieser Bericht erschien zuerst in der VISIER, Ausgabe 12/2020. Das Heft ist im VS Medien-Onlineshop als Print-, wie auch als Digitalausgabe zu erwerben.
Mehr Informationen zum KAHLES Helia 3,5-18x50i Zielfernrohr finden Sie auf der Webseite des Herstellers.
Weitere Neuheiten, die KAHLES kürzlich auf der Virtual SHOT Show 2021 präsentiert hat, stellen wir Ihnen hier vor.
