Die EU-Kommission treibt das Verbot von Bleimunition voran − was droht Jägern und Schützen?

Blei in verschiedenen Formen
Selbst Angler und ihre Bleigewichte wären von dem Verbot betroffen.

Verbot von Bleimunition – alle Jahre wieder. In einem Schreiben an die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) vom 16. Juli, das am 21. August veröffentlicht wurde, forderte die EU-Kommission die Agentur auf, " einen Vorschlag für ein Verbot des Verkaufs und der Verwendung von Bleimunition (Schrot und Projektile)" zu erarbeiten. Sie verwies dabei auf die Gefahren, die von Bleimunition für Wild und Mensch (über den Fleischverzehr) ausgehen – einschließlich der Munition für das Scheibenschießen.

Die ECHA muss nun Aspekte "des Tierwohls wie die Vermeidung von Leiden" und solche im Hinblick auf "potenzielle Unfälle von Jägern und Sportschützen" beurteilen, die Bleimunition verwenden. Und sie muss die möglichen Alternativen bewerten. Und weil man es gründlich machen will, soll der Vorschlag auch Blei in Angelgewichten einschließen .

Auf all4shooters/all4hunters haben wir uns bereits über die angestrebten Verbote der EU zum Thema Blei geäußert und uns mit der Frage beschäftigt: Wie schädlich ist Blei?

Der europäische Jagdverband FACE – eine Nicht-Regierungs-Organisation ohne Profitziele, die die Interessen der sieben Millionen europäischen Jäger vertritt und dazu die weltweit größte demokratisch organisierte Interessensvertretung für Jäger sowie wahrscheinlich eine der größten zivilgesellschaftlichen Organisationen in Europa ist – erwartet, dass die ECHA in den kommenden Monaten eine Absichtserklärung abgeben wird. Anschließend muss die ECHA innerhalb von 12 Monaten einen Verbotsvorschlag machen .

Patronen
Das Bleimunitionsverbot betrifft Jäger und Sportschützen gleichermaßen.

Der Verband ließ in einer Presseerklärung verlauten: "Obwohl FACE die Einschränkung der Verwendung von Bleimunition über Feuchtgebieten befürwortet, unterstützt der Verband kein allgemeines Verbot von Munition mit Bleigehalt.  Aus der Sicht von FACE müssen Maßnahmen, die über eine Beschränkung der Verwendung von Bleimunition über Feuchtgebieten hinausgehen, in einem angemessenen Verhältnis zu den belegten Risiken für Wildtierpopulationen und die menschliche Gesundheit über den Fleischverzehr stehen."

FACE bemerkt außerdem: "Die Aufforderung der Kommission an die ECHA kommt zu einem interessanten Zeitpunkt. Die EU arbeitet über die REACH-Verordnung (Verordnung zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe) gerade daran, eine EU-weite Beschränkung von Bleischrot in Feuchtgebieten zu entwickeln, wie aus einem Ersuchen der Kommission an die ECHA aus dem Jahr 2015 hervorgeht." FACE stellt schließlich fest: "Die Beschränkung von Bleischrot in Feuchtgebieten hat in der Community der Jäger für Frust gesorgt ... Wenn die ECHA eine weitergehende Beschränkung von Bleimunition empfiehlt, dürfte es ein äußerst komplexer Ansatz werden, die tatsächlichen Risiken für Wildtierpopulationen und die menschliche Gesundheit zu ermitteln, vor allem im Hinblick auf die Maßnahmen zum Risikomanagement."

CIC: "Große Besorgnis über diesen Schritt"

Der Internationale Rat zur Erhaltung des Wildes und der Jagd (CIC) , ein politisch unabhängiges Beratungsorgan zum Erhalt von Jagd und Wild, spricht von "großer Besorgnis über diesen Schritt". "Die Sache kann nicht einfach auf die einfache Frage nach der Giftigkeit von Blei heruntergebrochen werden" , so CIC. "Es ist klar, dass Maßnahmen, die über eine Einschränkung der Verwendung von Bleimunition über Feuchtgebieten hinausgehen, in einem angemessenen Verhältnis zu den belegten Risiken für Wildtierpopulationen und die menschliche Gesundheit über den Fleischverzehr (unter Berücksichtigung von Maßnahmen zum Risikomanagement) und zu den Umweltauswirkungen aus dem gesamten Lebenszyklus der Produktion und Verwendung von Munition stehen müssen." CIC und FACE werden dieses Problem in enger Zusammenarbeit genau weiter verfolgen.

AFEMS: "Das geplante Verbot von Blei in Munition basiert nicht auf wissenschaftlich gesicherten Erkenntnissen"

AFEMS (Association of European Manufacturers of Sporting Ammunition) unterstützt den Schutz der Umwelt und der Wildpopulation. Aber das was die EU Kommission und die ECHA aktuell planen, basiert nicht auf gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnissen. Nach Ansicht der AFEMS stehen diese Maßnahmen in keinem Verhältnis zu irgendwelchen Risiken. AFEMS wird sich deshalb mit diesen Themen sehr detailliert auseinandersetzen und das Gespräch mit allen Verantwortlichen suchen, um zu einer angemessenen Lösung für die Umwelt, den Tierschutz sowie die Interessen von Sportschützen und Jägern zu kommen. (Quelle: Pressemitteilung vom 5.9.2019).


Kommentar von all4shooters.com zum geplanten Bleiverbot der EU Kommission in Munition:

Dieser Vorstoß von der EU Kommission und der ECHA von Ende August 2019 hat das Potenzial, den jagdlichen Schrotschuss komplett zu unterbinden. Diese Tragweite der aktuell geplanten Maßnahmen verstehen heute viele Jäger und auch Industrievertreter noch nicht in letzter Konsequenz.  

Hat man denn nicht Alternativen mit anderen Materialien, werden Sie sich nun vielleicht fragen? Hier wird es dann richtig spannend und die Antwort ist kurz: Nicht wirklich!  

Punkt 1: Wenn es um Ökotoxizität und Toxizität für den Menschen geht ist es bisher nicht klar erwiesen, wie schädlich Bleimetall in Munition wirklich ist. Es gibt offenbar Daten der ECHA, die auf Hochrechnungen basieren, die aber die Partikelgröße nicht berücksichtigen. Wenn wir von Bleimetall in Munition sprechen, ist das vermutlich der entscheidende Punkt. Hochrechnungen statt wissenschaftlicher Studien werden dem Thema nicht gerecht - und das prangern auch FACE und CIC an. 

Punkt 2: Bei alternativen Materialien für Munition sieht es eher schlechter als besser aus. Und sind wir ehrlich: Wenn der Schrotschuss erst einmal rechtlich untersagt wird, ist es zu Verboten bei anderen Munitionsarten nicht mehr weit. In vielen Gebieten ist Blei für Büchsenpatronen bereits jetzt nicht mehr zugelassen. Viele dieser alternativen Geschoss-Materialien funktionieren sogar recht gut, aber wenn Blei in Schotmunition erstmal komplett verboten ist, wird man schnell neue Argumente gegen die Alternativen finden. Beim Schrotschuss und dann später auch bei der Kugel. Botschaft verstanden?

Deshalb ist Aufklärung in diesem Teufelskreis so wichtig und es ist auch allerhöchste Zeit, dass unsere Interessensvertreter auf Industrie- und Verbandsebene Vollgas geben, um sich gegen dieses Verbots-Szenario in Vertretung aller Jäger und Sportschützen zu wehren. Denn wenn der erste Schritt in Bezug auf Verbote erstmal getan ist, werden weitere folgen - und das gilt es jetzt mit aller Macht und guten, Fakten basierten Argumenten zu verhindern.

Die Taskforces bei der Industrie stehen in vielen Unternehmen. Man beginnt langsam auch über Wettbewerbsgrenzen hinweg zu agieren und strategische Allianzen zu schmieden. Das ist im Interesse von uns allen, die wir nicht nur die Jagd lieben, sondern uns auch der Rolle der Jagd für Ökologie und Tierschutz bewusst sind.

Was wird in den kommenden Monaten passieren? Wir halten Sie hier auf all4shooters/all4hunters umfassend informiert. In der Zwischenzeit geht der Kampf der europäischen Jäger und Sportschützen gegen die Verbotsversuche der EU von Blei in Munition natürlich weiter.

Diesen Artikel gibt es auch in dieser Sprache: