Test: Proof Research Summit in 6,5 Creedmoor − was kann der leichte Jagdrepetierer mit Karbonmantellauf?

Mit dem Gründungsjahr 2012 gehört das moderne Hightech-Unternehmen Proof Research sicherlich zu den Jünglingen in der internationalen Waffenwelt. Hierbei hat sich die Firma, die auch als Zulieferer in der Rüstungs- und Luftfahrtindustrie tätig ist, aber rasch eine hohe Reputation als Hersteller von hochwertigen Gewehren und Läufen erarbeitet. Neben den Karbonmantelläufen produziert man auch konventionelle Stahlläufe in Matchqualität. Namhafte US-Topschützen wie beispielsweise Daniel Horner oder Lena Miculek (heute sind beide SIG Sauer USA-Teammitglieder) verwendeten in der jüngeren Vergangenheit Proof Research Matchläufe mit Karbonkleid, mit denen viele prestigeträchtige 3-Gun-, Palma- und Sniper-Wettkämpfe gewonnen wurden.

Kompetenz in Kohlestofffasern für Läufe

Karbonmantelläufe von Proof Research
Die Firma Johannsen offeriert die Proof Research-Karbonmantelläufe natürlich auch für den nachträglichen Einbau in vorhandenen Repetier- oder Selbstladegewehren. Hier zu sehen (von oben): 26" langer Lauf im Kaliber .30" mit 1-10"-Drall für Repetierer und 18" langer Lauf im Kaliber .223 Wylde mit 1-7"-Drall für AR-15.

Im Vergleich zu einem üblichen Stahllauf soll ein Proof Research Karbonmantellauf folgende Vorteile/Merkmale aufweisen: bis zu 64% leichter, verbesserte Wärmeableitung, keine Treffpunktverlagerung bei langen Schussserien, reduzierte und harmonisierte Laufschwingungen sowie höhere Verwindungssteifigkeit und Lebensdauer. Vor allem die Gewichtsreduzierung ist im militärischen Bereich von großem Interesse, weil die Soldaten immer mehr Ausrüstung mitführen müssen und gerade bei dynamisch agierenden Spezialeinheiten jedes Gramm Gewichtsersparnis zählt. Doch auch auf der Jagd, vor allem im Gebirge und unwegsamen Gelände, weiß man ein leichter zu transportierendes Werkzeug sicherlich zu schätzen. Im Werk in Montana beginnt alles mit einem im Haus gefertigten Stahllauf aus 416R Stainless Steel, der dann auf ein dünnes Profil abgefräst wird. Diese stählerne Laufseele wird dann mit den hochfesten, thermostabilen und mit einem Matrixharz imprägnierten Kohlenstofffasern in einem speziellen Herstellungsverfahren spiralförmig "endlos" umwickelt. Zum Schluss werden die Komposite-Läufe mit einer Porosität von weniger als einem Prozent gehärtet und auf Kontur geschliffen. Die so entstehenden Läufe sind 10x härter und nahezu 6x steifer als Krupp-Gewehrlaufstahl. Die spezielle Konstruktion sorgt dafür, dass die im Schuss entstehende Wärme von der Stahllaufseele besser abgeleitet wird, was zu einer reduzierten Mirage bei Verwendung von Hochleistungsoptiken führt. Wiederum ein Effekt, der vor allem auch im militärischen Scharfschützenwesen von Bedeutung ist. Hinsichtlich der Präzision sollen die Proof Research Karbonmantelläufe den feinsten, stählernen Matchläufen von Topherstellern wie beispielsweise Bartlein, Douglas, Krieger, Lilja oder Shilen in Nichts nachstehen.

Gipfelstürmer in 6,5 Creedmoor im Detail

Systemhülse der Proof Research Summit
Rechte Systemhülsenseite im Detail. Die Optikmontageschiene ist integraler Bestandteil des Systemkastens.

Das uns vorliegende Modell "Summit" (deutsch: Gipfel) im absoluten Trendkaliber 6,5 Creedmoor ist in der Konstruktion weitgehend mit der populären US-Zylinderverschlussbüchse Remington 700 identisch, wiegt aber mit 610 mm langem Karbonmantellauf ohne Montage, Optik und Zusatzausrüstung gerade einmal 2.860 g. Hinsichtlich des Verarbeitungsniveaus unterscheidet sich die Proof Research Summit aber deutlich von einer standardmäßigen 700er aus Großserienfertigung. Die Perfektion und Minimaltoleranzen bemerkt man vor allem, wenn man das Gewehr demontiert. Wenn man die beiden Systemschrauben gelöst hat, dann merkt man, wie präzise die Abzugsbügel-Magazindeckel-Einheit von unten in den Schaft eingesetzt worden ist. Bei einer Remington 700 hat man hier deutlich mehr Spiel. Noch gravierender werden die Unterschiede bei der Systembettung. Während ein 700er-System nach Lösen der Schrauben und einem Herumdrehen fast schon aus dem Schaft fällt, muss man bei unserer Testwaffe schon mit einem gewissen Kraftaufwand drücken und ziehen, bevor man das System aus dem Karbonschaft befreien kann. Üblicherweise arbeitet man an dieser Stelle mit einer zusätzlichen Bettungsmasse, um diesen Effekt der absoluten Spielfreiheit zu erzielen. Nicht so bei Proof Research, denn hier scheint es so, als wäre der Schaft wie eine eng anliegende, zweite Haut um das System gegossen worden. Die vielen im Schaft erkennbaren Konturen deuten darauf hin, dass die Systemhülse umgossen wurde, denn mit anderen Fertigungsverfahren wären sie nicht herstellbar gewesen. Der Bereich, in dem die Abzugseinheit im Schaft sitzt, wurde nach dem Gussvorgang freigefräst und auch die Aluhülsen für die Säulenbettung sind absolut perfekt an die Systemhülse angepasst. Fertigungstechnisch können wir an dieser Stelle dem Hersteller nur eine "1+" geben. Es gibt noch ein Unterscheidungsmerkmal zwischen der Summit und einer 700, der sich hier von einer konventionellen Remington 700 unterscheidet, denn die Einschraubtiefe der vorderen Systemschraube ist hier deutlich größer als bei der Standardbüchse. Zudem löste der Abzug absolut trocken nach der Überwindung eines sehr niedrigen, werksseitig einjustierten Abzugsgewicht von 590 g aus.

Proof Research Summit Systembettung
Die Systembettung auf Säulen ("pillar bedding") im Karbonschaft war absolut perfekt ausgeführt. Nur mit sehr hohem Kraftaufwand konnte man das System überhaupt aus dem Schaft befreien.
Abzugseinheit der Proof Research Summit
Der Abzug zeigte sich von einer hochkultivierten Seite und löste staubtrocken bei 590 g Abzugsgewicht aus.

Technische Daten des Proof Research Repetierers:

Modell: Proof Research Summit
Preis: 8.990,- Euro
Kaliber: 6,5 mm Creedmoor
System: Zylinderverschluss mit zwei Verriegelungswarzen
Lauf: 610 mm langer karbonummantelter Matchlauf mit einem Drall von 1-8"
Schaft: 590 g leichter Karbonschaft mit Riemenbügelösen
Magazin: Schaftmagazin mit Klappdeckel und einer Kapazität für 5 Patronen
Abzug: Matchabzug mit einem Abzugsgewicht von 590 g
Sicherung: Zweistufensicherung auf dem Kolbenhals, die direkt auf den Abzug wirkt
Länge: 111 cm
Gewicht: 2.860 g
Swarovski Optik Z6i 1,7-10x42
Ein schlankes Jagdglas wie das Swarovski Optik Z6i 1,7-10x42 macht auf der Proof Research Summit eine gute Figur.

In der Praxis: mit dem Proof Research Summit auf dem Schießstand

Ausgerüstet wurde die US-Edelbüchse mit einem Swarovski Optik  Z6i 1, 7-10x42 und einem Fortmeier-Zweibein, das mittels Adapter an der Riemenbügelöse an der Vorderschaftunterseite befestigt wurde. Die Präzisionsgarantie des Herstellers von ½-MOA (rund 15 mm) konnten wir gleich mit 3 Munitionssorten unterschreiten – trotz des sehr niedrigen Waffengesamtgewichts, wozu vor allem der spitzenmäßige Direktabzug beigetragen hat.

Mit unserer Handlaborierung mit 42,0 Grains Hodgdon Super Performance Pulver und 140 Grains Hornady ELD Matchgeschoss realisierten wir die Bestschussgruppe von 11 mm. Mit 12 mm dichtauf folgte die junge RWS Target Elite Plus Fabrikmunition mit 130 Grains HPBT-Projektil. Die Sako Powerhead II-Fabrikpatrone mit 136 Grains HPBT-Geschoss hätte mit einer Vierergruppe von 7 mm eigentlich der Gewinner sein können, doch letztendlich maß der volle 5-Schuss-Wertungsstreukreis 15 mm. Berücksichtigt man, dass diese Leistungen mit einem rund 2,9 kg leichten Jagdrepetierer und Optik mit vergleichsweise geringer Vergrößerung erreicht wurden, dann kann man der Proof Research Summit nur eine sehr gute Präzision bescheinigen, wobei mit dem 61 cm langen Lauf auch noch genügend Energie ins Ziel getragen wird.

Streukreis Proof Research Summit
Dieser 5-Schuss-Streukreis auf 100 m zeugt von dem hohen Präzisionspotential der leichten Jagdbüchse.

caliber-Fazit zum Proof Research Summit

Das hier vorgestellte Proof Research Summit Repetiergewehr mit Kunststoffschaft und Karbonmantellauf ist mit einem stolzen Preis von 8.990,- Euro sicherlich kein Schnäppchen, doch es repräsentiert das aktuell technisch Machbare im modernen Gewehrbau. Natürlich baut Johannsen die Proof Research Läufe auch in bereits vorhandene Repetier- oder Selbstladegewehre ein, wobei sich neben dem Preis des Laufes die Kosten für den Laufeinbau mit Gewinde schneiden, Verschlussabstand messen und einstellen sowie Neubeschuss mit Kosten ab etwa 300,- Euro (je nach Aufwand) hinzu addieren.


Weitere Informationen zur Summit erhalten Sie auf der Homepage von Proof Research.

In   caliber 10/2019  finden Sie den kompletten Test der Proof Research Summit mit den verwendeten Laborierungen und allen ermittelten Streukreise sowie einen Exkurs zum Modellprogramm von Proof Research.

Hier kommen Sie zum E-Paper von   caliber 10/2019.