Colt steht vor der Übernahme durch CZ – was sind die Hintergründe des Deals und wann ist es soweit?

Die vor 85 Jahren gegründete Waffenschmiede Česká Zbrojovka, kurz CZ, mit etwa 1.700 Mitarbeitern im Südosten der Tschechischen Republik nahe der Grenze zur Slowakei ist aktuell im kommerziellen Zivilmarkt mit dem CZ-IPSC-Werksteam mit Topschützen wie dem Mehrfachweltmeister Eric Grauffel sowie nachgefragten Ganzstahl-Matchpistolen wie Shadow 2 oder Tactical Sports 2 äußerst erfolgreich. Doch auch im knallharten Behördengeschäft kann man mit modernen Waffensystemen wie dem Sturmgewehr BREN 2, der Maschinenpistole Scorpion EVO 3 A1 oder der Polymerdienstpistole P-10 Ausschreibungen für sich entscheiden. So kursierte im Mai des Vorjahres die Meldung, dass die tschechischen Streitkräfte und die einheimische Waffenschmiede einen Rahmenvertrag zur Lieferung von Handwaffen und Munition abgeschlossen haben. Hierbei geht es um die Lieferung von bis zu 39.000 Waffen bis 2025 bei einem Auftragswert von bis zu 2,35 Milliarden Tschechischen Kronen (86,7 Millionen Euro). Bei Abruf des vollen Vertragsumfangs könnten rund 16.000 Bren 2-Sturmgewehre, über 21.000 CZ P-10-Pistolen, über 1.600 Anbaugranatwerfer CZ 805 G1 und etwa 100 CZ Scorpion Maschinenpistolen ausgeliefert werden. Bereits in den Jahren 2010 und 2016 hatte CZ die Streitkräfte ihrer Heimat mit rund 40.000 neuen Handwaffen ausgestattet. Solche behördlichen Großaufträge ermöglichen es CZ in die Zukunft zu investieren. 

Colt: Der traditionsreiche US-Waffenhersteller wird wohl die bisher größte Übernahme von CZ

Colt hat waffentechnische Meilensteine wie das M16-Sturmgewehr in 5,56x45 mm NATO sowie die zivilen AR-15-Selbstladegewehre erschaffen.

Erst kürzlich beteiligte sich CZ als neuer Mitinhaber an dem schwedischen Spezialisten Spuhr. Das Unternehmen ist bekannt für waffentechnische Lösungen und Upgrade-Systeme für Militärwaffen aber vor allem auch für erstklassige Optikmontagen wie ISMS (Ideal Scope Mount System). Spuhr-Montagen werden von Militär- und Polizeieinheiten auf der ganzen Welt genutzt, darunter von der schwedischen, dänischen und holländischen Armee, der portugiesischen Marine und der deutschen Polizei.

Im Vergleich zu dieser Firmenbeteiligung dürfte die komplette Übernahme des US-Pioniers Colt aber eine ganz andere Hausnummer sein. Immerhin dürfte Colt, neben Winchester, der klangvollste und historisch bedeutendste Markennamen in der US-Waffenwelt sein. Trotz der 166-jährigen Tradition, der berühmte Samuel Colt gründete "Colt's Patent Fire Arms Manufacturing Company" im Jahre 1855, hat das Unternehmen bis heute eine sehr wechselhafte Geschichte mit unterschiedlichen Besitzern und Insolvenzverfahren hinter sich. Dabei hat man waffentechnische Meilensteine wie den Colt Single Action Army Revolver von 1873, die Colt Government Pistole von 1911 (John Moses Browning) oder das M16-Sturmgewehr von 1967 (Eugene Stoner) erschaffen. 

Strategische Zukunftsausrichtung: Was bringt die Übernahme von Colt für CZ? 

Noch im Januar 2020 konnten wir den wiederauferstandenen Klassiker Colt Python in .357 Magnum probeschießen. Er erblickte 1955 erstmals das Licht der Welt und wurde bis 2005 gefertigt. Nun kehrt die Legende nach 15 Jahren Marktabstinenz zurück und wird vorerst in der Neuauflage in Stainless Steel in den Lauflängen 4,25" und 6" offeriert.

Durch die Übernahme der Colt Holding LLC (indirekter Eigentümer des Waffenherstellers Colt Manufacturing Company LLC) wächst die Marktpräsenz des tschechischen Unternehmens, das in den USA mit der Tochter CZ-USA ohnehin schon gut vertreten ist, auch auf dem Behördensektor. Durch Synergien kann man die Entwicklung und Produktion von modernen Dienstwaffen effizienter gestalten und einen ganz großen Namen der Waffenwelt auch im Marketing nutzen.

Man dürfte durch die Akquise auch darauf spekulieren, stärker in das Behördengeschäft in Westeuropa einsteigen zu können. Immerhin hatte sich beispielsweise die Eliteeinheit der französischen Polizei "Groupe d'intervention de la Gendarmerie nationale" (GIGN) vor nicht allzu langer Zeit nicht für das HK 416 aus Deutschland sondern für das BREN 2 aus Tschechien entschieden. Andere Rüstungsunternehmen und Behördenlieferanten, wie beispielsweise Fabrique National (FN), Heckler & Koch oder Haenel, werden die Expansion von CZ sicherlich zur Kenntnis nehmen. Mit SIG Sauer hat ein weiterer Mitstreiter auf diesem Parkett ja leider die Tore der deutschen Fertigung in Eckernförde geschlossen. 

Bisher wurde wohl nur eine Absichtserklärung unterzeichnet, die man so auch auf der CZ Webseite nachlesen kann, doch bis Ende Januar 2021 könnte die Übernahme von Colt durch CZ schon vertragliche Realität sein. Wir bleiben für Sie am Ball.


Siehe auch: www.czub.cz und www.colt.com

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