Kaliber .45 ACP: Tipps und Tricks zum Wiederladen der Kurzwaffenpatrone

Eine Person bedient eine Ladepresse.
Die .45 ACP lässt sich in hohen Stückzahlen
auf allen gängigen Progressivladern verarbeiten.

Für Wiederlader dürfte die Patrone .45 ACP oder .45 Auto eines der bekanntesten und beliebtesten Kaliber im Kurzwaffenbereich sein. Im Jahre 1905 eingeführt, sollte sie die als zu schwach empfundene 38er Patrone bei der US-Army ersetzen. Die .45 ACP war lange Jahrzehnte bei Militär und Sicherheitsbehörden der Favorit, bis sie vielerorts durch die 9 mm Luger ersetzt wurde. Um ihre Qualitäten wissen Sportschützen und Wiederlader. Die Patrone gilt als präzise und unempfindlich. Nicht zuletzt bereitet sie beim Scheibenschießen enormen Spaß, weil die großen Löcher mehr hermachen als die einer 9 mm Luger. Der Nachteil der dicken Brummer liegt in den hohen Munitionskosten bei intensivem Training. Doch diese lassen sich durch Wiederladen und bedachte Auswahl der Komponenten stark drücken und die Präzision kann oft gesteigert werden. Mit guten und günstigen Geschossen, Treibladungsmitteln und Zündhütchen lassen sich gut 1.000 Patronen für weniger als 200 Euro herstellen.

Wiederladen von Kurzwaffenmunition: Am Anfang ...

... steht die sorgfältige Auswahl der Komponenten. Eine schier unendliche Menge an Geschossformen, Gewichten, verschiedenen Treibladungsmitteln, Zündhütchen und Hülsen steht zur Verfügung. Den Erfahrungen der Tester nach lässt sich mit vielen qualitativ guten Geschossen bei entsprechender Abstimmungsarbeit eine gute Präzision erreichen. Zu einer hervorragenden Präzision, die im Bereich von Streukreisen unter 30 Millimeter auf 25 Meter liegt, bedarf es allerdings einer sehr sorgfältigen Auswahl, viel Zeit an der Ransom Rest und hochwertigen Geschossen wie Zündhütchen. Als weitere Voraussetzung für derartig gute Ergebnisse zählt auch eine Waffe, die grundsätzlich solche Ergebnisse liefert. Zum Glück gibt es viele Erfahrungswerte, so muss nicht jeder Wiederlader bei Null anfangen. Der Schütze sollte sich die ehrliche Frage stellen, welche Präzision er umsetzen kann. Wer in der Halbserie Präzision mit guter Munition in der Regel um und über 190 Ringe schießt, sollte auch eine Trainings-Munition nutzen, die zumindest die zehn der Präzisions-Scheibe hält. Also mindestens 50, besser 40 Millimeter. Nur so verbessern sich über das Feedback – sind die Treffer dort, wo sie vermutet wurden – die Fähigkeiten. Kratzt der Aspirant hingegen an einem guten Tag an 180 Ringen oder darunter, ist er mit Munition, die 50 bis 60 Millimeter erzielt, aber wesentlich günstiger ist, vielleicht vorerst besser bedient. Statt die Präzision der teuren Ladung nicht zu seinem Vorteil nutzen, kann er das gesparte Geld in höhere Quantität umsetzen, welche ebenfalls die Schießfertigkeit verbessert.

Das .45er-Geschoss beim Wiederladen

Verschiedene 45er-Geschosse auf einer Sportpistole.
Die Qual der Wahl: Alleine für die leichteren Geschosse der .45 ACP existieren die unterschiedlichsten Formen, Materialien und Beschichtungen.

Wer die Wahl hat, hat die Qual. Die Auswahl an Geschossen ist mannigfaltig. Von leicht bis schwer, von gefettetem oder beschichtetem Blei bis hin zum sehr teuren Hohlspitz-Mantelgeschoss. Doch welcher Typ ist der Richtige? Alleine die Haendler & Natermann Sport GmbH hat über 15 Varianten im Angebot. Als Erstes stellt sich die Frage nach dem Gewicht. Für das Präzisions-Schießen werden leichte Typen mit 185 oder 200 Grains bevorzugt. Viele Wiederlader wählen das SWC-Geschoss. Der Vorteil liegt auf der Hand: Dessen Scharfrand stanzt bildschöne Löcher, die den genauen Durchmesser des Projektils zeigen. Im Falle der .45 ACP ordentliche 11,45 Millimeter. Die dicke Pille stellt bei Wettbewerben mit freier Kaliberwahl somit einen echten Wettbewerbsvorteil dar. Diskussionen über den Einsatz eines Schusslochprüfers entfallen, die scharf gestanzten Löcher sind simpel zu werten. Der Nachteil dieser scharfrandigen Geschossform ist, dass manche Waffen mit der Zuführung Probleme haben oder die Geschosse mit nicht passenden Setzstempeln der Setzmatrize schräg in die Hülse gedrückt werden. Kegelstumpf- oder Rundkopfgeschosse stehen in der Präzision oft nicht nach und führen besser zu. Allerdings sehen die Löcher in der Scheibe bei weitem nicht so schön aus. Rundkopf- oder Kegelstumpfgeschosse generieren oft Löcher, die denen einer 9 mm oder 357er gleichen. Bei der Beschichtung scheiden sich die Geister: Gefettete Bleigeschosse bringen meist enge Streukreise und sind relativ günstig. Nachteilig ist die Rauch- und Geruchsentwicklung in Raumschießanlagen. Präzise Mantelgeschosse sind sehr gleichmäßig, allerdings meist teurer und nicht so laufschonend wie Blei. Ein gutes wie auch günstiges Mittel bieten beschichtete Bleigeschosse.

Die Hülsen in .45 Auto und ihr Material

Patronenhülsen unterschiedlicher Art von hinten.
Hülsen sind umso spröder, je höher der
Zinkanteil ist. In der Regel sind es die
billigeren Sorten, die einen Zinkanteil
über 28 Prozent aufweisen.

Das Hülsenmaterial spielt eine nicht zu unterschätzende Rolle. Qualitativ hochwertiges Material vom gleichen Hersteller ist empfehlenswert. Losgleichheit ist kein Muss, aber auch kein Fehler. Sehr wichtig bei der Auswahl ist die Härte des Messings. Sie wird vom Anteil des Kupfers bestimmt. Ein bewährter Mix ist die Legierung MS 72. Das sind 72 Teile Kupfer und 28 Teile – Eselsbrücke – Mess-Zink. Für weiche, also Bleigeschosse, bewähren sich die Hülsensorten mit höherem Kupferanteil, diese sind weicher. Ein gleichmäßiger Crimp, also die Anlage des Hülsenmundes am Geschoss, gewährleisten nur gleich lange Hülsen. Idealerweise werden die Hülsen erst entzündert und in einem Nass-Tumbler gereinigt. Für Intensivschützen eignet sich die zeitaufwändige Methode nicht. Gezünderte Hülsen zu reinigen und frische Zündhütchen in schmutzige Glocken zu setzen, bringt jedoch ebenfalls gute Ergebnisse.

Das richtige Treibladungsmittel für Kurzwaffenpatronen

Ohne "Pulver" in der Hülse geht nichts. Die Auswahl ist zwar nicht so groß wie bei den Geschossen, doch einige Regeln gilt es zu beachten. Für leichte Geschosse bis 200 Grains, wie hier vorrangig behandelt, empfehlen sich offensive Sorten, wie Vihtavuori N310 oder N320, Hodgdon HP38 oder Titegroup, Alliant Red Dot sowie Bullseye. Über 200 Grains kommen die etwas langsamer abbrennenden, progressiven Sorten ins Spiel.

Die Zündhütchen

Deren Einfluss auf die Präzision ist zwar vorhanden, im Kurzwaffenbereich jedoch geringer als das Zusammenspiel zwischen Hülse, Geschoss und Crimp. Dennoch sollte auf hochwertiges Material geachtet werden. Eine Besonderheit stellen Nontox-Zünder dar, deren Verwendung hat meist eine geringere Geschossgeschwindigkeit zur Folge. Das Zündhütchen soll mindestens plan, besser mit einigen hundertstel Millimetern Unterstand in der Zündglocke der Patronenhülse sitzen.

Der Ladevorgang bei der .45 ACP

Drei Patronen mit H&N Geschossen.
An einem H & N-Geschoss (links) wird die Abschabung im Setz-Vorgang verdeutlicht. Zu geringe Aufweitung oder zu starkes Crimpen während des Setzens sind die Ursachen.

Ob mit einer Mehr- oder Einstationen- Presse geladen wird, der erste Arbeitsgang ist das Rekalibrieren. Damit wird die Hülse auf ihre ursprünglichen Maße gedrückt und das Zündhütchen ausgestoßen. Die Hülse muss genügend tief in die Matrize einfahren, darf aber auch nicht zu eng kalibriert werden. Die Patrone sollte nach dem Geschosssetzen, noch ohne Crimp, bei festem Druck des Geschosses gegen die Werkbank ihre Gesamtlänge nicht verändern. Außen an der Hülse darf auch kein starker Abdruck des Geschosses erkennbar sein, neudeutsch: Choke bottle. Als Nächstes folgt das neue Zündhütchen, dann wird aufgeweitet. Das Prinzip "So viel wie nötig, so wenig wie möglich" schont die Patronenhülse und ermöglicht, das Geschoss ohne Abschabungen in eben diese Hülse zu pressen. Beschichtete Bleigeschosse reagieren darauf besonders empfindlich.

Geschoss steckt in Setzstempel.
Die Geschossform sollte absolut zur Negativ-Form des Setzstempels passen, besonders
bei weichen Geschossen.

Nach dem Einfüllen der korrekten Menge Treibladungsmittel folgt der wichtigste Schritt: das Geschosssetzen. Der Setzstempel muss optimal zur verwendeten Geschossform passen, sonst wird das Projektil gequetscht und die Präzision leidet. Eine penible Kontrolle lohnt sich hier. Der passende Setzstempel drückt nicht nur das Geschoss auf die korrekte Tiefe, er richtet es auch axial sauber zur Hülse aus. Viele Setzstempel passen im Auslieferzustand nicht auf jede gewünschte Geschossform, manchmal wird Anpassen durch vorsichtiges Nacharbeiten notwendig. Optimal abgestimmt, sollte die Länge der Patronen im Ladebetrieb nur im Bereich von +/- 0,1 Millimeter schwanken. Oft lassen sich aber Werte um nur 0,05 Millimeter realisieren.

Der Crimp: Was ist bei der .45 ACP notwendig?

Zuletzt folgt der Crimp. Ein leichter Tapercrimp reicht für die .45 ACP meist aus. Er sollte so stark sein, dass der Hülsenmund mindestens bündig am Geschoss anliegt und dieses durch den Repetiervorgang nicht in die Hülse geschoben wird. Bei Patronen mit Kegelstumpfgeschossen kann ein kurzer Übergangskonus im Lager dazu führen, dass die Patrone zwar lehrengängig ist, aber dennoch nicht in das Patronenlager passt. Eine finale Prüfung der angestrebten Laborierung im ausgebauten Lauf ist unerlässlich. Eine Dummy- Patrone mit der maximalen Patronenlänge für das jeweilige Geschoss stellt eine große Hilfe für spätere Nachbauten dar. Ein rotationsloser Geschossweg von mindestens 0,2 Millimeter ist erstrebenswert. Wer mehr Freiheit bei der Patronenlänge wünscht, lässt einen Büchsenmacher den Übergangskonus des Laufs nacharbeiten. Eine zu lange Patrone steht an den Zügen an. Das ist nicht nur der Präzision abträglich, auch der Gasdruck wird exorbitant erhöht. Schräg gesetzte oder beschichtete Geschosse, bei denen im Setzvorgang die Beschichtung beschädigt wurde, sind Präzisionskiller. Beim Verladen der beliebten HG-68-Geschossform ist es der Waffenfunktion zuträglich, den Scharfrand des Geschosses etwas über den Hülsenmund ragen zu lassen, dies hilft bei der Zuführung ins Patronenlager.

Schussbild auf einer Zielscheibe, sehr guter Streukreis.
Vor einem solchen Top-Ergebnis sind
eine Reihe von Kontrollserien und meist
hochwertige Komponenten erforderlich.

Fazit: Sollte ich die .45 ACP Wiederladen?

Die Pistolenpatrone .45 ACP wird zu Recht als gutmütig beschrieben. Aber es reicht nicht, einigermaßen zusammenpassende Hülsen, Geschosse und Treibladungsmittel zu mixen. Man kann kaum schlechte Ladungen generieren, aber es bleibt eine Herausforderung, hervorragende Laborierungen für dieses Kaliber zu entwickeln. Einigkeit besteht darin, dass die 45er sowohl zum Schießen als auch zum Laden eins der schönsten Kaliber ist. Die dicken Brummer machen Laune. Und wiedergeladen stehen sie im Vergleich zu anderen Kurzwaffenkalibern in einem hervorragenden Preis-Leistungsverhältnis. In diesem Sinne, gut Schuss!


Text: Clemens Bolz & Alexander Schell, Robert Riegel

Alle im Artikel genannten Ladedaten ohne Gewähr! Jeder Wiederlader handelt in eigener Verantwortung!

Noch mehr Infos: Dieser Artikel findet sich auch in der VISIER 5/2021. Dort ist zusätzlich eine übersichtliche Autoren-Auswahl von elf Ladedaten für die .45 ACP enthalten. Das Heft können Sie als Print- oder Digitalausgabe im VS Medien-Onlineshop erwerben.

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