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Nach diversen Verlegungen seiner amerikanischen Zentrale hat sich SIG-Sauer nun in Exeter, New Hampshire, angesiedelt. Daher stammt auch die P238. Es ist nicht das erste Mal, dass ein europäisches Unternehmen zur Erfüllung von Marktstrategien eine Produktionsstätte in Amerika eröffnet, einem Land, in dem eine große Nachfrage nach Kurzwaffen besteht, gleichzeitig restriktive Beschränkungen aber einen Import erschweren. Unter anderem ähnelt die P238 vage der ehrwürdigen 1911er von Colt. Das sollte den Erfolg der kleinen SIG-Sauer in der Kaliberklasse .45, die viele Anhänger hat, sichern. Die Pistolen im Kaliber 9mm kurz arbeiten normalerweise mit einem Masseverschluss. Darüber kann man sich nicht beschweren; solange die Waffe geladen und gesichert getragen wird, gibt es keine Fehlfunktionen.
Bei einem Masseverschluss bereitet die starke Verschlussfeder denjenigen Schwierigkeiten, die nicht über eine angemessen starke Hand verfügen – insbesondere den Frauen. Die Abmessungen dieser Waffen machen das Fertigladen auch nicht leichter. Bei kompakten oder sogar subkompakte Waffen ist es oftmals schwierig, den Schlitten zum Fertigladen zu greifen.
Daher war es eine ausgezeichnete Wahl, die kleine P238 mit einem kurzen Rückstoß-Verschlusssystem nach Bauart Browning zu versehen, weil dadurch keine starke Hand zur einfachen Bedienung der Kurzwaffe nötig ist. Das ist besonders wichtig im Hinblick auf eine Notwehrsituation: in solchen Stressmomenten werden oft selbst einfachste Handgriffe oft schwer bis unmöglich, da ist Einfachheit Trumpf.
Das bei der P238 verwandte Kaliber 9 mm kurz wird zuweilen geschmäht, weil dem Geschoss die „Wucht“ im Ziel fehle. Unserer Meinung nach ist sie aber eine ausgezeichnete Wahl für den Selbstschutz, insbesondere wenn sie auf der Straße und im Heim eingesetzt wird. Ausgestattet mit einer durchschnittlichen kinetischen Energie von 216 J, verfügt die Patrone 9 mm kurz über ein angemessenes Durchschlagsvermögen, um die Aufgabe zu erfüllen. Die Waffe wird in einem Plastikkoffer geliefert, der sehr gut zum Transport geeignet ist. Das Set umfasst ein einzelnes Magazin, Schmieröl im Blister-Pack, eine Pufferpatrone und eine Bedienungsanleitung. Das geformte Kydex-Holster sollte Erwähnung finden. Es erspart dem Schützen die endlose Suche in Waffengeschäften, um ein angemessenes Holster zu finden. Wenn man die kleinen Abmessungen des Holsters mit Verschluss bedenkt, raten wir, den Ziehvorgang gründlich zu prüfen, um einen angemessenen Gürtel zu finden, damit die Waffe beim Ziehen nicht mit dem Holster gezogen wird.
Der Schlitten besteht aus rostträgem Stahl, das Griffstück aus einer Aluminiumlegierung. Die Waffe erinnert äußerlich an die Colt 1911, genauer an die kleine Mustang, die die Frima mit dem springenden Pferdchen heute nicht mehr baut. Sehr wirkungsvoll ist das Beavertail, der Griffsporn, der das "Beißen" des Hahns verhindert. Die Außenmaße der P238 ermöglichen auch Schützen mit kleinen Händen, die Pistole zuverlässig zu greifen. Allerdings fehlt eine Auflage für den kleinen Finger, da das Griffstück sehr kurz ist. Dabei darf natürlich nicht vergessen werden, dass es sich um eine "Back up"-Waffe handelt, bei der das Unauffällige den Vortritt vor der perfekten Ergonomie hat. Der Hersteller bietet die P238 in zahlreichen Varianten an. Es gibt Waffen aus rostträgem Stahl, in zwei Farbtönen – wie hier gzeigt – oder vollständig matt mit einer widerstandsfähigen Nitrierung.
Wer es extravagant mag, kann den Schlitten auch mit einer regenbogenfarben schimmernden Beschichtung haben. Es gibt auch eine reich mit floralen Motiven gravierte Ausführung. Man hat eben die Qual der Wahl. Griffschalen gibt es aus Aluminium oder Kunststoff, wobei wir solche aus Nussbaumholz bevorzugen, auch wenn das etwas konservativ scheinen mag. Die Riffelung der Griffschalen und des Griffstücks ermöglichen trotz der geringen Abmessungen einen guten Griff. Der Schlitten hat gut greifbare Fräsungen, die das Fertigladen mit dem Griff über den Schlitten ermöglichen. Beim taktischen Einsatz ist das sowieso zu empfehlen.
Die SIG-Sauer P238 ist eine Selbstladepistole mit außenliegendem Hahn und einfachem Single-Action-Abzug. Der Hersteller gibt das Abzugsgewicht mit 3,2 kg an. Das hier erprobten Modell lässt sich auf kurze taktische Distanzen damit gut schießen. Eine der positiven Eigenschaften der SIG-Sauer P238 ist die Übernahme der Verriegelung im Auswurffenster mittels modifiziertem Browning-System mit kurzem Laufrücklauf.
Das erleichtert das Zurückziehen des Schlittens und damit die Handhabung der Waffe. Aufgrund dieser modifizierten Verriegelung sucht man vergebens an Lauf und Schlitteninnenseite Fräsungen und Warzen für die Verriegelung. Die Oberkante des Laufstücks über dem Patronenlager stützt sich im Auswurffenster am Schlitten ab. Erst wenn der Lauf nach unten weggezogen wird, entriegelt das System. Das Abschwenken des Laufes wird nicht von einem Kettenglied, sondern von einer angefrästen Steuerkurve erzwungen. Dieses modifizierte Browning-System ist leichter zu fertigen und erfreut sich heute weiter Verbreitung.
Wenn das gefüllte Magazin richtig in die Waffe eingeführt wurde, wird die Waffe durch Zurückziehen des Schlittens fertiggeladen. Dabei wird der Hahn gespannt. Löst man den Schuss aus, gehen Lauf und Schlitten wenige Milimeter verriegelt zurück, dann geht der Lauf nach unten und wird angehalten und entriegelt, während der Schlitten weiter zurückläuft. Beim Vorgehen führt er eine neue Patrone zu und spannt den Hahn.
Die Schrauenbfeder unter dem Lauf sorgt dafür, das der Schlitten wieder nach vorne geht und verriegelt.
Nachdem die letzte Patrone aus dem Magazin heraus ist, wird der Schlitten nach dem Schuss hinten gefangen. Der Zubringer des Magazisn steuert diesen Kammerfang.
Die Waffe besteht nur aus wenigen Teilen und ist leicht ohne Hilfsmittel zu zerlegen.
Nach der obligatorischen Sicherheitsüberprüfung muss man nur den Schlitten mit der Hand so weit zurückziehen, bis die Nase des Zerlegehebels durch die halbrunde Ausfräsung links unten am Schlitten passt. Den Hebel kann man dann nach links aus der Waffe herausdrücken.
Der Schlitten läst sich daraufhin nach vorne vom Griffstück herunterziehen.
Erst nimmt man dann die Schraubenfeder mit ihrer Führungsstange vorsichtig ab, dann kann man den Lauf aus dem Schlitten herausnehmen. Baut man die Waffe wieder zusammen, dann muss man darauf achten, dass der Hebel für die Sicherung nach unten gelegt ist.
Die Pistole ist mit einer automatischen Schlagbolzensicherung ausgestattet. Sie erlaubt es, die fertiggeladene Waffe mit einer Patrone im Lauf zu führen.
Für die Freunde des Colt-System gibt es auch eine händische Sicherung, mit der die Waffe in "condition one" geführt werden kann. Dabei befindet sich ein Schuss im Lauf, der Hahn ist gespannt, die Waffe gesichert. Zusammen mit der Waffe wird ein Magazin aus gefalztem Metallblech ausgeliefert, das sechs Schuss fasst. Es hat Bohrungen, dank derer man die Zahl der geladenen Patronen kontrollieren kann.
Allerdings fehlt, wie schon beschriebhen, die Stütze für den kleinen Finger, was den Bedienkomfort beim Schießen etwas einschränkt. Magazine mit einem solchen Ansatz sind aber im Zubehörhandel erhältlich.
Die P238 hält sich nicht an die Regel, dass subkompakte Pistolen suboptimale Visierungen haben müssen.
Bei der kleinen SIG-Sauer sind die Teile der Visierung gut dimensioniert und überrraschend gut zu erkennen. Das ist den weißen Punkten zu verdanken. die in Bohrungen sitzen. Visierteile für diverse andere Konfigurationen sind erhältlich, auch kann man mit diesen abweichende Haltepunkthöhen ausgleichen. Im praktischen Gebrauch wird die Waffe hauptsächlich zur Selbstverteidigung eingesetzt. MIt etwas Übung müsste man unserer Meinung nach auch auf 25 m halbwegs brauchbare Schussgruppen erzielen können.
Für die Waffe gibt es in der Extreme-Version auch Magazine mit sieben Schuss Kapazität und Fingerauflage, ebenso ist eine Ausführung mit Laser lieferbar.
Zusammenfassung. Die Marke SIG-Sauer ist eigentlich für sich schon die Garantie für eine gute Mechanik und gute Materialien. Wenn man berücksichtigt, dass wir nicht von einer Sportwaffe reden, sondern von einem Gegenstand, dem man sein Leben anvertrauen muss, dann denken wir, dass die Qualität im Vordergrund stehen muss. Auf den Preis sollte man dabei weniger achten, auch wenn er in diesem Fall bei ungefähr 850 Euro liegt.
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