Ruger 10/22 Competition im Test: Was kann der Kleinkaliber-Selbstlader aus dem Ruger Custom Shop?

Zu den weltweit erfolgreichsten Kleinkaliber-Halbautomaten zählt bekanntermaßen das Ruger-Modell 10/22, das in riesigen Stückzahlen seit 1964 bis heute gebaut wird und für das von unzähligen Tuningfirmen spezialisierte Nachrüstbauteile angeboten werden. Erfreulich hierbei ist, dass beispielsweise ein Ruger 10/22 Carbine mit Kunststoffschaft in brünierter Ausführung schon für schlappe 320,- Euro den Besitzer wechselt. Da ist die hier vorgestellte Matchausführung aus dem Custom Shop mit einem Anschaffungspreis von 1.012,- Euro schon geradezu sündhaft teuer. Die beiden anderen 10/22 Competition-Modelle aus dem Ruger Custom Shop mit unterschiedlich konturierten Schichtholzschäften legen preislich mit 1.145,- Euro und 1.151,- Euro sogar noch etwas drauf. Hierbei sollte man aber auch bedenken, dass dann wiederum hochgezüchtete Matchgewehre auf 10/22-Basis von renommierten Tuningschmieden wie Volquartsen Firearms das Doppelte kosten (siehe etwa caliber 1/2019). Was kann man also von den KK-Selbstladern der gehobenen Preisklasse des Originalherstellers erwarten?

10/22 Competition von Ruger komplett von links.
Das 10/22 Competition aus der hauseigenen Ruger-Tuningschmiede mit dem markant lackierten Laminatholzschaft wiegt 2.700 Gramm.

Die Ruger 10/22 Competition im Detail

Das Herzstück der Waffe bildet ein Systemkasten aus einer 6061 T6-Aluminiumknetlegierung, womit dieser Werkstoff zu den ALMgSi-Legierungen gehört. Die Festigkeit ist zwar nicht so hoch wie bei der Alulegierung 7075 T6, dafür lässt sich das 6061 aber deutlich besser kalt verformen. Die Alulegierung 7075 T6 wird häufig bei Systemgehäusen von AR-15-Gewehren eingesetzt. Für eine Randfeuerwaffe ist diese Legierung nicht erforderlich und somit ist die Werkstoffauswahl von Ruger sicherlich passend. Das CNC-bearbeitete Verschlussgehäuse wurde wärmebehandelt, spannungsreduziert und eloxiert. Aus dem Leichtmetallblock herausgefräst wurde die integrale Optikmontageschiene auf der Systemkastenoberseite. Sie besitzt, wie auch die Picatinny-Schiene des Ruger Rimfire Precision Repetiergewehrs (siehe unsere Vorstellung bei all4shooters und für den Test caliber 7-8/2018), eine 30-MOA-Vorneigung, sodass man als Zielfernrohrschütze auch auf längeren Entfernungen über ausreichend Höhenverstellumfang verfügt. Allerdings wird in unseren Breitengraden mit Kleinkalibergewehren wohl nur selten über die 100-Meter-Grenze hinaus geschossen. Im Inneren verrichtet ein Masseverschluss seine Arbeit. Im Leichtmetallsystemkasten lagert ein kaltgehämmerter, 410 Millimeter langer, kannelierter Bull-Barrel-Matchlauf mit klassischem AR-15-Mündungsgewinde ½"x28 UNEF. Die Ruger 10/22 Competition wird mit einer Mündungsbremse ausgeliefert, es können aber auch nachträglich andere Mündungsaufsätze oder Schalldämpfer montiert werden. Der in einem schwarzgrau gesprenkelten Design lackierte Schichtholzschaft besitzt eine justierbare Wangenauflage, die vertikal und horizontal verschoben werden kann, was für eine entspannte Kopfposition beim Zielfernrohrschießen sorgt.

Bettung des Ruger 10/22 in .22 l.r. in den Schaft.
Das System des Ruger 10/22 Competition war sauber mit großer Auflagefläche in den Schaft eingebettet.
Das System Ruger 10/22 ohne Schaft.
Das aus dem Schaft befreite System 10/22 ohne eingesetztes Kastenmagazin.

Komplettausstattung: Das bringt das Custom Shop 10/22 mit

Abgerundet wird das kleine Gewehrlein durch einen Ruger BX-Matchabzug, der ein gemessenes Abzugsgewicht von 1.280 Gramm bei sauberer Charakteristik mit minimalem Durchfallweg und positivem Rückstellweg ("Trigger Reset") aufwies. Vergrößerte Bedienelemente wie Ladehebel, Magazinauslöser und Sicherungsdruckknopf verbessern die Handhabungseigenschaften, was vor allem in dynamischen Schießsportdisziplinen, in denen auch der Faktor Zeit eine Rolle spielt, von Vorteil ist.

Alle Daten, Preise und Details zum Ruger 10/22 Competition aus dem Custom Shop

Modell:Ruger Custom Shop 10/22 Competition
System:Feder-Masse-Verschluss
Lauf:410 mm langer, kannelierter Bull-Barrel-Matchlauf mit 1-16“-Drall und ½"x28 UNEF-Mündungsgewinde
Schaft:lackierter Schichtholzschaft mit verstellbarer Schaftbacke und Riemenbügelösen
Magazin:Kastenmagazin mit einer Kapazität für 10 Patronen
Abzug:Ruger BX-Matchabtzug, gemessenes Abzugsgewicht 1.280 Gramm
Sicherung:2-Positionen-Druckknopfsicherung an der Abzugsbügeleinheit, die direkt auf den Abzug wirkt
Länge:91,5 cm
Gewicht: 2.700 g
Preis:1.012,- Euro
Masseverschluss eines 10/22 ohne Ladehebel.
Masseverschluss des 10/22 Competition aus dem Ruger Custom Shop mit entferntem Ladehebel im Detail.

Ruger hat die Wartung des 10/22 vereinfacht

Ein weiteres, cleveres Ausstattungsmerkmal der Ruger 10/22 Competition aus dem Custom Shop ist die "Demontagestellung", die eine Wartung und Pflege des KK-Matchgewehrs simpler gestaltet. Bevor man diese aber sieht, muss erst das System aus dem Schaft befreit werden. Hierfür müssen zwei Systemschrauben auf der Unterseite des lackierten Holzschafts gelöst werden. Der Systemkasten liegt mit seinen großen, geraden Flächen satt im Schaft auf. Wie wir es von einer Custom-Shop-Waffe erwartet haben, waren die Hauptbauteile mit Minimalspiel aufeinander abgestimmt. Hält man nun das System in den Händen, dann kann nach Entfernung der Fixierbolzen das Abzugssystem herausgenommen werden. Zieht man nun den Ladehebel samt Verschluss nach hinten, erreicht man die Demontageposition. Mit ein wenig Druck nach unten hält man dann sofort als Einzelkomponenten den Verschluss, die Federführungsstange, die Schließfeder und auch den Ladehebel in der Hand.

System mit ausgebauter Abzugseinheit des 10/22.
Die mit Arretierungsstiften fixierte Abzugseinheit des Ruger 10/22 Competition lässt sich einfach ausbauen.

So kann man jedes Bauteil perfekt reinigen. Beim Zusammenbau sollte man dann die richtige Reihenfolge beachten: Zuerst wird die Feder auf die Führungsstange geschoben und dann wird diese schon mal im Systemkasten positioniert. Anschließend kommt durch das Auswurffenster der Ladehebel und die Führungsstange wird durch ihn durchgeschoben. Jetzt kann die Stange in ihrer Raste eingelegt werden. Anschließend wird der Ladehebel nach hinten gezogen. Dieser muss so weit nach hinten gezogen werden, bis der Verschluss mit der entsprechenden Ausnehmung wieder von oben eingesetzt werden kann. Klingt kompliziert, aber die nötigen Handgriffe hat man in ein paar Minuten drin.

Mit dem Ruger 10/22 Competition in .22 l.r. auf dem Schießstand

Ruger Custom Shop Logo auf dem 10/22.
Auf dem Systemkastenheck des 10/22 Competition prangt das Logo des jungen Ruger Custom Shops.

Ausgerüstet mit Leupold PRW2-Montageringen, Sightron 6-24x50 SIII Long Range Tactical-Zielfernrohr und UTG-Zweibein zogen wir mit der kompakten Ruger 10/22 Competition auf den Schießstand. Der von der Ruger Precision Rifle (RPR)-Serie übernommene Justiermechanismus der Schaftbacke erleichterte eine ideale Einstellung für den präzisen Schuss. Nach Herstellerangaben wurde auch das Patronenlager des Laufes modifiziert, um den Zufuhr- und Ausziehvorgang der Patronen/Hülsen zu optimieren. Hierzu können wir nur berichten, dass der kleine KK-Halbautomat jede Munitionssorte klaglos verdaute und auch bei intensivem Schießen ohne Reinigung gab es keine Funktionsstörungen zu beanstanden. Dieses Gewehr reagierte nicht sensibel auf Schmutz. Mit der passenden Patrone kann man mit dem Custom-Shop-Exemplar richtig kleine Streukreise in die Scheibe lochen, die sich hinter den Resultaten von Kleinkaliber-Repetiergewehren nicht verstecken müssen. So realisierten wir mit der RWS 100-Matchpatrone auf 50 Metern eine 8 Millimeter messende Gruppe. 12 Millimeter betrug der Streukreis, den wir mit der RWS Pistol-Match-Munition produzieren konnten. Doch auch mit im Vergleich zur RWS 100 Match günstigeren Munitionssorten wie der Federal Target Champion, die gerade einmal 5 Euro pro Packung kostet, gelangen uns respektable Ergebnisse. So erreichten wir mit dieser bestens für das Training geeigneten Patrone einen 14 Millimeter großen Streukreis.

Detail der Wangenauflage des Competition.
Die verstellbare Wangenauflage am kurzen Hinterschaft der Ruger 10/22 Competition.
Pica-Rail auf dem Ruger 10/22-Systemkasten.
Die integrale Optikmontageschiene auf dem Systemkasten des 10/22 von Ruger mit 30 MOA Vorneigung.

Das Fazit zum KK-Halbautomaten von Ruger

Das Ruger 10/22 zählt nicht ohne Grund zu den weltweit beliebtesten Kleinkaliber-Selbstladegewehren. Mit den Modellen aus der hauseigenen Tuningschmiede wird der junge Klassiker nochmals im Detail verfeinert. Mit justierbarem Schaft, Matchabzug, Matchlauf und gehobener Ausstattung ist jede Menge Schießspaß bei überzeugender Leistung garantiert. Hierbei muss man dann im Vergleich zu den Standardmodellen, die schon für etwas mehr als 300 Euro zu haben sind, tiefer in die Tasche greifen. Denn unser hier vorgestelltes Testexemplar kostet 1.012,- Euro, ist aber unseres Erachtens nach jeden Cent wert.


Text: Stefan Perey und Michael Fischer

Dieser Artikel erschien zuerst in der caliber, Ausgabe 5/2020. Dieses Heft ist sowohl als Print-, wie auch als Digitalausgabe im VS Medien-Shop verfügbar. Dort finden Sie auch alle Schießergebnisse im Detail.

Weitere Informationen zu den Waffen von Ruger finden Sie auf den Seiten des Herstellers.

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