Bleiverbot in Munition: Jetzt ist die EU-Kommission am Zug. Was können Lobby-Organisationen wie die AFEMS im Interesse aller Sportschützen und Jäger noch verhindern? 

Wie wir bereits berichtet haben (hier finden Sie unseren Artikel dazu), treibt die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) über ihre wissenschaftlichen Ausschüsse für sozioökonomische Analyse (SEAC) und Risikobewertung (RAC) ihren Vorschlag, die Verwendung von Blei für Munition bei der Jagd sowie beim Sportschießen und − übrigens nicht zu vergessen − auch beim Angeln zu verbieten, weiter voran. Das Ganze findet unter dem Vorwand der "Umweltrisiken" für Wild- und Nutztiere, die sich aus der Verwendung von Blei ergeben sollen, statt. All dies unter völliger Missachtung fundierter wissenschaftlicher Beweise, handfester Einwände und zudem auch an der Realität vorbei. Die oben genannten ECHA-Ausschüsse haben ihre technischen Empfehlungen an die Europäische Kommission zur Prüfung weitergeleitet, damit der REACH-Ausschuss mit der Ausarbeitung des Entwurfs einer Verordnung zur Beschränkung der Verwendung und des Inverkehrbringens von Bleimunition bei Outdoor-Aktivitäten beginnen kann.

AFEMS bringt zweckdienliche Vorschläge für die weitere Verwendung von Blei in Munition bei ECHA und EU-Kommission ein

Dank der Lobbyarbeit von Organisationen wie dem AFEMS (Association of European Manufacturers of Sporting Ammunition = Verband der europäischen Hersteller von Sportmunition) konnten einige Änderungen an den seitens der ECHA bereits geplanten Empfehlungen erreicht werden. Diese Änderungen umfassen:

  1. Verbesserung bei den Anforderungen für Munition (mit Ausnahme von Schrot) für das Sportschießen: Die Nutzung kann fortgesetzt werden, wenn die Freisetzung von Blei in die Umwelt innerhalb einer fünfjährigen Übergangszeit minimiert wird. Dies bedeutet, dass Sportschießanlagen entweder mit Geschossfängen nach der "bestmöglichen Praxis" ausgestattet werden. Die Rückgewinnungsrate von 90 % des verwendeten Bleis ist damit erstmal  "vom Tisch".
  2. Verbesserte Bestimmungen bei den Kennzeichnungsvorschriften: Die Ausschüsse empfehlen, dass die Konzentrationsschwelle von 1 Gewichtsprozent, die für die Beschränkung der Verwendung und des Inverkehrbringens von Bleimunition verwendet wird, auch für die Kennzeichnungs- und Informationsanforderungen gelten sollte. Die ECHA hatte ursprünglich einen Schwellenwert von 0,3 Gewichtsprozent als Auslöser für die Kennzeichnungspflicht vorgeschlagen. RAC und SEAC sind außerdem der Ansicht, dass eine Ausnahmeregelung eingeführt werden sollte, die die Verwendung von Kupfer oder Kupferlegierungen mit einem Bleianteil von bis zu 3 % in Geschossen erlaubt.
  3. Weitreichendere Ausnahmeregelungen für die Jagd: eine dauerhafte Ausnahmeregelung für Vollmantelgeschosse und sogenannte Open-Tip-Geschosse ist vorgesehen. Für die Robbenjagd mit Bleimunition soll eine Ausnahmeregelung gelten, sofern diese Jagd erlaubt ist.

Verbot von Blei in Munition: Sind hier in naher Zukunft weitere schlechte Nachrichten zu erwarten?

Leider gibt es nun mit Blick auf die Ausnahmeregelung für Bleischrot beim Sportschießen auch schlechtere Regelungen: Der RAC ist der Ansicht, dass die Durchsetzung der Beschränkung von Blei vereinfacht würde, wenn diese Ausnahmeregelung nicht umgesetzt würde. Sollte der Entscheidungsträger jedoch beschließen, dass diese Ausnahmeregelung erforderlich ist, schlägt der RAC vor, sie auf die im Sportschießen verwendeten Schrote (zwischen 1,9 und 2,6 mm) zu beschränken.

Der AFEMS weist darauf hin, dass der von der ECHA vorgelegte Vorschlag von der Europäischen Kommission noch in vielen Punkten geändert werden kann. Das ist nicht gerade beruhigend, wenn man die nicht vorhandene Sachkompetenz und die offensichtlich vorliegende ideologische Voreingenommenheit bedenkt, die die Kommission in der jüngsten Vergangenheit schon gezeigt hatte.

Wie auch immer, die AFEMS geht auch davon aus, dass der Zeitplan durch die wachsenden Bedenken mit Blick auf die Versorgungslage bei der militärischen Produktion und die bevorstehenden politischen Wahlen in der Europäischen Union im zweiten Quartal 2024 beeinflusst werden könnten. Im ungünstigsten Fall könnte die Beschränkung bereits im 4. Quartal 2023 verabschiedet werden, sollte es jedoch zu umfangreichen politischen Diskussionen kommen, ist wohl mit einer längeren Verzögerung zu rechnen.

Was die ECHA und alle EU-Institutionen jedoch nicht berücksichtigen, ist die wahnwitzige Situation, zu der eine solche Beschränkung von Blei in Munition führen würde, mit völlig unterschiedlichen Auslegungen und rechtlichen Konsequenzen bei Nichteinhaltung der geplanten Regelungen in den einzelnen EU-Staaten (die Einstufungen reichen von Ordnungswidrigkeit bis hin zum Straftatbestand). Zudem ist es völlig unklar, wie die verschiedenen EU-Länder mit ihren unterschiedlichen Gesetzen, Kontexten und Traditionen die Beschränkungen in so kurzer Zeit umsetzen sollen, selbst wenn man die Auswirkungen auf die Munitions- und Waffenindustrie außer Acht lässt. Erinnern Sie sich noch an den törichten Werdegang des kürzlich angekündigten Verkaufsverbots für neue Benzin- und Dieselfahrzeuge in der Europäischen Union ab 2035? Das Drehbuch ist immer dasselbe: ideologische Vergiftung, undurchsichtige Interessen, schiere Inkompetenz und völlige Missachtung der Interessen des einfachen Bürgers.


Weitere Informationen über die AFEMS finden Sie auf der dessen englischsprachiger Webseite:  https://www.afems.org/

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