Änderungen im Waffenrecht 2021: Der Entwurf zur Verschärfung des Waffengesetzes wurde jetzt doch noch zurückgezogen, das sagen DSB und VDB

UPDATE 09.06.2021 Gesetzesentwurf der Bundesregierung zur Verschärfung des Waffengesetzes zurückgezogen.

Nach Übereinstimmenden Meldungen des Deutschen Schützenbundes (DSB) und des Verbandes Deutscher Büchsenmacher und Waffenfachhändler e. V. (VDB) hat die Bundesregierung den Gesetzesentwurf nun wohl spontan zurückgezogen. Es gebe dazu keine offizielle Stellungnahme, allerdings ließe die Planung der letzten Bundestagssitzungen vor Sommerpause und Wahl darauf schließen. Noch ist unklar, woher der Sinneswandel rührt. Dazu Peter Braß, VdB-Experte für Interessenvertretung, in der Mitteilung des Verbandes: "Wir haben unseren Ärger über diesen Nacht-und-Nebel-Entwurf heruntergeschluckt und sofort den konstruktiven Dialog mit der Politik gesucht“, sagt Braß. "Dabei war es - neben der ausführlichen Stellungnahme des VDB - die große Beteiligung an unserem Briefgenerator, die dem Thema Waffenrecht auf der politischen Agenda die nötige Aufmerksamkeit gesichert hat." Der DSB kommentiert dazu in seiner Mitteilung: "Dass dies nun mit vereinten Kräften, mit vielen Gesprächen mit den politisch Verantwortlichen in Berlin verhindert werden konnte, ist sicherlich erfreulich. Nichtsdestotrotz werden wir die Entwicklungen im Bereich des Waffenrechts weiterhin sehr aufmerksam verfolgen und uns auf den verschiedenen politischen Ebenen mit Nachdruck für die Interessen unserer Mitglieder einsetzen."

Auch all4shooters.com bleibt selbstverständlich am Ball und wird Sie umfassend informieren, wenn es Neuigkeiten zum Waffengesetz gibt. Aber die aktuelle Situation zeigt: Gute Argumente haben die Chance gehört zu werden. Wir hoffen, dass wir das Thema in Kürze dann auch von offiziellen Regierungsstellen bestätigt bekommen. Danke an alle Mitstreiter.

UPDATE 20.05.2021 – Nun hat auch der Verband Deutscher Büchsenmacher und Waffenfachhändler e. V. (VdB) erneut reagiert: Mit einem Briefgenerator. Denn nur wenn sich die Waffenbesitzer zu Wort melden, gibt es eine Chance, die Verschärfung zu kippen.

Deshalb hat nun auch der VdB mit einem webbasierten Briefgenerator auf die neuesten Verschärfungspläne der Bundesregierung zum Waffengesetz reagiert. Hier können Betroffene Waffenbesitzer (Jäger und Sportschützen) sowie Unterstützer ganz einfach eigene Briefe erstellen, um sie an ihre Abgeordneten zu versenden. Laut VdB ist das Ziel: "Mit Niveau und ohne Beleidigungen verschaffen wir unseren Forderungen Gehör." Zur Teilnahme ist nur die Eingabe weniger Daten erforderlich. Auf Knopfdruck erstellt das VdB-Tool dann einen fertigen Brief, den Sie nur noch verschicken müssen. Sie finden den Generator unter www.briefgenerator.de!

UPDATE 18.05.2021 – Auch der DSB nimmt in einer Pressemitteilung zum Gesetzesentwurf des Waffenrechts ungewohnt scharf Stellung:

In besagter Pressemitteilung hat der Deutsche Schützenbund (DSB)  – in vom Verband ungewohnt scharfer Sprache – seine Ablehnung des nun noch einmal verschärften Gesetzesentwurfes bekräftigt. So wurde etwa das im Referentenentwurf noch vorhandene Zustimmungserfordernis bei der Entbindung von der Schweigepflicht (Details: siehe unten) gestrichen. Der DSB schreibt dazu: "Die Schweigepflicht des Arztes gilt nicht nur als eine der höchsten ärztlichen Standes- und Rechtspflichten und ist standes- und strafrechtlich normiert. Das Arztgeheimnis trägt darüber hinaus der in Art. 1 und Art. 2 des Grundgesetzes verfassungsmäßig gewährleisteten Würde des Menschen und seinem Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit und informationelle Selbstbestimmung Rechnung." Daneben werden weitere Punkte des Gesetzesentwurfes kritisiert, so etwa die erwähnten Meldeverpflichtungen von Behörden. Abschließend macht der DSB auch seine Kritik am Umgang von Seiten des Bundesinnenministeriums mit den Verbänden sehr deutlich: "Die bisher nicht für mögliche gehaltene Respektlosigkeit, mit der im Gesetzentwurf der Bundesregierung die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger missachtet werden, und die Geschwindigkeit, mit der dieses Gesetz mit seiner Vielzahl an unpraktikablen, überbürokratischen und insgesamt nicht zielführenden Bestimmungen jetzt verabschiedet werden soll [...]". Dieser noch nie dagewesene Umgang zeigt aus Sicht von all4shooters.com eines: Die Bundesregierung scheint sich im Waffenrecht mittlerweile völlig von der Expertise der Verbände entfernt zu haben. Das Ziel scheint es nun zu sein, im Eiltempo Gesetze durch das Parlament zu bringen, deren Nutzen höchst fraglich ist. Damit ist man im Bereich des Waffenrechts bei blindem Populismus angekommen. Die Pressemitteilung des DSB ist sehr lesenswert. Sie finden sie auf den Seiten des Verbandes.


Das ist schon länger ist bekannt: Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI) hat einen neuen Referentenentwurf ausgearbeitet, durch den die Überprüfungen von Waffenbesitzern massiv verschärft und bürokratisiert werden sollen. Neben den aktuell im Bundestag befindlichen Veränderungen des Jagd und Waffenrechts, liegen damit zwei Veränderungen im Waffengesetz auf dem Tisch. Der neueste Entwurf liegt all4shooters.com vor.

Das steht im Entwurf des BMI zum neuen Waffengesetz 2021:

Das Papier datiert auf den 18. März 2021 und trägt den Titel "Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung waffenrechtlicher Personenüberprüfungen". Der Inhalt gliedert sich im Wesentlichen in drei Teile: eine Änderung des § 5 WaffG (Zuverlässigkeit), des § 6 WaffG (Persönliche Eignung) sowie des § 55 WaffG ("Ausnahmen für Behörden"). Zentral und den privaten Waffenbesitzer betreffend sind dabei die beiden ersten Änderungen. Hier sollen die Überprüfungen der Waffenbesitzer an Umfang gewinnen.

Künftig ist eine deutlich umfangreichere Zuverlässigkeitsprüfungen geplant

In Bezug auf die Zuverlässigkeit soll nach dem Willen des BMI eine zusätzliche Abfrage der Waffenbehörde beim Bundespolizeipräsidium und beim Zollkriminalamt stattfinden. Zudem würden künftig alle Polizeidienststellen der Wohnsitze des Antragstellers aus fünf Jahren abgefragt. Bisher wird nur die aktuell zuständige Dienststelle einbezogen. Der § 6 WaffG bezieht sich auf die persönliche Eignung, also etwa, ob vorsichtig mit Waffen und Munition umgegangen wird. Hier muss die Waffenbehörde nach dem Referentenentwurf künftig auch verpflichtend die örtliche Polizei anfragen. Bisher handelte es sich um eine "Soll-Vorschrift".

Werden Gesundheitsämter künftig in ihren Archiven forschen müssen, um
die Flut der waffenrechtlichen Anfragen zu bearbeiten? (Beispielbild)

Außerdem möchte man den Paragraphen noch um eine ebenfalls verpflichtende "Stellungnahme des für den Wohnsitz der betroffenen Person zuständigen Gesundheitsamtes". Dabei sieht man ein recht komplexes, mehrstufiges Verfahren vor: So soll die Waffenbehörde in einem ersten Schritt beim Gesundheitsamt anfragen, ob Tatsachen bekannt sind, die gegen die persönliche Eignung des Waffenbesitzers sprechen. Würde diese Anfrage verneint werden, wäre dieser Teil abgeschlossen. Würde die Anfrage hingegen bejaht, müsste die Waffenbehörde den Überprüften um eine Befreiung von der Schweigepflicht bitten. Wird sie erteilt, holt die Waffenbehörde sodann die Erkenntnisse des Gesundheitsamtes ein und bewertet diese entsprechend allen anderen Informationen. Was passiert, wenn der Betroffene die Entbindung von der Schweigepflicht ablehnt? Das sieht der Entwurf nicht vor. Allerdings würde die Überprüfung dann vermutlich schlicht negativ beschieden werden.

Abschließend bekommt der "6er" auch noch einen § 6 a und § 6 b. Ersterer regelt eine Plicht der Verfassungsschutzbehörden, "Name, Vorname, Geburtsdatum, Geburtsname, Geburtsort, Wohnort und Staatsangehörigkeit der betroffenen Person" zu speichern und dann einen sogenannten "Nachbericht" an die Waffenbehörde zu geben, wenn Tatsachen bekannt werden, die bei der eigentlichen Abfrage schon hätten gemeldet werden müssen. Der § 6 b soll in eine ähnliche Richtung zielen und würde künftig "andere als die in § 5 und 6 genannten Behörden" verpflichten, eine etwaige Unzuverlässigkeit bei der Waffenbehörde anzuzeigen, falls sie ihr bekannt wird. Dazu muss sie laut Entwurf erst Fragen, ob die entsprechende Person überhaupt legal über Waffen verfügt.

Am Ende gibt es eine Änderung in § 55 WaffG. Die soll künftig auch "[Bedienstete, d. Red.] von zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtungen" von der Anwendung des Waffengesetzes ausnehmen.

Das sagen die Verbände zum neuen Verschärfungsvorschlag

Auf den Entwurf reagiert haben etwa schon das Forum Waffenrecht (FWR) und dessen angeschlossenen Verbände (unter anderem etwa der VDB, der BDS, der BDMP und die DSU), der Deutsche Schützenbund (DSB) und prolegal. Einhellig stellt sich hier die Einschätzung der Regelungen als Bürokratiemonster dar. So schreibt das FWR in Bezug auf die Verzögerungen bei der zuletzt eingeführten Verfassungsschutzabfrage: "Nach den beschriebenen schlechten Erfahrungen sollen unsere Mitglieder nicht erneut die Leidtragenden von purem Aktionismus werden." Man fordert gerade in Bezug auf das Bundespolizeipräsidium und das Zollkriminalamt, erst gangbare Übermittlungsmechanismen zu finden. Eine Einbeziehung der Gesundheitsämter wird abgelehnt. Ähnlich äußert sich der DSB: "Wie an den oben genannten Ausführungen erkennbar, halten wir die vorliegenden Änderungen des Referentenentwurfs – trotz der grundsätzlich positiven Bestrebung, Extremisten, Kriminellen oder psychisch-kranken Personen den Zugang zu Waffen zu erschweren und bestenfalls unmöglich zu machen – für nicht angemessen und nicht zielführend." Zudem "[...] schließt sich der Deutsche Schützenbund im Übrigen den Ausführungen des Forums Waffenrecht voll inhaltlich an", soweit das die aufgeworfenen Fragen betreffe. Prolegal hingegen reagiert energischer, gibt keine Stellungnahme auf die Anfrage des BMI ab und schließt mit: "prolegal e.V. lehnt die angedachten Verschärfungen des Waffenrechts in Form und Inhalt in Gänze ab.

Einordnung und Kommentar zur weiteren Verschärfung im Waffengesetz 2021:

Über die Änderung des § 55 WaffG wurde – insbesondere in den sozialen Medien – viel diskutiert und dabei auch oft falsches behauptet. Denn entgegen einiger Äußerungen sind viele Behörden schon lange von der Anwendung des Waffengesetzes ausgenommen. "Viel Lärm um nix", schrieb dazu die bekannte Waffenrechts-Expertin Katja Triebel in den sozialen Medien, in Bezug auf die entsprechende, kürzlich bereits geänderte Verordnung. Dem kann sich der Autor nur anschließen.

Deshalb zu den wichtigen Änderungsvorschlägen: Ein großes Bürokratiemonster stellt ohne Frage der Vorschlag einer Abfrage des Gesundheitsamtes dar. Die Aufgaben der Behörden übernehmen etwa im Saarland sechs Gemeindeverbände, in NRW 31 Kreise und 22 kreisfreie Städte. Zudem verfügt jedes Land über unterschiedliche gesetzliche Regelungen. Das heißt, die bereitstehenden Informationen können von Bundesland zu Bundesland stark variieren und werden ohnehin recht überschaubar sein. Weiterhin der Modus der Abfrage: Im ersten Schritt hat das Gesundheitsamt zu beurteilen, ob Tatsachen bekannt sind, die gegen die persönliche Eignung der Person sprechen. Das mag in einigen Fällen eindeutig sein, in den meisten aber vermutlich nicht. Das Gesundheitsamt hat keine Expertise im Waffengesetz, mit entsprechend unterschiedlichen Maßstäben ist hier zu rechnen. Abschließend werden die Ämter hier natürlich über alle Maße mit Arbeit belastet. Die aktuelle Pandemie zeigt, wie knapp die Personaldecke in den Ämtern ist und wie hoch die Auslastung (die zuständigen Behörden nach dem Infektionsschutzgesetz sind übrigens in einigen Ländern nicht mit den Gesundheitsämtern identisch). Hier noch nach Daten zu sämtlichen Waffenbesitzern zu forschen, sie – wenn vorhanden – auszuwerten und eine Einschätzung abzugeben, scheint da kaum leistbar. Ganz zu schweigen davon, dass bei einem negativen Bescheid im nächsten Schritt sämtliche Informationen noch zur Waffenbehörde müssen.

Wird ein waffenrechtlicher Antrag abgelehnt oder genehmigt? Dabei könnten künftig auch völlig fachfremde Behörden mitentscheiden.

Die Idee, dass "andere Behörden", eine Mitteilungspflicht an die zuständige Waffenbehörde haben, grenzt aus Sicht des Autors an ein unmögliches Unterfangen. Insbesondere, da sich diese Pflicht darauf bezieht, ob eine Unzuverlässigkeit oder Anhaltspunkte bestehen, dass aufgrund einer psychischen Störung eine konkrete Selbst- oder Fremdgefährdung besteht. Noch einmal: Gemeint sind hier alle Behörden und alle Bürger. Das heißt, eine weder psychologisch noch waffenrechtlich geschulte Behörde wäre verpflichtet, die Waffenbehörde anzufragen, falls sie einer potenziell die Unzuverlässigkeit begründenden Tatsache bei einem Bürger gewahr wird. Der muss kein Waffenbesitzer sein, denn das weiß sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Das grenzt beim eigentlichen Tätigkeitsfeld einiger Behörden an Absurdität.

Um dabei eines klarzustellen: Ohne Frage müssen die Informationen der Behörden besser vernetzt werden. Niemand möchte, dass Kriminelle, Verfassungsfeinde oder Personen, die eine Eigen- oder Fremdgefährdung darstellen, in den legalen Besitz von Waffen gelangen könnten. Allerdings sind hierfür kluge und umsetzbare Lösungen erforderlich. 

Eine Idee: Das bereits vorhandene Mittel des Waffenverbots kann manche Prüfung ersetzen. Das bietet mehrere Vorteile: Einmal würde damit sämtliches "Hin-und-her-Melden" entfallen. Denn die fachlich geeignete Waffenbehörde trifft die Entscheidung und trägt sie im Nationalen Waffenregister (NWR) ein. Zudem sollte ein solches Verbot bei gewissen Straftaten auch bereits durch den Richter ausgesprochen werden können. Ein Sicherheitsgewinn wäre zudem, dass das Verbot für sämtliche Waffen gilt und eben nicht nur für erlaubnispflichtige. Das wäre zielführender, als immer wieder die ohnehin schon zigfach überprüften Legalwaffenbesitzer in den Fokus zu nehmen. Von der mangelnden Bekämpfung des illegalen Waffenhandels ganz zu schweigen.