
Die Entscheidung des Bundesamtes für Rüstung in unserem Nachbarland mag zumindest Kenner überraschen, weil die bei zahlreichen behördlichen Institutionen eingeführte SIG Sauer P320 gerade in jüngster Vergangenheit durch Meldungen über sicherheitsrelevante Problematiken und unbeabsichtigte Schussauslösungen („AD; accidental discharges“) in Verruf geraten war. Dies mag mit ein Grund dafür gewesen sein, dass sich die weltbekannten SIG Sauer USA-Teammitglieder und IPSC/Action-Topschützen Max Michel und Lena Miculek nach vielen Jahren der Zusammenarbeit von SIG Sauer trennten. Wie auch immer, die schon zu Beginn des Jahres 2017 als neue U.S. Army-Dienstpistole M17/M18 eingeführte P320 hat bei den wehrhaften Eidgenossen nun also im Rahmen des Projekts „9 mm Pistole CH A NG (Schweizer Armee Neue Generation)“ das Rennen gemacht und sich gegen die GLOCK G45 Gen 5 sowie Heckler & Koch SFP9 durchgesetzt. Nach einer Vorevaluation mit fünf potentiellen Kandidaten blieben ab 2024 diese drei Pistolen in der engeren Auswahl übrig.
Produktion der neuen Eidgenössischen Dienstpistole SIG Sauer P320 erfolgt in der Schweiz

Das Bundesamt für Rüstung („armasuisse“) hat laut einer offiziellen Mitteilung vom 4. Dezember 2025 die Evaluation für eine neue Dienstpistole abgeschlossen und eine Typenwahl getroffen, zugunsten der P320 von SIG Sauer. Hierbei hat SIG Sauer zugesichert, die Produktion in der Schweiz aufzubauen. Das entspricht der rüstungspolitischen Strategie des Bundesrats, sicherheitsrelevante industrielle Fähigkeiten in der Schweiz zu erhalten und aufzubauen. Alle drei oben erwähnten Polymerrahmenpistolen wurden einer intensiven und umfassenden technischen Erprobung, einem Truppenversuch sowie der Prüfung logistischer Aspekte unterzogen. Ein besonderes Augenmerk wurde auf die sichere Handhabung der Pistolen gelegt. Die Versuche zeigten, dass nur die GLOCK G45 alle Musskriterien erfüllte und als truppentauglich eingestuft wurde. Die SIG Sauer P320 wies jedoch im Rahmen einer gesamtheitlich rüstungspolitischen und wirtschaftlichen Beurteilung in relevanten Bereichen substanzielle Vorteile auf. Darüber hinaus zeigte die Nutzwertanalyse, dass die evaluierten Waffensysteme zwar im Gesamtnutzen nahezu gleichwertig sind, sich jedoch hinsichtlich der Gesamtkosten erheblich unterscheiden.
Langzeitnutzen der SIG Sauer P320 für die Schweizer Armee
Die wirtschaftliche Beurteilung aller Waffensysteme offenbarte, dass die P320 über die geplante Nutzungsdauer von 30 Jahren die geringsten Gesamtkosten verursacht. Die vom Evaluationsbericht ausgewiesenen Lebenswegkosten belegen eine deutliche Kostenführerschaft gegenüber den beiden Konkurrenzsystemen.
SIG Sauer hat zugesichert wesentliche Elemente der Produktion in die Schweiz zu verlagern und so den Standort Schweiz auszubauen und zu stärken. Weiter heißt es in der armasuisse-Pressemitteilung: „Die bei der SIG Sauer P320 festgestellten Verbesserungspotentiale, die zur Nichterfüllung einer technischen Anforderung und zur Nichterteilung der Truppentauglichkeit geführt haben, wurden einer vertieften Analyse unterzogen. Dabei zeigte sich, dass es sich um nachqualifizierbare Anpassungen handelt, die auf konstruktiv lösbare Aspekte wie Ergonomie und Komponentenrobustheit zurückzuführen sind. Die technischen Nachbesserungen liegen innerhalb realistischer Paramater und wurden von SIG Sauer verbindlich zugesichert. Im Rahmen des Aufbaus der Produktion in der Schweiz werden die festgestellten Verbesserungspotentiale umgesetzt und nachqualifiziert." Aufgrund dieser Maßnahmen kann die P320 somit als beschaffungsreif im Sinne der Materialverordnung betrachtet werden, wobei die die Anforderungskonformität noch mittels einer Nachqualifikation überprüft werden soll und eine Voraussetzung für den Beschaffungsvertrag darstellt.

SIG Sauer P320 bei der Schweizer Armee: Bedarf und Beschaffung
140.000 neue Dienstpistolen werden wohl bei er Schweizer Armee eingeführt. Für die Beschaffung ist gemäß aktuellem Budget ein mittlerer zweistelliger Millionenbetrag eingestellt. Neben den Dienstpistolen sind weiteres Einsatzmaterial wie zusätzliche Magazine oder Holster sowie Ausbildungsmaterial wie etwa Dokumentationen und nicht schießfähige “Dummy“-Pistolen vorgesehen. Die fundamentale Technik der SIG Sauer P320 dürfte bekannt sein. Ein wesentliches Element der Dienstpistolenkonstruktion mit dem formschlüssig verriegelnden Browning-Petter-SIG-System ist die herausnehmbare, abgekapselte Abzugseinheit im Edelstahlgehäuse, das auch für die Schlittenführung zuständig ist sowie die Waffenseriennummer aufweist. Somit lassen sich die frei erwerbbaren Griffstücke aus unterschiedlichsten Materialien in verschiedenen Größen und Farben leicht austauschen, wobei mittlerweile Polymer-, Polymer/Wolfram-, Leichtmetall- und Stahlrahmen zur Auswahl stehen. Eine automatische Schlagbolzensicherung gehört ebenso wie eine Verschluss-Schnittstelle für die Montage eines Minileuchtpunktvisiers neben der praxisnah gestalteten, mechanischen Visierung zu den standardmäßigen P320-Ausstattungsmerkmalen. Das vom ersten bis zum letzten Schuss gleichbleibende Abzugsgewicht liegt auf dem typischen Niveau von „Striker Fire Action“-Dienstpistolen und überzeugt durch einen kurzen, fühlbaren Rückstellweg („Trigger Reset“).










