Savage Arms 1911-Pistolen in .45 ACP im Test – Matchtaugliches aus Massachusetts?

Das Savage-Modell 1907.
Savage hat eine lange Geschichte im Pistolenbau. Hier das Savage-Modell 1907.

Moderne Repetier- und Selbstladegewehre in einer imposanten Modell- und Kalibervielfalt, auch in spezialisierten Ausführungen für PRS/Long Range, dürften einem als Erstes in den Sinn kommen, wenn man den klangvollen US-Herstellernamen Savage Arms vernimmt. Bei Kennern der Materie werden vielleicht auch noch Assoziationen an die innovativen Geradezugrepetierer der "Impulse"-Baureihe oder an die attraktiven Selbstladeflinten der jungen Renegauge-Serie geweckt. Doch nur wenige wissen, dass Savage schon vor langer Zeit Pistolen produzierte. Genau vor 115 Jahren erschien das Modell 1907, das für die Kaliber .32 ACP (7,65 Browning) und .38 ACP (9 mm Browning/kurz) eingerichtet war. Die Pistole mit Drehlaufverschluss und verdecktem Hammer mischte als .45-ACP-Ausführung zusammen mit der P08, Bergmann, White-Merrill 1907 und der unförmigen Knoble sogar bei der US Army-Ausschreibung Anfang des 20. Jahrhunderts mit. Das vom Militär geforderte .45er-Kaliber sorgte aber für einige Probleme bei dem bereits nachgebesserten Modell 1907 und so ging John Moses Brownings Colt Government of 1911 schlussendlich als klarer Sieger hervor. Der Rest ist Geschichte. 

Savage: Rückkehr ins Pistolen-Business – die Helmut Hofmann GmbH bringt sie nach Deutschland

Über seinen eigenen Schatten scheint man nun bei Savage nach fast 12 Dekaden gesprungen zu sein und bietet heute eigene Pistolen in der Bauweise des einstigen Erzfeindes an. Nach der im Vorjahr erschienenen Polymerrahmen-Kompaktpistole "Stance" für das verdeckte Führen präsentiert man ganz aktuell also eine hauseigene 1911er-Pistolenbaureihe. Man mag es kaum glauben, denn eigentlich dürfte der stets hart umkämpfte 1911er-Markt so langsam ziemlich abgegrast sein. Doch scheinbar hat JMBs großer Wurf auch nach über 110 Jahren nichts an seinem Reiz verloren (siehe auch das Special "111 Jahre Pistole 1911!" in caliber 11-12/2022). Bei der üppigen Anzahl von Herstellern wird es immer schwieriger, sich auf dem Markt zu behaupten. Um hervorzustechen, sollte man etwas Besonderes bieten oder aber mit einem sehr guten Preis/Leistungsverhältnis  aufwarten. Mal schauen, wo sich unsere beiden Protagonisten einreihen werden. Wir haben für den Test zwei Modelle von Importeur Helmut Hofmann zur Verfügung gestellt bekommen.

Die 1911er-Pistolen von Savage Arms im Detail

Die neuen Savage Arms 1911 in .45 ACP.
Frisch aus Las Vegas von der SHOT Show gelandet, testeten wir erstmals die neuen Savage Arms 1911-Pistolen in .45 ACP

Die Savage Arms 1911-Pistolen im klassischen Government-Format mit 5“/127-mm-Lauf gibt es wahlweise mit einem Griffstück ohne und mit Aufnahmeschiene für Waffenleuchten/Licht-Laser-Modulen am Schließfedergehäuse (Dust Cover). Letztere Ausführung ist wegen der montierten, mechanischen  Tritium-Visierung und der bei uns geltenden Strahlenschutzverordnung nicht zu bekommen. Laut Herstellerangaben  sind die  Hauptbestandteile Griffstück und Verschluss geschmiedet. Beide Varianten werden aus rostträgem Stahl gefertigt, die schwarze Ausführung wird zusätzlich  Nitro-carburiert. Die Stahlblechmagazine fassen 8 Patronen der querschnittsstarken .45 Auto. Die Modelle in 9 mm Luger sollen im Sommer folgen und sind für die meisten Schützen aufgrund der geringeren Unterhaltskosten sicherlich die interessantere Wahl. Der Lauf in klassischer Kontur mit mündungsseitiger Führungsbuchse besitzt keine Rampe und weist ein elektrochemisch eingebrachtes Feld/Zug-Innenprofil sowie eine im 11-Grad-Winkel sauber angefaste Mündung auf. Auf dem Verschluss mit hinteren und vorderen Greifrillen sowie einer schwungvollen Zierlinie, die in die mündungsseitigen "Slide Serrations" übergeht, thront eine niedrigbauende Kimme im Novak-Style in Kombination mit einem Korn mit weißer Punkteinlage. Zumindest die Treffpunktlage in der Höhe kann man somit schnell verändern. Für eine seitliche Korrektur muss eines der Visierelemente verschoben werden. Der Hersteller gibt übrigens an, dass Hammer, Unterbrecher und Abzugsstollen aus Werkzeugstahl hergestellt werden. Das würde eine eventuelle Überarbeitung der Abzugsteile erlauben, was sich bei MIM-Bauteilen meist als schwierig herausstellt.

Eine zerlegte Pistole Savage 1911. 
Die zerlegte Savage 1911. Auffällig sind die zwei ineinander gesteckten Verschlussfedern.

Ob man das braucht, steht auf einem anderen Blatt, denn mit rund 1.800 Gramm bei minimalem Kriechen war der Abzug der Testwaffe schon "out of the box" brauchbar. Das Griffstück- und Verschlussspiel war gering bemessen. Lediglich der Lauf gab beim Druck mit dem Daumen im Bereich des Auswurffensters etwas nach und riegelte auf dem Verschlussfanghebel auf. Zusammen mit der etwas schwergängigen, beidseitigen Sicherung waren es aber schon die einzigen, kleinen Mängel, die uns auffielen. Für einen guten Gripp sorgen die passgenauen G-10-Griffschalen des US-Spezialisten VZ Grips. Ein Feature, das man sonst eher von hochgezüchteten Race Guns auf 1911/2011-Basis her kennt, ist im Inneren in Gestalt des Titanschlagbolzens zu finden. Durch seine geringe Masse sorgt er für eine reduzierte Schlosszeit. Wir maßen mit dem Triggerscan-System genau 6 Millisekunden, was gegenüber einem herkömmlichen Schlagbolzen aus Stahl eine Reduzierung von 1 bis 2 Millisekunden bringt. Übrigens schaffen es Schlagbolzenschlosspistolen aufgrund des fehlenden Hammers und der minimalen Wegstrecke in etwa der Hälfte der Zeit. Ob das generell einen sportlichen Vorteil bringt, darüber kann man sicherlich streiten, manchmal soll ja schon der Glaube Berge versetzen. Für eine bessere Funktionszuverlässigkeit wurde das Auswurffenster vergrößert. Auf der kurzen Federführungsstange findet man zwei ineinander gesteckte Verschlussfedern. So etwas kennt man sonst nur von kompakten 1911 Commander oder Officer’s-Pistolen, bei denen der Einbauraum der Feder begrenzt ist. Hinsichtlich der allgemeinen Verarbeitungsqualität gab es nichts zu mäkeln. 

Kimme der Savage 1911 im Detail.
Die Savage-1911-Kimme im Novak-Style lässt sich in der Höheverstellen.

Mit den Savage Arms 1911ern in .45 ACP dem Schießstand

Zur  Schussleistungsüberprüfung  wählten wir 10 Laborierungen von 185 bis 230 Grains, darunter zwei Handladungen. Das beste Ergebnis lieferte die Hornady American Gunner 185 Grains XTP mit 43 mm ab. Mit den zwei besten Laborierungen ließe sich dann auch auf Ringejagd in statischen Präzisionsdisziplinen gehen. Der Durchschnitt aller Laborierungen lag bei 62 mm. Die Ergebnisse im Detail finden Sie in der ausführlichen Tabelle in der caliber 4/2023 (siehe unten).  Funktionsstörungen gab es in unserem Test nur mit der Magtech 230 Grains SWC zu beklagen. Das stumpfnasige Semi-Wadcutter-Geschoss hatte gelegentlich Probleme, in das Patronenlager zu rutschen. Unsere Handladung mit dem 195 Grains H&N SWC-Geschoss schaffte die Kletterpartie eventuell aufgrund  der größeren  Patronenlänge besser.

Überblick: Alle Daten und Preis der Savage 1911

Modell:Savage 1911
Kaliber:.45 ACP
Magazinkapazität:8 Patronen
Griffstück:Stainless Steel (schwarz Nitrid beschichtet)
Verschluss:Stainless Steel (schwarz Nitrid beschichtet)
Lauflänge, Laufprofil:128 mm, 6x F-Z
Zug-Felddiameter/Dralllänge:11,25-11,50 mm /1-16"
Kimme:3,6 mm, Novak-Style, höhenverstellbar
Korn:3,1 mm, mit weißer Punkteinlage
Visierlänge:179 mm
Sicherung:beidseitige Flügelsicherung am Griffstück, Handballen­sicherung
Abzugssystem, -gewicht/Spannweite*:SA, Mittelwert 1.844 Gramm/114 mm
Schlosszeit*:6 ms
Gesamtgewicht (inkl. Magazin):1.136 Gramm
Maße (LxBxH):221x39x147 mm
Extras:Hartschalenkoffer mit Reservemagazin
Preis:1.999,- Euro
* Mittel aus 10 Messungen mit dem Trigger Scan System

Fazit: Unser Eindruck von den neuen Savage Pistolen 1911

Alles in allem hinterließen die neuen Savage 1911er einen  grundsoliden  Eindruck bei einer ansprechenden Ausstattung mit attraktiven Designdetails.  Mit  ausgesuchter Munition sind sie auch für statische Präzisionsdisziplinen geeignet und in dynamischeren Schießdisziplinen wie beispielsweise IPSC Classic Division reicht die Schussleistung allemal. Ob sie sich in dem dichten Marktsegment gegen all die Mitbewerber behaupten können, wird sich zeigen. Der Preis beträgt für die hier gezeigten, beiden Ausführungen 1.999,- Euro.


Text: Tino Schmidt und Stefan Perey

Dieser Test erschien auch in der caliber 4/2023. Dort ist nicht nur die ausführliche Präzisions- und Schießtabelle mit 10 Laborierungen enthalten, auch finden Sie die Übersicht zur prozentualen Verteilung der Streukreise sowie das aufgetragene Abzugsprofil. Das Heft gibt es im VS Medien-Onlineshop und ist dort auch als e-Paper erhältlich. 

Weitere Informationen erhalten Sie beim Hersteller Savage Arms sowie beim deutschen Importeur, der Helmut Hofmann GmbH.

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