Know-how mit all4shooters.com: Alles über Kleinkaliber-Sportpistolen – die Waffen, die Disziplinen, die Regeln

Sie sind die Allrounder unter den sportlichen Kurzwaffen: Selbstladepistolen im Kaliber .22 l.r. werden schon seit gut 100 Jahren bei Wettkämpfen verwendet, seit mit dem Walther-Modell 1925 und der Walther Olympia, dem erfolgreicheren Nachfolger ab 1932, eine ganze Waffen-Dynastie geboren wurde, deren Varianten bis in die aktuelle Zeit reichen. Heute kann man mit den modernsten Ausführungen gleich in mehreren Disziplinen im Breitensport, aber auch auf höchstem Leistungsniveau starten und sogar Weltmeister oder Olympiasieger werden. Oder Olympiasiegerin, denn die Disziplin Sportpistole 25 Meter wird seit 1984 olympisch ausgetragen, aber nur bei den Damen. Männer sind hingegen bei der Schnellfeuerpistole unter sich, die prinzipiell (zu den Unterschieden kommen wir später) mit den gleichen halbautomatischen Pistolen ausgetragen wird. Und schließlich gibt es bis zu Welt- und Kontinentmeisterschaften noch die Wettkämpfe mit der Standardpistole – waffenmäßig identisch mit der Sportpistole, aber mit etwas abweichenden Regeln. Alle drei Waffentypen sind "Halbautomaten", genauer: fünfschüssige Selbstladepistolen, die zwar von allein die nächste Patrone nachladen, aber bei denen man für jeden Schuss erneut den Abzug betätigen muss. Und wo liegen die Unterschiede?

Sportpistole: Sieben Sekunden Pause, in drei Sekunden schießen

Sportpistole Präzisionsscheibe
Die Präzisionsscheibe bei ISSF- und DSB-Wettbewerben (aber auch bei anderen Verbänden)- Die Innenzehn durchmisst 25 mm, die Zehn komplett 50 mm, der Ringabstand beträgt jeweils 25 mm. Die gesamte Scheibe auf 25 Meter misst 550 x 520 mm.
Sportpistole Duellscheibe
Die Scheibe für den Duell-Teil des Programms, auch elektronische Messrahmen haben die gleichen Maße: Die Zehn hat hier 100 mm Durchmesser (Innenzehn 50 mm), aber es zählen ohnehin nur Treffer ab 10,2 aufwärts. Die weißen Linien dienen zur Höhenkontrolle mit der Visierung.

Der Ablauf bei der Sportpistole gemäß den internationalen ISSF- sowie den nationalen DSB-Regularien ist identisch, unabhängig davon, ob mit Klein- oder Großkaliber geschossen wird (die entsprechende Großkaliber-Disziplin "25 Meter Zentralfeuer" umfasst Sportpistolen im Kaliber 7,62 mm bis 9,65 mm, in Zollmaßen .30 bis .38): 

Es werden zwei Halbprogramme zu je 30 Schuss auf eine Distanz von 25 Metern absolviert: Zuerst erfolgen sechsmal fünf Schüsse innerhalb von jeweils sechs Minuten auf die Präzisionsscheibe. Nach Abschluss dieses ersten Abschnitts für alle Starter geht es, meist am Nachmittag oder am folgenden Tag, mit dem Duellschießen über erneut sechs Fünfer-Serien weiter. Dabei wird auf eine Scheibe mit einem etwas größeren schwarzen Zentrum gezielt. Hier bleiben für jeden Schuss lediglich drei Sekunden Zeit und sieben Sekunden Pause bis zum nächsten Schuss. Die Schusshand muss in den Pausen vor jedem Schuss in die mindestens 45 Grad nach unten geneigte „Fertig“-Haltung zurückgeführt werden. Die Ergebnisse beider Halbprogramme werden addiert. 

Bei größeren Wettbewerben schließt sich ein Finalschießen mit den besten acht Qualifikanten an. Alle Finalteilnehmer starten (unabhängig von ihrer Qualifikationsringzahl) wieder bei null, denn jetzt zählen nicht mehr Ringe, sondern nur noch "Treffer": elektronisch ausgewertet ab mindestens 10,2 − alles darunter zählt nicht. Nachdem erst einmal vier Serien zu je fünf Schuss für alle absolviert wurden, scheiden die jeweils leistungsschwächsten Schützen weiteren Verlauf des Finales nach und nach aus. Neun Serien à fünf Schüsse sind absolviert, bevor die beiden letzten verbliebenen Schützen um Gold und Silber kämpfen – das bedeutet bis zu 50 weitere nervenaufreibende Finalschüsse zusätzlich zum regulären 60-Schuss-Programm davor. Bei erneuten Treffergleichheit wird sogar noch mit weiteren Serien um den Sieg "gestochen".

Doreen Vennekamp aus Deutschland ist die amtierende Weltmeisterin und hat zwei Weltcup-Finals gewonnen.

Die Waffen müssen strenge Vorgaben erfüllen: Zugelassen sind Pistolen oder Revolver, welche Randfeuerpatronen im Kaliber 5,6 mm (.22 l.r.) verschießen. In der Praxis werden allerdings nur Pistolen verwendet. Das Maximalgewicht der Pistole liegt bei 1.400 g, das Abzugsgewicht bei min. 1.000 Gramm. Die Lauflänge darf 153 mm (umgerechnet sechs Zoll) nicht überschreiten. Die Visierung besteht aus einer offenen Kimme und einem Korn mit maximal 220 mm Abstand, optische Zielhilfen sind nicht erlaubt. Die gesamte Waffe muss in einen Prüfkasten mit den inneren Maßen 300 x 50 x 150 mm passen.

Die Patronen müssen das Kaliber .22 / 5,6 mm haben, die Geschosse dürfen nur aus Blei oder einem ähnlichen weichen Material bestehen. Mantelgeschosse oder beschichtete Projektile sind nicht erlaubt.

Olympische Schnellfeuerpistole in acht, sechs und vier Sekunden

Olympia Team
Beim Duellschießen wie auch hier bei der Olympischen Schnellfeuerpistole muss der Schießarm vor dem Start mindestens um 45 Grad in die Fertighaltung gesenkt werden (Oliver Geis, DSB-Nationalteam).
Walther GSP500 RapidFire
Fast vier Jahrzehnte, von 1969 bis etwa 2004, beherrschte Walthers Schnellfeuerpistole OSP die Schnellfeuer-Szene. Die neue Walther GSP500 Rapid Fire (Foto) soll verlorenes Terrain aufholen.

Seit 1936 und bis 2004 war das rückstoßschwache Kaliber .22 short die fast ausschließlich eingesetzte Munition für die Disziplin Olympische Schnellfeuerpistole, kurz: OSP. Danach versuchte die Internationale Schießsport-Föderation ISSF, den beiden Disziplinen OSP und Sportpistole durch eine Angleichung der Regeln mehr Attraktivität zu verschaffen und Nachwuchsschützen anzulocken, weil man so mit nur einer Pistole gleich zwei oder sogar drei Disziplinen bestreiten könnte. Wichtigste Regel: Es darf nur noch die Patrone .22 l.r. eingesetzt werden, und diese mit Einschränkungen, um zu schwache Munition auszuschließen. Das Geschossgewicht muss mindestens 39 Grains (etwa 2,27 Gramm) betragen und die Mündungsgeschwindigkeit v3 über 250 m/s liegen. Früher übliche Handschuhgriffe und Kompensatoren oder obenliegende Laufbohrungen, die die Mündung im Schuss wieder in die optimale Ziellinie zurückdrückten, sind nicht mehr erlaubt. Trotzdem haben Schnellfeuerpistolen einige Unterschiede zu Sportpistolen, was etwa den Abzug angeht. Bei den schnellen Fünf-Schuss-Serien in vier Sekunden wird der Abzugsmechanismus stark belastet, daher werden hier fast auf "direkt auslösen" justierte Abzüge mit ebenso kurzem Rückstellweg verwendet.

Verwendet werden dieselben Scheiben wie beim Duell-Programm der Sportpistole, siehe Abbildung weiter oben). Ausgehend von der Fertig-Haltung mit mindestens um 45 Grad nach unten gesenkter Mündung startet die Schießzeit bei elektronischen Anlagen, indem die Ampeln über jeder Scheibe von rot auf grün wechseln (in vielen Vereinen stehen aber auch noch mechanische Drehanlagen, bei denen die Scheiben nur für die erlaubten Schießzeiten den Schützen zugewendet werden und sonst um 45 Grad in der Längsachse seitlich wegklappen). Nach dem Hochfahren und dem ersten Schuss wandert der Arm (bei Rechtsschützen von rechts nach links) zur zweiten und dann rhythmisch zu den drei anderen Scheiben weiter. Ergebnisse über 590 von 600 möglichen Ringen in der Qualifikation sind keine Seltenheit unter Top-Schützen. Die besten sechs Schützen aus dieser Vorrunde bestreiten nach einer längeren Pause das Finale.

Die Schützen haben jetzt zunächst die Aufgabe, vier Serien mit jeweils fünf Schüssen abzugeben – und das innerhalb von nur noch vier Sekunden pro Serie. Entscheidend ist dabei, dass eine kleinere Trefferzone im Zentrum des „Schwarzen“ getroffen wird, denn nur so gibt es nach dem „Hit/Miss“-Prinzip einen Punkt. Diese Trefferfläche entspricht einem Ringwert von 9,7 oder besser. Im Anschluss an diese ersten 20 Finalschüsse scheidet der erste Finalist, nämlich der dann Sechstplatzierte, aus. Es folgt jeweils eine weitere Serie, in der der nächste "Aussteiger" ermittelt wird. So geht es weiter, bis lediglich zwei Schützen im Finale verbleiben, die um den Sieg kämpfen. Der Titel wird also schließlich nach insgesamt acht Fünfer-Serien vergeben, wobei bei Gleichstand zusätzliche Shoot-Offs zur Entscheidung beitragen können.

Standardpistole: Je fünf Schuss in 150, 20 und 10 Sekunden

Waffenkontrolle
Eine beliebte Sport- und Standardpistole war die nicht mehr gefertigte Walther SSP (für "Sport- und Standardpistole"), hier beim Einstellen des Vorzugswiderstands, also des Drucks, der vor dem eigentlichen Druckpunkt überwunden werden muss. Die Kontrolle des vorgeschriebenen Abzugs-Mindestwerts von 1.000 Gramm erfolgt dagegen mit einem Gewicht, das bei senkrecht gehaltener Pistole ans Abzugszüngel der (natürlich ungeladenen, aber vorgespannten) Pistole gehängt wird.

Eine in Deutschland eher vernachlässigte, aber international durchaus oft praktizierte ISSF-Disziplin ist die Standardpistole, die ebenfalls mit "normalen" Sportpistolen in .22 l.r. bestritten wird. Geschossen wird hier nur auf die bereits bekannte Präzisionsscheibe, jeder Schütze bleibt auf seinen ihm zugewiesenen Stand und beschießt auch nur dieses Ziel. Während das erste Drittel des Wettkampfpensums, die 150-Sekunden-Serie für je fünf Schuss, eher ein zügiges Präzisionsschießen ist, bei dem man zwischen den Schützen die Pistole auch getrost kurz mit der Mündung auf dem Schießtischchen oder der Brüstung aufstützen kann (geladene Waffen dürfen ja nicht aus der Hand gelegt werden), ist das Tempo bei der folgenden 20-Sekunden-  und erst recht bei den 10-Sekunden-Fünferserien deutlich flotter. Man bleibt nach dem ersten Schuss oben in Schießhaltung und nimmt einen gleichmäßigen Rhythmus für die folgenden Schüsse auf, weil dies den notwendigen, stets identischen Ablauf garantiert. Man hat zwar etwas mehr Zeit als bei der OSP für jede Fünf-Schuss-Serie, dafür ist aber die Zehn der Präzisionsscheibe mit 50 statt 100 mm auch nur halb so groß.

Kleinkaliber-Pistolen außerhalb von ISSF und DSB

Der Vollständigkeit halber als Kurzinformation: Ähnliche dynamische Disziplinen außerhalb der Wettkampfordnungen von ISSF und DSB, die zweifellos die teilnehmerstärkste Gruppe weltweit bilden, bieten aber auch andere Schießsportverbände an wie etwa der Bund Deutscher Sportschützen (BDS), der Bund der Militär- und Polizeischützen (BDMP) oder die Deutsche Schießsport-Union (DSU) an. Zunächst einmal haben alle ähnliche Disziplinen wie die hier vorgestellten, Sportpistole und Standardpistole, in den Sportordnungen, um ihren Mitgliedern schon bekannte Abläufe, aber unter dem eigenen Verbandsdach anzubieten. Darüber hinaus kann man aber die Sportpistolen, je nach Regelwerk mit fünf Patronen im Magazin, aber auch durchaus mit zehn Schuss in als Zubehör erhältlichen Magazinen bei anderen Wettkämpfen einsetzen. Etwa beim Fallscheiben-Schießen, bei Steel Challenge oder Speed Steel wie auch beim IPSC-Schießen (nach einer Zulassungsprüfung), um exemplarisch nur die BDS-Waffengruppen herauszugreifen. In der Regel sind dort allerdings anatomisch an die Schützenhand geformte Griffe nicht erlaubt, was auch daher sinnvoll ist, da oft beidhändig geschossen wird. Dafür dürfen oft zusätzlich zur offenen Visierung auch optische Zielhilfen wie etwa Rotpunktzielgeräte montiert werden.