Ein Vergleich mit der Ur-GLOCK von 1982: Das zeichnet das neue GLOCK Jubiläumsmodell P80 in 9 mm Luger aus

1982 was für ein Jahr! In den USA flimmerte "E.T. – Der Außerirdische" über die Leinwand und die gerade erschienene Schallplatte "Thriller" von Michael Jackson sollte das meistverkaufte Album der Welt werden. Audi konnte bei den Rallye-Meisterschaften mit dem legendären Quattro die Markenwertung für sich entscheiden und in Deutschland wurde Helmut Kohl zum Kanzler gewählt. Viel unspektakulärer ging es in Österreich zu. Hier wurde mit der P80 eine 9x19-Dienstpistole mit neumodischem Kunststoffgriffstück eingeführt. Nur die wenigsten hätten damals dieser Pistole einen kommerziellen Erfolg zugetraut, geschweige denn vorhergesagt, dass sie einmal den modernen Pistolenbau signifikant beeinflussen würde. Doch wie sagte bereits Wilhelm Busch: "Erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt!"

Die Geschichte der klassischen GLOCK P80 Pistole beginnt aber schon zwei Jahre vorher

Die GLOCK P80 mit 9 mm Luger Patronen 
GLOCK P80: In den 80ern war alles noch etwas einfacher: Keine Montageschiene für Licht-Laser-Module, keine auswechselbaren Griffrücken und auch auf vordere Greifrillen oder Minileuchtpunktvisier-Schnittstellen konnte man damals verzichten.

Anfang der 1980er Jahre strebte das österreichische Ministerium für Landesverteidigung die Modernisierung des Bundesheers mit einer Ausschreibung für eine neue Dienstpistole an, die unter der Bezeichnung Pistole 80 – oder kurz P80 – laufen sollte. Die Anforderungen an die neue Waffe zeichneten sich vor allem durch ein geringes Gewicht, hohe Zuverlässigkeit und eine einfache Bedienung aus. Gaston GLOCK, der vorher schon Erfahrungen in der verarbeitenden Kunststofftechnik unter anderem mit Feldmessern sammeln konnte, erkannte hier seine Chance. 1980 gründete er dafür die GLOCK Ges.m.b.H. mit Sitz in Deutsch-Wagram, unweit vor den Toren Wiens gelegen. Neben seinem langjährigen Vertrauten Reinhold Hirschheiter holte er auch eine kleine Gruppe fähiger Konstrukteure ins Team, die sich die bereits auf dem Markt vertretenen Pistolen und deren Patente genau anschauten. Die bisherigen Konstruktionen und Fertigungsmethoden sollten dabei neuen Techniken weichen. Zwei Jahre wurde intensiv an dem Projekt gearbeitet, um den Abgabetermin einhalten zu können. 

Die neue Polymerpistole von GLOCK hat Konstruktionsmerkmale, die bis heute als Maßstab im modernen Pistolenbau gelten:

  • Günstig zu produzierendes, leichtes Kunststoff-Griffstück 
  • Hohe Magazinkapazität (anfangs 16+1, heute 17+1 Patronen)
  • Fertigungstechnisch simple, kostengünstige Browning-Petter-SIG-Verriegelung (Patronenlagerblock verriegelt im Auswurffenster)
  • Konstantes Abzugsgewicht vom ersten bis zum letzten Schuss, der weniger Trainingsaufwand erfordert als DA/SA-Abzugssysteme
  • Teilvorgespannter "Safe Action"-Abzug mit in der Abzugszunge integrierter Sicherung sowie interner, automatischer Fall- und Schlagbolzensicherung, ansonsten keine außenliegende, manuell zu bedienende Sicherung. Das teilvorgespannte Abzugssystem erblickte übrigens schon rund sieben Jahrzehnte zuvor in der Roth/Krnka M7 das Licht der Welt
  • Niedrige Laufseelenachse mit minimaler Mündungsauslenkung im Schuss, gerade auch, wenn man einhändig schießt;
  • Minimierung der Einzelteile. Jedes zusätzliche Bauteil begünstigt die Gefahr eines Ausfalls und verursacht zudem Kosten in der Fertigung, im Qualitätsmanagement und der Lagerhaltung. Dahingehend war die Konzeption der Pistole mit damals nur 32 Bauteilen eine zukunftsweisende Idee

Der Startschuss für die GLOCK P80 in 9 mm Luger – die Geschichte der ersten GLOCK Polymerpistole

Der Startschuss zur Weltkarriere fiel völlig unspektakulär im März 1982, als die ersten Testmuster mit den nüchternen Namen B1 bis B5 dem österreichischen Bundesheer vorgelegt wurden. Nach der ausgiebigen Erprobungsphase ging die GLOCK-Pistole dann am 29. Oktober 1982 als Sieger hervor. 25.000 Pistolen wurden zwischen 1982 und 1984 an das österreichische Bundesheer geliefert. Zusammen mit dem Steyr Bullpup-Sturmgewehr 77 – auch bekannt als AUG (Armee Universal Gewehr) – und dem Steyr SSG 69 als Scharfschützenwaffe, war Österreich zu dieser Zeit im Bereich der Handfeuerwaffen wohl die modernste Armee der Welt. Kurze Zeit später sattelten auch die Armeen von Norwegen und den Niederlanden auf diese neuartige Pistole um. Seit November 1986 war GLOCK mit einer Niederlassung in Smyrna, Georgia, auch in den USA vertreten. Die P80 wurde auf dem Zivilmarkt zur GLOCK G17. Über die Namensgebung gibt es unterschiedliche Angaben. GLOCK selbst gibt in seinem Newsletter zur P80 an, dass die Magazinkapazität von 17 Patronen namensgebend war. Josef Mötz und Joshi Schuy kolportieren in ihrem Buch "Die Weiterentwicklung der Selbstladepistole I", dass es sich um den 17. Zeichnungssatz zur Pistole handelte, der zur Modellbezeichnung führte. Wer mehr zu der Geschichte der GLOCK und einiger anderen Pistolen mit österreichischem Bezug wissen möchte, dem kann diese Fachliteratur nur ans Herz gelegt werden. 

Die GLOCK P80 zerlegt 
Die Läufe der GLOCK P80 waren blank belassen und im Durchmesser einen Millimeter dünner als heute. Die ersten Vorserienmodelle waren zudem noch brüniert. 

So schön sich die Erfolgsgeschichte der GLOCK-Pistole aus der Retrospektive auch liest, ganz reibungslos verlief sie bei weitem nicht. Es existierten Vorurteile gegenüber der Haltbarkeit von Kunststoff, die es auszuräumen galt. Immer wieder gab es Gerüchte, die Waffe sei bei Flughafenkontrollen nicht eindeutig zu erkennen, was in Hollywood durch den Film "Stirb langsam" mit Bruce Willis gewollt oder ungewollt noch unterstützt wurde und das Medieninteresse zusätzlich steigerte. Zudem musste man sich als Newcomer aus Europa in den patriotisch eingestellten USA gegen alteingesessene Firmen wie Colt, Ruger oder Smith & Wesson durchsetzen. Das Durchhaltevermögen hatte sich aber bezahlt gemacht. Als erste US-Polizeidienstelle führte das kleine Colby Police Department die GLOCK G17 im Jahr 1986 ein. Es folgten das Howard County Police Department in Maryland sowie das im sonnigen Florida gelegene Miami Police Department. Viele weitere behördliche Institutionen und Polizeidienststellen sollten folgen und den damals aufkommenden Begriff der feuerstarken 9x19-"Wondernines" hatte GLOCK entscheidend mitgeprägt. Im Jahr 2013 publizierte GLOCK, dass etwa 65% aller Polizeibehörden in den USA auf eines ihrer zahlreichen Modelle setzten. Ob man den österreichischen Bestseller nun mag oder nicht, eines muss man ihm neidlos zugestehen – den modernen Pistolenbau hat er nachhaltig verändert. Und nicht zuletzt der Tuningmarkt mit seinem sinnvollen aber auch sinnlosen Zubehör ist bei dem Dauerbrenner aus Austria so groß wie bei keiner anderen Polymerpistole, was noch einmal den Markterfolg untermauert. 

Was den Triumph der GLOCK vielleicht auch ausmacht, dürfte der Grundsatz "never change a winning system" sein. Während andere Hersteller immer wieder neue Modelle hervorbringen, die sich erst auf Dauer beweisen müssen, hält man bei GLOCK an der Ursprungskonstruktion weitestgehend fest und hat über die Jahrzehnte nur geringfügige Modifikationen vorgenommen. Das betrifft in erster Linie die Ergonomie, die mit der 2017 erschienenen Gen5 die vorläufige Astspitze des Stammbaumes bildet. Einen kurzen Überblick über die Änderungen von der ersten bis zur letzten Generation haben wir in Wort und Bild festgehalten.

Die GLOCK in all ihren fünf Generationen
Die GLOCK-Pistole in all ihren fünf Generationen (von rechts Gen1 bis 5).

Wieviel Ur-GLOCK steckt in der neuen P80?

Die GLOCK P80 in 9 mm Luger
Die Tupperbox, in der die GLOCK Pistole bis etwa 2002 ausgeliefert wurde, lässt man angesichts des Jubiläums wieder auferstehen.

Gleich vorweg: Die P80 ist limitiert, nicht auf eine bestimmte Anzahl, sondern auf den Produktionszeitraum in diesem Jahr (2022). Alle, die nun hoffen, mit der P80 eine GLOCK der allerersten Stunde erwerben zu können, dürften etwas enttäuscht sein. Äußerlich sieht die Pistole mit der eigenwilligen Griffstück-Struktur und fehlender Schiene für Licht-Laser-Module tatsächlich sehr nach Ur-GLOCK aus. Bis etwa 1985 waren die Verschlüsse mattverzinkt, was sich aber nicht als besonders abriebfest erwies. Deshalb wurden die auch schon ausgelieferten P80 an das Bundesheer einer Überarbeitung unterzogen und mit der bis Gen4 üblichen Tenifer-Beschichtung versehen. Zudem waren die ersten Läufe einen Millimeter geringer im Durchmesser und auch die Federführungsstange war noch nicht gekapselt. Ab etwa 1986 befindet sich die Seriennummer in einem kleinen Metallplättchen an der Unterseite des Schließfedergehäuses (Dust Cover) des Griffstücks. Spätestens hier muss der Hersteller Zugeständnisse an die Originalität machen, wenn er die Waffe international vertreiben will. Interessanterweise trug unsere Testwaffe eine verstellbare Visierung, wie sie erst 1986 mit der Verbreitung in den USA aufkam. Ein Blick ins Innere offenbart dann die Technik der 3. Generation, was sich auch an der einteiligen Federführungsstange erkennen lässt. Somit ist unsere P80 nicht zu 100% die damals eingeführte Armeepistole, kann sich aber im Einklang mit der modernen Produktion recht nah am Original halten. Gerade ältere GLOCK-Schützen werden sich noch an die wiederverschließbare Kunststoffbox entsinnen, die unweigerlich an Tupperware erinnert. Diese hat GLOCK für die P80 natürlich auch wieder auferstehen lassen. Alles in allem, eine nostalgische Reise in die 1980er Jahre! 

Technische Daten und Preis der GLOCK P80 Limited Edition

Hersteller:GLOCK
Modell:P80
Kaliber:9 mm Luger
Griffstück:17 Patronen
Verschluss:Polymergriffstück mit Stahleinlagen
Lauflänge, Laufprofil:114 mm Polygonprofil 
Laufdiameter:keine Messungen, Rechtsdrall - 250 mm
Kimme:4,3 mm, seitlich driftbar, weiß umrandet
Korn:3,7 mm, Rampenkorn mit weißer Punkteinlage
Visierlänge:170 mm
Sicherungen:3 (automatisch wirkend)
Abzugssystem, Gewicht:Safe Action mit teilvorgespanntem System/Mittelwert 2.440 Gramm
Gesamtgewicht (inkl. Magazin):702 Gramm
Extras:Kunststoffkoffer, Zertifikat, Reservemagazin, Putzzeug
Preis:1.150,- Euro 
* Mittel aus 10 Messungen mit dem Trigger Scan System

Fazit zur GLOCK P80 in 9 mm Luger

Die limitierte P80 präsentiert mehr als nur die Erfolgsgeschichte einer Pistole; sie hat sich als Meilenstein einen Platz in der Geschichte der Faustfeuerwaffen gesichert. Sondermodelle haben auch immer ihren besonderen Preis, sodass GLOCK-Enthusiasten hierzulande 1.150,- Euro auf den Tisch legen müssen. Abschließend möchten wir uns noch bei Josef Mötz für die Bereitstellung einiger Bilder bedanken.


Dieser Artikel erschien auch in der caliber 10-2022. Das Heft können sie – auch als ePaper – im VS Medien-Onlineshop kaufen.

Text: Tino Schmidt/Stefan Perey

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