Die Springfield Armory 1911-A1 Ronin in 9 mm Luger und .45 Auto im Test

Springfield Armory ist der älteste Waffenhersteller in den USA. Einst als Staatsbetrieb für die Bewaffnung der noch jungen Nation ins Leben gerufen, befindet sich die Firma seit 1974 in privater Hand. Mit einer sechsjährigen Pause ist man somit in diesem Jahr genau 222 Jahre im Geschäft. Gerade ältere Schützen bringen vor allen Dingen zwei Waffenklassiker mit diesem klangvollen Namen in Verbindung. Bei den Langwaffen ist es das ehemalige US-Dienstgewehr M14 respektive M1A in .308 Winchester, bei den Kurzwaffen die Ganzstahlpistole 1911. Heutzutage ist das Portfolio aber weitaus breiter aufgestellt, umfasst es doch auch die AR-15 Saint-Gewehre, Repetierer oder die XD- und Hellcat-Polymerpistolen, die ebenso wie das Bullpup-Selbstladegewehr Helion (bei uns VHS-2S) bekanntermaßen vom kroatischen Hersteller HS Produkt stammen.

Springfield Armory 191 im zerlegten Zustand
Die Springfield Armory 1911-A1 Ronin im zerlegten Zustand

Der Großartige und die 1911 von Springfield Armory

Die 1911-Pistolen des traditionsreichen US-Unternehmens werden seit Jahrzehnten von einem der wohl weltbekanntesten Pistolenschützen, Rob Leatham, genutzt, der somit zum Erfolg von Springfield Armory beigetragen hat. Seine unzähligen Triumphe, die das Urgestein des dynamischen Pistolenschießens in Disziplinen wie IPSC, Steel Challenge oder Bianchi Cup seit den 1980er Jahren gesammelt hat, würden alleine diesen Artikel füllen, weshalb wir es erst gar nicht versuchen. Nicht umsonst trägt der heute 62-jährige Topschütze den Beinamen TGO (The Great One). Erste Sahne sind natürlich die 1911er-Pistolen aus dem prestigeträchtigen Springfield Armory Custom Shop, die aber mit 3.500,- Dollar und mehr auch bezahlt sein wollen. Ganz neu im Standardprogramm ist übrigens die 9x19 Hi-Cap-Pistole "Prodigy" vertreten. Leider waren die Pistolen dieses Herstellers in den letzten Jahren in Deutschland kaum zu bekommen, was sich nun mit der RUAG Ammotec aus Fürth als neuer Importeur geändert hat. Aktuell bietet man mit den beiden 1911-Modellen Ronin und Garrison aber nur einen Bruchteil des Gesamtprogramms mit 36 verschiedenen Modellkonfigurationen an. 

Die Namenbedeutung Ronin der Springfield Armory 1911-A1

Die Mündung der Springfield Armory 1911-A1 Ronin in 9 mm Luger und .45 Auto
Springfield Armory 1911-A1 Ronin: Links die Ronin mit klassischer Laufführungsbuchse in .45 Auto und und rechts in 9 mm Luger.

Ronin bedeutet im Japanischen herrenloser Samurai oder umherwandernde Person. Warum der US-Hersteller diesen Namen als Modellbezeichnung für eine 1911 verwendet, bleibt unklar. Klar hingegen ist jedoch, dass das Griffstück und der Verschluss der Ganzstahlpistole wie das Wakizashi oder Katana eines Samurai geschmiedet werden. Angesichts des US-Low-Budget-Preises von 899,- Dollar (ohne Steuern) ist das wirklich erstaunlich. Unsere beiden Testpistolen waren in 9 mm Luger und .45 Auto eingerichtet; auf der anderen Seite des großen Teiches gibt es sie auch in 10 mm Auto. Zudem offeriert man auch noch eine Ronin Commander-Version mit Alurahmen und 4,25“/108-mm-Lauflänge – "concealed carry" lässt grüßen! Zumindest uns persönlich gefiel das klassische "Duo Tone"-Finish mit blankem Stainless-Steel-Griffstück mit rotbraunen Holzgriffschalen und dem schwarz brünierten Verschluss. Angesichts des Preises ist die Ausstattung spartanisch, sodass man eine beidseitige Drehflügelsicherung, eine mündungslange Federführungsstange oder ein Checkering an der Griffstückfront vergebens sucht. Aber hier sorgt schon ein nachträglich angebrachtes Stück Skateboardtape für erhöhte Griffigkeit und Schusskontrolle. Die Läufe besitzen in beiden Kalibern einen Drall von 1-16“ (1-406 mm) und werden gehämmert beziehungsweise rundgeknetet, was die günstigste Methode der Laufherstellung in großen Serienproduktionen darstellt. Dass die Klassiker nicht unbedingt für den Sport konzipiert wurden, erkennt man an der Verwendung einer starren Visierung, sodass sich Korrekturen nur durch Driften der Visierelemente vornehmen lassen. Zumindest gibt es ein quergeriffeltes Kimmenblatt für verminderte Lichtreflexe und das Korn wurde gleich mit einem roten Fiberstab für eine schnellere Zielerfassung versehen. Auch die Single-Action-Abzugssysteme waren mit rund 2.000 Gramm (9x19) und 2.700 Gramm (.45 ACP) werksseitig standardmäßig hart einreguliert. Bei den Griffstück-Verschluss-Passungen wies die 9 mm Luger mehr Spiel als die .45er auf. Leider musste man auch bei der Laufeinpassung Abstriche machen. So ließ sich bei beiden Waffen der Lauf leicht in der Führungsbuchse bewegen, das "Barrel Bushing" selbst ließ sich etwa 0,2 mm von links nach rechts verschieben.

Auf dem Schießstand mit der Springfield Armory 1911-A1 Ronin in 9 mm Luger und .45 Auto 

Die Visierung der Springfield Armory 1911-A1 Ronin
Blick auf die Visierung der Springfield Armory 1911 Ronin

Auch an uns geht die allgemeine Munitions- und Komponentenknappheit bedauernswerterweise nicht spurlos vorüber, sodass Haushalten angesagt ist. Die Halbierung der Schusszahl pro Laborierung würde die Aussagefähigkeit beziehungsweise Vergleichbarkeit fraglich erscheinen lassen, sodass wir die Anzahl der Munitionssorten pro Waffe auf acht Laborierungen beschränkt haben. Mit der 1911 Ronin in 9 mm Luger erreichten wir ein Topresultat von 42 mm mit der GECO 124 Grains Hexagon. Danach folgte unsere Handladung mit dem exzellenten Hornady 115 Grains HAP-Geschoss und einem 48-mm-Streukreis. Damit verließen wir aber auch schon den Bereich der 50-mm-Marke. Weil die Streukreise bis in den dreistelligen Bereich hinaufgingen, lag der Durchschnittswert bei 67 mm. Obwohl geringere Toleranzen aufweisend, produzierten wir mit der .45er lediglich einen Bestwert von 61 mm mit der Fiocchi 200 Grains SWC-FMJ. Mit der WM Bullets Fabrikpatrone mit 200 Grains SWC-Geschoss realisierten wir eine 67-mm-Gruppe. Der Durchschnittswert betrug 84 mm. Beide Pistolen liefen mit rund 400 Schuss der verschiedensten Patronenformen und den nicht gerade zuführfreundlichen SWC-Geschossen ohne Störungen.

Technischen Daten und Preis der Springfield Armory Ronin

Hersteller:
Springfield Armory
Modell:Ronin
Kaliber:
9 mm Luger (.45 Auto)
Magazinkapazität:
9 (8) Patronen
Griffstück:
Stahl
Verschluss:
Stahl, brüniert
Lauflänge, Laufprofil:
128 mm, 6x F-Z-Profil
Zug-Felddiameter/Dralllänge:9,05-8,84 mm/1-16“/11,25-11,45 mm/1-16“
Kimme:
3,2 mm mit weißen, nicht nachleuchtenden Punkteinlagen
Korn:3,15 mm, mit roter Fiberstabeinlage
Visierlänge:
181 mm
Sicherung:
einseitige Flügelsicherung am Griffstück, Handballensicherung
Abzugssystem, -gewicht/Spannweite*:
SA: Mittelwert 1.985 Gramm/115 Gramm (2.706/335 Gramm)
Schlosszeit*:
keine Messung 
Gesamtgewicht (inkl. Magazin)
1.130 (1.102) Gramm
Maße (LxBxH):
217x34x147 mm
Preis: 1.490,- Euro

Das Fazit der Springfield Armory 1911 Ronin

Die Springfield Armory 1911 Ronin-Pistole kann zumindest in 9 mm Luger mit ausgesuchter Munition auch für sportliche Zwecke genutzt werden, wobei die starre Visierung mit Ausnahme von IPSC ein Manko darstellt. Dem Vernehmen nach lässt der Importeur mit der Ronin Target in naher Zukunft ein Modell mit verstellbarer Mikrometervisierung auflegen. Der Preis von 1.490,- Euro für eine Ganzstahlpistole mit geschmiedeten Hauptbestandteilen geht in Ordnung.

 Das hat uns gut gefallen:

 Das fanden wir weniger gut:

- ausgewogenes Preis-/ Leistungsverhältnis- starre Visierung außer für IPSC ein Manko

Die Schussleistung der Springfield Ronin in 9 mm Luger und in .45 Auto können Sie in der detaillierten Tabelle in caliber 10/2022 nachlesen. Das Heft können Sie – auch als ePaper – im VS Medien-Onlineshop kaufen.

Diesen Artikel gibt es auch in dieser Sprache: