Smith & Wesson Model 1854 in .44 Magnum: Via Waimex erhältlicher Unterhebelrepetierer im Test

Der Unterhebelrepetierer boomt, es gibt „Lever Guns“ in allen erdenklichen Ausführungen, traditionell, jagdlich, sportlich, ja sogar mit taktischem Touch. Das erklärt, wieso die US-Firma Marlin nach dem Crash ihres damaligen Mutterkonzerns durch den neuen Besitzer Sturm, Ruger & Co. flugs eine Wiederkehr erlebte und dass sich seit den 1990ern neue Firmen wie Anthony Imperatos, Henry Repeating Arms oder Jim Wests Wild West Guns etablieren konnten. An dem Tisch sitzt nun mit Smith & Wesson gleichsam ein weiterer Spieler – aber das ist bei dem Thema gar kein neuer, sondern ein alter. Denn die S & W-Gründer Horace Smith und Daniel Baird Wesson zählten zu den Pionieren der Lever Action-Waffen: In ihrer ersten Firma entstanden 1854/55 die frühen Unterhebelpistolen des Typs Volcanic, worauf das Duo am 14. Februar 1854 das US-Patent Nr. 10,535 erhielt – da passt dann für den neuen Unterhebler-Typ des US-Werks bestens der Slogan „Back to the roots“:

Das Smith & Wesson M 1854: Die verschiedenen Varianten

Smith & Wesson Model 1854 komplett von links.
Das S & W Modell 1854 kommt in verschiedenen Varianten. Unsere Testwaffe erhielten wir mit Nussbaum-Schäftung und geschwärten Stainless-Teilen.

Der Modellname 1854 erinnert bei dem neuen Gewehr an S & Ws Anfänge vor 17 Jahrzehnten. Die Büchsen kommen in .45 Colt, .357 Magnum / .38 Special und .44 Special / .44 Magnum in jeweils drei Versionen. Die differieren in Material, Finish und Lauflängen: Es begann mit der M 1854 in Stainless Steel (hier die altbewährte Sorte 416) und Schaftteilen aus schwarzem Kunststoff, die Griffflächen versehen mit Punzmustern und der Vorderschaft vorn mit zwei M-Lok-Aufnahmen. Wie diese Version kam auch die M 1854 Traditional Walnut mit einer Lauflänge von 19,25 Zoll. Jedoch zeigte sich diese Ausführung mit Nussbaum-Schäftung und geschwärzten, mattierten Stainless-Teilen, erzeugt durch das als Armornite bekannte Verfahren der Salzbadnitrierung (auch als Melonite bezeichnet). Es dient als Korrossionsschutz, härtet die Oberfläche und schützt gegen Abrieb. Die von S & W-Importeur Waimex zur Verfügung gestellte Testwaffe in .44 Magnum (2.284,- Euro) gehörte zu dieser Unterreihe der M 1854. Die anthrazitfarbene Version Stealth Hunter präsentiert sich mit kürzerem Lauf von 16,3“ Länge, einem Kunststoffschaft und einem Aluminium-Handschutz mit 15 M-Lok-Montageschlitzen. Zusammengerechnet sind das also neun Spielarten – bis jetzt.

Smith & Wesson Model 1854 in der Stealth Hunter-Variante komplett von rechts.
Die Version M 1854 Stealth Hunterhat einen 16,3-Zoll-Lauf,einen M-Lok-Handschutz aus Aluminium und einen Polymer-Schaft.

Die in Deutschland von Waimex importierte Lever Action-Büchse Smith & Wesson M 1854 im Detail

Mündung der Smith & Wesson Model 1854.
Die Mündung der S & W M 1854 hat ein Gewinde 5/8 x 24. Das gesockelte Balkenkorn ist auf den Lauf geschraubt, es hat hinten einen goldfarbenen, runden Einsatz.

Ungeachtet aller Unterschiede haben S & Ws Lever Guns natürlich Gemeinsamkeiten: Das beginnt mit dem schräglaufenden Design der Greifpartien, das an die Verzierung eines Rennwagens erinnert. Es geht weiter mit Gummischaftkappen und Riemenbügelaufnahmen (eine unten am Schaft, die zweite vorn im stählernen Vorderschaftabschluss). Alle Versionen kommen mit per Überwurfmutter geschütztem Laufgewinde (5/8 x 24), haben 12 cm lange Pica Rails (bei der Stealth Hunter in doppelter Länge) samt geschickt darin integriertem und verstellbarem Ghost Ring Sight; vorn gibt es ein aufgeschraubtes Korn (bei Stainless und Traditional mit goldfarbenem Einsatz, bei Stealth Hunter mit HiViz-Element).

Smith & Wesson Model 1854 mit offenem Lever.
Die Verriegelung des Unterhebels und der runde Verschluss zeigen, dass für die Systemkonstruktion der S & W M 1854 die Marlin M 336 Pate gestanden hat.

Stets ist der Unterhebel passend zum Pistolengriff abgewinkelt und vergrößert, sodass sich die Waffe auch mit dicken Winterhandschuhen durchladen lässt. Im Abzugsbügel residiert jeweils ein gerader, längs geriffelter Abzug, der gleichmäßigen Andruck gewährt und unten leicht abgewinkelt ist, um ein Abrutschen des Fingers zu verhindern. Alle Varianten haben einen Außenhahn mit Sicherheitsrast, alle eine von links nach rechts arbeitende und bei Unterheblern bestens bewährte Druckknopfsicherung. Ist sie aktiviert, wird der fallende Hahn geblockt und kann den Schlagbolzen nicht erreichen. Der ist übrigens zweigeteilt. Das hintere Ende liegt nur dann mit dem vorderen auf einer Linie und in Kontakt, wenn der Lever und damit der Verschluss sicher verriegelt sind. Oh, und der Hülsenauswurf erfolgt nach rechts und nicht nach oben. Das alles verweist auf die Ahnväter der Konstruktion – die US-Techniker Lewis Lobdell Hepburn und Thomas Robinson und damit die Marlin-Repetierer. Hepburn ersann für Marlin ein oben geschlossenes System mit Rechtsauswurf samt dem aus Sicherheitsgründen zweigeteilten Schlagbolzen, Robinson schuf daraus die 1948 eingeführte, vereinfachte Variante Marlin 336, deren Technik auch der M 1854 zugrundeliegt.

Smith & Wesson Model 1854 mit Patrone an der Ladeluke.
Die S & W M 1854 lässt sich herkömmlich via Ladeluke laden und per Repetieren entladen ...

Der Pfiff der S & W 1854 aber besteht in den Optionen rund ums Laden/Entladen. Das sei erklärt: Standardmäßig gibt es für Röhrenmagazin-Unterhebler zwei Methoden. Zum einen durch eine rechts am Systemgehäuse befindliche Ladeöffnung ins Magazin, zum anderen, indem man die „Dübel“ direkt im Magazin platziert. Dazu zieht man aus dem Magazinrohr das Innenrohr mit der darin untergebrachten Zubringereinheit soweit vor, bis sie oberhalb der ins äußere Rohr geschnittenen Ladeöffnung liegt. Hier die Patronen einlegen, Zubringerröhre wieder zurückdrücken und festsetzen, fertig. Gerade im Bereich der mit „Magazine Tube“ ausgerüsteten KK-Unterhebler (und Pump-Action-Varianten) blieb das Laden via Magazin lange Standard, während die Großkaliber-Varianten üblicherweise per seitlicher Ladeklappe gefüttert wurden. Die Henry Big Boy von Henry Repeating Arms bietet beide Ladearten. Und nun die Neuerung der M 1854: Auch hier gibt’s rechts am System die gewohnte Ladeklappe. Der Clou ist aber die Magazinröhre: Die verriegelt per Bajonettverschluss unter der Mündung am Haltering zum Lauf – einfach die Magazinröhre an ihrem rundum gerändelten Kopfstück anfassen, dieses zur Seite drehen und das gesamte Element herausnehmen, die Röhre samt Zubringer und Feder. Der Vorteil zeigt sich beim Entladen: Wer seinen Unterhebler bislang kalt delaborieren wollte, musste ihn umständlich und wenig Patronen-schonend leerrepetieren. Hier nicht: das Magazin lösen und nach vorn herausziehen, die Waffe schräg nach unten halten, die Patronen aus der Öffnung vorn am Vorderschaft sachte herausrutschen lassen: Diese Neuerung verschafft der M 1854 ihr Alleinstellungsmerkmal.

Öffnen des Magazins der Smith & Wesson Model 1854.
... das geht aber auch, indem man vorn unter dem Lauf der S & W M 1854 die Arretierung der Magazinröhre löst und diese komplett auszieht, ...
Patronenentnahme aus der Smith & Wesson Model 1854.
... um dann die Patronen aus dem Vorderschaft rutschen zu lassen.

Die Smith & Wesson 1854 im Test auf dem Schießstand

Die Waffe kam ordentlich verarbeitet, sieht man von manchem typisch amerikanisch anmutenden Spaltmaß ab, namentlich bei den Kolbenhalspassungen. Viel weniger großzügig zeigte sich der Prüfling bei den innen wie außen gesuchten Werkspuren, da fand sich so gut wie nichts. Sehr gut gefiel auch, dass die bei Unterheblern oft zu findenden Kanten an Hahnsporn und Abzugszüngel zwar spürbar waren, aber verrundet daherkamen. Die Büchse ging glatt in den Anschlag, sie ließ sich von den Testern zwischen 1,80 und 2,00 Metern Größe gut repetieren, ohne sie aus der Schulter nehmen zu müssen. Sehr gut machten sich dabei der füllige Vorderschaft und der ebenfalls etwas kräftiger gehaltene Pistolengriff, die dank eingelaserter Punzierungen anständigen Halt boten. Die Bedienelemente funktionierten einwandfrei, auch wenn die Druckknopfsicherung selbst bei bewusst vorsichtigem Bedienen mit Daumen und Zeigefinger hörbar knirschte und ein Tester die für Unterhebler übliche Macke des in gespanntem Zustand nach vorn schiebbaren Züngels monierte. Die Abzugscharakteristik? Der Auslösewiderstand lag bei einem per Lyman Trigger Pull Gauge in mehreren Messdurchläufen gemittelten Wert von robusten 2.350 Gramm, der Abzug brach nach minimalem Kriechen ohne durchzufallen – annehmbar. Das Zielbild war klar, aber wegen des Rings schon arg luftig. Daher montierten die Tester für ihre Präzisionsversuche ein Rotpunktgerät Aimpoint Micro H-1.

Smith & Wesson Model 1854 auf dem Anschusstisch.
Die M 1854 durchlief den Praxistest im Schieß-Sportzentrum Westerwald.

Wir nutzten fünf Patronensorten in .44 Magnum. Die Geschossgewichte rangierten zwischen 200 und 300 Grains. Neben Teilmantelgeschossen mit der für das Kaliber typischen 240-Grains-Vorlage durchliefen den Test auch zwei Bleilaborierungen (einmal Flachkopf, einmal Semi-Wadcutter) sowie die mit 200 Grains recht leichte, aber kraftvolle FTX-Sorte von Hornady: Bei diesem Geschosstyp gibt es eine patentierte, flexible Spitze. Dank dieser „Flex Tip Bullet“-Bauweise lassen sich auch Spitzgeschosse gefahrlos aus Röhrenmagazinen verwenden. Ob nun schwer oder leicht, die Munition ließ sich gut via Ladeklappe einführen, auch wenn einer der Prüfer die Klappenfeder als arg stramm bewertete. Dank sorgsam verrundeter Kanten an Fenster und Klappe blieben aber die Finger heil. Wobei die Tester den klassischen Lade-Trick anwandten: Die Patrone nur soweit einschieben, bis sie im Fenster klemmt. Für den Rest des Weges nimmt man dann als Schubhilfe die Folgepatrone. So muss man nur die jeweils letzte Patrone mit den Fingerspitzen durchs Ladeluk bugsieren, neun Stück nimmt das Magazin der vorliegenden 1854er auf. Waren die Patronen „drin“, kam das, was beim Umgang mit so einer Büchse den Reiz ausmacht: Das Repetieren per Unterhebel. Dabei führte die S & W alles tadellos zu, nichts klemmte, es gab beim Auswerfen auch keine Stovepipe-Hülsenklemmer. Allerdings war die Charakteristik des 1854er Levers durchaus rustikal: Sowohl das dadurch beeinflusste Zusammenspiel von Verschlussunter- und Hahnoberseite wie auch die Rastung beim Verrriegeln des Levers unten im System hätten etwas weicher ausfallen können – zuverlässiger nicht, denn da war nichts zu bekritteln.

Smith & Wesson Model 1854 mit Patronen.
9  Patronen in .44  Magnum passen ins Magazin, die 10. ins Patronenlager der Smith & Wesson M 1854. Zum Magazinentladen die Röhren-Zubringereinheit herausziehen und Patronen einfach an die frische Luft rutschen lassen.

Mit dem VISIER-Kollegen Robert Riegel am Anschusstisch kam die Büchse mit der Sellier & Bellot-Sorte (240 Grains Jacket Soft Point) am besten zurecht, da lieferte sie den Top-Streukreis von 33 Millimetern ab (detaillierte Schießtabelle in der VISIER 3/2025, Bezug s. unten). Nun ist das starke Kaliber .44 Magnum auch aus einem Unterhebler in Carbine-Größe nichts, das man unterschätzen sollte. Dank der dicken Gummikappe kam das gut 3.200 Gramm schwere Gewehr zwar stramm, aber gut erträglich in die Schulter. Jenseits allen Messens und Notierens ließen es sich die Tester nicht nehmen, auch stehend freihändig und aus schnellem Anschlag zu feuern. Fazit: Die M 1854 arbeitete auch hier einwandfrei und zauberte allen Beteiligten ein durchaus breites Grinsen ins Gesicht; der Umgang damit machte schlichtweg Spaß.

Technische Daten und Preis: Smith & Wesson M 1854 Traditional Walnut

Modell:Smith & Wesson M 1854 Traditional Walnut

Kaliber:

.44 Magnum

Kapazität:

9 + 1 Patronen

Länge:

915 mm

Lauflänge:

489 mm (19,25“)

Dralllänge:

1: 504 mm (1:20“)

Abzugsgewicht:

2.350 g

Gewicht:

3.220 g

Links-/Rechts Ausführung:

Nur rechts

Preis (UVP):

2.284,- Euro

Ausstattung:

Unterhebelrepetierer mit Röhrenmagazin und Außenhahn, zu laden via Seitenfenster, zu entladen nach Ausziehen des Magazins via Vorderschaft. Zweiteilige Nussbaumschäftung mit punzierten Grifflächen und mit Gummischaftkappe, Metallteile aus Stainless Steel mit Armornite-Finish. Aufgeschraubtes Korn mit goldfarbener Einlage, seitlich justierbare Ghost-Ring-Kimme integriert in 12 cm langer Picatinny-Schiene.

Fazit zur Smith & Wesson M 1854: Was bleibt – das liebe Geld

Die S & W M 1854 Traditional Walnut erwies sich als ordentlich gearbeitete, zuverlässige, grundsolide Interpretation eines klassischen Funktionsprinzips mit einer so simplen wie cleveren Neuerung beim Lade-/Entladevorgang. Oh, und wer eine andere Ausführung haben möchte, kann bei S & W aus einem ständig erweiterten Angebot wählen. Also alles gut? Nicht ganz denn da ist noch der Preis von satten 2.284,- Euro. Das ist schon eine Menge "Holz" für eine Waffe dieses Typs, in dieser Ausführung, trotz der beschrieben Vorzüge. Zumal man die stattlichen Munitions- und Komponentenkosten für .44 Magnum ja mit einkalkulieren muss: Wenn irgendwie möglich sollte Smith & Wesson dem Importeur hier preislich noch etwas mehr Spielraum nach unten verschaffen, um so die Marktchancen seiner neuen Lever Gun auf dem hartumkämpften deutschen Unterhebler-Markt zu wahren.


Dieser Testbericht erschien auch in der VISIER, Ausgabe 3/2025. Dort sind neben der ausführlichen Schießtabelle mit 5 Laborierungen auch weitere Hintergrundinformationen enthalten. Das Heft können Sie im VS Medien-Shop online kaufen. Dort steht es auch als ePaper zur Verfügung.

Weitere Informationen zur Smith & Wesson M 1854 erhalten Sie zudem auf der Webseite von Importeur Waimex. Dieser liefert nur über den Fachhandel aus.

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