SAKO TRG 22 A1: Ausführlicher Test des finnischen Long-Range-Präzisionsgewehrs im Kaliber 6,5 Creedmoor

Mit seiner fast 100-jährigen Unternehmensgeschichte kann der Hersteller SAKO heute auf eine enorme Angebotspalette in der Waffenentwicklung und Herstellung zurückblicken. So werden heute die meisten Teile, unter anderem auch die Läufe, im eigenen Haus produziert. Seit den späten 80er Jahren fertigt man auch eigene Munition, sowohl für den zivilen als auch behördlichen Sektor. Eines der bekanntesten Modelle der Finnen stellt das Präzisionsgewehr TRG 22 dar, dessen Magnum-Version auf die Bezeichnung TRG 42 hört. Und dann wäre da auch das TRG M10: Das vor neun Jahren eingeführte Scharfschützengewehr für eine ursprünglich rein behördliche Verwendung ist heute auch regulär im Handel erhältlich. Neben dem multikaliberfähigen M10 führt der Importeur Manfred Alberts GmbH aber auch die neuen A1-Varianten des TRG 22 und 42 und stellte ein Exemplar im Kaliber 6,5 Creedmoor für einen Test zur Verfügung. Das TRG M10 und das TRG 22 A1 unterscheiden sich auf den ersten Blick nur marginal und man könnte meinen, der Preisaufschlag von über 40 Prozent der M10 gegenüber der 22 A1 sei nicht gerechtfertigt.

Die (kleinen) Unterschiede zum Topmodell SAKO TRG M10

Das TRG M10 ist ein multikaliberfähiges Präzisionsgewehr in den Grundkalibern .308 Winchester und .338 Lapua Magnum. Zudem bietet man noch das Kaliber .300 Winchester Magnum als Wechsel-Kit an, bestehend aus Lauf, Verschluss und Magazin. In Riihimäki fertigt man das TRG 22 A1 neben 6,5 Creedmoor auch in .260 Remington und natürlich als 308er, das TRG 42 A1 gibt es in den Magnum-Kalibern .300 Win-Mag und .338 Lapua Magnum. Auf das Multikalibersystem mit Wechselsystemen der M10 muss man allerdings verzichten. Der mehrfach justierbare, anklappbare Hinterschaft ist bei beiden gleich. Die Vorderschäfte unterscheiden sich aber in den Montageschnittstellen. Beim M10 setzt Sako auf kannelierte Läufe, beim 22 A1 auf ein klassisch-rundes Außenprofil.

Hinterschaft des TRG 22 A1 im Detail.
Der verstellbare Faltschaft des SAKO TRG 22 A1: Die Handhabe an der Unterseite kann bei Bedarf auch gegen anderes Zubehör wie etwa ein Monopod ausgetauscht werden.
TRG 22 A1 von SAKO mit eingeklapptem Hinterschaft.
Der Klappschaft lässt sich individuell anpassen, etwa in der Länge oder der Höhe der Wangenauflage. Eingeklappt blockiert er auch den Kammergriff des TRG 22 A1.

Schaft und Abzug des TRG 22 A1 von SAKO

Das Chassis fertigt SAKO aus einer Aluminiumlegierung, zum Schutz vor Korrosion eloxiert und beschichtet. Zur Aufnahme des vorderen Handschutzes dient eine mit dem Chassis verschraubte Leichtmetallhülse. Das zweireihige Magazin aus Stahlblech nimmt 10 Patronen auf, deren Maximallänge 75 Millimeter nicht überschreiten darf. Das sollte vor allem Wiederlader interessieren, da nach CIP die maximale Patronenlänge der 6,5 Creedmoor bei 71,76 Millimetern liegt. Der skelettierte Hinterschaft klappt nach Eindrücken des Verriegelungsknopfes nach rechts an das Systemgehäuse. Der Hinterschaft verfügt an der Unterseite über eine kurze Picatinny- Schiene zur Aufnahme eines Monopods oder alternativ des mitgelieferten Kunststoffgriffes. Auf Knopfdruck kann man die Wangenauflage in 12 Stufen um etwa 35 Millimeter in der Höhe verstellen. Ähnlich bei der Schaftkappe: Sie ist in 8 Stufen um 43 Millimeter in der Länge justierbar. Ein weiterer Knopf ermöglicht, die Kappe in sechs Stufen um 37 Millimeter in der Höhe zu verstellen. Beidseitige Riemenösen und QD-Schnittstellen am Klappschaft sowie oberhalb des Pistolengriffs runden das Gesamtkonzept ab. Der gerade mal 530 Gramm leichte Handschutz aus Aluminium wird über zwei Schrauben an das Chassis geklemmt.

Detailaufnahme der Sicherung des TRG 22 A1 von SAKO.
Die Sicherung des TRG 22 A1 ganz vorn im Abzugsbügel wird von rechts wie links mit dem Abzugsfinger bedient.

Der Handschutz besitzt auf 12 Uhr eine 350 Millimeter lange Picatinny-Schiene mit 30-MOA-Vorneigung. Seitlich sowie unten reduzieren M-LOK-Aussparungen das Gewicht und ermöglichen die individuelle Befestigung von Zubehör. Das Bordwerkzeug versteckt SAKO in dem kleinen Fach im Schaft, dazu einen Torx-Schlüssel im Kammerstängel. Auch die Abzugseinheit kommt aus hauseigener Produktion. Die Büchse bietet einen voll einstellbaren Druckpunktabzug, der als komplette Baugruppe aus dem System entnommen werden kann. Das Abzugsgewicht ist von 1200 bis 2100 Gramm einstellbar. Zudem lässt sich der Abzugsabstand des Züngels verstellen. Der beidseitig bedienbare Sicherungsflügel wirkt auf den Abzug und blockiert gesichert auch den Verschluss. Leider war bei der Testwaffe das Entsichern kaum geräuschlos hinzubekommen, beim jagdlichen Einsatz ein Nachteil. Mittels eines Knöpfchens hinter dem Kammerstängel lässt sich der Verschluss auch in gesichertem Zustand öffnen.

Rohr und Verschluss des TRG 22 A1 von SAKO im Detail

Zerlegter Verschluss des SAKO TRG 22 A1.
Der massive Drei-Warzen-Verschluss des SAKO TRG 22 A1 hält den Öffnungswinkel der Kammer klein. Zwecks Reinigung lässt sich der TRG-Verschluss relativ einfach zerlegen.

Sowohl den Lauf als auch das kaltgeschmiedete System schützt eine Phosphatierung vor Witterungseinflüssen. Das Rohr mit M18x1-Gewinde misst auf den vorderen zwei Dritteln 22 Millimeter. Zum Patronenlager hin wächst der Laufdurchmesser aber auf 29,4 Millimeter an. Das an der Unterseite abgerundete Systemgehäuse verfügt über eine toleranzarme Bettungsform. Im Bereich der Laufwurzel sorgt eine gefräste Aussparung für die notwendige Kraftübertragung des Rückstoßes auf das Gehäuse des TRG. Drei Schrauben verbinden das System mit dem Chassis. Dabei fixiert die vordere Schraube zusätzlich eine Art Rückstoßstollen, der genau in die korrespondierende Aussparung greift. Auf dem Systemgehäuse thront eine 170 Millimeter lange Picatinny-Schiene mit 30-MOA-Vorneigung. Unauffällig in das Systemgehäuse integriert ist auch eine Prismenschiene (16 Millimeter) zur direkten Aufnahme von Montageringen oder dergleichen. Der Zylinderverschluss verriegelt über drei Warzen im Systemgehäuse. Auch kleinere Bauteile wie der Ausstoßerstift und die Auszieherkralle machen einen sehr gut verarbeiteten Eindruck.

Die Long-Range-Patrone 6,5 Creedmoor

Der US-Hersteller Hornady, bekannt für Wiederladegerät, -komponenten sowie Munition, entwickelte das 6,5er Kaliber vor 13 Jahren. Die Patronenhülse basiert auf einer eingezogenen .30 TC, die derjenigen des Kalibers .308 Winchester sehr nah kommt. Dadurch besitzt sie fast den gleichen Stoßboden und ein Umrüsten von 308er Büchsen auf die 6,5 Creedmoor ist durch einen reinen Laufwechsel möglich. Entwickelt wurde die Patrone gleichermaßen als Weitschuss-Kaliber für die Jagd als auch für den sportlichen Bereich. Durch die Verwendung von mittelschnellen Pulvern und Standard-Anzündhütchen lassen sich mit den in weiter Bandbreite angebotenen 6,5-mm-Geschossen sehr schnelle und somit windunanfällige Ladungen herzustellen. Zudem bevorzugen die üblichen Dralllängen von 1 : 8" (204 Millimeter) schwere Geschosse, die in Verbindung mit den hohen Geschwindigkeiten eine hohe und damit günstige Querschnittsbelastung aufweisen. Selbst bei 1.000 Meter Entfernung lassen sich somit Geschwindigkeiten im Überschallbereich ohne Weiteres verwirklichen. Daher ist die leichte Patrone, mit ihrem leichten Rückstoß und der großen Reichweite nicht nur für Jäger und Sportschützen interessant, sondern stößt auch vermehrt bei Behörden und dem Militär auf großes Interesse.

Auf dem Schießstand mit dem SAKO TRG 22 A1

Zum großen Test des TRG 22 A1 ging es auf eine offene Schießbahn, die Distanzen bis 800 Meter zuließ. Der Wettergott war mal wieder gnädig und sorgte für leicht bewölktes Wetter bei knapp 20°C und kaum Wind – beste Voraussetzungen. Geschossen wurde auf drei Distanzen (100, 300 und 800 Meter), bis 300 Meter auf Papier. Auf 800 Meter platzierten die Tester eine elektronische Trefferanzeige von Silver Mountain Targets. Das über WLAN kommunizierende System erfasst die mit Überschallgeschwindigkeit vorbeifliegenden Geschosse über vier Schalldruckaufnehmer an der Scheibe und berechnet so die Lage des Geschosses im Ziel. Zudem wird die Zielgeschwindigkeit festgehalten. Die Mündungsgeschwindigkeit wurde bei allen Schussentfernungen via LabRadar ermittelt.  Die SAKO verdaute alle 10 getesteten Munitionssorten ähnlich gut. Es gab keine nennenswerten Ausreißer, weder bei den Match-Laborierungen noch bei den Jagdpatronen. Auf der 100-Meter-Kurzdistanz schnitt die NORMA Match mit einem 130 Grains schweren HPBT-Geschoss am besten ab. Auf 300 Meter Entfernung lag die RWS Target Elite Plus mit 130 Grains vorn und auf der 800-Meter-Distanz die SAKO TRG Precision mit einem 136 grs schweren Scenar L-Projektil. Bei den jagdlichen Munitionssorten siegte die SAKO Gamehead Pro Tipped (mit 130 grs GameKing), auf 300 Meter machte hier die Hornady-Patrone mit 143 Grains schwerem ELD-X-Geschoss das Rennen. Leider endete die zur Verfügung stehende Schießzeit noch vor Abschluss des gesamten Tests, so dass die 4 Jagdlaborierungen nicht mehr auf 800 Meter getestet werden konnten.

Das TRG 22 A1 von SAKO mit Munition auf einer Motorhaube.
Das TRG 22 A1 ähnelt konzeptionell weitgehend dem Behördenmodell M10, allerdings ohne dessen Modularsystem für schnelle Kaliberwechsel.

Das kann das TRG 22 A1: Das Testfazit

Die SAKO TRG 22 A1 im Kaliber 6,5 Creedmoor ist ein bestens verarbeiteter Präzisionsrepetierer, der sich aufgrund des Kalibers optimal für das Long-Range-Schießen eignet. Aber auch jagdlich zeigt sich die Waffe voll einsatztauglich. Dank des anklappbaren Hinterschafts leicht zu verstauen, lässt sie sich durch die vielseitigen Verstellmöglichkeiten bestens an den Schützen anpassen. Die Schussleistung und das Schießverhalten sind genial. Ein kleiner Wermutstropfen ist lediglich der hohe Preis von 7.575,- Euro, die man aber durchaus für eine solch gelungene Waffe ausgeben kann.


Text: Daniel Lang und Hamza Malalla

Dieser Test erschien zuerst in der VISIER 02/2020. Das Heft kann noch im VS Medien-Shop erworben werden. Dort ist es auch als e-Paper zu kaufen.

Weitere Informationen über die Waffen von SAKO bekommen sie auf den Seiten des Herstellers sowie bei dem deutschen Importeur, der Manfred Alberts GmbH.

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