Im Test: Zimmer-Trainingssysteme von Artax und Pedersoli für Vorderlader

Zimmer-Trainingssysteme von Artax und Pedersoli 
Zum Verwechseln ähnlich: Auch die Rundkugeln bestehen aus relativ weichem Kunststoff. Erst beim Anfassen wird der Unterschied zu Bleikugeln spürbar. Der Kugelfang erinnert sehr an die Typen für Luftdruckwaffen, wiegt aber deutlich mehr.

Etwas schräg sehen sie schon aus, die knallroten, dicken Kunststoff-Diabolos Kaliber .45 von Artax. Die respektlose, spontane Bezeichnung in der Redaktion lautete "Gummipömpel“. Die von Artax mitgelieferten Rundkugeln verblüffen hingegen erst nach dem Anfassen. Den bleiernen Originalen täuschend ähnlich, wiegen die schwarzen Kunststoff-Kugeln fast nix! Aber der Reihe nach: Vorderlader-Schießstände sind rar geworden. Den (meist erst nach dem Schießstandbau hinzugezogenen) Anwohnern sind oder waren sie zu laut, da meist offen oder halboffen gebaut, der Entlüftung wegen. Wenn der Verein eine sündhaft teure Schwarzpulver-Entlüftung stemmen konnte, änderten sich in der Regel die Standgebühren – nach oben. Oder der Verein liegt fernab von jeder Bebauung, doch geografisch dann meist zwischen nichts und nirgendwo. Wachs- und Gummikugel-Experimente früherer Vorderlader-Trainingssysteme für die eigenen vier Wände litten an A: Laufsteckern, B: Laufverunreinigungen, C: Präzisionsmängeln und D: viel davon. 

Zimmer-Trainingssysteme von Artax und Pedersoli 
Der kleine Unterschied: Links an der Invest-Arms Perkussionspistole ist das normale Piston sichtbar, rechts sitzt auf der Pedersoli-Pistole die gekapselte Zündhütchenaufnahme des Zimmer-Trainingssystems von Pedersoli.
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Das Artax-System im Detail: Mündungsseitig liegt der Aufnahmebecher für das Flinten-Zündhütchen, das silbrig-glänzend dahinter liegt. Die folgende Rändelmutter dient als Führung des Zündstiftes und als Verschluss. An der Kimme steht das Original-Piston.

Die Vorderlader-Trainingssysteme von Artax und Pedersoli im Detail

Ein großer Teil der Probleme rührte bei älteren Versuchen für Zimmerschützen daher, dass meist das originale Piston montiert blieb, bestenfalls gegen eines für Flügelzündhütchen ausgetauscht wurde. Je nach Sitz des Zündhütchens gab es Gasschlupf am Piston. Und weder Wachs noch Gummi sind ideale Drall-Verwerter, zu weich und plastisch das Wachs, zu elastisch bei mangelnder Abrieb Festigkeit das Gummi. Moderne Kunststoffe, passendes Material vorausgesetzt, neigen hingegen weder zu Abrieb wie Gummi oder Anschmelzen wie Wachs. Ein weiterer wesentlicher Fortschritt der neuen Systeme ist die gekapselte Zündhütchenaufnahme. Diese Konstruktion lässt den Gasdruck nur in eine Richtung wirken – zur Mündung.

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An der Pedersoli Le Page (hinten) lässt sich sehr gut erkennen, dass bereit sein Zündhütchen im Innern der Kapselsteckt. Das weit aus der Kapsel heraus-stehende Ende des Zündstiftes signalisiert zweifelsfrei „geladen“. Vorn das technisch ähnliche Pedersoli-Pendent mit abgeschraubtem Deckel.
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Zum Verwechseln ähnlich: Auch die Rundkugeln bestehen aus relativ weichem Kunststoff. Erst beim Anfassen wird der Unterschied zu Bleikugeln spürbar. Der Kugelfang erinnert sehr an die Typen für Luftdruckwaffen, wiegt aber deutlich mehr.

Sowohl das Artax-System aus Messing als auch das Pedersoli-System aus Stahl funktionieren nach gleichen Prinzipien. Statt des Pistons wird eine becherförmige Aufnahme in das Pistongewinde geschraubt. Achtung: Drei verschiedene Gewindetypen, M 6x1, M 6x0,75 oder 250x28 UNF hält Artax vor, aber es existieren noch andere Gewindegrößen. Im Zweifel hilft Fragen vor dem Kauf. In die Aufnahme kommt ein Zündhütchen vom Typ 209 für Flintenpatronen, im Test verwendeten wir die CCI-Typen Standard und Magnum. Wenn das Zündhütchen sitzt, wird die Verschlusskappe aufgeschraubt. Der Unterschied beider Systeme liegt außer im Material in der Führung des Zündstiftes. Der Stift des Pedersoli-Systems ist mit einer Gegenplatte verschraubt, er kann nicht herausfallen. Der längere Zündstift des Artax-Systems (eigentlich) auch nicht, da er saugend in der Bohrung läuft. Sehr lang im Vergleich zum Pedersoli-Pendant, erlaubt der Artax-Stift ein Kürzen, falls der Schlagwinkel des Hahnes nicht zum Sitz des Stiftes passt. Die Preise beider Systeme sind ähnlich, Artax verlangt rund 30,- Euro für das eigene, und rund 25,- Euro für das Pedersoli-System. Aber: Pedersoli-Gewinde passen meist nur auf Pedersolis Vorderlader.

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So bleibt der Chefredakteur freiwillig in seinem Büro. Der Schuss mit der Invest-Arms Hawken erinnert eher an das Patschgeräusch beim Luftgewehrschießen, also leise. Der Trainingsschuss mit den Pistolenerfordert einen Gehörschutz.

Die Trainingssysteme von Artax und Pedersoli in der Praxis

Ohne Qualm und Gestank fehlt schon etwas, aber nicht lange. Die anfängliche Skepsis der Tester wich rasch der puren Begeisterung – kein Wunder, kamen auf exakt zehn Meter Distanz reproduzierbare Fünf-Schuss- Gruppen unter 30 Millimeter zustande. Ohne Stecher, mit dem Direktabzug der Pedersoli-Duellpistole des Indoor-Sets, nicht aus der Schießmaschine, sondern sitzend frei Hand. Gewehrschießen auf diese Distanz ist fast langweilig, gefühlt könnte die Entfernung auf 15 Meter. wachsen. Der Umgang mit den roten Diabolos hinterlässt ein etwas artfremdes Gefühl, anders als bei den Rundkugeln, die ein geöltes 0,12-Millimeter Pflaster benötigen. Doch zeigten die Diabolos eine etwas bessere Präzision, in Zahlen etwa zehn Millimeter im Vergleich zu den Gruppen der Rundkugeln.

Zimmer-Trainingssysteme von Artax und Pedersoli 
So sieht es unmittelbar vor dem Aufschrauben der Verschlussmutter aus. Das Laden des Gummigeschosses wie auch der Zündhütchenaufnahme geht rascher, als die Details vermuten lassen. Zuletzt wird der Zündstift in die Führung gesteckt.

Der kleine Unterschied ist wirklich klein. Wer möglichst nahe am Originalprocedere bleiben will, wird Rundkugeln plus Kugelpflaster wählen. Die letzten Millimeter holt man jedoch mit den roten Artax-Diabolos heraus. Statt brav in den Kugelfang (47,- Euro) schossen die Tester auch auf eine verputzte Wand. Das nahmen der Putz übel, aber nicht die Geschosse, weder Kugeln noch Diabolos zeigten sich zeidelt oder zerkratzt. An den Diabolos bildeten sich erst bei der dritten Nutzung feine Abdrücke des Feld-Zug-Verlaufs, die aber nach einigen Tagen wieder dezenter wurden. Ein weich ausgelegter Kugelfang dürfte für eine lange Gebrauchsdauer der Geschosse sorgen, die sowohl von Pedersoli als auch Artax gleich teuer sind: 50 Stück kosten rund 39,- Euro. Nur die Zielscheiben ernteten etwas Kritik. Über dem Format des UIT-Einsteck- Spiegels liegend, sitzt der Druck aufglänzender, lackierter Pappe. Vielleicht sogar – falls draußen im Nassen statt drinnen trocken geschossen wird – gut gemeint, je nach Licht aber störend. Wer praktischen Arbeiten nicht entwöhnt ist, kann leicht einen Kugelfangkasten für UIT-Spiegel zimmern, die überdies die Schusslöcher sauberer abbilden. Es ohne Schutz zu tun, ist gefährlich. Hier aber nur für den Geldbeutel. Die dicken "Gummipömpel" haben zwar weit weniger Durchschlagskraft als Diabolos aus freien Luftdruckwaffen, hüpfen aber ohne Kugelfang weit, weit weg... 

Fazit: Richtig sinnvoll, richtig spaßig und richtig günstig? Gibt es also doch noch. Und mehr Fazit braucht es hier nicht.


Dieser Artikel ist auch in der VISIER 11/2021 erschienen, mit vielen anderen interessanten Themen. Das Heft ist im VS Medien-Shop auch als e-Paper verfügbar.