Schreckschusswaffen: Arten, Kaliber, Waffengesetz und Kleiner Waffenschein – Tipps für den Einstieg mit Video

Schreckschusswaffen werden auch als Gaswaffen oder SRS-Waffen bezeichnet. Letzteres steht für Schreckschuss-, Reizstoff- und Signalwaffen und ist die eigentlich vollständigste Bezeichnung. Denn sie weist schon darauf hin, dass handelsübliche Schreckschusswaffen eben direkt drei Funktionen mitbringen. Der Unterschied zwischen Schreckschuss und Reizstoff liegt in der verwendeten Munition. Zum Signalgeber wird die Waffe durch das Aufsetzen eines häufig im Lieferumfang befindlichen Abschussbechers. 

Gaswolke eines Schreckschussrevolvers.
Schreckschusswaffe im Einsatz. Die Reizstoff-Gaswolke ist zur besseren Sichtbarkeit leicht digital hervorgehoben.

Die Zahl erteilter "Kleiner Waffenscheine" (KWS) steigt seit seiner Einführung im Jahr 2002 beständig. 847.044 gültige Kleine Waffenscheine gab es laut Bundesverwaltungsamt mit Stand März 2024. Wofür man diesen überhaupt braucht, werden wir auch in diesem Artikel klären. Die Motivation für die Beantragung des Scheins ist in den allermeisten Fällen vermutlich der Wunsch, sich im Falle eines Angriffs wehren zu können. Die Signalgebungsfunktion der Waffe tritt dabei in den Hintergrund. Deshalb soll es hier primär um die SRS-Waffe als Mittel der Selbstverteidigung gehen. Ebenso als Hintergrundinformation: Alles rund um die Schreckschusswaffe ist ein sehr "deutsches Thema". Aufgrund historisch-rechtlicher Begebenheiten spielt diese Waffenart hierzulande eine große Rolle. Das ist nicht überall auf der Welt oder auch nur in Europa so. Einerseits liegt das in einigen Staaten am niedrigschwelligen Zugang zu effektiveren Verteidigungsmitteln wie "echten" Schusswaffen, andererseits daran, dass SRS-Waffen in manchen Ländern umgekehrt sehr stark reguliert sind. Aber auch hierzulande gibt es sehr strenge Regeln und Anforderungen an die Technik der Waffen und den Umgang damit. Deshalb geht es in diesem Artikel erst einmal nur um in Deutschland frei verkäufliche (ab 18 Jahren) Modelle mit der Kennzeichnung "PTB im Kreis". Warum, das werden wir auch weiter unten genau erläutern.

Welche Arten von Schreckschusswaffen gibt es?

Der Markt bietet Pistolen, Revolver und sogar Langwaffen als SRS-Waffen. Die bedeutendsten Kategorien sind dabei die Pistole und der Revolver. Die in Deutschland zugelassenen Langwaffen werden zwar rechtlich wie ihre kurzen Verwandten behandelt, spielen aber fast ausschließlich in Sammlerkreisen eine Rolle. Kein Wunder: Ein verdecktes Führen der Waffe ist nicht möglich, auch fehlt hier im Regelfall die Möglichkeit des Verschießens von Signalmunition. Ein Beispiel für eine solche SRS-Langwaffe wäre der Nachbau der Weltkriegswaffe MP40 vom deutschen Hersteller German Sport Guns (GSG).

Bleiben noch die Pistole und der Revolver. Analog zu ihren echten Vorbildern haben die jeweils Vorteile und Nachteile, die es beim Kauf einer Schreckschusswaffe zu beachten gilt. Die Pistole verfügt häufig über eine hohe Magazinkapazität, es können also mehr Schüsse ohne Nachladen abgegeben werden. Dafür ist die Pistole komplizierter zu bedienen, was auch im Fall einer Waffenstörung gilt. Damit kann gerade der ungeübte Anwender im Falle einer Notwehrsituation mit einer nicht funktionsfähigen Waffe dastehen. Der Revolver hingegen ist sehr einfach zu bedienen. Zündet etwa eine Kartusche (so werden die "Patronen" bei Schreckschusswaffen genannt, denn sie haben gar kein Projektil) nicht, behebt ein erneutes Ziehen am Abzug das Problem. Dafür hat der Nutzer hier in aller Regel maximal sechs Schuss zur Verfügung. Die Entscheidung für eines der beiden Waffensysteme stellt also schon die erste Abwägungsfrage dar: Möchte ich eine einfach zu bedienende, zuverlässige Waffe und verzichte ich dafür auf eine hohe Kapazität (Revolver) oder bin ich bereit, aktiv mit der Waffe zu trainieren, mich mit ihrer Handhabung im Detail vertraut zu machen und gehe grundsätzlich das höhere Risiko von Störungen ein, habe dafür aber eine sehr hohe Kapazität zur Verfügung (Pistole)?

Der Weihrauch HW 37 im Kaliber 9 mm R.K..
Ein klassischer, lange am Markt befindlicher Schreckschussrevolver: Der Weihrauch HW 37 im Kaliber 9 mm R.K..
Umarex GLOCK G17 im Kaliber 9 mm P.A.K..
Typisches Beispiel für eine beliebte SRS-Pistole: Die Umarex GLOCK G17 im Kaliber 9 mm P.A.K..

Welche Kaliber für Schreckschusswaffen gibt es? Wie unterscheiden sich die Munitionsarten?

9 mm P.A.K mit Pfeffer- bzw. OC-Reizstoff.
Typische Munition für Gaswaffen: Hier das Kaliber 9 mm P.A.K.. Die rote Kappe verrät: Es ist Pfeffer- bzw. OC-Reizstoff geladen.

Historisch und damit auch heute noch auf dem Gebrauchtmarkt erhältlich, gibt es eine recht große Auswahl von Waffen in den Kalibern (von Kaliber klein nach groß): 6 mm Flobert Knall, .22 Knall, .315 Knall, 8 mm Knall, .35, 9 mm P.A.K. (Pistole Automatik Knall), 9 mm R.K. (Rand Knall) und .45 Short. Aufgrund sich ändernder Zulassungsvoraussetzungen und Technik der Waffen sind davon im Wesentlichen nur noch drei Kaliber übrig geblieben, in denen der Interessent heute Neuwaffen erwerben kann: 6 mm Flobert Knall, 9 mm P.A.K. und 9 mm R.K.. Hier hat der Käufer dann auch nicht mehr die Qual der Wahl: Die 6 mm eignet sich fast ausschließlich für Signalgebungszwecke, etwa für Not- oder Startsignale. Zum Selbstschutz dienen nur die beiden 9 mm-Kaliber. Und hier bestimmt die Waffenart, ob hinten P.A.K. oder R.K. steht. Pistolen kommen fast immer in 9 mm P.A.K., Revolver in der Randkartusche 9 mm R.K..

Innerhalb der Kalibergruppen bietet der Markt drei verschiedene Arten von Munition. Erkennbar sind sie jeweils über die Farbe der Plastikkappe auf der Kartusche: Schreckschuss/ Knallmunition (Grün), Pfeffer/ OC-Munition (Rot), CS-Gas-Munition (Gelb). Pyrotechnik sollte nur mit Schreckschussmunition verschossen werden, während Pfeffer- und CS-Munition sich für den Selbstschutz eignen.

Waffengesetz: Wer darf Schreckschusswaffen kaufen? Wer darf Schreckschuss- bzw. Gaswaffen bei sich tragen?

Hier ist es wichtig, festzustellen, dass es sich bei SRS-Waffen nicht nur umgangssprachlich, sondern auch rechtlich immer um Waffen im Sinne des deutschen Waffengesetzes (abgekürzt: WaffG) handelt. Allerdings sind in vielerlei Hinsicht, an den entsprechenden Stellen, Ausnahmen für SRS-Waffen vorgesehen, sofern sie eine von zwei Bedingungen erfüllen:

  1. wenn sie eine Kennzeichnung der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt mit dem PTB im Kreis besitzen, oder
  2. wenn sie den Rechtsvorschriften eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union entsprechen (mit weiteren Voraussetzungen)
"PTB im Kreis" auf einer Umarex GLOCK 17 in 9 mm P.A.K..
Wichtiges Zeichen: Hier ein "PTB im Kreis" neben anderen Markierungen wie dem Beschusszeichen ("CIP N") auf einer Umarex GLOCK 17 in 9 mm P.A.K..

Punkt 1 kann der Käufer einer Schreckschusswaffe dabei ganz leicht feststellen: Auf der Waffe sollte sich ein sichtbarer Stempel mit den Buchstaben "PTB" befinden, darunter eine ein- bis vierstellige Nummer und drumherum ein Kreis. Punkt 2 hingegen ist komplizierter zu beurteilen. Denn hier müssen die Rechtsvorschriften des Mitgliedsstaates der EU-Richtlinie entsprechen. Diese muss der Mitgliedsstaat der EU-Kommission mitgeteilt haben. Und dann ist auch immer noch nicht klar, wie die entsprechenden Waffen erkennbar sind, nicht jedes EU-Land kennt eine Kennzeichnungspflicht wie in Deutschland. Die strafrechtliche Verantwortung, ob alle diese Bedingungen erfüllt sind, trägt dabei der Waffenbesitzer.

Insgesamt kann deshalb nur der Rat sein, diese "EU-Waffen" erst einmal auszuklammern, was wir in diesem Artikel deshalb auch tun. Zumindest so lange, bis hier Rechtssicherheit hergestellt ist. Mit beiden Bestimmungen soll letztlich sichergestellt sein, dass die Schreckschusspistole wirklich eine Schreckschusspistole bleibt und nicht illegal in eine Schusswaffe umgebaut werden kann. Dazu dienen beispielsweise vorgeschriebene Sperren im Lauf, Sollbruchstellen und weitere Vorschriften.

Transport einer SRS-Waffe
Transport der Waffe: Sofern kein Kleiner Waffenschein vorhanden ist, muss die Schreckschusswaffe im verschlossenen Behältnis transportiert werden.

Besitzt die Schreckschusswaffe also das begehrte Zeichen (was im lizensierten Fachhandel in Deutschland immer der Fall ist) gilt folgendes: Jeder, der mindestens das 18. Lebensjahr vollendet hat, darf diese Waffen kaufen. Ein Kleiner Waffenschein ist zum Kauf nicht erforderlich (vgl. Mythen unten). Der kommt allerdings schon beim Transport der neu erworbenen Pistole oder des Revolvers nach Hause ins Spiel. Denn einfach so in der Öffentlichkeit eine Waffe bei sich tragen, das darf man in Deutschland nicht (bis auf einige Ausnahmen, die im vorliegenden Kontext keine Rolle spielen). Deshalb unterscheidet das Gesetz zwischen dem Transport einer Waffe und dem Führen ebendieser. Ersteres ist dann gegeben, wenn die Waffe in einem verschlossenen Behältnis in der Öffentlichkeit bei sich getragen wird. Im Idealfall sollte es sich dabei um einen verschlossenen Koffer mit einem Vorhängeschloss handeln. Unter Führen hingegen versteht man jede andere Form des Umgangs außerhalb des befriedeten Besitztums (darunter fällt etwa die eigene Wohnung, oder einen umzäunten Garten). Und genau hierfür benötigt man den Kleinen Waffenschein. Möchte die Waffe etwa zugriffbereit am Mann oder der Frau tragen, ist das kein Transport, sondern Führen. Ob die Waffe ge- oder entladen ist, spielt dann hierbei keine Rolle. Lediglich beim Transport muss die Schreckschusswaffe immer entladen sein.

Mythen rund um den Kleinen Waffenschein

Beständig halten sich verschiedene Mythen über den Kleinen Waffenschein, die an dieser Stelle einmal ausgeräumt werden sollen. So heißt es regelmäßig, der Kleine Waffenschein sei notwendig für das Verschießen von Pyro-Munition an Silvester. Das ist falsch. Denn auch wenn der KWS das Führen der Waffe in der Öffentlichkeit gestattet, erlaubt er nicht das Schießen – auch nicht zum Jahreswechsel! Hierfür wäre eine gesonderte Schießerlaubnis erforderlich, deren Erteilung für reine Vergnügungszwecke bezweifelt werden darf. Ohne Erlaubnis mit legaler Signalmunition schießen darf man hingegen im befriedeten Besitztum, wenn die Geschosse das Grundstück nicht verlassen können. Hier ist dann allerdings auch kein Kleiner Waffenschein zum Führen erforderlich. Hintergrund: Signalmunition gilt nicht, wie etwa Böller oder Raketen, als Pyrotechnik, sondern als Munition.

Ein weiterer Mythos besagt, dass man Luftgewehre, Luftpistolen, Pepperballwaffen oder dergleichen mit dem Kleinen Waffenschein in der Öffentlichkeit tragen (führen) darf. Auch das ist falsch. Der KWS berechtigt ausschließlich zum Führen von SRS-Waffen mit PTB im Kreis (und rein rechtlich ggf. auch den EU-konformen Waffen). Für das zugriffsbereite Tragen von Luftgewehren und ähnlichen Schusswaffen wäre ein "normaler" Waffenschein erforderlich. Um es deutlicher zu machen: Geht es um das Führen in der Öffentlichkeit, unterscheidet das Gesetz nicht zwischen einem "echten" Revolver im Kaliber .44 Magnum und einem frei verkäuflichen Luftgewehr. Dass es schwerfallen dürfte, der zuständigen Behörde glaubwürdig darzulegen, wofür man ein Luftgewehr in der Öffentlichkeit umhertragen möchte, liegt auf der Hand. Und genau so eine Begründung prüft die Behörde für den "großen" Waffenschein sehr streng.

Abschließend ist häufig zu hören oder zu lesen, den Kleinen Waffenschein würde bereits der Käufer einer Schreckschusswaffe benötigen. Auch das ist falsch. Einzige Voraussetzung zum Kauf ist die Vollendung des 18. Lebensjahres. Richtig ist, dass die Einführung einer solchen Einschränkung politisch in der Diskussion steht. Geltende Rechtslage ist sie aber nicht.

Wie und wo bekomme ich den Kleinen Waffenschein? Welche Anforderungen muss ich erfüllen?

Grundsätzlich ist der Kleine Waffenschein bei der zuständigen Waffenbehörde zu beantragen. In einigen Bundesländern ist das die Polizei, in anderen das Ordnungsamt. Manchmal auf Stadt- oder Gemeindeebene, manchmal auf Landkreisebene. Eine gute Hilfe zum Finden der richtigen Behörde ist Google (etwa "Waffenbehörde [eigener Wohnort]"). Auch das örtliche Bürgeramt sollte weiterhelfen und hat oft auch bereits das entsprechende Formular vorrätig. Ist das Formular ausgefüllt und abgeschickt, prüft die Waffenbehörde das Vorliegen einiger Voraussetzungen: Der Vollendung des 18. Lebensjahres sowie das Vorliegen der erforderlichen Zuverlässigkeit (grob: keine schlimmeren Eintragungen im polizeilichen Führungszeugnis) und Eignung (grob: nicht abhängig von Alkohol oder anderen Drogen, nicht psychisch krank). Der Kleine Waffenschein kommt nach positiver Prüfung im Normalfall per Post. Die Kosten betragen aktuell um die 80,- Euro, wobei das von Bundesland zu Bundesland variieren kann. Wer sicher gehen möchte, sollte vor Antragsstellung nachfragen. Auch sollte sich der Inhaber des KWS in spé darüber im Klaren sein, dass das Waffengesetz die Behörde verpflichtet, die Prüfung der persönlichen Zuverlässigkeit und Eignung in regelmäßigen Abständen zu wiederholen. Auch die wird dann in Rechnung gestellt.

Beratungssituation im Waffenfachgeschäft.
Schreckschusswaffen kaufen: Im Ladengeschäft wird der Kunde vom Fachverkäufer beraten.

Beispiel Alljagd-Fachhändler Waffenhaus Fuchs: Wie und wo kann ich eine Schreckschusswaffe kaufen?

Alljagd-Fachgeschäft Waffenhaus Fuchs von vorne.
Der Erstkäufer sollte für eine Schreckschusswaffe ein Waffenfachgeschäft aufsuchen. Hier das Alljagd-Fachgeschäft Waffenhaus Fuchs.

Eine Schreckschusspistole oder einen Schreckschussrevolver kann man sowohl klassisch im Ladengeschäft als auch in einem Onlineshop kaufen. In beiden Fällen benötigt man den Personalausweis oder Reisepass, da natürlich das erforderliche Mindestalter festgestellt werden muss. Im Video oben waren wir zu Gast im Alljagdfachgeschäft Waffenhaus Fuchs, Waffenhändler Thoralf Fuchs verkauft Schreckschusswaffen sowohl im Ladengeschäft wie auch in seinem Onlineshop, er ist  entsprechend neutral, rät jedoch: Gerade Einsteiger sollten ihre Pistole oder ihren Revolver im Ladengeschäft kaufen. Der Grund ist klar. Hier findet eine Beratung statt, der Fachverkäufer kann nicht nur Tipps und Hinweise zur richtigen Modellauswahl geben, eventuell Zubehör (Munition, Holster etc.) empfehlen, sondern auch die richtige Verwendung und Bedienung des Wunschmodells erläutern. Dieser Einschätzung schließen wir uns von all4shooters.com an. Wer bereits Erfahrung gesammelt hat und weiß, was er will, kann natürlich auch bedenkenlos im Online-Fachhandel kaufen.

Zum Abschluss: Schreckschusswaffe für die Selbstverteidigung? Welche legalen Alternativen gibt es?

Die Überlegung, sich für den Fall der Selbstverteidigung im öffentlichen Raum mit einer Schreckschusswaffe zu bewaffnen, sollte man in zwei Teile splitten. Der erste Teil sollte dabei aus der Frage bestehen: "Möchte ich mich grundsätzlich bewaffnen?". Das ist eine persönliche Entscheidung, die sowohl mit Pro- wie auch Contra-Argumenten kommt. Viele Menschen verfügen nicht über die körperliche Verfassung, sich einem Angriff mit bloßen Händen entgegenzustellen. Insbesondere für Frauen steht auch der Schutz vor sexuellen Übergriffen im Zentrum der Überlegung. Die häufig zu hörende Empfehlung, einfach die Forderungen des Täters zu erfüllen (was etwa bei einem Raubüberfall der richtige Rat sein mag), ist in einem solchen Fall für die allermeisten betroffenen berechtigterweise keine Option. Andererseits kann allerdings der nicht sofort kampfunfähig machende Waffeneinsatz die Gewaltanwendung des Täters massiv ausweiten und zu einer weiteren Eskalation der Situation führen. Diese grundsätzliche Frage muss also höchstpersönlich durchdacht und beantwortet werden.

Weihrauch HW37 im Schuss.
Der Gas- und Schreckschusswaffen verschießen nicht nur eine Reizstoffwolke, auch geben sie einen lauten, gut hörbaren Knall ab.

Sollte die erste Frage mit einem "Ja" beantwortet werden, stellt sich die Frage nach dem Mittel. Die Schreckschusswaffe ist ein brauchbares Mittel zur Selbstverteidigung, kommt aber auch nicht ohne Nachteile. Die Vorteile liegen auf der Hand: Die Reizstoffwolke behindert auch Sicht und Atmung des Angreifers. Augen und Atmungsorgane schmerzen. Ein lauter Knall schreckt nicht nur den Täter ab, sondern macht auch auf die Situation aufmerksam. Menschen in Hörweite können so unter Umständen zur Hilfe eilen und/oder die Polizei hinzurufen. Zudem entfaltet die Schusswaffenform ein gewisses Drohpotenzial, so dass es sich der Täter eventuell "noch einmal überlegt". Gleichzeitig ist dies jedoch auch der größte Nachteil der Schreckschusswaffe. So muss klar sein: Nur die Minderheit der in Deutschland umlaufenden Schusswaffen (die im Gegensatz zur SRS-Waffe also tatsächlich ein Projektil verschießen) sind legal. Der vermutlich größte Teil zirkuliert illegal im kriminellen Milieu. Es besteht somit zumindest eine Chance, dass ein Abwehrversuch mit einer Schreckschusswaffe zum Einsatz einer (illegalen) Schusswaffe durch das Gegenüber eskaliert. Dazu kann es auch – außerhalb von Notwehrsituationen – durch das bloße Tragen der Schreckschusswaffe, etwa in Kombination mit einem hochgerutschten T-Shirt, zu Missverständnissen etwa mit der Polizei kommen. Zudem sind auch einfach zu bedienende Schreckschusswaffen trainingsintensiv. Zumindest mehr als die verfügbare Alternative:

Und das ist im Wesentlichen das Pfeffer- beziehungsweise CS-Spray. Das ist relativ einfach zu benutzen und rechtlich weniger reglementiert. Es ist frei verkäuflich, ein KWS zum Führen nicht erforderlich. Die Reizstoffwirkung zeigt sich vergleichbar mit jener aus der Schreckschusswaffe. Dazu sind verschiedene Strahloptionen verfügbar. Etwa Nebel, ballistischer Strahl, Gelstrahl oder Schaumstrahl. Die Drohwirkung jedoch geht gegen null (weshalb es dazu auch nicht verwendet, sondern im Ernstfall direkt eingesetzt werden sollte), und ein akustisches "Aufmerksam machen" findet nicht statt. 

Eine Abwandlung des Pfeffersprays stellen die Geräte des Schweizerischen Herstellers Piexon dar. Die kommen seit März 2024 in Deutschland über GSG. Sie verschießen den Reizstoff mit hoher Geschwindigkeit und machen ihn so, im Vergleich zum herkömmlichen Spray, zielgenauer und weniger anfällig gegen Wind. Wir haben erst vor kurzem über die Geräte berichtet. Am Ende kann die Empfehlung aber nur lauten: Gehen Sie in ein Fachgeschäft, lassen sich beraten und nehmen Sie die verschiedenen Produkte einmal selbst in die Hand. Erst dann treffen Sie ihre Entscheidung.

Der Vollständigkeit halber: Einige Leser werden hier weitere Alternativen vermissen. Wie etwa den (Teleskop-)Schlagstock oder das Messer. Der Grund für das Auslassen ist einerseits das extrem hohe Trainingserfordernis für diese Gegenstände und andererseits die strikte waffenrechtliche Regulierung. So ist etwa das Führen dieser Gegenstände nicht im Kleinen Waffenschein inkludiert und unterliegt damit größtenteils einem Verbot. Elektroschocker sind nicht aufgeführt, da in Deutschland zugelassene, legale Modelle höchstens für Mutproben an sich selbst taugen, aber nicht für den Selbstschutz. Effektive Geräte wie das Distanzelektroimpulsgerät Taser von US-Hersteller Axon hat der Gesetzgeber schon lange komplett verboten.

Was dieser Artikel zudem nicht abdeckt, sind strafrechtliche Fragestellungen rund um Notwehr und Nothilfe. Dies würde den Rahmen sprengen und einen eigenen Artikel verlangen. Deshalb weisen wir noch einmal darauf hin, dass Sie sich hier in jedem Fall auch kundig machen sollten.


Die Schießanlage Fresendorf von oben.
Dreh- und Testort: Die Schießanlage Fresendorf.

Ein großes Dankeschön geht an Thoralf Fuchs vom Alljagd-Fachgeschäft Waffenhaus Fuchs. Er stand uns nicht nur im Video als Interview-Partner zur Verfügung, sondern ermöglichte auch den Videodreh in seinem Ladengeschäft und auf seinem Schießstand, der Schießanlage Fresendorf.