Das künftige schwarz-rote Bündnis hat in der letzten Woche den lange diskutierten Koalitionsvertrag vorgelegt. Während die CSU dem Vertrag bereits zugestimmt hat, muss dieser bei CDU und SPD noch von den jeweiligen Parteigremien abgesegnet werden. Die CDU wird dazu am 28. April den Bundesausschuss (auch Kleiner Parteitag genannt) einberufen und bei der SPD geschieht dies per Mitgliedervotum. Hierbei können die Mitglieder ihre Stimmen vom 15. bis 29. April digital abgeben. Allerdings haben sich die Jungsozialisten (Jusos) in der SPD innerhalb einiger Landesverbände bereits vehement gegen eine Zustimmung ausgesprochen, daher gilt diese auch keineswegs als Selbstläufer.
Auch die künftig zuständigen Minister will der voraussichtliche nächste Bundeskanzler Friedrich März erst kurz vor seiner Wahl, die nun auf den 6. Mai terminiert wurde, bekanntgeben. Daher gibt es auch keine Einschätzungen, wie etwa der künftige Amtsinhaber oder die Amtsinhaberin des Bundesinnenministeriums an das Thema "legaler Waffenbesitz" herangehen könnte. Fest steht lediglich, dass dieses für Sport und Waffenrecht wichtige, bislang von der SPD (Nancy Faeser) besetzte Ressort, künftig von der CSU geleitet werden soll.

Dennoch lassen die Ankündigungen im Koalitionsvertrag (alle Links zu den Volltexten finden Sie gesammelt am Ende dieses Beitrages) einige Pläne der Regierungsparteien erahnen. Auf Basis dieser Pläne haben sich dann auch die meisten Verbände aus dem Sport, der Jagd, von Handel und Industrie bereits geäußert. Doch bevor wir dazu kommen, zunächst der, sagen wir "hübsch übersichtliche" Absatz auf Seite 83 des Koalitionsvertrags, der sich mit dem Waffenrecht beschäftigt:
"Wir bekämpfen illegalen Waffenbesitz und evaluieren unter Einbeziehung aller Betroffenen und Experten das Waffenrecht umfassend und entwickeln es bis 2026 fort, unter den Maßgaben,
- es praxisorientierter und anwenderfreundlicher zu machen und die Verhältnismäßigkeit zu wahren,
- die Verfahren effektiver und digitaler zu machen und die Dauer wesentlich zu reduzieren und
- noch zuverlässiger sicherzustellen, dass insbesondere Extremisten oder Menschen mit ernsthaften psychischen Erkrankungen nicht legal Waffen besitzen."
Die zeitliche Vorgabe "bis 2026" dürfte höchst sportlich gesetzt sein, wenn man die bisherigen Waffengesetz-Entwicklungen der letzten Jahrzehnte kennt. Mehrfach fielen geplante Neufassungen des Waffengesetzes, der Waffenverordnung und der begleitenden Waffen-Verwaltungsvorschriften (es geht immer um das Gesamtpaket dieser drei Regelungen, deren Paragrafen ineinandergreifen) aus Termingründen der "Diskontinuität" zum Opfer; auch fast fertige Entwürfe dürfen nicht einfach nach einer Wahl von der nächsten Regierung weiterverfolgt werden. Andererseits können auch (und nicht immer konstruktive) Spontan-Änderungen aus aktuellem Anlass erfolgen, wie etwa die letzten Änderungen rund um Messer im sogenannten Sicherheitspaket 2024 gezeigt haben.
Die Stellungnahme des Deutschen Schützenbundes (DSB) zum Koalitionsvertrag 2025


Eine der ersten Stellungnahmen zum Koalitionsvertrag kam vom Deutschen Schützenbund – der DSB ist mit seinen knapp 1,3 Millionen Mitgliedern der größte beteiligte Verband und gleich von mehreren Themenbereichen betroffen, neben dem Waffenrecht auch von allen Neuregelungen rund um den Breiten- und Leistungssport oder das Vereinsrecht. Insgesamt sind das immerhin sechs Vertragsseiten. Hier Auszüge aus der offiziellen Pressemitteilung:
"Der Deutsche Schützenbund begrüßt die von der designierten Bundesregierung aus CDU/CSU und SPD im am Mittwoch vorgestellten Entwurf des Koalitionsvertrags geplanten Maßnahmen in den Bereichen Sport, Ehrenamt, Bürokratieabbau und auch zum Waffenrecht. Mit den im Koalitionsvertrag von Union und SPD formulierten Plänen finden sich die Forderungen des DSB, die wir im Vorfeld an die Parteien geschickt hatten, in wesentlichen Zügen wieder“, so DSB-Präsident Hans-Heinrich von Schönfels. Dennoch gibt es kritisch gesehene Ansätze, wie Walter Wolpert, der DSB-Vizepräsident Recht, beim Blick auf die angekündigte Evaluierung anmerkt: "Das Ansinnen der designierten neuen Regierung, das Waffenrecht auf Basis einer – dann hoffentlich echten und umfassenden – Evaluierung fortzuentwickeln und so anwenderfreundlicher, digitaler und effektiver zu machen begrüßen wir ausdrücklich und stehen für den anstehenden Prozess gerne mit unserer Expertise zur Verfügung. Denn gerade der letzte Spiegelstrich (Anmerkung: gemeint ist Punkt 3) zeigt, dass hier der Teufel im Detail steckt. Wir werden deshalb sehr wachsam begleiten, dass es durch die geplanten Änderungen auch wirklich zu Verbesserungen und Erleichterungen für unsere Mitglieder kommt.“
Auch die Jagd ist vom Koalitionsvertrag betroffen – so sieht es der Deutsche Jagdverband (DJV)

Im Jahr 2024 gab es bundesweit etwas über 460.000 Jagdscheininhaber, von denen der Deutsche Jagdverband rund 250.000 Jäger, organisiert in 15 Landesverbänden (außer Bayern) vertritt. Aus der DJV-Stellungnahme: "Der Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD enthält nach Ansicht des DJV wichtige Aussagen zu Jagd, Naturschutz und Waffenrecht. Insbesondere begrüßt der DJV, dass zwei zentrale Forderungen der Jägerschaft aufgegriffen werden. Der Schutzstatus des Wolfs soll unverzüglich herabgestuft werden, und er soll ins Bundesjagdgesetz aufgenommen werden. Zudem soll das Waffenrecht gemeinsam mit allen Betroffenen bis 2026 überarbeitet werden – es soll praxisorientierter und anwenderfreundlicher werden.
„Die Themen Wolf und Waffen müssen jetzt schnell angegangen werden. Besonders der Wolf steht in vielen ländlichen Regionen symbolhaft für das Nichthandeln von Politik“, sagte DJV-Präsident Helmut Dammann-Tamke. Das Bürokratiemonster Sicherheitspaket habe zudem die Waffenbehörden in Deutschland praktisch arbeitsunfähig gemacht – "ohne ein Quäntchen Sicherheitsgewinn. Überdies fehle für den Kampf gegen illegalen Waffenbesitz deshalb Personal."
Was meint der Bundesverband zivile Legalwaffen (BZL) zu den Koalitionsplänen?

Matthias Klotz ist Vorsitzender und Geschäftsführer des Bundesverbands zivile Legalwaffen (BZL), der 1997 als Forum Waffenrecht gegründet wurde und die Waffen-Gesetzgebung seit mehr als einem Vierteljahrhundert begleitet hat. Der inzwischen in Berlin ansässige Verband vertritt nach eigener Aussage 160 Vereine, Verbände und Unternehmen aus den Bereichen Sammeln, Jagd und Schießsport sowie mehr als 13.000 Einzelmitglieder. Zu den vom BZL vertretenen Verbänden gehören zum Beispiel auch der Bund der Militär- und Polizeischützen BDMP, der Bund Deutscher Sportschützen, die Deutsche Schießsport-Union DSU und auch der Verband der Hersteller von Jagd-, Sportwaffen und Munition JSM.
Klotz fasst die BZL-Einschätzung so zusammen: "Der BZL sieht in diesem Statement weit mehr Höhen als Tiefen." Denn nicht nur die klar formulierte und mit einer konkreten Timeline versehene Reformabsicht sei dokumentiert, sondern auch die gewünschte Zusammenarbeit mit Betroffenen und Experten. Auch die beiden erstgenannten konkreten Maßgaben befürwortet der Legalwaffenverband ausdrücklich, da sich dort die wiederholt geäußerten Anregungen und Forderungen des BZL wiederfänden. Dazu Matthias Klotz: „Von verbesserter Praxistauglichkeit, höherer Anwenderfreundlichkeit und der Einführung von verhältnismäßigen Regelungen bis hin zur dringend angezeigten Digitalisierung mit damit einhergehender signifikanter Verkürzungen der Verfahrensdauern sind zentrale Eckpfeiler formuliert, deren Umsetzung wir wiederholt angemahnt haben". Der dritte Punkt hingegen berge aus Sicht des BZL einige Risiken, da die vorliegende Formulierung Interpretationsspielräume zuließe, die zu Lasten rechtstreuer Legalwaffenbesitzer ausgelegt werden könnten.
Dem Verband Deutscher Büchsenmacher und Waffenfachhändler (VDB) fehlt eine Neufassung des Waffenrechts

Der VDB, der aktuell 1778 Mitgliedsunternehmen vertritt, definiert sich selbst als Berufs- und Wirtschaftsverband sowie als Bundesverband der Büchsenmacher und des Waffenfacheinzelhandels. Wie bei den Waffenherstellern greift ein neues Waffengesetz hier massiv in die Berufsausübung und die wirtschaftliche Existenz ein; insofern ist der VDB auch traditionell eng in die Beratungen um neue Gesetze eingebunden – auch proaktiv wie durch die VDB-eigene Kampagne "Next Guneration": "Die wenigen Aussagen enthalten für uns positive wie negative Aspekte. Positiv hervorzuheben ist eine umfassende Evaluierung unter Einbeziehung aller Betroffenen und Experten. Den Fahrplan bis 2026 inklusive einer Weiterentwicklung halten wir jedoch für sportlich, zumal es Ende 2025 auf EU-Ebene aller Voraussicht nach zu einer Neufassung der EU-Feuerwaffenrichtlinie kommen könnte, die dann in nationales Recht umgesetzt werden muss.
Außerdem ist es ohne eine Veränderung der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) in unseren Augen gar nicht möglich, unwirksame Maßnahmen im Waffenrecht eindeutig zu identifizieren. Bis dann eindeutige Zahlen vorliegen, würden jedoch einige Jahre ins Land gehen. Ebenso wird lediglich von einer Fortentwicklung des Waffenrechts gesprochen, was keine vollständige Neufassung bedeuten muss, sondern auch ein Herumdoktern am vorliegenden Gesetz sein könnte. Dass diese Weiterentwicklung praxisorientiert und anwenderfreundlich sein soll, das Verfahren effektiver und digitaler erfolgen sollen und dass sich die Dauer reduzieren soll, begrüßen wir jedoch ausdrücklich."
Theorie und Praxis liegen oft weit auseinander – das Waffenrecht in früheren Koalitionsverträgen
Unser all4shooters-Kommentar: Man soll ja nicht vorher unken oder künftige Planungen für neue Gesetze oder Gesetzesänderungen direkt ignorieren. Die Google-Suche nach den Originaltexten für diesen Beitrag brachte allerdings überraschend Zitate aus früheren Koalitionsverträgen wieder ans Tageslicht, die aus heutiger Sicht alle als "nicht umgesetzt" beurteilt werden können, auch was die versprochene Beteiligung der Verbände angeht.
Aus dem Koalitionsvertrag 2021-2025 (Regierung aus SPD, FDP und Grüne): "Wir evaluieren die Waffenrechtsänderungen der vergangenen Jahre und gestalten bestehende Kontrollmöglichkeiten gemeinsam mit den Schützen- und Jagdverbänden sowie mit den Ländern effektiver aus. Zudem verbessern wir die kriminalstatistische Erfassung von Straftaten mit Schusswaffen sowie den Informationsfluss zwischen den Behörden."
Im Jahr 2018 tauchte das Waffenrecht im Koalitionsvertrag überhaupt nicht auf, dafür wurde das EU-Waffenrecht verschärft und später in nationales deutsches Recht umgesetzt.
Aus dem Koalitionsvertrag der 18. Legislaturperiode (Große Koalition 2013-2017): "Wir werden das Waffenrecht im Hinblick auf die technische Entwicklung und auf seine Praktikabilität hin anpassen. Die Sicherheit der Bürgerinnen und Bürger hat dabei oberste Priorität. Wir streben eine erneute befristete Amnestie an. Zur Erhöhung der öffentlichen Sicherheit werden wir darüber hinaus gemeinsam mit den Ländern schrittweise das nationale Waffenregister weiterentwickeln. Die Kriminal- und Rechtspflegestatistiken machen wir aussagekräftiger."
Im Jahr 2009 bildeten CDU/CSU und die FDP die Regierung, mit folgender Planung laut Koalitionsvertrag: "Deutschland hat schon jetzt eines der strengsten Waffengesetze der Welt. Wir sind daher einig in der Einschätzung, dass es gegenwärtig keinen weiteren Veränderungsbedarf im Waffenrecht gibt. Im Rahmen der bis Ende 2011 zu evaluierenden Wirksamkeit der getroffenen Regelungen zu sicheren Aufbewahrung und zum Schutz vor unberechtigtem Zugriff soll besonders darauf geachtet werden, ob es im praktischen Vollzug unzumutbare Belastungen für die Waffenbesitzer gegeben hat."
Möge es die neue Große Koalition ab Mai 2025 besser und glaubwürdiger umsetzen – das wünscht das Team von all4shooters.com allen Beteiligten!
Die Quellen und Links, die Sie zum Nachschlagen benötigen:
- Koalitionsvertrag vom April 2025 zwischen SPD, CDU und CSU im Originalwortlaut
- Stellungnahme des Deutschen Schützenbundes DSB
- Stellungnahme des Deutschen Jagdverbands DJV
- Stellungnahme des Bundesverbands ziviler Legalwaffen e.V.
- Stellungnahme des Verbands Deutscher Büchsenmacher und Waffenfachhändler
Wir werden nach Möglichkeit weitere Stellungnahmen anderer Verbände hier anhängen, also am besten diesen Beitrag als Lesezeichen abspeichern!