Know-how mit all4shooters: Beim Schießen auf Stahlziele wird auch mit den Ohren ausgewertet – aber wie geht das?

Silhouettenschütze
International stehen die stählernen Tiere beim Silhouettenschießen in Fünfergruppen auf der nach oben offenen Schießbahn. In Deutschland wären Zwischenblenden Pflicht.
Silhouettenformen
Die vom Weltverband genormten Maße für die Stahl-Silhouetten (Widder, Truthahn, Schwein und Huhn) lassen sich für kürzere Distanzen umrechnen.

Das Schießen auf Stahlziele oder andere Hartmaterialien wie Glas, Blechdosen oder Wurfscheiben, in welcher Form und Größe auch immer, wird weltweit schon seit Jahrzehnten praktiziert. Die Amerikaner bezeichnen etwa ihren Freizeitspaß mit Luftgewehren oder Kleinkaliber-Büchsen als "Plinking", denn ein Treffer auf leere Konservendosen oder Glasflaschen wird lautmalerisch als "Plink" hörbar und das nicht nur für den Schützen, sondern auch für die meist begeisterten Zuschauer und Mitstreiter. 

Angefangen von den winzigen Stahltierchen am Laufband an der Kirmes-Schießbude über die etablierte internationale Schießsportdisziplin Silhouette bis zum eingesetzten Stahl-Gong bei Long-Range-Gewehrwettbewerben bleibt dieses Grundprinzip der unmittelbaren Treffer-Meldung stets gleich. Psychologisch ist der Lerneffekt unerreicht hoch: Je kürzer der Abstand zwischen der Aktion (dem Auslösen) und der Reaktion (dem hörbaren Treffer) ist, desto besser merkt man sich, was beim Ablauf offensichtlich richtig gemacht wurde, die Belohnung erfolgt sofort.  (Entsprechend kann man auch nachvollziehen, wie frustrierend es für Schützen früher war, wenn sie das Ergebnis ihres Wettkampfdurchgangs auf Papierscheiben und der daraus resultierende Platz in der Rangliste oft erst nach Stunden ausgewertet war – heutige elektronische Schießanlagen sind deshalb erfolgreich, weil der ausgewertete Treffer direkt am Monitor angezeigt wird und auch die Zuschauer das Match oder das Finale mitverfolgen können.)

Auf Aktion folgt Reaktion: Das Grundprinzip des Schießens auf Stahlziele und der "Fun Factor" als Erfolgsgeheimnis

Lange Jahre in Deutschland undenkbar: Das Flintenschießen mit Schrot auf Stahlklappziele auf derselben Ebene anstatt auf hoch fliegende Tonscheiben wie bei Trap und Skeet.

In Deutschland hatte diese actionreiche Wettkampfvariante allerdings einen waffenrechtlichen Spätstart, denn Geschosse, die auf Stahl treffen, prallen nicht selten nach dem bekannten (aber oft vergessenen) phyikalischen Prinzip "Einfallswinkel gleich Ausfallswinkel" auch wieder zurück. Daher lehnten die meisten Behörden entsprechende Anfragen der Vereine und Verbände jahrelang ab, bis die Bedenken durch ausgeklügelte Schutzmaßnahmen ausgeräumt werden konnten. Erst 2012 wurden in den bis heute aktuellen Schießstand-Richtlinien, die für die Zulassung einer Schießanlage zwingend eingehalten werden müssen, auch Stahlziele erfasst und für die einzelnen Disziplinen mit unterschiedlichen Kriterien definiert (alle Links finden Sie unter diesem Beitrag). Wir von all4shooters.com können im Rahmen dieser Know-how-Folge sicher nicht auf Details einzelner Verbände oder Wettkämpfe eingehen, aber durchaus die grundlegenden Unterschiede präsentieren.

Klappziele aller Art: Von fünf oder sechs Zielen in einer Reihe bis zum Pepper Popper

Die Energie, die ein Geschoss zum und ins Ziel treibt, sorgt dafür, dass sich das Projektil, je nach Konstruktion, aufpilzt, plättet oder das Ziel durchschlägt. Beim Schießen auf Stahl werden meist weiche Bleigeschosse oder bei Flinten Bleischrot verwendet, aber bei Kugelwaffen sind auch Teil- oder Vollmantelgeschosse zulässig, sofern die Vorgaben der Schießstand-Richtlinie (SSR) und die des örtlichen Schießstand-Sachverständigen eingehalten werden. Allerdings gilt generell nach Paragraph 6.2.5: "Die Verwendung von Vollgeschossen aus Messing, Kupfer oder Tombak ist beim Beschießen von Stahlplatten nicht zulässig". 

Als geeignete Stahlsorten für die Ziele gelten Hardox 400 oder das etwas sprödere AR400 oder ab bestimmten Kalibern aufwärts das noch hochwertigere 500er Material – diese Angaben sind aber nicht in Stein gemeißelt, die Entscheidung trifft der Schießstand-Sachverständige beziehungsweise gibt die Schießstand-Richtlinie vor. Fertige Stahlziele werden auch bereits im Fachhandel angeboten, der Versand dürfte aber aus naheliegenden Gründen zu teuer werden.

"Pepper Popper", die wohl bekannteste Form von Stahlklappzielen neben runden Platten. Wie man sieht (hier bei einem PRS-Gewehrwettkampf), wird nicht nur die runde Fläche oben getroffen, sondern oft auch nur der schmalere Teil darunter. Nach den Hebelgesetzen ist es dann aber nicht sicher, ob die Energie noch ausreicht, um den Sperrmechanismus zu lösen (dieser wird vorab auf die Kalibergruppe justiert) und das Ziel umzuwerfen. Im Wettkampf werden die Trefferflächen zwischendurch immer mal wieder mit Lack besprüht, damit die Schützen "ihre" Treffer klar durch das Zielfernrohr erkennen können.
Fünfer Fallziele
Der BDS setzt seine Fallziele in Fünfergruppen, beim BDMP sind es oft sechs Fallplatten nebeneinander. Die zweite von links wurde getroffen und fällt gerade nach hinten um.

Die Geschossenergie geht bei diesen Wettbewerben im Ziel nicht "verloren", sondern wird bei Klappzielen oder auch bei frei stehenden Stahlsilhouetten in Bewegung umgesetzt: Das Ziel fällt um oder das Stahl-Huhn plumpst von seinem Brett. Dennoch können Geschossteile, etwa bei Randtreffern, zurückprallen und müssen durch entsprechende Auffang-Vorrichtungen gebremst werden. Daher werden etwa bei den großen Stahlpoppern, die etwa beim IPSC-Schießen eingesetzt werden, oft auch solche verwendet, die leicht nach vorn, zum Schützen hin geneigt stehen. Abpraller werden so nach unten abgelenkt. Beim Treffer bewegen sich die Popper nur kurz zurück, bis ein Mechanismus unten am Fuß die Sperre löst und sie nach vorn zu Boden kippen lässt. Regelmäßiges Übersprühen der Zielfläche zwischen den Durchgängen ist wichtig, damit die Starter aus der sichtbaren Lage ihrer Treffer eventuell notwendige Korrekturen beim Zielen vornehmen können. 

Zwei dicht nebeneinander stehende Popper, deren Fallrichtungen sich bei Treffern überlappen, werden bei den beliebten "Shoot-offs", die sich als Duell der besten Schützen oft an ein Match anschließen, als unbestechlicher Schiedsrichter eingesetzt. Der zuerst getroffene Popper des schnelleren von zwei Schützen fällt eben als erster und liegt demzufolge auch unter dem anderen, später fallenden Popper...

Stehen die Plates auf einem Gestell nebeneinander, geht es darum, alle Ziele möglichst rasch zu treffen und umfallen zu lassen. Die Reihenfolge des Beschusses ist dabei meist nicht vorgeschrieben (Linkshänder werden vermutlich rechts beginnen, damit die sich seitwärts bewegende Hand nicht die nächsten Ziele verdeckt). Hier müssen die Schützen die richtige Mischung aus Schnelligkeit und Präzision finden, denn zum einen zählt zwar die Gesamtzeit nach mehreren Durchgängen, aber ein Fehlschuss bringt eben auch zehn Minuspunkte, die gegenüber fehlerfrei treffenden Konkurrenten kaum aufzuholen wären. Solche Boxen mit fünf oder sechs Plates besitzen meist ihren eigenen Kugelfang und sind dank Rollen auch mobil auf der Schießbahn aufstellbar.

Beim Field Target fallen Stahlziele erst, wenn mit dem Luftgewehr die kleine "Hit Zone" getroffen wird und die Sperre auslöst

Jan Homann Weltmeister Federdruck 2025
Jan Homann aus Hamburg ist der aktuelle Weltmeister Field Target mit dem Federdruck-Luftgewehr. Das vom BDS gestellte Team ist mit dieser "urdeutschen" Federmechanik am erfolgreichsten.
Eichhörnchen Field Target
Ein Eichhörnchen, dessen Hitzone durch eine aufgeschraubte Blende reduziert werden kann. Erst ein Schuss in die Hit Zone lässt das helle Paddle den Sperrmechanismus freigeben, damit das Ziel für alle sichtbar nach schräg hinten umfällt. Die Blei-Spuren früherer Treffer sind trotz Lack noch erkennbar.

Bei der aus England stammenden Jagdsimulation Field Target, die der BDS in seinem Sportprogramm führt, wird auf stählernde Hasen, Krähen, Elstern oder Ratten geschossen – diese werden auch im britischen Jägerleben mit starken Luftgewehren (bis 16,3 Joule Mündungsenergie) erlegt. Für einen jagdgerechten Trainingsschuss reicht es aber nicht aus, nur ein Hasenohr zu treffen, die Klappsilhouette wird erst entsperrt, wenn ein Bleidiabolo durch die deutlich kleinere "Hit Zone", eine Öffnung von 15 bis 40 mm Durchmesser hindurch das "Paddle" trifft. Auch hier werden die Ziele nach einem Durchgang von meist 50 Schuss mit der Spraydose nachlackiert, damit die Schützen eventuelle Fehlschüsse auf der Fläche rund um die Hit Zone erkennen können. Grundsätzlich gibt es getrennte Wertungen für Schützen mit einem Pressluftgewehr (Klasse 1) oder einem Federdruckluftgewehr (Klasse 2), in Deutschland wurden zusätzliche Klassen für Waffen "frei ab 18 Jahren", also unter 7,5 Joule, eingerichtet.

Wenn selbst Klappziele zu langsam umfallen: Bei Steel Challenge und Speed Steel entscheidet auch die Trefferreihenfolge

Steel Challenge
"The Accelerator", eine der acht international einheitlichen Parcours beim Steel Challenge: Die alten Autoreifen haben ein zweites Leben als Splitterschutz rund um die Ziele erhalten. Hier ist Scheibe 5 hinten rechts die Stopp-Platte, die die Zeit anhält.
Speed Steel
Speed Steel: Unmittelbar vor dem Start zieht jeder Schütze eine Karte, auf der steht, welche Ziele von ihm zu beschießen und welche auszulassen sind.

Acht standardisierte Schießübungen auf Stahlplatten, bei denen nur der hörbare Treffer und die Geschwindigkeit zählen – das ist der Grundgedanke beim Steel Challenge, das 1981 in den USA erfunden wurde und in Deutschland vom BDS angeboten wird. Jede Übung besteht aus fünf zu beschießenden Zielen, die in freier Reihenfolge zu treffen sind, mit Ausnahme der Stopp-Platte, die zwingend zuletzt getroffen werden muss und die Uhr anhält. Die Anzahl der abzugebenden Schüsse unterliegt dabei keiner Einschränkung, nicht getroffene Ziele dürfen also erneut beschossen werden. Ablauffehler kosten allerdings drei Strafsekunden. Die niedrigste Gesamtzeit nach allen Übungen bestimmt den Sieger. 

Der jüngste Neuzugang bei den Stahl-Disziplinen im BDS-Programm heißt "Speed Steel", ein auf beliebige Stand-Gegebenheiten anpassbares Programm für Kurz- und Langwaffen in Klein- und Großkaliber. Die Reihenfolge der zu beschießenden Ziele erfährt der Schütze erst unmittelbar vor dem Start, wenn er eine zuvor verdeckte Karte mit seinen Aufgaben liest. Ein Holster kann verwendet werden, es bedarf aber keines Sicherheits- und Regeltests wie beim IPSC. Ein Nachladen im Durchgang ist unabhängig von der Schusszahl Pflicht, sodass auch die Waffenhandhabung eine Rolle spielt.

Wichtige Grundregeln für das Schießen auf Stahlziele

Western-Stand BDS
Beim Westernschießen, wie es der BDS betreibt, werden stilechte Elemente wie die Holz-Kakteen oder die Waffenablage mit Werbeschild als Dekoration eingesetzt, die Stahlziele im Hintergrund stellen den sportlichen Aspekt der Übung dar.
  • So bürokratisch es auch klingen mag: Ein Schießstand für Stahlziele, erst recht auf Zwischendistanzen, benötigt eine spezifische Zulassung durch einen Schießstand-Sachverständigen (also auch nach Änderungen und Umbauten). Er entscheidet, welche Schutzmaßnahmen zur Vermeidung oder Minderung von Abprallern notwendig sind.
  • Eine entsprechend stabile Schutzbrille, ein Gehörschutz und auch dicke Kleidung mit langen Ärmeln und Beinen verhindern Verletzungen durch Geschosssplitter, die je nach Zieldistanz auch bis zur Schusslinie zurückfliegen können. Auch Zuschauer benötigen Schutzbrillen.
  • Die Stahlziele müssen regelmäßig kontrolliert werden, ob nicht durch verbogenes Metall oder alte Geschossreste neue Abpraller in unkontrollierbare Richtungen fliegen können. Daher ist die Materialwahl des Stahls ebenso wichtig wie die Pflege der Ziele und das Aussortieren nicht mehr reparierbarer Plates und Popper. Die Steel Plates und Fronten lassen sich meist austauschen.