Know-how mit all4shooters: IPSC-Schießen mit Kurz- und Langwaffen – DVC, also „Präzision, Kraft, Schnelligkeit“

DVC – das lateinische Motto der IPSC lautet ausgeschrieben Diligentia (Präzision), Vis (Kraft) und Velocitas (Geschwindigkeit) – diese drei Faktoren machen das nach dem Verband benannten IPSC-Schießen zu einem äußerst dynamischen Sport, der 2026 sein 50-jähriges Bestehen feiert und bei den letzten Weltmeisterschaften in Südafrika für eine Rekordbeteiligung von knapp 1.800 Schützen aus über 50 Ländern sorgte. Wie keine andere Schießsport-Disziplin ist IPSC in Deutschland allerdings starken waffenrechtlichen Restriktionen und auch bürokratischen Angriffen ausgesetzt, so dass man die spezielle Situation bei einem Sport-Portrait mitberücksichtigen muss. 

IPSC Classic Target
Die klassische IPSC-Pappscheibe:  Die Trefferzonen (A, C, D) und die Zeit pro Durchgang bestimmen die Punktzahl, wobei A die höchste Punktzahl und D die niedrigste gibt (je nach Munitionsfaktor zählen die Zonen unterschiedlich).
Leatherslap
Fünf der IPSC-Gründer von 1976, von links: Ray Chapman (1975 erster Weltmeister beim World Shoot in der Schweiz), dann Elden Carl, Thell Reed, Jeff Cooper und Jack Weaver, der seinen eigenen Weaver-Schießstil populär machte. Das heute etwas aggressiv anmutende Fotomotiv entsprach dem Gründergedanken des Trainings zur Selbstverteidigung.
Popper
Beim Treffer auf die runde Stahl-Fläche fällt der Popper um. Es gibt unterschiedliche Größen für entsprechende Schwierigkeitsgrade.

Praktische Schießübungen, wie sie die amerikanischen Gründerväter rund um Colonel Jeff Cooper anno 1976 zur  Selbstverteidigung trainieren wollten, werden heutzutage nicht mehr absolviert. Aus der ursprünglichen Mann-Silhouette der Anfangsjahre wurde eine rautenförmige Pappscheibe mit drei Trefferzonen, die man allerdings aus der Schießposition, im Unterschied zu den üblichen Ringscheiben, nicht erkennen kann. Alternativ wird auf Metall-Klappziele ("Popper") oder Stahl-Plates gezielt (siehe dazu Know-how-Folge 6 "Schießen auf Stahlziele"). 

Dieser Wandel zum ausschließlichen Leistungssport führte schon vor Jahren zur Abwanderung vieler beruflicher Waffenträger in den USA zur IDPA (International Defensive Pistol Association) – diese Trennung ist allerdings auch eins von vielen Argumenten, warum IPSC in Deutschland kein nach dem Waffengesetz verbotenes Combat-Schießen, sondern friedlicher, aber eben dynamischer Schieß-Sport ist. 

Rob Leatham
US-Schütze Rob Leatham (hier 2014 in Aktion) war nicht nur siebenfacher IPSC-Weltmeister, sondern auch der erste Profi-Schütze, der von seinem Arbeitgeber (Springfield Armory) einen Vertrag über eine Million US-Dollar bekam.

Kurz gesagt bestehen die wesentlichen Unterschiede zum Combat-Schießen darin, dass beim IPSC alle Übungen und die erforderliche Mindestanzahl von Patronen pro "stage" allen Startern vor dem Start bekannt sind. Es gibt keine Ziele, die Personen symbolisieren, keine überraschend auftauchenden Ziele und generell  keine Übungen, die militärischen oder polizeilichen Situationen nachempfunden sind. Das gilt auch für den Parcoursaufbau, der undurchsichtige "Deckungen" im Stil von festen Wänden verbietet. Und schließlich geht beim IPSC stets Präzision vor Schnelligkeit; es muss immer gezielt aus der abgebremsten Position heraus geschossen werden, nicht aus der Bewegung und nicht "aus der Hüfte". 

Eric Grauffel IPSC
Der französische Top-Schütze Eric Grauffel, der aktuell vom tschechischen Hersteller CZ gesponsert wird, wurde 2025 zum 10. Mal in Folge IPSC-Weltmeister in der noch jungen "Production Optics Division" (mit Leuchtpunkt-Zielgerät). Zuvor war er bereits zwischen 1999 und 2014 fünfmal Weltmeister der technisch fast unbegrenzten "Open Division" und 2017 einmal in der Standard Division.

Obwohl die IPSC-Sportordnung seit 2015 als Teil des BDS-Sporthandbuchs vom Bundesverwaltungsamt (BVA) zugelassen ist und zuvor auch die Bundesregierung 2010 den Sportcharakter bestätigt hatte, gab es immer wieder behördliche Versuche in einzelnen Bundesländern, über eine Aberkennung der Gemeinnützigkeit für IPSC-Vereine dem Sport finanziell zu schaden. 2018 hat dann der Bundesfinanzhof die Gemeinnützigkeit von IPSC-Vereinen bestätigt, allerdings nur nach Einzelfallprüfung. Vermutlich war IPSC auch ein wesentlicher Anlass für die Waffengesetz-Regelung, dass alle Sportordnungen staatlich anerkannter Schießsportverbände vom BVA abzusegnen sind – ein einmaliger Eingriff des Staats in die eigentlich vom Grundgesetz gewährte Autonomie des Sports.

In Deutschland regelt der Bund Deutscher Sportschützen das IPSC-Schießen als Mix aus internationalen und deutschen Vorgaben

IPSC-Logo
1976 in den USA gegründet, wird der Schießsport nach den Regeln der IPSC heute weltweit betrieben.
BDS
Mit 100.000 Mitgliedern in 13 Landesverbänden ist der BDS der alleinige Anbieter von IPSC in Deutschland.

Die Vertretungsrechte für IPSC-Wettkämpfe werden nur an jeweils einen Verband pro Nation vergeben, daher ist der Bund Deutscher Sportschützen (BDS) der offizielle und alleinige IPSC-Anbieter in Deutschland. Der Beitritt zu einem BDS-Verein in einem der 13 Landesverbände ist somit Pflicht, um an IPSC-Wettkämpfen teilnehmen zu dürfen, es gibt keinen Gästestatus. Ebenso muss ein sogenannter SuRT (Sicherheits- und Regeltest) mit Theorie- und Praxisprüfung absolviert werden, quasi ein Führerschein für den sicheren Umgang mit Feuerwaffen. Dabei wird unter anderem auch geprüft, ob das bei Kurzwaffen zwingend vorgeschriebene Holster die Waffe auch sicher fixiert und sie nicht beim "Laufen ohne zu schießen" herausfallen kann. Trotz dieser (allerdings machbaren) SuRT-Zugangsschwelle gab es 2024 und 2025  in Deutschland jeweils mehr als 350 sanktionierte Wettkämpfe, in diesem Jahr mit insgesamt mehr als 20.000 Startern. 

Wie beginnt der IPSC-Wettkampf und wie endet er?

IPSC ist eine auf Zeit ausgetragene Schießsportart, bei der der Athlet einen vorher bekannten Parcours absolviert, der meist aus mehreren Abschnitten („Courses“) mit diversen Stages besteht. Die Schützen treten in Gruppen, den sogenannten „Squads“, an. Wenn ein Sportler an der Reihe ist, absolviert er die jeweilige nächste „Stage“: Der zeitnehmende Range Officer wird die gesamte Strecke dicht hinter dem Schützen herlaufen und fragt zunächst "Are you ready?" – ausgehend von der "Ready-Position" mit beiden Armen in Kopfhöhe (oder bei Langwaffen mit gesenkter Mündung). Mit dem Signal des Timers zieht der Schütze die im Holster an der Hüfte steckende Kurzwaffe und beschießt das erste Ziel, dann die folgenden. Die Aufgabe ist es, jede Stage so schnell und so fehlerfrei wie möglich zu bewältigen.

Statt mit den maßgefertigten, aber auch entsprechend teuren Race Guns der Open Division starten viele IPSC-ler mit Waffen aus den Divisions Production, Standard oder Classic.

Der besondere Reiz liegt darin, dass nahezu jeder Parcours anders gestaltet ist. Für den Schützen bedeutet das ständig neue Aufgaben und es erfordert bei jeder Stage eine frische Herangehensweise. IPSC verbindet dabei zwei scheinbar gegensätzliche Anforderungen: Einerseits braucht es automatisierte, schnelle Bewegungsabläufe, andererseits die Fähigkeit, für jede neue Parcours-Situation eine passende Lösung zu entwickeln. Es gibt meist mehrere Lösungswege für den Ablauf von Schuss zu Schuss, man plant taktisch, ob dieser oder jener Weg der schnellere sein könnte. So kann man etwa Zeit sparen, wenn man gut treffen kann und anstatt nah ans nächste Ziel heranzulaufen aus größerer Distanz schießt.

Erfahrene Schützen profitieren vom sogenannten „Walkthrough“, dem erlaubten Begehen des Parcours vor dem Wettkampf und ohne Waffen. Dabei analysieren sie Ziele, Distanzen und Hürden und planen mental ihren optimalen Ablauf. Schnelligkeit und Präzision fließen gleichermaßen in die Wertung ein: Die erreichten Treffer („Hits“), abzüglich möglicher Strafpunkte, werden durch die benötigte Zeit – vom Startsignal bis zum letzten Schuss – geteilt. Daraus ergibt sich der „Hitfaktor“. Der Schütze mit dem höchsten Hitfaktor hat die volle Punktzahl oder 100 Prozent für diese bestimmte Stage; alle anderen Ergebnisse werden proportional dazu bewertet und ergeben die Platzierung in der Rangliste. 

Bildergalerie: Abläufe im IPSC-Wettkampf in Wiechlice/Polen

Viele IPSC-Parcours bestehen aus zahlreichen, auf dem Gelände verteilten Stages. Den Weg dorthin schieben Profis ihre geländetauglichen Buggies, für die komplette und schwere Ausrüstung.
Ein typischer Aufbau einer IPSC-Stage mit den nach deutschem Waffenrecht vorgeschriebenen transparenten Blenden, die die Schießrichtungen zu den jeweiligen Zielen begrenzen (auf dem Schießstand in Wiechlice/Polen sind die in Deutschland meist vorhandenen Hochblenden nicht vorgeschrieben).
So sehen übliche Stage-Beschreibungen aus, aus den die Lage der Ziele, die Schusszahlen und sonstige Besonderheiten hervorgehen. Vor dem Start des ersten Schützen einer Squad gehen alle Squad-Angehörigen miteinander den Parcours ab, rechnen sich in Gedanken die besten Abläufe und Schusspositionen aus – oder auch, wo man am besten einen Magazinwechsel vornehmen kann.
Wie hier in Wiechlice in Polen können zahlreiche Stages auf wenige Geländefläche geplant werden. Hier fangen hohe Erdwälle die Geschosse auf.
Auf jeder IPSC-Schießanlage gibt es eine Sicherheitszone, in denen die Schützen ihre Waffen (allerdings ohne Munition!) untersuchen oder Zielübungen machen dürfen. Die Sicherheitszone trennt das Hantieren mit der Waffe vom Hantieren mit der Munition, um Unfälle zu verhindern und einen sicheren Ablauf des Wettkampfes zu gewährleisten
Are you ready? Stand by - beep: Der Timer in der Hand des Range Officers hat gerade das Startsignal gegeben, der Schütze die Pistole aus dem Holster gezogen und jetzt wird er sie anheben und in die Zielposition bringen. Der Blick ging schon vorher direkt auf das anzuvisierende Ziel.
Nach einem Magazinwechsel hilft ein liebevollen Klaps auf den Boden des Magazins, damit dieses sicher im Schacht verriegelt. Sonst fällt es vielleicht bei der nächsten Bewegung wieder heraus... 
Bei Laufbewegungen quer zur Schussrichtung wird die Waffe stets so gehalten, dass die Mündung weiter in Richtung des Kugelfangs weist. Unsichere Waffenhandhabung, die auch die Zuschauer gefährdet, wird mit einem DQ (Disqualifikation) geahndet.

Der Power-Faktor beim IPSC-Schießen: Leistungsmessung zur besseren Vergleichbarkeit

Beim IPSC-Schießen wird die Munition mit dem sogenannten Power-Faktor auf ihre Stärke überprüft. Man unterscheidet Patronen mit Major- und Minor-Faktor, was wiederum unterschiedliche Punktzahlen je nach Treffer, etwa auf der IPSC Classic-Scheibe nach sich zieht. Prinzipiell werden Randtreffer mit Major-Faktor einen Punkt höher als bei Minor bewertet, um den höheren Rückstoß der Patronen und damit die schwerere Waffenkontrolle zu berücksichtigen.

Der Power Faktor wird anhand einer Chronographenmessung mit ein paar Wettkampfpatronen jedes Teilnehmers ermittelt und zwar nach der Formel:

Geschossgewicht (in Grains) x durchschnittliche Geschossgeschwindigkeit (Fuß pro Sekunde), das Resultat nochmals durch 1000 geteilt

Timer
Ein Shot-Timer (hier ein CED 7000) misst die Zeit zwischen dem Startsignal und dem letzten Schuss eines Schützen. Für die Ermittlung des Power Faktors ist zudem ein Geschwindigkeitsmessgerät notwendig.

Prinzipiell muss IPSC-Großkalibermunition für Kurzwaffen mindestens das Kaliber 9x19, also 9 mm Luger aufweisen und auf einen Faktor von 125 und mehr kommen. Je nach Division beginnt dann der Major-Faktor oberhalb von 160 (Open Division) oder 170 (Standard Division, Classic Division und Revolver). In den Production-Divisions muss nur der Minor-Faktor eingehalten werden.

Bei IPSC Rifle/Büchse (Kaliber in Deutschland mindestens 5,45 mm und höchstens 8 mm) muss ein Mindestfaktor von 150 für die Teilnahme in allen Großkaliber-Klassen erreicht werden und in den stärkeren Kalibern ein Major-Faktor ab 320. Die Mini Rifle Divisions verwenden Patronen im Kaliber .22 long rifle ohne weitere Einschränkungen. In den beiden PCC Divisions sind folgende Kaliber zugelassen (Mindestfaktor 125): 9x19, 9x21, .357 SIG, .38 Super, .38 Super Comp, .40 S&W und .45 ACP.

Bei IPSC Flinte gilt für alle vier Divisions das Mindestkaliber 20 (20 Gauge) und ein Mindest-Power Faktor von 480. Bei Slugs ist jede Art im entsprechenden Kaliber zugelassen.


Die Waffenarten ("Divisions") beim IPSC-Schießen

Tanfoglio Stock III
Der italienische Waffenhersteller Tanfoglio liefert mit dem Modell Stock III eine "out of the box" matchtaugliche Pistole, nicht nur für IPSC, sondern auch für andere Action-Disziplinen. Die sehr präzise Waffe (Import über WAIMEX) fasst 19+1 Patrone in 9 mm Luger.

Aktuell bietet der BDS IPSC-Wettkämpfe für diese Divisions an: Kurzwaffen Großkaliber, Kurzwaffen Kleinkaliber, Büchse, Mini Rifle (KK-Gewehre), PCC (Pistol Caliber Carbine) und Flinte (den Link zu den Regelwerken finden Sie unter diesem Beitrag).

Bereich IPSC Kurzwaffen 

Tino Schmidt
Tino Schmidt, Autor für caliber und all4shooters.com, gehört beim IPSC-Schießen (hier in Production Optik) wie auch in anderen dynamischen Disziplinen bis hin zur Wurfscheiben-Flinte zu Deutschlands erfolgreichsten Schützen. 

(vorn die Kennziffer im Sporthandbuch, dahinter die Disziplin)
8101 Open Division 
8102 Standard Division Pistole
8108 Classic Division 
8104 Production Division 
8109 Production Optics Division
8105 Revolver Division
8107 Kleinkaliber Pistole Open Division
8106 Kleinkaliber Pistole Standard Division
8110 Kleinkaliber Pistole Classic Division



Teemu Rintala
Der finnische Weltmeister IPSC Rifle von 2017, Teemu Rintala, mit seiner auf Basis eines AR-Systems basierenden Büchse CTR-02 von JP Enterprises
Typische Kleinkaliber-Selbstladegewehre für IPSC Mini Rifle

Bereich IPSC Büchse

8301 Semi Auto Open Division 
8302 Semi Auto Standard Division 
8310 Manual Division Contemporary 
8311 Manual Division Bolt 
8305 Mini Rifle (Kleinkaliber) Open Division 
8306 Mini Rifle (Kleinkaliber) Standard Division 



Schnelles Nachladen ist bei IPSC Flinte trotz der langen Magazinrohre mit ihrer höheren Kapazität ein wesentlicher Erfolgsfaktor. 

Bereich IPSC-Flinte

8201 Open Division 
8202 Modifizierte Division 
8203 Standard Division
8204 Standard Division Repetierer