Bundesinnenministerin Faeser will halbautomatische Waffen verbieten. Wie ihr Koalitionspartner FDP reagiert

Faeser will gesetzliche "Maßnahmen im Bereich der Verschärfung des Waffenrechts“ ergreifen, erklärte die Innenministerin bereits im Zusammenhang mit einer Razzia bei Reichsbürgern am 7. Dezember. Nun werden ihre Pläne konkreter: "Halbautomatische Waffen braucht man nicht privat im Besitz zu haben. Insofern muss man da auch entsprechend als Rechtsstaat handeln.", sagte Faeser am 14.12.2022 in Berlin nach einer Sitzung des Innenausschusses des Deutschen Bundestages. Eine Verschärfung des Waffenrechts sei generell "richtig und wichtig". Bei der Razzia gegen die Reichsbürger-Gruppe vergangene Woche waren mehr als 90 Waffen gefunden worden: 15 scharfe Kurzwaffen, 25 Langwaffen sowie Tausende Schuss Munition. Allerdings waren darunter weder automatische noch halbautomatische Gewehre.

Verschärfung des Waffenrechts: Gegenwind für Innenministerin Faeser von Koalitionspartnern aus der FDP

Bundesjustizminister Marco Buschmann.
Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) spricht sich gegen eine Verschärfung des Waffengesetzes aus ...

Gegenwind erhält Faser von Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP). Dieser hatte sich zuvor gegen generelle Verschärfungen des Waffenrechts gewandt. "Wir haben in Deutschland strenge Waffengesetze", sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. "Aber selbst die strengsten Waffengesetze helfen nicht wirklich, wenn sich Menschen illegal Waffen beschaffen. Wir müssen unser geltendes Recht besser durchsetzen", so Buschmann weiter. 

Konstantin Kuhle.
... ebenso FDP-Innenexperte Konstantin Kuhle.

Auch FDP-Politiker Konstantin Kuhle steht einer möglichen Waffenrechtsverschärfung kritisch gegenüber. "Wir dürfen nicht wieder den Fehler machen, dass in Berlin das Recht geändert wird, aber in der Fläche diese Rechtsänderung überhaupt nicht gelebt wird“, sagte Kuhle gegenüber der Tagesschau. Er sprach sich vielmehr für eine bessere Ausstattung der Waffenbehörden aus. Kuhle erklärte auch, dass für die Entwaffnung von Extremisten "keine Rechtsänderung, sondern eine Anwendung des geltenden Rechts" ausreichend sei.

Das deutsche Waffenrecht wurde erst im Jahr 2020 verschärft, und Verfassungsfeinde erfolgreich entwaffnet (aber eben nicht alle)

Bundesinnenministerin Faeser will halbautomatische Waffen verbieten
Nicht nur die klassischen Halbautomaten: Auch die Sportwaffe für olympische Disziplinen wären von einem Verbot betroffen.

Das heißt, die bestehenden deutschen Waffengesetze sind ausreichend, um der aktuelle Bedrohungslage aus der Reichsbürgerszene zu begegnen. Aber die Behörden können offenbar ihren Aufgaben nicht mit der notwendigen Schnelligkeit und Konsequenz nachkommen. Dort muss man unseres Erachtens ansetzen! 

Ein generelles Verbot von halbautomatischen Waffen würde vor allem Sportschützen, aber auch Jäger und Waffensammler betreffen. So zählen etwa auch die im olympischen Bereich geschossenen Sportpistolen und die bei vielen Jägern inzwischen etablierten jagdlichen Selbstladebüchsen und Selbstladeflinten zu besagten halbautomatischen Waffen. Das entbehrt jeder Verhältnismäßigkeit und wäre zudem ein harter Schlag gegen Industrie und Handel.

Exkurs Waffengesetz: Was sind halbautomatische Waffen? Was ist der Unterschied zu vollautomatischen Waffen? Welche Waffen wären betroffen?

Halbautomatische Waffen: Die von Innenministerin Faeser genannten halbautomatischen Waffen sind im Waffengesetz (WaffG) legaldefiniert. Es handelt sich dabei um "Schusswaffen, die nach Abgabe eines Schusses selbsttätig erneut schussbereit werden und bei denen aus demselben Lauf durch [...] einmalige Betätigung des Abzuges oder einer anderen Schussauslösevorrichtung jeweils nur ein Schuss abgegeben werden kann" (Anlage 1, Abschnitt 1, Unterabschnitt 1, Nr. 2.2 WaffG). Das bedeutet, es handelt sich um Waffen, bei denen mit jedem einzelnen Betätigen des Abzugs ein Schuss abgegeben werden kann, ohne dass der Schütze die Waffe anderweitig manipulieren muss. Diese Waffenart wird häufig auch als semiautomatische Waffe oder Selbstladewaffe bezeichnet. Als Beispiel seien hier eine Jagdbüchse für die Drückjagd oder die oben erwähnte Sportpistole genannt. Aktuell sind sie mit einer Erlaubnis – und unterschiedlichen Regelungen für Jäger und Sportschützen – grundsätzlich legal zu erwerben. Streng zu unterscheiden ist diese Waffenart von den sogenannten vollautomatischen Waffen!

Vollautomatische Waffen: Diese Waffenart ist in Deutschland nach dem WaffG schon heute und ausnahmslos für den Privatbesitz verboten. Und in den meisten Fällen ist sie ebenfalls vom Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen (KrWaffKontrG) erfasst.  Es handelt sich hierbei nach dem Waffengesetz um "Schusswaffen, die nach Abgabe eines Schusses selbsttätig erneut schussbereit werden und bei denen aus demselben Lauf durch einmalige Betätigung des Abzuges oder einer anderen Schussauslösevorrichtung mehrere Schüsse abgegeben werden können" (Anlage 1, Abschnitt 1, Unterabschnitt 1, Nr. 2.2 WaffG). Das bedeutet konkret, der Nutzer kann durch einmaliges Betätigen des Abzugs mehrere Schüsse abgeben und so in kurzer Geschwindigkeit ein komplettes Magazin verschießen. Beispiele wäre hier das Sturmgewehr der Bundeswehr oder Maschinenpistolen der Polizei.

Diese Waffenarten wären von einem generellen Verbot "halbautomatischer Waffen" betroffen: Wie die erwähnten Beispiele zeigen, muss streng zwischen den heute legalen, halbautomatischen Waffen und den verbotenen vollautomatischen Waffen unterschieden werden. Denn auch, wenn manche dieser Waffen optische Ähnlichkeiten aufweisen, handelt es sich sowohl technisch als auch vom Bestimmungszweck um grundsätzlich unterschiedliche Gegenstände. Halbautomatische Langwaffen, also Gewehre, finden so zum Beispiel weithin auf Bewegungsjagden Verwendung. Zunehmend benutzen Jäger diese Gewehre auch für die Ansitz- und weitere Jagdarten. Für den Fall einer Nachsuche (also das Suchen von nicht tödlich getroffenem Wild), tragen viele Jäger eine Pistole bei sich. Auch eine handelsübliche Pistole erfüllt die Definition einer halbautomatischen Waffe und wäre damit zukünftig verboten. Sportschützen auf der anderen Seiten nutzen ebenfalls häufig halbautomatische Waffen: Sie finden als Langwaffen, Anwendung in dynamischen wie statischen Disziplinen. Jeder große Sportschützenverband hält Disziplinen dafür bereit. Im Bereich der Kurzwaffen sieht es ähnlich aus, hier gibt es mit den erwähnten Disziplinen Sportpistole und olympische Schnellerfeuerpistole sogar Disziplinen bei den olympischen Spielen. Auch das hierfür notwendige Sportgerät wäre nach den Aussagen der Innenministerin vom Verbot erfasst. Hinzu kommt die Gruppe der Waffensammler: Viele historisch bedeutsame Sammlungen bestehen ausschließlich aus halbautomatischen Schusswaffen. Ein Sammler beispielsweise, der sich mit der Geschichte von Pistolen der deutschen Landespolizeien befasst, besitzt ausschließlich solche "Halbautomaten".

Eine technische Ausnahme von alledem bildet der (Double-Action-) Revolver. Hierbei handelt es sich nach dem Waffengesetz nicht um eine halbautomatische Waffe, auch wenn die Funktion vergleichbar erscheint: "Double-Action-Revolver sind keine halbautomatischen Schusswaffen. Beim Double-Action-Revolver wird bei Betätigung des Abzuges durch den Schützen die Trommel weitergedreht, so dass das nächste Lager mit einer neuen Patrone vor den Lauf und den Schlagbolzen zu liegen kommt, und gleichzeitig die Feder gespannt. Beim weiteren Durchziehen des Abzuges schnellt der Hahn nach vorn und löst den Schuss aus." (Anlage 1, Abschnitt 1, Unterabschnitt 1, Nr. 2.2 WaffG).

Es ist noch gar nicht lange her, dass das deutsche Waffengesetz verschärft wurde: Mit der Waffenrechtsnovelle aus dem Jahr 2020 wurde neben der Umsetzung der sogenannten EU-Feuerwaffenrichtlinie unter anderem auch die Magazinkapazität von halbautomatischen Waffen begrenzt und eine Regelabfrage beim Verfassungsschutz im Rahmen der regelmäßig (mindestens nach Ablauf von 3 Jahren) seitens der Waffenbehörden durchzuführenden Zuverlässigkeitsüberprüfung von Legalwaffenbesitzern eingeführt.

Mindestens 1.050 "Reichsbürgern" sei die Waffenerlaubnis bereits entzogen worden, erklärte Faeser nach der am 7. Dezember durchgeführten Razzia in der Reichsbürgerszene gegenüber der Bild am Sonntag. Also fragen wir uns, warum nicht einfach die geltenden Waffengesetzte angewendet werden, um unsere Rechtsordnung und öffentliche Sicherheit zu schützen. Genau das ist die Aufgabe des Innenministeriums! 

Wozu also neue, schärfere Gesetze, wenn es nicht einmal gelingt, die aktuelle Gesetzeslage umzusetzen? Fragen über Fragen - und immer derselbe Reflex: "Waffenrechtsverschärfung". Das lässt sich bei Unwissenden gut verkaufen, bringt vermeintlich Wählerzustimmung und klingt erstmal gut. Unser Eindruck: Manche Regierungsvertreter haben offenbar für alles eine Lösung. Egal, ob sie zum Problem passt oder nicht.

Wir werden bei all4shooters.com die Entwicklung zu den Verschärfungsplänen des deutschen Waffenrechts genau verfolgen, und informieren Sie wie gewohnt zeitnah.