Das Waffengesetz in Italien sieht vor, dass Inhaber einer waffenrechtlichen Erlaubnis beim Umgang mit den Waffen und bei deren Aufbewahrung „größtmögliche Sorgfalt“ (ogni cautela) walten lassen müssen, um zu verhindern, dass Unberechtigte an diese Waffen gelangen und/oder die tatsächliche Gewalt darüber ausüben können. Grundlage hierfür ist Artikel 20/bis des Gesetzes 110/1975, das bis heute das Grundgerüst der italienischen Waffengesetzgebung ist. Nach diesem Artikel wird bestraft, wer diese Sorgfaltspflicht bei der sicheren Aufbewahrung verletzt und Waffen leicht Unberechtigten zugänglich macht. Zu diesem Personenkreis gehören Personen unter 18 Jahren, ganz oder teilweise Unzurechnungsfähige, Drogenabhängige oder Personen, die im Umgang mit Waffen unerfahren sind.
Jäger, Schützen und andere Waffenbesitzer haben diese Regel über die Jahre hinweg sehr eng ausgelegt. Auch die Behörden haben sie – mehr oder minder guten Glaubens – ähnlich restriktiv gehandhabt. Vor allem hat sich die Ansicht eingebürgert, dass das Gesetz die Nutzung von gepanzerten Waffenschränken oder einer Alarmanlage vorschreibe. Viele Waffenbesitzer wurden dieser Ansicht nach bei Polizeikontrollen „in flagranti“ dabei erwischt, wie sie diese Aufsicht vernachlässigt hätten.
Lange könnte man in Italien über die Rechtmäßigkeit solcher „Kontrollen“ debattieren, die legale Waffenbesitzer unter Generalverdacht stellen. Unserer Meinung nach sind sie nicht zulässig und in der westlichen Welt fast einmalig. Italienische Behörden können auch ohne Mandat Hausdurchsuchungen durchführen, wenn Indizien für Drogen oder illegale Waffen vorliegen. Eine Durchsuchung bei einem legalen Waffenbesitzer ohne richterlichen Beschluss und ohne Straftat wäre aber eine Verletzung des Artikels 609 des italienischen Strafgesetzbuches (willkürliche Durchsuchung). Wie auch immer, am 13. Mai 2013 hat die 1. Strafkammer (Sezione I° Penale) des Kassationsgerichtshofes (Corte di Cassazione) mit Urteil 20474 einen Richterspruch gefällt, der für die legalen Waffenbesitzer von großer Bedeutung ist.
Das italienische Gericht, das mit dem deutschen Bundesverfassungsgericht (BGH) vergleichbar ist, desavouierte die Ansicht, dass Waffenschränke und Alarmanlagen zwingend vorgeschrieben seien. Damit wurde ein Bürger freigesprochen, der legal Waffen besaß und dem bei einer dieser berüchtigten „Kontrollen“ vorgeworfen wurde, dass er die Sorgfaltspflicht bei der Aufbewahrung verletzt habe. Er hatte weder Waffenschrank noch Alarmanlage.
Der Kassationsgerichtshof hat befunden, dass zur Aufbewahrung der Waffen auch ein einfacher abschließbarer Schrank genüge. Dieser muss nicht gepanzert sein. So ein verschlossener Schrank genüge, um die Waffen dem Zugriff Unberechtigter zu entziehen und entspreche nicht dem Begriff der „mangelnden Sorgfalt“. Der Sorgfaltspflicht werde Genüge getan, wenn die Waffen an einem verschlossenen und kontrollierten Ort im Inneren der Wohnung oder des Gebäudes aufbewahrt werden. An keiner Stelle des Gesetzes sei von einem Panzerschrank oder einer Alarmanlage die Rede. Der Bürger sei auch nicht verpflichtet, bestimmte Einbruchssicherungen anzubringen, habe aber zu verhindern, dass ein Alarm nicht einfach von dritter Seite auszuschalten sei. Damit ist ein verschlossener Schrank im Schlafzimmer ein gesetzeskonformer Aufbewahrungsort.
Viele unserer italienischen Leser dürften erleichtert aufgeatmet haben – so wie wir. Das Urteil dürfte auch die „Kontrollen“ einschränken, die nun kaum noch jemanden „in flagranti“ antreffen dürften. Unser Rat an unsere italienischen Leser: Ein Waffenschrank ist immer noch der beste Aufbewahrungsort. Wenn man die Wohnung für längere Zeit verlässt, sind die Waffen da sicherer verwahrt. Ein einfacher verschließbarer Schrank langt zwar, um dem Gesetz Genüge zu tun, aber ein gepanzerter Schrank kann den Unterschied bedeuten: Diebstahl oder die eigenen Waffen doch behalten. Die sind nicht nur für unseren Sport nötig, sondern oft auch wertvoll. Einige Zentimeter „nicht vorgeschriebenen“ Stahls langen, um uns Sicherheit zu geben; wir wissen dann, dass unsere Waffen nicht einfach so in die Hände von Verbrechern gelangen.