Know-how mit all4shooters: Was Sie über das deutsche Beschussrecht und Ihre Schusswaffen wissen müssen 

Beschussämter in Deutschland versehen geprüfte Waffen mit ihrem jeweiligen Beschuss-Stempel und weiteren Prüf-Details.
Die staatlichen Beschussämter in Deutschland versehen geprüfte Waffen mit ihrem jeweiligen Beschuss-Stempel und weiteren Prüf-Details. Die Auflistung aus dem Gesetzestext ist aber nicht mehr aktuell – Kiel mit der Beschuss-Stelle bei SIG-Sauer in Eckernförde wurde 2021 nach Schließung des Herstellerwerks aufgelöst. Die  Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB) in Braunschweig übernimmt ebenfalls Prüfaufgaben.

Neben dem Waffengesetz (kurz WaffG) gibt es in Deutschland weitere rechtliche Auflagen, die für Schusswaffen und ihre Benutzer gelten. Das Beschussrecht ist dabei wohl die wichtigste Ergänzung, aufgeteilt in das Beschussgesetz (BeschG) sowie in die Allgemeine Verordnung zum Beschussgesetz (BeschussV)

Der Titel des Gesetzes lautet: "Gesetz über die Prüfung und Zulassung von Feuerwaffen, Böllern, Geräten, bei denen zum Antrieb Munition verwendet wird, sowie von Munition und sonstigen Waffen" (alle Links finden Sie gesammelt unter diesem Beitrag)

Bevor eine Schusswaffe in Deutschland verwendet oder verkauft werden darf, muss sie von einem staatlichen Beschussamt geprüft und zugelassen werden. Dabei wird kontrolliert:

  • Maßhaltigkeit: Ob alle Teile korrekt nach den gesetzlichen Vorgaben gefertigt sind (etwa Patronenlager, Lauf, Verschluss)
  • Funktionssicherheit: Ob die Waffe zuverlässig funktioniert
  • Haltbarkeit: Ob sie dem Druck beim Schießen standhält
  • Kennzeichnung: Ob alle vorgeschriebenen Angaben vorhanden sind (Hersteller, Kaliber, Seriennummer etc.)
Das Beschussamt in Ulm in Baden-Württemberg.
Das Beschussamt in Ulm in Baden-Württemberg – 1952 als Ersatz für das zerstörte Beschussamt in Oberndorf/Neckar gegründet, heute als Neubau für zwei Dutzend Mitarbeiter im Industriegebiet Ulm-Jungingen ansässig und mit den modernsten Prüf- und Messinstrumenten ausgestattet.

Nach bestandener Prüfung jeder einzelnen Waffe erhalten diese einen festgelegten Zulassungsstempel, das sogenannte Beschusszeichen, aus dem die prüfende Stelle und die Art der Prüfung hervorgeht.  Da Deutschland international der C.I.P. angeschlossen ist, wurde 2022 der bisher als Hoheitszeichen verwendete Bundesadler abgelöst und durch das C.I.P.-Zeichen ersetzt. Die Ständige Internationale Kommission für die Prüfung von Handfeuerwaffen, kurz C.I.P. (frz. Commission internationale permanente pour l'épreuve des armes à feu portatives ist, etwas sperrig-juristisch formuliert, zuständig für die Normierung und Überwachung des amtlichen Beschusswesens für zivile Jagd-, Schuss- und Verteidigungswaffen innerhalb der Beitrittsstaaten. Die Schusswaffen für den militärischen Einsatz sind von den Prüfungspflichten ausgenommen, die Länder können sich aber bei ihren Zulassungen an den C.I.P.-Richtlinien orientieren. Daher  werden auch die Prüfungen der anderen C.I.P.-Mitgliedsländer anerkannt. 

Bei Munition müssen die in den C.I.P-Maßtafeln festgehaltenen Maße, die korrekte Kennzeichnung und Einhaltung der maximalen Gebrauchsgasdrücke beim Schuss eingehalten werden, auch diese Zulassung übernehmen die Beschussämter nach den C.I.P.-Vorgaben. Das Prüfzeichen muss dann auf der kleinsten Verpackungseinheit aufgebracht werden 

Kleiner Exkurs: In den USA gibt es mit der SAAMI  (Sporting Arms and Ammunition Manufacturers' Institute), dem Verband der Hersteller von Schusswaffen und Munition in den Vereinigten Staaten von Amerika) eine ähnliche Prüf-Institution, die US-Waffen prüft und mit Stempel zulässt. Da die Prüfmethoden beider Organisationen und damit auch die Ergebnisse aber voneinander abweichen, müssen zivile Handfeuerwaffen aus den USA in Deutschland nach C.I.P.-Regeln neu beschossen werden (sofern sie nicht bereits einen C.I.P.-Stempel in einem anderen C.I.P.-Mitgliedsland bekommen haben, etwa in Belgien). Das führt beim Import aus den USA zu einem zusätzlichen Zeit- und Organisationsaufwand. Schon länger arbeiten C.I.P. und SAAMI zusammen, um gemeinsame, verbindliche Prüfnormen zu entwickeln. 

Das Zeichen PTB im Kreis im Detail.
Das Zeichen PTB im Kreis mit einer Zulassungsnummer müssen alle Schreckschusswaffen sowie Reizstoff- und Signalgeräte tragen, die in Deutschland vertrieben werden.
F-Zeichen im Detail.
Mit dem F-Zeichen werden von der PTB (unter anderem) frei ab 18 Jahren erwerbbare Druckluft- und Treibgaswaffen bis 7,5 Joule Mündungsenergie gekennzeichnet.

Schussapparate, Gasböller, Schreckschuss-, Reizstoff- und Signalwaffen und ebenso Druckluftwaffen über einer Mündungsenergie von 0,5 Joule unterliegen in Deutschland nicht der klassischen Beschusspflicht jeder einzelnen Waffe, wie sie etwa für Feuerwaffen mit Geschossabschuss gilt. Stattdessen müssen sie eine Bauartzulassung durch die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB) erhalten – geregelt in den §§ 7–9 des Beschussgesetzes. Hier erhält der Hersteller nach vorheriger Abnahme von mehreren Prüfexemplaren das Recht, baugleiche Modelle in Serie zu produzieren und sie selbst mit einem PTB-Zeichen oder (bei Druckluftwaffen unter 7,5 Joule Mündungsenergie) mit einem "F im Fünfeck" zu kennzeichnen. Aktuell gibt es allerdings wegen einer unpräzisen Formulierung in der letzten Waffenrechts-Verschärfung dazu einigen Klärungsbedarf, wie all4shooters.com hier berichtete.

Schließlich ist neben den Beschussämter und der PTB noch die BAM eingebunden; die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung ist zuständig für die Zulassung von pyrotechnischer Munition. 


Wie werden Schusswaffen beim Beschuss geprüft?

Schweizer Geradzug-Karabiner warten auf ihren Beschuss im Beschussamt Ulm.
Schweizer Geradzug-Karabiner warten auf ihren Beschuss im Beschussamt Ulm. Die Schweiz ist kein C.I.P.-Mitglied, daher wird ein Schweizer Beschuss in Deutschland nicht anerkannt. Bei den Eidgenossen werden ohnehin nur Militär- und Polizeiwaffen, aber keine Zivilwaffen beschossen.
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Die seit 2022 geltenden C.I.P.-Beschusszeichen links, die bisherigen mit Bundesadler rechts. 

Schon seit dem 17. Jahrhundert werden Schusswaffen in Deutschland auf ihre Tauglichkeit hin überprüft und beschossen. Bis zur Einführung der staatlichen Beschusspflicht 1891 übernahmen einzelne Beschaumeister und Beschussmeister diese Aufgabe. Das Beschussamt in Suhl wurde 1893 gegründet und arbeitet seither quasi ununterbrochen und an gleicher Stätte. 

Der Ablauf der Beschussprüfungen ist in allen Details in der "Allgemeinen Verordnung zum Beschussgesetz", kürzer Beschussverordnung oder BeschussV festgelegt. Zum Aufgabengebiet des Beschussamts Köln etwa zählen:

  • Beschussprüfung von Jagd- und Sportwaffen,
  • Beschussprüfung von Schwarzpulverwaffen,
  • Beschussprüfung von Böllern, Gasböllern, Salutkanonen und Modellkanonen zum sportlichen Schießen,
  • Zulassung von Patronen- und Kartuschenmunition, von Spezialmunition für Sondergeräte und von wiedergeladener Munition,
  • und die Zulassung von Waffenumbauten gem. §§ 8a und 9 BeschG.

Die BeschussV fasst das Verfahren für Feuerwaffen, Böller und höchstbeanspruchte Waffenteile so zusammen (für Schwarzpulverwaffen etwa gelten weitere Vorgaben):

Die amtliche Prüfung (Beschussprüfung) nach § 5 des Gesetzes besteht aus der Vorprüfung, dem Beschuss und der Nachprüfung.

Die Vorprüfung umfasst

  • 1. die Prüfung der Kennzeichnung nach § 24 Abs. 1 des Waffengesetzes und nach § 21 der Allgemeinen Waffengesetz-Verordnung,
  • 2. die Prüfung der Funktionssicherheit und die Sichtprüfung,
  • 3. die Prüfung der Maßhaltigkeit,
  • 4. die Beschaffenheitsprüfung bei Gegenständen, die auf Grund einer Zulassung oder Bewilligung nach den §§ 8 und 9 des Gesetzes hergestellt oder in den Geltungsbereich des Gesetzes verbracht wurden.
  • Die Sichtprüfung besteht aus der Prüfung aller höchstbeanspruchten Teile auf Materialfehler, auf Ver- und Bearbeitungsmängel, die die Haltbarkeit beeinträchtigen können, sowie aus der Prüfung auf Lauf- und Lagerverformungen. (...)
  • (4) Der Beschuss ist nach Maßgabe der Prüfvorschriften der Anlage I Nr. 1 und 2 vorzunehmen (Anmerkung: etwa mit speziellen, stärkeren Beschusspatronen)
  • (5) Bei der Nachprüfung sind die Prüfgegenstände erneut auf Funktionssicherheit, Maßhaltigkeit und Mängel in der Haltbarkeit zu prüfen sowie einer Sichtprüfung nach Absatz 3 Satz 2 zu unterziehen.

Worauf sollten Sie als Waffenbesitzer oder Waffenkäufer daher achten?

Walther GSP Expert im Kaliber .22 long rifle.
Diese Sportpistole, eine Walther GSP Expert im Kaliber .22 long rifle, trägt auf der rechten Waffenseite unterhalb des Verschlussfensters den winzigen Bundesadler mit dem Buchstaben N, was für einen Beschuss mit Nitropulver(patronen) steht. Der Adler wird seit 2022 durch das international übliche Kürzel C.I.P. ersetzt, der Buchstabe N für übliche Nitropulver-Waffen bleibt.

Walther PPK im Kaliber .22 l.r.
Diese Walther PPK im Kaliber .22 l.r. trägt auf der linken Verschlussseite den Beschuss-Adler und auf der Längsseite des Griffstücks einen Abnahmestempel "BYP" (Bayerische Polizei), der zum Verkauf in den zivilen Markt mit einem X ungültig gemacht wurde.

Wer heute eine neue Schusswaffe erwirbt und die dazugehörige Berechtigung als Sportschütze mit WBK oder als Jäger mit dem Jagdschein nachgewiesen hat, wird davon ausgehen können, dass ihm kein Waffenfachhändler eine Waffe ohne gültigen Beschuss verkaufen wird. Komplizierter ist es schon, wenn eine Waffe repariert oder individuell durch Tuning verbessert wird. Denn auch Einsteck-, Austausch- und Wechselläufe fallen als "wesentliche Teile" zunächst unter das Waffengesetz und als "höchstbeanspruchte Teile" ebenso unter das Beschussgesetz wie etwa der Verschluss samt Patronenlager, eine Flinten-Basküle, das Griffstück von Lang- wie Kurzwaffen, sofern es den Abzugsmechanismus aufnehmen kann oder Revolvertrommeln, die ohne Nacharbeit ausgewechselt werden können. 

Schweizer Schusswaffen sind wegen ihrer meist exzellenten Verarbeitung begehrte Gebrauchtwaffen – aber sofern sie in Deutschland angeboten werden, sollten sie deutsche Beschusszeichen (oder aus einem anderen C.I.P.-Land) aufweisen, damit man hierzulande legal damit schießen darf. Denn wegen abweichender Messverfahren wird ein Schweizer Beschuss (ohnehin nur bei Militär- und Polizeiwaffen üblich) in Deutschland nicht anerkannt. Das komplizierte, aber irgendwie auch notwendige deutsche Beschussrecht gehört daher nicht ohne Grund zu den in der Waffensachkundeprüfung erfragten Themenbereichen. 

Ein Mauser M71-System.
Ein Mauser M71-System aus der Wehrtechnischen Studiensammlung in Koblenz, mit Ortsstempel Sömmerda und einer ganzen Galerie an Abnahme- und Beschussstempeln.

Das Studium der Beschusszeichen, die ja etwa bei Sammlerwaffen, die ehemals in Militär- und Polizeidiensten auch durch Abnahmestempel ergänzt werden, ist andersherum ein spannendes Wissensgebiet und quasi eine mitgelieferte Historie einer Waffe, wenn man sie zu deuten weiß. So sind unzählige ehemalige Dienstpistolen der verschiedenen Landespolizeien wie die hier gezeigte Walther PPK im "Rentenalter" ausgemustert und mit durchgestrichenem Abnahmestempel zivil verkauft worden. 

Schauen Sie sich daher einmal Ihre eigenen Schusswaffen doch noch einmal mit Blick auf diese seltsamen Zeichen an und entdecken Sie vielleicht spannende Dinge, etwa das Beschussjahr (oft durch Buchstabenkürzel codiert) oder eine Reise durch die Dienstwaffenwelt.