RELOAD SWISS (RS) Pulver mit Ladedaten für Kurzwaffenmunition

Hier lesen Sie nochmal den Bericht aus dem Schweizer Waffenmagazin.

Seit Herbst 2013 kommt Bewegung in die Wiederladeszene, denn die Schweizer NITROCHEMIE WIMMIS AG stellte gleich zehn neue Treibladungsmittel, davon sieben Pulver für Langwaffen- und drei Pulver für Kurzwaffenpatronen, vor. In Deutschland ist der Name WIMMIS, der sich von der gleichnamigen Stadt im Kanton Bern ableitet, noch recht unbekannt, obwohl man auf eine fast 100-jährige Firmengeschichte verweisen kann. Die Schweizer Schützen konnten aber schon länger auf diese Treibladungsmittel setzen, die auch wegen der fehlenden aber notwendigen CE-Zulassung nicht den Weg zu Endverbrauchern außerhalb der Schweiz fand. 

Im industriellen Bereich sieht das anders aus und so verwendet ein Hersteller von Munition in Deutschland schon seit geraumer Zeit das Pulver aus der Schweiz. Natürlich setzt man nationalbewusst bei der Schweizer Armee auch auf das Treibladungsmittel aus dem eigenen Land, so dass hier das RS 20 in der 9 mm Luger und das RS 40 in der 5,56x45 GP90 Gewehrpatrone zu finden ist. Analog zur finnischen Firma VIHTAVUORI setzt auch RS auf ein nummerisches Ordnungssystem, bei dem die Abbrandgeschwindigkeit sinkt je höher die Ordnungszahl ist. Hierbei deckt man beginnend mit dem mittelschnellen Pistolenpulver RS 20 bis hin zum Gewehrpulver RS 80 für großvolumige Patronen wie zum Beispiel .338 Lapua Magnum oder .50 BMG die ganze Bandbreite ab.


Starkes Trio: RELOAD SWISS Pulver RS 20, RS 24 und RS 30 

Den Anfang bei den drei für Großkaliber-Faustfeuerwaffen gedachten RELOAD SWISS Pulvern macht das RS 20, ein einbasiges Treibladungsmittel, dessen Blättchen nach Herstellerangaben etwa die Maße von 1,1 Millimeter im Quadrat bei 0,3 Millimeter Dicke erreichen. Die Explosionswärme wird mit 4.100 Joule/kg angegeben. Viel wichtiger für Wiederlader ist aber die relative Abbrandgeschwindigkeit, die den Verwendungszweck vorgibt. Diese liegt beim RS 20 nach Werksangaben etwa auf dem Niveau des VIHTAVUORI N340, HODGDON HS 6 oder ALLIANT POWER PISTOL. Somit sollte es sehr universell in Kurzwaffenpatronen von der 9 mm Luger bis zur .44 Magnum einsetzbar sein, wenn es sich nicht gerade um softe Scheibenladungen, sogenannte „Paper Puncher“, handelt. 

RELOAD SWISS (RS) Pulver mit Ladedaten für Kurzwaffenmunition
RELOAD SWISS: Das mittelschnelle RS 20 wurde einst in der Schweiz für die 9 mm Luger entwickelt und ist als einbasiges Blättchen-Pulver ausgebildet.
RELOAD SWISS (RS) Pulver mit Ladedaten für Kurzwaffenmunition
RELOAD SWISS: In der Schüttdichte ist das RS 20 bei gleichem Gewicht (hier 7,4 Grains) mit dem VIHTAVUORI N340 vergleichbar.
RELOAD SWISS (RS) Pulver mit Ladedaten für Kurzwaffenmunition
Das träge RS 24 ist als feines Stäbchen-Pulver ausgebildet und liegt in der Abbrand-Charakteristik auf dem Niveau des Vihtavuori 3N38 oder Vectan SP2 Practical.

Eine Abbrandstufe tiefer angesiedelt ist dann das RS 24. Das feinkörnige, einbasige Stäbchenpulver mit einem Durchmesser von etwa 0,5 Millimeter und rund 0,6 Millimeter Länge soll eine Explosionswärme  von rund 4.350 Joule/kg liefern. Hinsichtlich der Abbrandgeschwindigkeit ist es mit anderen Pulversorten wie VIHTAVUORI 3N38, VECTAN SP2 oder ALLIANT BLUE DOT vergleichbar. 

Den Hauptanwendungszweck gibt man hier für leistungsorientierte Kurzwaffenpatronen wie zum Beispiel 9 mm „Major“, 9x21, oder 38 Super Auto an. Ebenso soll es sich aber auch für die großvolumigen Revolverpatronen .357/.44 Magnum eignen. 

Abgeschlossen wird die schweizerische RELOAD SWISS Pulver-Reihe für Kurzwaffenkaliber durch das RS 30. Hierbei handelt es sich um ein einbasiges Pulver, das mit Kampfer behandelt wird, was nach Firmenangaben eine ausgewogenere Temperatur bei moderateren Gasdrücken liefern soll. Mit 4.000 Joule/kg liefert es die geringste Explosionswärme und ist mit einem Korndurchmesser von etwa 0,75 Millimeter bei einer Länge von etwa 1,0 Millimeter recht grob. In Sachen Abbrandgeschwindigkeit gehört es zu den klassischen Magnumpulvern nach Art des VIHTAVUORI N110, HODGDON H110 oder altbewährten ALLIANT 2400. Es soll sich übrigens nicht nur für großvolumige Revolverpatronen à la .357 Magnum und .44 Magnum, sondern auch für kleine Büchsenpatronen wie die .22 Hornet eignen. 

RELOAD SWISS (RS) Pulver mit Ladedaten für Kurzwaffenmunition
Das RS 30 ist ein klassisches Magnum-Pulver für Kaliber wie .357 oder .44 Magnum. Es ist das langsamste Pulver der Kurzwaffenserie  und befindet sich im Abbrand-Verhalten in der gleichen Liga wie VIHTAVUORI N110 oder HODGDON H110
RELOAD SWISS (RS) Pulver mit Ladedaten für Kurzwaffenmunition
Auch das langsame Magnum-Pulver RS 30 liegt bei gleichem Gewicht (hier 12,5 Grains) in der Schüttdichte nahezu gleichauf mit dem VIHTAVUORI N110.

Dem aufmerksamen Leser dürfte sicherlich aufgefallen sein, dass es bei den RELOAD SWISS Treibladungsmitteln für Kurzwaffen noch eine Lücke zu schließen gilt, nämlich die einer schnellen Pulversorte für klassische Scheibenladungen, wie sie beispielsweise VIHTAVUORI mit dem N320/330 oder HODGDON mit dem Titegroup/HP 38 anbietet. Solcherart Pulver sind aufgrund ihrer geringen Lademengen auch aus finanzieller Sicht für ambitionierte Wiederlader/Schützen besonders interessant, zumal sie sich auch durch einen niedrigen Mündungsgasdruck auszeichnen. Hier haben die Schweizer bisher noch nichts anzubieten, was das neue RELOAD SWISS RS 12 in naher Zukunft aber ändern soll. 

Mangelware Ladedaten beim RELOAD SWISS Pulver

RELOAD SWISS (RS) Pulver mit Ladedaten für Kurzwaffenmunition
RELOAD SWISS: Gasdruckmessungen bei der DEVA (Deutsche Versuchs- und Prüfanstalt für Jagd- und Sportwaffen)

Weil verlässliche Laborierungsempfehlungen und Ladedaten für Kurzwaffenpatronen mit RELOAD SWISS Pulver noch dünn gesät sind, haben wir die Sache in die Hand genommen und Pionierarbeit geleistet. Hierbei stand wie immer maximale Praxisnähe im Vordergrund, denn die Präzisionsangaben basieren nicht auf irgendwelchen Messlauf- und Labordaten, sondern wurden mit in der Ransom Rest eingespannten, populären Sportwaffen ermittelt. Zudem wurden für einige Laborierungen auch Gasdruckmessungen bei der DEVA (Deutsche Versuchs- und Prüfanstalt für Jagd- und Sportwaffen) in Auftrag gegeben, wozu wir uns bei der Entwicklung neuer Ladedaten aus Sicherheitsgründen für unsere Leser/User verpflichtet fühlen, zumal dabei einige erstaunliche Ergebnisse herauskamen. Unser Hauptaugenmerk galt den drei dominierenden Sportschützenkalibern 9 mm Luger (auch in Major-Version für IPSC Offene Klasse), .357 Magnum und .45 ACP, wobei unsere Testreihen durch Laborierungen in den Kalibern .38 Special sowie 10 mm Auto. abgerundet wurden. 

In 9x19 konnten wir uns anhand der Herstellerangaben orientieren, so dass Anhaltspunkte für die eigenen Ladevorschläge gegeben waren. In den anderen Kalibern setzten wir bei der Laborierungsentwicklung auf das besagte Quick Load-Programm, schwächten aber getreu dem Motto „Vorsicht ist die Mutter der Porzellankiste“ die errechneten Startladungen noch etwas ab - sicher ist sicher! Das brachte aber auf dem Schießstand auch eine emotionale Mischung aus freudiger Erwartung und Enttäuschung in Bezug auf die angepeilten Geschwindigkeiten mit sich. So kam es durchaus vor, dass .38 Special und .45 Auto Laborierungen mit extrem gemütlichen 160-180 m/s viel zu langsam aus dem Lauf „purzelten“. Das hieß dann gleich: Waffe entladen und zurück zur Ladebank. Bis die richtige Geschwindigkeit erreicht wurde, konnten so durchaus ein paar Anläufe anstehen. 

Trotz dieses Mehraufwandes sollte grundsätzlich die Devise lauten: Lieber mit etwas Zeit an die Sache herangehen und hinsichtlich der Pulverchargen weit unten beginnen als zu hastig eine Ladung zu basteln, die dann eine Waffenschädigung oder gar Sprengung verursacht! Die 9 mm Luger haben wir mit Geschossgewichten von 115, 124 und 147 grains verladen, um die ganze Bandbreite der sportlich am häufigsten verwendeten Kurzwaffenpatrone aufzuzeigen. 

Alle erarbeiteten Laborierungen mit dem einst für Georg Lugers großen Wurf entwickelten Schweizer Pulver RS 20 zeigten keinerlei Auffälligkeiten, mit Ausnahme der Laborierung mit 4,6 grains RS 20 und 147 grains Speer TMJ TC Geschoss. Sie lag rund 130 bar über dem zulässigen Gasdruck von 2.350 bar und darf mit dieser Ladungsmenge nur verwendet werden, wenn das Geschoss um etwa 0,5 Millimeter weiter herausgesetzt wird, was aus Sicht der Waffenfunktion durchaus möglich ist. 

Unsere ersten Gehversuche bei der Entwicklung von 9x19 Major Patronen unternahmen wir mit dem relativ trägen RS 24. Sie schafften aus einer SIG SAUER P226 X-Series Open Pistole mit 5,3“ (135 mm) Lauflänge den erforderlichen „Major Power Factor“ von 160 (plus etwas Reserve). Danach wanderten die Patronen dann zur Gasdruckmessung. Wir staunten allerdings nicht schlecht, als wir dann die Messwerte schwarz auf weiß in den Händen hielten. Die Major-Ladungen lagen mit 3.117 und 3.266 bar rund 750 bis 900 bar über dem zulässigen Gasdruck und sollten somit keinesfalls verwendet werden! Damit dürfte der Traum einer sicheren „9mm Major Laborierung“ innerhalb des zulässigen Gasdruck und Patronengesamtlänge (OAL) nach CIP geplatzt sein. Lediglich bei Patronenlängen um 31,0 Millimeter dürfte der Gasdruck wieder im zulässigen Bereich sein, was aber nicht jede Waffe hinsichtlich Patronenlager- und Magazindimensionen mitmacht. Die .38 Special Laborierung mit 6,6 grains RS 20 und 158 grains HORNADY JSP TC Projektil dürfte hinsichtlich des Gasdrucks mit 1.382 bar (bei 1.500 bar höchstzulässigem Gebrauchsgasdruck) schon im Obergrenzbereich angesiedelt sein. 

Die Pulvercharge lässt sich zwar noch weiter steigern, dann sollte diese Patrone aber nur aus Revolvern im Kaliber .357 Magnum (mit zugelassenem Maximalgasdruck von 3.200 bar) verschossen werden. Die .357 Magnum haben wir sowohl mit dem RS 20 als auch mit dem „Magnum-Pulver“ RS 30 verladen. Hier kam neben dem Standardgeschossgewicht von 158 grains auch das 180 grains schwere H&N Geschoss zur Anwendung, das sich besonders für weich schießende Magnum-Ladungen empfiehlt. Lediglich die Laborierung mit 8,8 grains RS 20 und dem 158 grains GECO Kegelstumpf-Hohlspitz-Geschoss ist aufgrund der großen Standardabweichung von fast 250 bar hinsichtlich des Gasdrucks als kritisch zu betrachten. Im beliebten, häufig wiedergeladenen Pistolenkaliber .45 ACP verluden wir drei unterschiedliche Geschossgewichte. 

Als leichter Vertreter diente das exzellente HORNADY 185 grains SWC, den mittleren Gewichtsbereich deckten wir mit dem 195 grains schweren HAENDLER & NATERMANN HIGH SPEED (HS) SWC Projektil ab und als Geschoss für die klassische Liga der 230 grains Hardball Service Laborierungen wählten wir das günstige GECO Vollmantel-Rundkopf aus. Bei der Handladung mit 7,2 grains RS 20 und dem GECO 230 grains FMJ-RN offenbarte sich wiederum eine hohe Gasdruck-Standardabweichung von 117 bar, so dass auch hier die Patronenlänge um 0,5 Millimeter auf 32 Millimeter verlängert werden sollte, um den Gasdruck noch etwas zu entspannen. Es versteht sich von selbst, dass jeder Wechsel einer Komponente (Geschoss, Hülse, Zünder) wieder zu anderen Gasdruckwerten führt. In Sachen Abbrandverhalten und Verschmauchung der Waffen liegt das RELOAD SWISS augenscheinlich mit dem VIHTAVUORI gleich auf und ist damit etwas sauberer als HODGDON oder gar LOVEX (vormals Accurate Arms). 

RELOAD SWISS Pulver: Der Preis ist heiß

Abschließend wollen wir uns noch dem nicht ganz unwichtigen und oftmals letztendlich entscheidendem Kriterium für die Kaufentscheidung widmen, dem Preis.

Sicherlich wird man angesichts des Produktionsstandortes erstaunt sein, dass die neuen RELOAD SWISS Pulver doch recht günstig sind. So kosten die Sorten RS 20 und RS 30 etwa 54,50 Euro pro 500 Gramm Dose, für das RS 24 muss man mit 55,20 Euro geringfügig tiefer in die Tasche greifen. Die finnischen VIHTAVUORI Treibladungspulver der 3XX Serie kosten mit rund 67 Euro rund 25% mehr. Die meisten HODGDON Kurzwaffen-Pulver gehen für rund 51 Euro über die Ladentheke, allerdings enthalten die Dosen nur 454 Gramm. Umgerechnet auf die 500 Gramm Verpackungseinheit entspricht das dem Preis von rund 56 Euro. Lediglich das von EXPLOSIA vertriebene LOVEX (früher Accurate Arms) kann die Preise von RELOAD SWISS und HODGDON mit 45Euro/500 Gramm um fast 20% unterbieten. 

RELOAD SWISS (RS) Pulver mit Ladedaten für Kurzwaffenmunition
Der Schweizer IPSC Nationalkaderschütze Dominic Meier setzt seit längerem sehr erfolgreich auf die RELOAD-SWISS-Pulver

Ladedaten mit RELOAD SWISS Pulvern für Kurzwaffenmunition:


Weitere Information:

www.reload-swiss.com

www.lhs-germany.de (dem deutschen Distributor LHS-Germany GmbH)