Seinerzeit galt er als einer der berühmtesten Gesetzlosen Amerikas – kein Wunder, dass man 1882 achtgab, als sich Alexander Franklin „Frank“ James (1843-1915) in Missouris Hauptstadt Jefferson City den Behörden stellte. In Begleitung des Arztes Allen Howard Conkwright (1837-96) legte der Bandit mit dem seit Kindheitstagen bestehenden Shakespeare-Faible in bühnenreifer Geste bei Gouverneur Thomas Theodore Crittenden (1832-1909) seinen schmalen Patronengurt samt schlichtem Slim-Jim-Holster ab. Das hatte James tiefer ausgeschnitten, um so beim Ziehen des Revolvers fix Daumen und Zeigefinger an Hahn und Abzug zu bekommen. Jedoch steckte im Leder weder einer der im Westen schier obligaten Colts noch einer der beliebten Smith & Wesson-Kipplaufrevolver, sondern ein Remington M 1875 in .44-40 Winchester. Warum? Frank James: „Der Remington ist die stabilste und dabei am sichersten schießende Pistole, die je gebaut worden ist.“ Heute können Western-Fans auf die als „Outlaw“ vermarkteten Kopien der italienischen Marke Uberti zugreifen, die über Importeur Manfred Alberts in den deutschen Fachhandel kommen. Beim Erproben des Outlaws werden sie dann sehen, dass mit dem 1875 Jahren vorgestellten Remington-Konzept einige praktische Vorteile einhergehen. Doch nun eins nach dem anderen.
Die Konstruktion des Uberti 1875 Remington Outlaw:

Wer einen solchen auch als „Remington Improved Army Model“, „Remington Nr. 3 Army“ oder „Remington Single Action Army“ bezeichneten Revolver mit einem à la Colt SAA vergleicht, stellt fest, dass es Übereinstimmungen gibt: Beides sind sechsschüssige Hahnspanner mit rundgeschwungenen Griffrücken und festen, oben geschlossenen Rahmen, welche die eingeschraubten Läufe halten. Die Trommeln lassen sich Kammer für Kammer über eine seitliche Ladeklappe beschicken und mittels eines längs am Lauf befestigten Ausstoßers wieder entladen. Doch damit enden die Gemeinsamkeiten. Das von Techniker William Mason (1837-1913) entwickelte Colt-Konzept beruht auf einer dreiteiligen Bauweise mit Rahmen, Griffrücken und Grifffront/Abzugsbügel. Um das alles miteinander zu verbinden, braucht es sage und schreibe sechs Schrauben. Trägt das Stück statt des ursprünglichen einteiligen Holzgriffs zwei aufgelegte Schalen (etwa aus Hartgummi, Bein oder – horribile dictu – Perlmutt), dann kommt im Griffrahmenbereich eine siebte Schraube hinzu. Die alle schießen sich im Gebrauch über kurz oder lang locker.
Der Remington wie auch der Uberti Outlaw hingegen basieren auf dem Design, das Fordyce Beals (1806-70) für großrahmige Remington-Vorderlader à la New Model Army geschaffen hatte und das man nun für einen Patronenhinterlader übernahm. Kernstück ist ein einteiliges Element, das den Waffenrahmen und die (gelegentlich mit großem Fangschnurring bestückte) Griffspange umfasst. Schrauben gibt es drei, eine für die Griffschalen und zwei für den separat eingesetzten Abzugsbügel: Unstrittig, was per se stabiler ausfällt, einst bei Remington, heute beim Neo-Classiker von Uberti.



Als nächstes Plus verfügen die Revolver im Remington-Stil über den Ausstoßertyp, den der Techniker William Algernon Sydney Smoot (1845-86) Anfang der 1870er Jahre für einen Taschenrevolver ersonnen hatte. Wie beim Colt SAA sitzt der „Ejector“ längelang rechts am Lauf, hat aber die Taste zum Betätigen des Stabes nicht innen, sondern außen. So muss man zum Hülsenausstoßen nicht unter der Waffe hindurchgreifen, auch wenn die Western-Fraktion über die Frage „Innen- oder Außentaste“ gern debattiert. Unstrittig ist das Griff-Design. Da machte man bei Remington & Sons seine Hausaufgaben und optimierte die Partie beim Wechsel von New Model Army zu M 1875. Als Folge haben heutige Benutzer eines Uberti Outlaw einen Vorteil, wenn sie große Hände haben: Hier ist der Abstand von Griffrücken zu Abzug gut einen Zentimeter länger als bei den Colts und ihren Clones. Denn für alle auf Zeit schießenden Cowboy-Action-Schützen ist es essentiell, dass die Waffe beim Ins-Ziel-Bringen direkt richtig liegt, ohne dass die Zeigefingerkuppe erst die richtige Position auf dem Abzug finden muss. Oh, und auch das auffälligste Element des M 1875-Designs hat seinen Zweck. Gemeint ist das dreieckige „Segel“ unter dem Lauf. Was da aussieht wie eine Reminiszenz an die Ladepresse der älteren Vorderlader, verbessert de facto die Balance der Waffe und dient als Führung beim Wegstecken ins Holster.
Kommerzieller Erfolg des M 1875: Wer zu spät kommt ...
... wie’s mit dem Satz weitergeht, weiß jeder, der sich an den russischen Politiker mit dem roten Muttermal auf der Glatze erinnert. Jedenfalls war das von Michail Gorbatschow mit diesen Worten beschriebene Schicksal auch dem Remington M 1875 beschieden – er war „Johnny came lately“: Als das Modell debütierte, kam es der Kundschaft dem bereits eingeführten Colt SAA arg ähnlich vor. Ihnen fehlte am M 1875 etwas richtig Neues. Zudem konnte sich dessen neue Patrone .44 Remington Centerfire in den USA kaum etablieren. Nur wenige Stücke boten das populäre Kaliber .45 Colt, in den 1880er Jahren kamen immerhin Versionen in .44-40 Winchester. Remington hoffte anfangs auf einen Großauftrag aus Ägypten. Abgesehen von einer Handvoll Stücke aber scheiterte das, weil das Land am Nil nicht zahlen konnte; als Reminiszenz blieb der Beiname „Egyptian Model“ für den M 1875. So blieben offizielle Aufträge rar: Ein Posten von zirka 1.000 Exemplaren ging nach Mexiko (gestempelt mit „RM“ für „República Mexicana“), weitere 1.300 meist vernickelte Stücke an US-Behörden. Davon landeten nach Angabe des US-Antikwaffenspezialisten Norm Flayderman 639 bei den in den Reservatsgebieten tätigen Indianerpolizisten, darunter auch Tacankpe Luta alias Marcellus Red Tomahawk (1853-1931), der im Dezember 1890 den berühmten Hunkpapa-Häuptling Sitting Bull (*um 1831) erschoss. Da aber war die Fertigung des M 1875 seit gut einem Jahr ausgelaufen. Insgesamt kam die Reihe auf zirka 25.000 bis 30.000 Stück, meist mit 7 ½-Zoll- und recht selten mit 5 ¾-Zoll-Läufen. Was nicht heißt, dass Remington mit großkalibrigen SA-Revolvern am Ende gewesen wäre: 1890 kam der Nachfolger, im Prinzip ein M 1875, zu haben nur in .44-40 mit schwarzen Gummigriffschalen und ohne die Holsterführung. Als Folge ähnelte das Modell 1890 noch mehr als sein Vorgänger dem Colt SAA – die Kunden waren desinteressiert und nach etwas über 2.000 Stück war 1894 Schluss.
Outlaw aus Italien: Der in Deutschland via Manfred Alberts GmbH erhältliche Uberti Remington M 1875 Outlaw im Detail
Wer nun so ein Teil zum Schießen haben möchte, kommt an Uberti nicht vorbei: Im vergangenen halben Jahrhundert stellte das Werk aus Brescia von M 1875 „Outlaw“ und M 1890 „Police“ Spielarten in .357 Magnum, .44-40 Winchester, .45 Colt, ja sogar in .45 ACP vor, in brüniert-buntgehärtetem, vernickeltem oder weiß belassenem Finish, graviert oder künstlich gealtert. Und das länger als bei den Vorbildern und wohl auch in größerer Menge. Als Folge zeigte sich der M 1875 auch in zig Filmen. So war einer am Anfang des ersten „Indiana-Jones“-Teils zu sehen, auch in „Wyatt Earp“ mit Kevin Costner sowie in „Tombstone“ mit Kurt Russell, hier aber minus die Dreingabe der Trommelarretierung (dazu gleich mehr). Als Timothy Olyphant in der TV-Serie „Deadwood“ eine der Hauptrollen, die des Gesetzeshüters Seth Bullock, spielte, führte er ebenfalls einen Uberti M 1875.

Natürlich greifen auch Western-Schützen auf die Neo-Classiker zu. Die verhalten sich in der Praxis gerade so gut wie die Colt SAAs oder auch die bei Cowboy Action weithin üblichen Ruger Vaqueros. Auch beim Laden muss man nix groß anders machen. Womit man leben muss: Die Originale hatten nicht den als Trommelarretierung dienenden Feder-Querbolzen der Ubertis, den das Werk vom Colt SAA übernommen hat. Der Grund dafür liegt im US-Produkthaftungs- und Zollrecht. Deswegen haben die Italo-Remingtons auch eine zusätzliche Sicherheitsrast und die im Hahn integrierte Sicherung, die für Ubertis typisch ist. Und während beim Original alle Metallelemente rund um Rahmen und Griff aus Stahl bestanden, zeigten sich einige Ubertis mit Abzugsbügeln aus Messing – so ein (zudem mit Perlmutt-Schalen bewehrtes) Stück führte Robert Urich in dem TV-Westernklassiker „Lonesome Dove“. Doch das ist es mit den Abweichungen. Wer es ganz korrekt haben will, mag hoffen, einen der vor einigen Jahren gefertigten 1875er von Hartford Armory (HA) zu finden. Diese Firma konnte als US-Betrieb einige für Importware geltende Regeln zu Sicherheitselementen ignorieren. Das Ergebnis war super authentisch, gut gearbeitet – und noch weniger rentabel als das Vorbild: Es gibt den HA nur noch antiquarisch. Ubertis 1875er feiert aber fröhliche Urständ, zumal bezahlbar und in der Qualität akzeptabel. Das Testmuster war anständig gearbeitet, sein Timing stimmte, sein Abzugsgewicht lag ab Werk bei 1.640 Gramm. Bleibt zu klären, wie es sich schießt.
Handling, Laden, Schießen: Der Uberti Remington 1875 Outlaw in der Praxis
Der Hahn hat drei Rasten, Sicherheits-, Lade- und Spannrast. Die Sicherheitsrast erlaubt, sechs Patronen in der Kammer zu führen. Zum Laden/Entladen kommt der Hahn in die Laderast, dann kann die Trommel frei drehen. Die Ladeklappe lässt sich immer öffnen, unabhängig von der Hahnposition. Zum Demontieren der Trommel: Ladeklappe auf, Hahn in Laderast, Federtaste vorn im Rahmen drücken, Trommelachse nach vorn ausziehen. Die Trommel ist mit 39,6 mm recht kurz – zum Vergleich: Diejenige eines älteren Ruger Vaquero misst 43,5 mm. Das bedeutet, dass die Patronen für den M 1875 nicht zu lang sein dürfen. Solche der Länge 40,8 mm passen noch, Versionen in 41,5 mm würden die Trommeldrehung blockieren.
Beim Laden ging es explizit nicht um maximale Präzision und optimale Ladung. Statt dessen sollte der Test zeigen, dass der Outlaw mit dem brauchbar schießt, was an Geschossen und Kurzwaffenpulver zur Hand ist. Denn angesichts der geltenden Vorschriften kann sich kaum jemand für jede Waffe ein spezielles Pulver kaufen. Vielmehr sieht es bei den meisten deutschen Schützen so aus: einige für viele Waffen geeignete Geschossarten, dazu ein möglichst breit einsetzbarer Pulvertyp. Und die Bedingung erfüllt das Lovex-Pulver S020. Damit lassen sich in allen üblichen Kurzwaffenkalibern von .32 S & W Long bis zu .45 ACP präzise Ladungen kreieren, zudem solche für Unterhebelrepetierer in Kurzwaffenkalibern. Die Tester griffen für Nitro-Loads darauf zurück. Des Weiteren gab es je eine Ladung mit Hodgdon HS6 und Schweizer Schwarzpulver No. 2 (3 Fg). Die Hülsen stammten von Starline, gezündert wurde mit CCI Large Rifle und als Geschosse dienten zwei Blei-Varianten zu je 250 Grains Gewicht, bei der Schwarzpulverladung mit zwei Fettrillen, die auch entsprechend zugeschmiert wurden. Die Tester prüften den Outlaw sitzend aufgelegt vom Sandsack und maßen die Streukreise von Lochmitte zu Lochmitte. Die Patronen mit 8,8 und 9,3 Grains S020 sowie die mit Schwarzpulver wirkten hart, der Revolver drehte in der Hand – Westernfans schätzen das, weil es zum Feeling der Waffe gehört, wie auch beim Spannen der zarte Biss durch den Hahnsporn. Die Trefferleistung reicht für die üblichen Distanzen und Zielarten beim Cowboy Action Shooting völlig. Out of the Box lagen die Einschläge auf 25 m im unteren Scheibendrittel und etwa 2 bis 5 cm neben der Mittellinie. Störungen? Verbleiungen? Jeweils keine.
Technische Daten und Preis des Single-Action-Revolvers Uberti Remington 1875 Outlaw:
Modell: | Uberti Remington 1875 Outlaw |
Kaliber: | .45 Colt |
Kapazität: | 6 Patronen |
Lauflänge: | 190 mm (7,5") |
Trommelspalt: | 0,2 mm |
Visierlänge: | 202 mm |
Kimme: | V-Kimme, 2 mm breit |
Korn: | Dachkorn, oben 1,5 mm, unten 2,5 mm breit |
Abzugsgewicht: | 1.640 g |
| Abmessungen (LxBxH): | 335 mm x 42,5 mm x 125 mm |
Gewicht: | 1.190 g |
| Preis (UVP): | 750,- Euro |
Ausstattung: | Hahnspanner-Revolver mit Ladeklappe und seitlichem Ausstoßer, Rahmen und Ladeklappe bunt gehärtet, Trommel und Lauf schwarz brüniert, Griffschalen aus lackiertem Holz. Starre Visierung mit V-Kimme und Dachkorn. |
Was unterm Strich steht: Fazit zum Uberti Remington M 1875 Outlaw

Der Uberti Remington M 1875 Outlaw präsentiert sich als ein imposanter Western-Revolver, der dank seines Holster Guide unter dem Lauf eine unverwechselbare Silhouette bietet. Dieser zu bezahlbarem Kurs via Großhändler Manfred Alberts erhältliche Neo-Classiker funktioniert, schießt, trifft, macht Spaß – was braucht es noch, um den spätgeborenen Pistolero glücklich zu machen?
Text: Wolfgang Finze und Matthias S. Recktenwald
Im Artikel erwähnte Ladedaten ohne Gewähr. Jeder Wiederlader handelt nach dem Gesetz eigenverantwortlich!
Dieser Artikel erschien in der VISIER 12/2025. Dort sind auch die Schießergebnisse von fünf Nitro- und zwei Schwarzpulverladungen in der Detaillierten Tabelle enthalten. Das Heft können Sie im VS Medien-Shop online kaufen. Es steht dort auch als ePaper zur Verfügung.
Weitere Informationen zum Uberti 1875 Remington Outlaw erhalten Sie direkt auf der Webseite des Herstellers. Außerdem beim deutschen Importeur, der Manfred Alberts GmbH.










