Sicherlich ist die aktuellere P320 eine überaus erfolgreiche Dienstpistole in der Militär- und Polizeiwelt, schließlich gewann SIG Sauer damit in Form der M17 Full Size und M18 Compact vor sechs Jahren die „Modular Handgun System“ (MHS)-Ausschreibung der U.S. Army (wir haben hier darüber berichtet). Doch in der Ära der technologischen Vorgänger in Form der typischen „Wondernines“ mit Dienstpistolen mit Leichtmetallgriffstück und Spannabzugssystemen, wie beispielsweise Beretta 92 FS oder Smith & Wesson 5906, war die SIG Sauer P226 ebenfalls ein echter Gewinner. Hierbei muss man bedenken, dass der Österreicher Gaston Glock mit seiner Dienstpistole G17 schon damals mitmischte und der Zeit voraus war, denn erst heute sind die Polymerrahmenpistolen der anerkannte, goldene Standard.
Die SIG Sauer P226-Reihe hat eine ruhmreiche Vergangenheit
SIG Sauer USA bewirbt die klassische P226-Familie mit dem Verweis darauf, dass sie die Dienstpistole der US Navy SEALs (heute neben der Glock G19) ist. Das ist wahr und stellt nur die Spitze des Eisberges da, denn die Liste der behördlichen Nutzer liest sich wie das „Who is Who“ der elitären Institutionen und Einheiten. Denn neben den Navy SEALs nutzten auch das Federal Bureau of Investigation (FBI), die Drug Enforcement Administration (DEA), der britische Special Air Service (SAS) oder der Secret Service und die Texas Rangers den Klassiker mit schweizerisch-deutscher Herkunft. Mit dem Wechsel von Alu auf Kunststoff beim Pistolenrahmen vollzog sich auch ein Wandel bei den Abzugssystemen. Der einst favorisierte Spannabzug mit seinem mehr Trainingsaufwand fordernden, typischen Wechsel vom ersten Schuss (langer Weg, hoher Widerstand) zu den Folgeschüssen (kurzer Weg, niedrigeres Abzugsgewicht) wich den „Striker Fire Action“-Abzugssystemen mit einer gleichbleibenden Charakteristik vom ersten bis zum letzten Schuss.
Die moderne SIG Sauer P226 ZEV im Detail
Die uns vorliegende neue SIG Sauer P226 ZEV stellt wohl das krasseste Facelift der originalen Dienstpistole dar; denn es wurde tief in die Grundkonstruktion eingegriffen. Die bewährte DA/SA-Abzugskombination mit sicher bedienbarem und selbständig zurückspringendem Entspannhebel hat viele Dienstwaffenträger begeistert. Bei der vom US-Edeltuner ZEV Technologies aus Centralia, Washington, überarbeiteten P226 ZEV wich der Spannabzug einem Single-Action-Abzug in Kombination mit einer beidseitigen Drehflügelsicherung nach 1911er-Muster, sodass wie bei den Polymerdienstpistolen die Abzugscharakteristik vom ersten bis zum letzten Schuss konstant bleibt, wobei es sich technisch aber eigentlich um einen Rückschritt handelt. Wie dem auch sei, die Idee, einen Single-Action-Abzug in die P220/P226-Waffenplattform zu implantieren, ist auch nicht wirklich neu. Schließlich erfolgte dieser Schritt schon bei den deutschen P226 X-Five/X-Six-Modellen in den Jahren 2004/2005 sowie bei den US-amerikanischen Modellen P220 Legion und P226 Legion.
Nach typischer ZEV-Manier erhielt der mattschwarz-beschichtete Stainless-Steel-Verschluss Fenster auf den Flanken sowie zierende Fräsarbeiten, die sich auch auf der Schlittenoberseite fortsetzen. Diese Fräsungen sind aber nicht nur dekorativ, sondern dienen auch als Greifrillen (Serrations) bei Waffenmanipulationen. Der Lauf wurde auf 5“ (127 mm) verlängert, besitzt auf seiner Oberfläche halbkugelförmige Ausfräsungen sowie ein Gewinde an dem über die Schlittenfront hinausragenden Mündungsbereich. Das Gewinde kann für eine Kompensator- oder Schalldämpfermontage genutzt werden. Ansonsten wird es von einer markanten Gewindekappe geschützt, die man auch bei den ZEV OZ 9-Pistolen findet. Das Leichtmetallgriffstück mit verlängertem Griffsporn (Beavertail) und Montageschiene für die Anbringung von Waffenleuchten oder Licht-Laser-Modulen am Dust Cover wurde mit G-10-Griffschalen ausgestattet, die mit ihrer hexagonalen Oberflächenstruktur viel Gripp vermitteln. Die gerade, breite Abzugszunge mit minimaler Krümmung an ihrem Endpunkt liefert eine sehr gute, wiederholgenaue Auflagefläche für den Abzugsfinger. Das gemessene Abzugsgewicht betrug rund 1.500 Gramm bei leichtem Kriechen vor dem Auslösen.
Zu einer modernisierten P226 im Jahr 2023 gehört auch ein Leuchtpunktvisier. In dem entsprechenden Fensterausschnitt auf der Schlittenoberseite thront standesgemäß das SIG Sauer Electro Optics ROMEO1PRO Mini Red Dot Sight (MRDS). Auch wenn man hier eine Zwangsehe eingehen muss, ist es keineswegs eine schlechte Wahl, denn es besitzt eine vorteilhaft große Linse mit kreisrundem 3-MOA-Punkt sowie eine saubere Klickverstellung. Zudem ist die Optik als „Toploader“ ausgelegt, die Batterie kann also ohne Abnahme des MRDS und erneutes Einschießen gewechselt werden. Die mechanische Visierung besteht aus einer quergeriffelten, seitlich driftbaren Kimme mit einem korrespondierenden Korn mit rotem Leuchtfiberstab. Schade nur, dass sie kein „Co-Witness“ mit dem hauseigenen Leuchtpunktvisier generiert. Die drei zum Lieferumfang gehörenden Stahlblechmagazine fassen jeweils 15 Patronen. Kleinere Makel, die uns bei der akribischen Examinierung, auch mit dem Endoskop, aufgefallen sind: Geringe Bearbeitungsspuren des Zugprofils des Laufes sowie ein umlaufender Grat auf der Stoßbodenseite des Schlagbolzenkanals.
Technische Daten und Preis der SIG Sauer P226 ZEV
Modell: | SIG Sauer P226 ZEV |
Kaliber: | 9 mm Luger |
Magazinkapazität: | 15 Patronen |
Griffstück: | Aluminium, schwarz beschichtet |
Verschluss: | Stainless Steel, schwarz beschichtet |
Lauflänge: | 127 mm |
Kimme: | 3,5 mm, quergeriffelt, seitlich driftbar |
Korn: | 2,85 mm, mit roter Fiberstabeinlage |
Visierlänge: | 172 mm |
Sicherung: | beidseitig Flügelsicherung am Griffstück |
Abzugsgewicht: | ca. 1.500 g (SAO) |
Abmessungen (L x B x H): | 225 mm x 44 mm x 159 mm |
Gewicht: | 966 g |
Extras: | Leuchtpunktvisier SIG Sauer ROMEO1PRO bereits vormontiert, Hartschalenkoffer mit 2 Reservemagazinen |
Preis: | 3.509,- Euro (UVP) |
Der Präzisionstest und unser Fazit zur SIG Sauer P226 ZEV
Munitionsknappheit dominiert noch immer die Republik, deshalb beließen wir es bei der Präzisionsüberprüfung (Ransom Rest Schießmaschine auf 25 Meter mit jeweils 10 Schuss pro Laborierung) bei acht Fabrikmunitionssorten von 95 bis 140 Grains. Zur besseren Beurteilung der Ergonomie und des Schussverhaltens der P226 ZEV gesellten sich einige dynamische Dot Drills, wobei das ROME1PRO seine bereits angesprochenen Vorteile nochmals eindrücklich unter Beweis stellen konnte. Die beste 10-Schuss-Gruppe aus der Schießmaschine brachte die Norma 124 Grains Safeguard mit 38 mm Durchmesser hervor. Danach folgte mit 49 mm die leichte 95 Grains Magtech JSP, die den Lauf mit einem großen Feuerball verließ. Auf Platz 3 rangierte die GECO 124 Grains Hexagon mit 55 mm. Der Durchschnitt aller Laborierungen lag bei 65 mm. Funktionsstörungen gab es keine zu bemängeln. Im praktischen Teil fiel uns auf, dass sich der Verschlussfanghebel durch die großdimensionierten Sicherungsflügel nicht mehr mit dem Daumen bedienen lässt. Man muss also die andere Hand nutzen, um den Verschlussfanghebel aus seiner Ruheposition heraus zu bringen. Inwieweit das wirklich störend ist, hängt vom Einsatzzweck und den persönlichen Präferenzen ab.
Alles in allem kostet die neue SIG Sauer P226 ZEV in 9x19 mit ihrem Single-Action-Only Abzugssystem und dem attraktiven Design inklusive des ROMEO1PRO-Leuchtpunktvisiers und der drei Magazine stolze 3.509,- Euro. Wenn man hier den Preis des bei SIG Sauer-Importeur German Sport Guns mit 729,- Euro veranschlagten ROMEO1PRO abzieht, dürfte diese Kombi somit wohl eher etwas für den ambitionierteren P226-Fan sein. Die Pistole ist laut Internetseite des Importeurs kurzfristig verfügbar und kann bereits im GSG-Online Shop oder im Fachhandel bestellt werden. Doch auch wer nach unserem Artikel in Sachen P226 "Blut geleckt hat" und sich lieber eine klassische P226 mit DA-/SA-Abzug, wie sie von den SEALs geführt wird, zulegen möchte, der wird bei GSG fündig und kann diese dort in Form der P226 MK 25 9 mm Luger jetzt zum Preis von 1.719,- Euro schon mal vorbestellen, wird sich aber dann wohl noch etwas gedulden müssen.
Weiter Informationen zu der neuen SIG Sauer P226 ZEV finden hier im Online-Shop von Importeur German Sport Guns, dort sie die Pistole auch bereits bestellen.
Wenn Sie mehr über die SIG Sauer P226 MK 25 erfahren, oder diese vorbestellen möchten, werden Sie ebenfalls im GSG-Online-Shop fündig.
Der obige Testbericht ist auch in der Caliber-Ausgabe 2/2023 erschienen. Das Heft mit dem vollständigen Testbericht und weiteren Schießergebnissen sowie einer grafischen Darstellung der Abzugsscharaktersitik der SIG Sauer P226 ZEV können Sie im VS Medien-Online-Shop erwerben. Dort finden diesen in digitaler oder gedruckter Form.